Mit dem BAMBINI-Programm geht Hessen einen Weg, der auch vom Bundestag gewünscht wurde. Seit den Hartz-Reformen trägt der Bund die Kosten für alle erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger. Bundesweit werden dadurch die Kommunen um Milliardenbeträge entlastet. Gleichzeitig verabschiedet der Bundestag das Tagesbetreuungsausbaugesetz, nach dem die Kommunen einen Teil dieser Entlastung für den Ausbau der Betreuung von unter Dreijährigen einsetzen sollten. Das Land Hessen stellt nun jene Mittel, die bislang als Ausgleichszahlung an die Kommunen gingen und dort dafür nicht mehr ver
wendet werden, weil der Bund jetzt die Kosten trägt, für die Freistellung von Elternbeiträgen zur Verfügung.
Wenn nun vonseiten der GRÜNEN behauptet wird, dass die Kommunen die Mittel für die beitragsfreien Kindergärten selbst aufbringen, so entspricht das einfach nicht den Tatsachen.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe doch zugehört! Ich habe die ganze Zeit zugehört! – Zuruf von der SPD: Sie haben es nicht erklärt!)
Generell sollte sich die Opposition einmal daran gewöhnen, nicht nur ständig zahlreiche Landesmittel zu fordern. Sie sollten auch sagen, woher das Geld kommt. Im Übrigen können Sie nicht zum hunderttausendsten Mal fordern,dass man das Schloss Erbach nicht kaufen sollte.Das ist unrealistisch, Herr Kollege.
(Gerhard Bökel (SPD): Daraus kann man auch ein Bildungszentrum für BAMBINI machen! Das hat viele Räume!)
Sie sollten in diesem Bereich nicht immer mehr Geld ausgeben wollen, Herr Kollege. So geht es nicht. Wenn wir alle Ihre Anträge zusammennehmen, müssten wir einen doppelt so großen hessischen Haushalt führen. Denn das, was Sie hier machen, ist unseriös.
Mit dem BAMBINI-Programm werden wir unserer Familienpolitik einen weiteren großen Baustein hinzufügen. Das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung wird ab 2007 beitragsfrei sein. Das bedeutet konkret, dass die Familien direkt entlastet werden und 1.200 c pro Kind und Jahr sparen. Damit werden Familien spürbar entlastet, und das sollte unser aller Ziel sein.
Das Betreuungsangebot im zweiten Teil wird für Kinder unter drei Jahren deutlich erweitert. Hier besteht ein wesentlicher Zusammenhang. Beide Maßnahmen sind für die Eltern wichtig, weil sie dadurch – das ist ein ganz wichtiger Punkt – natürlich Familie und Beruf noch besser miteinander vereinbaren und sicher sein können, dass ihre Kinder durch entsprechende Bildungsaspekte in der Zeit vor der Einschulung sehr gut auf den Schulbesuch vorbereitet werden.
Wir sind auf einem guten Weg zu einer bis 2010 angestrebten Betreuungsquote von 20 % bei den unter Dreijährigen. Darauf können wir auch stolz sein. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Reißer. – Als nächster Rednerin erteile ich Frau Kollegin Schulz-Asche vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Reißer, Sie haben das BAMBINI-Projekt gerade als großen Schritt hin zum Familienland Nr. 1 bezeichnet. Ich sage Ihnen, das ist ein großer Rechentrick weg vom Familienland Nr. 1, das Sie nie erreicht haben und so auch nie erreichen werden.
Meine Damen und Herren, der Name BAMBINI ist ein wunderbarer Name, abgekürzt für: Betreuungsplätze ausbauen, Mittel bereitstellen, in Nachwuchs investieren. Herzlichen Glückwunsch zu dem Namen, kann man da nur sagen.
Das ist wirklich das einzig Gute an diesem Programm. Dazu gibt es eine Presseerklärung der Landesregierung. Darin heißt es:
100 Millionen c zusätzlich sollen nach dem Willen der Hessischen Landesregierung in die Kinderbetreuung investiert werden. „Hessen“, so die Ministerin, „macht Platz für Kinder“. Die Mittel werden den Kommunen bereits ab dem 1. Januar 2007 zur Verfügung gestellt. 65 Millionen c sollen in einen Elternbeitragsentlastungsfonds eingezahlt werden...
