Protocol of the Session on September 13, 2006

Meine Damen und Herren und speziell Frau Ypsilanti, da müssen Sie sich noch einarbeiten. Das ist in Ordnung. – Wir müssen ganz einfach sagen:Wenn wir eine Optimierung im CO2-Ausstoß haben, können wir nicht nach dem Motto „entweder – oder“ gehen, sondern da kann nur „sowohl als auch“ greifen. Dazu gehört die Kernenergie. Daran kommen wir nicht vorbei. Ob das wünschenswert ist oder nicht – das ist Fakt.

(Beifall bei der CDU – Andrea Ypsilanti (SPD): Sie wünschen es sich doch!)

Es ist ein Gebot der Stunde, die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke neu zu diskutieren. Die Wahrscheinlichkeit eines Störfalles ist das eine. Die Auswirkungen des Klimawandels sind sichtbar. Das gilt es abzuwägen. Ich zitiere einmal den RAG-Chef Dr.Werner Müller:Wenn wir die Vermeidung von CO2 ernst nehmen, werden wir irgendwann wieder bei der Kernenergie landen. Solarenergie reicht nicht aus, um das Klima zu schützen.

Dr. Müller war übrigens Wirtschaftsminister in Ihren Reihen. Das habe ich nicht betont, weil ich denke, dass Sie wissen, wer bei Ihnen einmal Wirtschaftsminister war. Momentaufnahmen sind immer für Anträge geeignet. Wenn wir uns einmal die Verständigung der Bundesregierung und der Stromwirtschaft vom 14.06.2000 anschauen – ich nehme an, im Antrag ist das gemeint, Sie haben vom 14.06. geschrieben, Punkt 1, Satz 1, das kann nicht von dem Jahr sein; ich nehme an, das Jahr 2000 ist gemeint –:

(Norbert Schmitt (SPD): Ui, super!)

Da wird nichts von Sicherheitsbedenken formuliert, weder in dieser Vereinbarung noch in der Koalitionsvereinbarung.Insofern liegen dem nicht Erkenntnisse zugrunde,

sondern reine politische Bekenntnisse. Das ist wirtschaftlich gegenüber den Bürgern dieses Landes nicht zu verantworten. Wenn man einmal schaut, was die Endlagerung betrifft: Wer hat denn verursacht, dass wir das Endlager in Gorleben nicht haben?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wissen Sie noch, wie der hieß? – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer ist denn mit dem Flugzeug ohne Landebahn abgeflogen?)

Wenn wir zusätzliche Abfallmengen bekommen,ändert es nichts an der Qualität des Entsorgungsproblems. Die Volumenfrage hat eine vollkommen untergeordnete Bedeutung.Wir sollten endlich sehen, dass die Erkundungen des Salzstocks in Gorleben weitergehen, damit wir vorankommen. Erkenntnisse gegen ein Endlager von hoch aktivem Abfall liegen betreffend Gorleben nicht vor. Wenn gesagt wird, Uranvorräte seien selten für – 40, 50 Jahre –: Das ist eine Verwechslung zwischen Reserven und Ressourcen. Die Reserven sind die bekannte Größe, die nicht weiterverfolgt wurde, weil durch die Abrüstung genug Uran für zivile Zwecke vorhanden war. Das reduziert sich. Deswegen wird es wieder interessant, weiter nach Reserven zu suchen.

Selbst wenn die Kosten steigen, was immer gesagt wird, macht Uran 5 bis 10 % an der Stromerzeugung aus. Das heißt,selbst wenn die höheren Kosten der Suche zu Buche schlagen, machen sie im Gesamtkostenkonzept nur 5 bis 10 % aus. Bei Gas sind es um die 80 %. Insofern ist der Kostenfaktor unbeachtlich.

Frau Ypsilanti, wichtig ist – das haben Sie zu Recht gesagt – die Abhängigkeit von Öl. Schauen Sie sich die Staaten an, von denen wir Uran beziehen können: an erster Stelle Australien, dann USA und Kanada. 60 % der Reserven liegen in den OECD-Ländern. Das ist auch ein qualitativer Unterschied zu dem, wo wir Öl herbekommen.

(Norbert Schmitt (SPD): Er liest eine Rede ab, weil er erwartet hat,was gesagt wird,und es wurde etwas anderes gesagt!)

Insofern spricht auch dieser Punkt nicht gegen die Verlängerung der Laufzeit. Jedenfalls ist summa summarum festzuhalten, dass wir im Sinne des Klimaschutzes nicht auf Nuklearenergie verzichten können.Wir haben derzeit außer der Kernenergie nicht die Technik, die CO2-freien Strom erzeugen kann.

(Andrea Ypsilanti (SPD):Wo sind Sie eigentlich zu Hause? Lassen Sie sich doch einmal in Nordhessen sehen!)

Frau Ypsilanti, ich muss sagen, Sie sind im Moment in der Position, dass, wenn Tatsachen nicht in Ihre Vorstellungen passen, Sie sagen: Dann stimmen halt die Tatsachen nicht. – Das wird sicherlich nicht greifen. Wenn wir jetzt von wegen „keine Ahnung“ schauen, gehen wir einmal zur Windenergie.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Waren Sie einmal beim ISET? Herr Dietzel, nehmt ihn doch einmal mit!)

Bei der Windenergie dürfen wir feststellen, dass die besten Standorte an der Küste sind.Sie sind knapp geworden. Man ist ins Binnenland ausgewichen. Erklären Sie mir bitte, wenn wir den Juli dieses Jahres nehmen, wie wir im Binnenland mit schwachen Winden die Grundlast über Windenergie sichern.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Es gibt auch Energie, die nicht grundlastabhängig ist!)

