Meine Damen und Herren, wir hatten im letzten Plenum eine ausführliche Debatte über Hartz IV. Die CDU-Fraktion hat einen Antrag eingebracht und auch mit Mehrheit verabschiedet, aus dem hervorgeht, an welchen Stellen wir weiteren Reformbedarf sehen.
Vieles ist durch die neue Bundesregierung auf den Weg gebracht, übrigens fernab davon, dass gesagt wird: Es geht immer nur um Sanktionen, Sanktionen, Sanktionen. Arbeitsminister Müntefering hat selber Vorschläge zur Verhinderung des Missbrauchs gemacht. Es ist doch vollkommen unstrittig, dass wir hier weitere Regelungen brauchen.
(Lachen des Abg. Dr.Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Müntefering hat keine Vorschläge zur Verhinderung des Missbrauchs gemacht!)
Aber der Schwerpunkt unseres Antrags lag,wie im letzten Plenum dargestellt, auf ganz anderen Bereichen der Arbeitsmarktpolitik.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Holler,da irren Sie! Der Minister hat keine Vorschläge zur Missbrauchsverhinderung gemacht!)
Der Minister hat in einem Interview, das ich gehört habe – das kann ich Ihnen auch heraussuchen –, selber gesagt, dass die Lücken, die es zum Missbrauch gibt, geschlossen werden. Das ist doch vollkommen unstreitig. Die Regelungen, die die Bundesregierung im Einvernehmen zwischen CDU und SPD getroffen hat, liegen doch auf dem Tisch und sind im Fortentwicklungsgesetz auch schon enthalten.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten die Debatte heute bei dieser Hitze – ich merke ja, die Gemüter erhitzen sich – nicht unnötig ausweiten,weil wir im letzten Plenum die Argumente,was sich bei Hartz IV in den nächsten Monaten und Jahren verbessern muss, ausgetauscht haben. Ich denke, wir sollten das würdigen, was von den Optionskommunen geleistet wird. Wir sollten zur Kenntnis nehmen, was im Zuständigkeitsbereich der Sozialministerin liegt.
Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass es bei der Hessischen Landesregierung hier überhaupt keine offenen Flanken gibt, sondern dass im Gegenteil alles getan wird,
um die umfassendste Arbeitsmarktreform möglichst problemlos umzusetzen. Die Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit zeigen auch, dass man sich bei der Erhebung vergleichbarer Daten bereits auf einheitliche Standards geeinigt hat. Deswegen kann man sagen:Wir haben die Hausaufgaben, die es auf Landesebene zu lösen gibt, erledigt und sind insgesamt auf einem guten Weg. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran, wie Hartz IV eingeführt worden ist: Auf einer großen Bühne in Wolfsburg übergab Herr Hartz das Reformpaket auf einer CD-ROM an Gerhard Schröder. Mittlerweile sind weder Herr Schröder noch Herr Hartz noch im Amt.
Man sieht, was aus solchen Reformen werden kann.Aber man muss ganz ehrlich sagen:Wenn man sich erinnert, mit welcher Hoffnung dieses ganze Paket Hartz I bis IV gestartet worden ist, muss man eigentlich konstatieren, dass wenig davon übrig geblieben ist.
Dafür gibt es, meine Damen und Herren, verschiedene Gründe. Ich halte viele der Reformschritte vom Grundsatz her für richtig, aber sie sind natürlich in vieler Hinsicht mit deutscher Gründlichkeit, mit deutscher Überbürokratisierung gemacht worden, und letztendlich sind in vielen Bereichen Fehler aufgetreten, die man hätte vermeiden können.
Wenn man betrachtet, was die Bundesregierung mit dem Fortentwicklungsgesetz zu Hartz IV vorgelegt hat, dann muss man feststellen, dass diese Gesetzesinitiative die Grundfehler von Hartz IV in keiner Weise beseitigen wird. Die ausufernden Kosten für das Arbeitslosengeld II belegen die vielen Konstruktionsfehler. Was wir nicht erreicht haben, ist eine bessere, schnellere und intensivere Betreuung von Langzeitarbeitslosen. Aber genau das wollten wir erreichen.
Herr Kollege Holler ist gerade zum Schluss darauf eingegangen. Ich glaube, die vorgelegten Korrekturen gehen in vielerlei Hinsicht in die richtige Richtung. Das soll man nicht alles schlecht reden. Ich glaube, gerade beim Leistungsmissbrauch gibt es Ansätze, wie man dem entgegentreten kann.Aber das Grundproblem – –
Herr Kollege Kaufmann, hätten Sie mich ausreden lassen. Sie haben genau meinen Satz vorweggenommen.Vielen Dank. Als Souffleur sind Sie gut geeignet. – Aber das Grundproblem ist sicherlich nicht der Missbrauch, meine Damen und Herren, sondern das Grundproblem ist, dass die Kompetenzverteilung
zwischen den Arbeitsgemeinschaften, also der Bundesarbeitsagentur, und den Optionskommunen in vielen Bereichen nicht klar geregelt und getrennt ist.