Meine Damen und Herren, mit diesen Presseerklärungen erwecken Sie den Eindruck, als gebe es tatsächlich zusätzliche Landesmittel dieser Landesregierung für die Kinderbetreuung in Hessen. Das ist falsch. Es gibt 10 Millionen c des Landes aus der Offensive für Kinderbetreuung; aber diesen Betrag stellen wir bereits in diesen Haushalt ein. Da gibt es keinen zusätzlichen Cent für die Qualität und den Ausbau im U-3-Bereich und 100 Millionen c ausschließlich durch Umwidmung innerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs. Da können Sie sich nicht hierhin stellen, Herr Reißer, und so tun, als handle es sich um ein Geschenk der Landesregierung. Hier handelt es sich um originäre Mittel der Kommunen. Darüber reden wir und nicht über Geschenke der Landesregierung.
Wir können darüber reden, dass man – das finde ich richtig – die Kommunen beim Ausbau der Kinderbetreuung unterstützt. Ich finde es auch richtig, dass man frei werdende kommunale Mittel zum Ausbau von Qualität und Quantität in der Kinderbetreuung festlegt und festschreibt. Aber, meine Damen und Herren, die Mittel, die Sie jetzt aus den Einsparungen bei den Sozialhilfeausgaben vorsehen, werden die Kommunen, die bisher große Sozialhilfeausgaben haben, die eine große Zahl von Arbeitslosengeld-II-Empfängern haben, zusätzlich belasten und ihnen nicht die Möglichkeit geben, hier zu investieren. Dafür werden reiche Kommunen belohnt, die bereits
angefangen haben, die Eltern von den Elterngebühren zu entlasten, beispielsweise Eschborn und Oberursel.
Wir wissen alle, wo bedeutende Persönlichkeiten dieses Hauses herkommen. Da entsteht der Eindruck, dass die Wahlversprechen der CDU aus dem Kommunalwahlkampf nachträglich aus dem Kommunalen Finanzausgleich finanziert werden sollen.
Sie haben schon die ganzen Einsprüche: Sie haben die Einsprüche von den Bürgermeistern, Sie haben die Einsprüche von den Landräten, Sie haben den Einspruch vom Städtetag, Sie haben den Einspruch vom Landkreistag. – Das ist erneut ein Beispiel, wie Sie mit Kritik umgehen.Wir haben gerade bei der Unterrichtsgarantie murks gehört, wie Sie reagieren. In anderen Bereichen sehen wir das auch. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, der gerade nicht da ist, beleidigt den Geschäftsführer des Landkreistages, weil der es gewagt hat, genau auf das, was ich gesagt habe, hinzuweisen. Dann sagt Herr Wintermeyer: Herr Röther zeigt mit seiner Nörgelei und Mäkelei ganz deutlich, mit ihm ist eine vernünftige Familienpolitik nicht möglich.
Meine Damen und Herren, hier handelt es sich um einen wesentlichen Partner und Interessenvertreter der kommunalen Familie in Hessen, und die CDU sagt: Mit diesem Mann ist Familienpolitik nicht möglich. – Wo sind wir eigentlich in diesem Lande gelandet?
Wir kennen noch viele Beispiele aus dem Sozialministerium.Wenn wir an die „Operation düstere Zukunft“ denken, wie Sie mit den Wohlfahrtsverbänden umgegangen sind – Sie haben Jahre gebraucht, um wieder einigermaßen eine Vertrauensbasis herstellen zu können.
Zwischenfazit: Es gibt keine zusätzlichen Mittel für Kinder und Eltern in Hessen. Es wird weder zusätzlich in den Ausbau von Angeboten noch – das finde ich besonders wichtig – in die Qualität der Angebote investiert. Kostenfreie schlechte Angebote helfen keinem Kind und keinen Eltern in diesem Lande.