Grundlast heißt gesicherte Stromversorgung rund um die Uhr. Bitte zeigen Sie mir im Binnenland Hessen, wie man im Juli die Grundlast rund um die Uhr mit Windenergie sichern kann. Diesen Beweis sind Sie schuldig geblieben.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen ganz einfach zur Kenntnis nehmen: Auch wenn wir Ihrem Antrag gemäß die Windenergie ausbauen würden – da kann man über Landschaftsverschandelung streiten – müssen wir sehen: Wenn sie um 20 % anwachsen würde, haben wir, nehmen wir den Juli, 6 % zur Verfügung.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Strommasten sind Ihnen lieber?)

Jetzt gucken wir noch einmal nach den Offshorewindanlagen. Es ist in einem windsicheren Gebiet.Aber selbst da sind diejenigen, die das Ganze stützen, vorsichtig geworden, weil sie nämlich sehen, dass die großflächige Windenergienutzung auf See einen langfristigen Eingriff in die Meeresumwelt bedeutet. Das habe ich schon öfter beschrieben. Da ist man jetzt sehr vorsichtig geworden. Es fehlt auch die praktische Erfahrung. Deswegen ist man zu der Erkenntnis gekommen:Wenn Offshore gemacht wird, soll das nur stufenweise auf dem Vorsorgeprinzip erfolgen. Die Realisierung der jeweils nächsten Stufe setzt ein positives, belastbares Ergebnis hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und der Naturverträglichkeit voraus. – Da kann ich nur zustimmen.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich komme zum Thema Preise. Selbst wenn dort Strom produziert wird, muss der auch nach Hessen kommen.

(Zuruf von der SPD: Na und?)

Nicht „na und“. – Frau Ypsilanti, wir haben es übrigens Ihnen zu verdanken, dass wir in der Situation sind, Ihnen, der SPD.Wir müssen sehen, wo der Strom herkommt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das Netz ist nicht darauf ausgelegt, weder von der Struktur noch von der Stärke,hier diesen Strom nach Hessen zu bekommen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch einfach Unsinn! – Norbert Schmitt (SPD):Wie bitte?)

Sie können in der Dena-Studie nachlesen, auch Sie, Herr Schmitt, dass wir hier neue Trassen über mehrere 100 km legen müssen.

(Norbert Schmitt (SPD): Da haben wir natürlich die großen Leitungen!)

Wie das mit den baulichen Genehmigungen abläuft, das wissen wir alle.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Bei Genehmigungsverfahren sind Sie Experte! – Norbert Schmitt (SPD): Beim Flughafen! Das wissen wir wirklich!)

Insofern haben wir ein unsicheres Ergebnis.Wenn wir das unterirdisch machen würden statt im Freiland, hätten wir einen Kostensteigerungsfaktor von 6 bis 8. Im Verhältnis dazu haben wir Preise aus Kernkraftwerken von ungefähr 2 Cent pro Kilowattstunde.

(Norbert Schmitt (SPD): Da haben Sie teuer eingekauft! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Lenhart, können Sie sich eigentlich selbst noch folgen? – Norbert Schmitt (SPD): Franz Alt hatte Recht: Es gibt Leute, die haben ein Brett vor der Sonne!)

Insofern muss ich sagen – das wiederhole ich –: Opel sagt, die Energiekosten seien mit die höchsten.

Frau Ypsilanti, jetzt kommt der interessante Punkt. Sie sollen sehen, dass selbst aus dem Lager der Hersteller von Windkraftanlagen die Forderung kommt, Kernkraftwerke noch acht bis zehn Jahre länger laufen zu lassen.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Da haben Sie aber lange suchen müssen!)

Herr Schmitt, dann halt speziell für Sie. – Der Chef von REpower Systems, Fritz Vahrenholt, sagt:Wir müssen uns Zeit kaufen, weil die Technik bei den Offshoreanlagen nicht so ausgereift ist, dass wir abschalten können.

Sicherlich auch interessant für die SPD ist, dass Umweltminister Gabriel kurz vor dem G-8-Gipfel die Bedeutung der deutschen Kompetenz zum Betrieb im Bereich des Strahlenschutzes hervorhob und gesagt hat, dass diese Kompetenz erhalten werden muss. Das war auch interessant.

(Norbert Schmitt (SPD): Natürlich, aber sicher!)

Es wird für die SPD auch interessant sein, dass der ehemalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement – ich glaube, SPD – umgedacht hat.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sollten auch einmal etwas für Ihre Kompetenz tun!)

Er sagte, ungeachtet der Tatsache, dass er dem Ausstieg zugestimmt hatte, ist es heute aus seiner Sicht geboten, sich nicht der Möglichkeit zu verschließen, über die Modalitäten des Ausstiegs aus der Kernenergie neu nachzudenken. – Vielleicht machen Sie einmal einen Termin mit ihm.

(Norbert Schmitt (SPD): Nachdenken ist immer gut! Das vermissen wir leider bei manchen!)

Herr Schmitt, dann fangen Sie einmal an.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Er hat gesagt, er begründet seinen neuen Ansatz mit der Erkenntnis, dass wir ein verändertes globales Energieszenario haben. Sie kennen selbst den Wettlauf um Energieressourcen – Indien,China.China kauft jetzt in Afrika ein. Brasilien ist dabei. Das heißt, wenn wir zu 60 % von Energieimporten abhängig sind,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Brasilien macht Ethanol, mein Lieber!)

kommen wir um das Thema verlängerte Laufzeit von Kernkraftwerken nicht umhin.