Ich finde es heuchlerisch, wenn der Ministerpräsident fast gleichzeitig mit der Vorlage eines Haushaltsplanentwurfs 2003 mit einer immensen Ausgabensteigerung um 3,2 % sagt,Hessen würde sich an einer Strafzahlung wegen einer möglichen Nichteinhaltung der Maastricht-Kriterien nicht beteiligen. Das halte ich in der Tat für heuchlerisch. Das ist das typische Verhalten eines politischen Delinquenten: gegen eine Vereinbarung verstoßen und dann so schnell wie möglich vor den Folgen davonlaufen.
Herr Finanzminister, Herr Ministerpräsident, Sie wissen, dass Hessen ein Ausgabenproblem hat. Deshalb wird unser Land mehr und mehr zum Sanierungsfall. Mit vollen Händen haben die Herren Koch und Weimar in den vergangenen Jahren Steuergelder ausgegeben.Es waren aber leider nicht nur Steuergelder, sondern sie haben darüber hinaus in erheblichem Maße Kredite aufgenommen und Hessen massiv verschuldet.
Der Herr Ministerpräsident hat gestern gesagt – ich hoffe, dass er es in dieser Debatte wiederholt –, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen seien. Was heißt das für die hessischen Bürgerinnen und Bürger? Sie können sich auf erhöhte Steuern einstellen, weil diese Landesregierung in den letzten Jahren eine Verschuldungspolitik betrieben hat, die unglaublich ist.
Herr Ministerpräsident Koch, dies hat am Ende auch Ihre Haltung zur Steuerreform bestimmt. Sie sind gar nicht mehr in der Lage, eine Steuerreform auf den Weg zu bringen, weil Sie die Einnahmeausfälle in Hessen fürchten. Dank Ihrer Ausgaben- und Verschuldungspolitik, die Sie in den letzten Jahren betrieben haben, wissen Sie, dass Sie kaum noch finanzielle Spielräume haben.
In der „Financial Times Deutschland“ wird ein CDUBundestagesabgeordneter mit den Worten zitiert, dass Sie in einem Schuldensumpf stecken, in dem auch Ihre Kanzlerkandidatur versinken könnte. – Ich glaube, das ist eine richtige Beschreibung. An dieser Stelle haben wir wieder einmal gesehen,dass es ganz sinnvoll ist,nicht nur unseren Leuten etwas über die miese Finanzlage Hessens zu ste
cken, sondern auch einmal den CDU-Bundestagsabgeordneten. Die betreiben das mit mindestens genauso großem Elan wie unsere Leute. Das ist auch ganz amüsant festzustellen.
Meine Damen und Herren, wenn man sich die Schuldensituation in Hessen ansieht, muss man feststellen, dass es das Ergebnis Ihrer Haushaltspolitik ist, dass die Schulden von Ende 1998 auf Ende 2002 – das sind Istzahlen – um 4,3 Milliarden c gesteigert wurden.
Herr Kollege Milde, innerhalb von vier Jahren haben Sie es also geschafft – das ist das Ergebnis der Regierung Koch und Weimar, die FDP war damals auch dabei –, dass die Verschuldung sich um 18,8 % erhöht hat. Herr Kollege, das sind die Fakten. – Der Herr Ministerpräsident schüttelt den Kopf und runzelt die Stirn. Diese Zahlen sind jedoch belegbar.
Herr Ministerpräsident, das sind Ihre eigenen Zahlen aus dem Antrag der Landesregierung betreffend Finanzplan des Landes Hessen von 2003 bis 2006 vom 17.09.2002. Ich stütze mich nur auf Ihre Zahlen.
Ursache für diese Verschuldenssteigerung ist nicht ein Einnahmeausfall, wie Sie es immer wieder behaupten, sondern es sind massive Ausgabensteigerungen. Das ist der entscheidende Punkt.
Es sind ganz erhebliche Ausgabensteigerungen. Gucken wir uns die Zahlen noch einmal an. Man kann eine Finanzdebatte nicht ohne Zahlen führen, deswegen will ich diese noch einmal kurz vortragen.
1999 – in Ihrem ersten Jahr – lag die Steigerung bei 2,1 %. Im Jahr 2000 sind Sie ein bisschen runtergegangen, da war die Steigerung nur 0,8 %, um dann im Jahr 2001 wieder kräftig zuzulangen mit einer Steigerung von 3,2 %. – Das sind alles Ihre eigenen Zahlen. – Im Jahr 2002 lag die Steigerung bei 1,9 %, und im Jahr 2003 ist der Höhepunkt bei 3,2 %.
Lauter Steigerungsraten in einer unglaublichen Höhe. Rot-Grün hat sich im Vergleich dazu bei der Aufstellung des Haushalts viel schwerer getan. In der Tat, der eine oder andere aus der GRÜNEN-Fraktion weiß das. Wir haben uns sehr, sehr schwer getan. Wir haben manchmal bis in den Morgen hinein getagt.
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Und was ist dabei herausgekommen? – Boris Rhein (CDU): Uns kommen die Tränen!)
Herr Kollege Milde fragt, was dabei herausgekommen ist. – Ich will Ihnen sagen, was dabei herausgekommen ist. In den letzten drei Jahren unter Rot-Grün gab es ganz geringere Steigerungsraten. 1997 hatten wir ein Plus von 0,3 %. Diese Zahlen sind immer nach Länderfinanzausgleich. 1996 lag die Steigerungsrate bei minus 0,5 %, und 1998, in unserem letzten Jahr, hatten wir minus 0,7 %.