Man kann ja kaum sagen: Wir haben etwas dagegen, Gebühren abzuschaffen.– Aber wir müssen uns ernsthaft fragen:Wird dadurch ein einziges Kind in Hessen besser betreut oder gebildet? – Da sind einigermaßen Zweifel angebracht, ob das BAMBINI-Projekt dies leisten wird.
Die meisten Kommunen haben bereits soziale Staffelungen der Elternbeiträge. Wir haben einmal, weil es keinen vernünftigen Überblick in der Statistik gibt, einige Städte herausgesucht. In Darmstadt werden bereits für 40 % der Kinder die Elternbeiträge entlastet, in Marburg ist es ein Drittel der Kinder. Das heißt, die meisten Kommunen haben bereits versucht, über Sozialstaffeln einen gerechten Zugang zu den verschiedenen Angeboten im Kindergartenalter herzustellen.
Deswegen frage ich Sie:Wird mit diesem BAMBINI-Programm eine einzige Erzieherin weiter qualifiziert? Wird dadurch die individuelle Förderung von Kindern besser möglich sein als bisher? Wird es einen einzigen zusätzlichen Ganztagskindergartenplatz durch dieses BAMBINI-Programm in Hessen geben?
Wird es zusätzliche Mittel für die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplanes geben? Wird es ein einziges zwei-, drei- oder vierjähriges Kind in Hessen geben, das zusätzlich in den Kindergarten gehen wird, weil Sie das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei stellen? – Ich sage Ihnen: Dieses Programm wird nicht in einem einzigen Fall dazu beitragen, dass die Qualität verbessert wird.
In der Plenarsitzung am 12. Oktober – wir reden schon seit langem über dieses Thema – hat die Sozialministerin gesagt:
für Entlastung zu sorgen. Eine solche Entwicklung kann wünschenswert sein; aber das Land sieht seine Prioritäten dort, wo weiterer Bedarf vorhanden ist. Die Mittel sollen eingesetzt werden, um die Kindergärten dort weiter auszubauen, wo es um Ganztagsbetreuungsangebote geht, vor allem aber auch im Bereich der Krippen und der altersübergreifenden Gruppen, deren Zahl sehr stark zugenommen hat, gerade wenn es darum geht, Zweijährige in die Kindergartengruppen aufzunehmen.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns die Situation bei der Betreuung der unter Dreijährigen anschauen, sind für die bereits 10 Millionen c eingestellt und ist offensichtlich im BAMBINI-Programm keine Erhöhung vorgesehen. Wir haben im Moment einen Fehlbedarf von schätzungsweise 18.400 Plätzen in der Betreuung der unter Dreijährigen. Sie wollen sich doch nicht ernsthaft hierhin stellen und sagen, mit den 10 Millionen c aus der Offensive für Kinderbetreuung würden Sie diesen eklatanten Mangel tatsächlich beheben können.
Anfang dieses Jahres – um einmal die tatsächliche Entwicklung der Nachfrage der Eltern darzustellen – hat das DJI eine Elternbefragung gemacht und festgestellt, dass im letzten Jahr die Nachfrage nach Plätzen bei den unter Dreijährigen angewachsen ist. Nach dieser Berechnung würden in Hessen 37.000 Plätze für die unter Dreijährigen fehlen. Dieses BAMBINI-Programm bringt uns an die Lösung der Probleme nicht heran. Es ist eine Riesenschaumschlägerei, mit der Sie versuchen, die Kommunen zu Sachen zu zwingen, die Sie mit einer vernünftigen Diskussion, mit einer vernünftigen Planung und mit einer vernünftigen Umverteilung im kommunalen Lastenausgleich durchaus herstellen könnten. Aber so, wie Sie es hier machen, sich hierhin zu stellen, das als Ihre eigenen Geschenke darzustellen und die Kommunen dafür zu beschimpfen, wenn sie die Regelungsart kritisieren, ist das Arroganz der Macht. Das hat mit Familienpolitik, wie wir sie uns vorstellen, überhaupt nichts mehr zu tun. – Danke.