Gerade diese fehlende Kompetenzverteilung wird durch das Fortentwicklungsgesetz in keiner Weise behoben. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich das etwas verwundert, weil sich natürlich auch die Hessische Landesregierung mit ihren Protagonisten Roland Koch und Silke Lautenschläger sehr vehement für eine stärkere Flexibilisierung, für eine stärkere Option ausgesprochen hat, damit die Kommunen mehr Verantwortung übernehmen. Das haben wir als FDP damals mitgetragen, weil wir der Ansicht waren und es immer noch sind, dass das der richtige Weg ist.
Aber was bei der CDU auf Bundesebene davon übrig geblieben ist, ist wie in vielen anderen Bereichen relativ wenig.
Es ist schade, meine Damen und Herren, dass anscheinend die Bundes-CDU relativ wenig auf die Hessen-CDU hört, was wir bedauern,
(Michael Boddenberg (CDU): Die einen sagen so, die anderen sagen so! – Gegenruf des Abg. Michael Denzin (FDP): Das kann an dem Generalsekretär liegen!)
weil wir als hessische FDP natürlich ein Stück weit mit Ihnen fiebern. Herr Kollege Boddenberg, wir würden uns wirklich freuen,wenn Sie sich da öfter einmal durchsetzen würden.
Anderthalb Jahre nach Hartz IV und SGB II kann man ganz klar belegen: Die Verschiebebahnhöfe wurden nicht beseitigt. Im Gegenteil, jetzt sind für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen teils die Kommunen, teils die Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagentur und teils die Bundesagentur für Arbeit allein zuständig. Der Wirrwarr ist deutlich größer geworden, und das wollten wir doch verhindern.
Die erzwungene Kooperation zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen funktioniert in vielen Bereichen nicht. Organisatorische Mängel kommen hinzu.
Meine Damen und Herren, das, was wir brauchen, sind klare Zuständigkeiten, und diese klaren Zuständigkeiten können nur dadurch geschaffen werden, dass endlich die Bundesagentur für Arbeit mit der Betreuung von Beziehern von Arbeitslosengeld II entweder komplett beauftragt wird – das ist nicht unser Weg – oder komplett ausgeschlossen wird.Aber eine Mischung ist falsch.
Unserer Ansicht nach ist die Bundesagentur für Arbeit eben für eine komplexe Aufgabe wie diese nicht geeignet.
Das hat nichts damit zu tun, dass die Mitarbeiter in der Bundesagentur nicht ausgebildet oder nicht willig wären. Es hat etwas damit zu tun, dass die zentralistische Struktur der Bundesagentur in keiner Weise einer praktischen Umsetzung dienlich ist.
Es wäre unserer Ansicht nach richtig gewesen, die Kommunen mit der Aufgabe der Reintegration von Langzeitarbeitslosen komplett zu betrauen
und eine kommunale Trägerschaft mit der damit verbundenen Dezentralisierung einzuleiten. Leider haben wir dies nicht erreicht, und, wie gesagt, wir vermissen dies auch im Fortentwicklungsgesetz.
Es gibt noch eine ganze Anzahl von Problemen in diesem Bereich. Jetzt komme ich auf das zurück, was die SPD mit ihrer Großen Anfrage eigentlich wollte. Die SPD wollte aus ihrer Sicht eigentlich belegt haben, dass die Arbeitsgemeinschaft das deutlich effizientere Modell ist.
Frau Kollegin Fuhrmann, natürlich nicht. Wenn Sie mit Ihren treuen Augen hier herüberblicken, wissen wir, dass Sie das nicht gewollt haben.
Natürlich wollten Sie das. Ich denke, es ist in Ordnung, danach zu fragen, wie dieser Wettbewerb, den wir eingeleitet haben, ausgeht. Wir haben gesagt, wir wollen einen Wettbewerb zwischen zwei Modellen einleiten und dann schauen, welches Modell besser ist. Man kann aber an den Strukturen und den Strukturproblemen schon relativ logisch ablesen, dass die Bundesagentur für Arbeit aufgrund ihrer Konstruktion in vielen Bereichen nicht richtig geeignet ist, dieses Problem wirklich zu lösen.
Wenn man die „Antworten“ auf die Anfrage sieht, will ich zunächst auf das eingehen, was Kollege Holler gesagt hat. Wir haben im Sozialausschuss einen relativ ausführlichen Bericht darüber gehört, warum keine Zahlen vorliegen. Das werfen wir von der FDP der Landesregierung nicht vor – das sage ich ganz offen –, weil das Land keine rechtliche Handhabe hat, diese Zahlen von den Kommunen zu evaluieren und zu erheben. Das muss man klar feststellen.