Das war das Ergebnis harter Arbeit.Natürlich gab es auch Konflikte bei den Haushaltsberatungen mit den einzelnen Ressorts. Es ist doch keine Kunst, es so zu machen, wie Sie
es machen. Im Geldausgeben ist man schließlich schnell einig.Aber das hat doch nichts mit solider Haushaltspolitik zu tun, Herr Kollege Milde.
Die Zahlen zeigen doch, dass Sie nie sorgsam mit dem Geld umgegangen sind. Sie haben immer nur Wohltaten verteilt.
Das hat mit sorgsamer und solider Finanzpolitik nichts zu tun. Um noch einmal zu untermauern, dass Sie ein selbst verschuldetes Ausgabenproblem haben, nenne ich Ihnen noch zwei Zahlen. 1998 betrugen die Ausgaben – hier auch wiederum nach Ihren Eckwerten – knapp 15 Milliarden c. Vergleichen wir, wo Sie 2003 mit Ihrem Haushalt landen, nämlich bei 16,7 Milliarden c – immer bereinigt nach den Ausgaben für den Länderfinanzausgleich –: Sie haben in fünf Jahren die Ausgaben um 11,7 % gesteigert. Das ist eine unglaubliche Steigerungsrate.
Auf der Tribüne sitzen jetzt viele Schülerinnen und Schüler. Diese müssten einmal ihre Eltern fragen, ob sie es in den letzten fünf Jahren geschafft haben, ihre Ausgaben um 11,7 % zu steigern. Ich garantiere Ihnen, wenn das ihre Eltern gemacht haben, dann haben sie entweder davor ein dickes Bankkonto gehabt, oder sie haben jetzt erhebliche Schulden. Die Situation in Hessen ist:Wir haben erhebliche Schulden.
Das zeigt das Versagen des Finanzministers und auch des Regierungschefs. Es zeigt ebenso, wie wenig Vorsorge Sie getroffen haben, wie wenig Sie auf die Ausgaben geachtet haben. Wenn man das so macht, dann ist es auch irgendwann kein Wunder, dass man mit den Einnahmen Probleme hat. Wer mit den Ausgaben so aast, der hat irgendwann in der Tat ein Einnahmeproblem.
Meine Damen und Herren, wenn wir gerade über Einnahmen reden: Herr Weimar, Sie behaupten immer wieder, dass Sie weniger Geld zur Verfügung gehabt haben als die Vorgängerregierung. Es lohnt sich an dieser Stelle, einmal auf diese Legendenbildung einzugehen.Deswegen nenne ich auch hierzu noch ein paar Zahlen.
Von 1999 bis 2002 haben Sie – alles nach Länderfinanzausgleich – über 3,6 Milliarden c mehr zur Verfügung gehabt als Rot-Grün von 1995 bis 1998.In diesen vier Jahren haben Sie 3,6 Milliarden c mehr zur Verfügung gehabt als Rot-Grün. Darauf haben Sie noch ein erhebliches Schuldenpaket gepackt. Meine Damen und Herren, Sie haben kein Einnahmeproblem, Sie haben in Hessen durch diesen Finanzminister und diesen Ministerpräsidenten vor allem ein Ausgabeproblem.
Bevor der Hessische Ministerpräsident auf der Bundesebene aktiv wird, muss er erst einmal seine Hausaufgaben machen und durch strukturelle Einsparungen für die Einhaltungen der haushaltsrechtlichen Vorgaben der Hessischen Verfassung sorgen.
An dieser Stelle hat der Bund der Steuerzahler Recht – manchmal streiten wir darüber. Bevor Sie andere mit Ihren Vorschlägen beglücken, sollte der Hessische Ministerpräsident – dem es gar nicht mehr um das Land geht, sondern der nur noch seine Karrierepläne in Berlin verfolgt – sich endlich um sein Land kümmern. Er sollte sich endlich um die Ausgaben in diesem Land kümmern.Dazu werden Sie zu Recht vom Bund der Steuerzahler aufgefordert.
(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD) und des Abg.Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir brauchen eine Wende zu vernünftiger Aufgabenpolitik und auch zum sorgsamen Wirtschaften. Herr Minister Weimar, was in anderen Ländern geht, das wollen wir mit unserem Antrag, mit unserem Eckwertebeschluss, erreichen: Niedersachsen will im nächsten Jahr immerhin 1,5 Milliarden c weniger ausgeben als in diesem Jahr. Wie dargestellt, haben alle Länder, außer Sachsen und Sachsen-Anhalt, aus begründetem Anlass – das Saarland hat noch einmal eine Steigerung von 0,7 %, aber es hält sich damit natürlich noch im Rahmen des Finanzplanungsrats – die Ausgaben eingefroren oder zurückgeführt.
Meine Damen und Herren, was unter Rot-Grün in Hessen möglich war und was in anderen Bundesländern möglich ist, sollte doch auch für Hessen möglich sein. Dies wollen wir mit unserem Antrag erreichen.
Deswegen wollen wir jetzt auch erstmals den Weg über einen Eckwertebeschluss gehen. Wir haben zudem dazu aufgefordert und dargestellt, dass der Finanzminister missbilligt werden muss, weil er bis zum heutigen Tage noch keine Aussage darüber treffen kann, wie er die Ausgabenprobleme in diesem Jahr in Griff bekommen will, wie er die Einsparungen im Jahr 2003 vornehmen will. Dieser Regierung fehlt der Mut, dieser Regierung fehlt die Kraft.