und dann auch noch uns! Wir sind ja nach wie vor hier ein Landesparlament. Dass ausgerechnet Sie, lieber Kollege Güngör, sich jetzt hinstellen und sagen, wir verunsichern die Menschen, weil wir einmal Hüh und einmal Hott sagen!
Ich entsinne mich: Noch auf der letzten Bürgerschaftssitzung haben wir einen Antrag zur allgemeinen Impfpflicht eingereicht. Wie haben Sie abgestimmt?
Genau das ist nämlich das Problem! Das ist nämlich auch bei der Impfpflicht das Problem auf Bundesebene. Wenn ich mir das Gewürge da ansehe, das in der Ampelkoalition vonstattengeht, dass der eine
Hüh sagt, der andere Hott – die Einzige, die wirklich einen konkreten Gesetzesvorschlag gemacht hat, ist die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, obwohl sie in der Opposition ist.
Darum ging es mir. Sie werden jetzt allem noch einmal widersprechen, dann muss ich leider noch das dritte Mal herkommen, das wollte ich eigentlich nicht. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Politik zeichnet sich dann besonders aus, wenn sie ihre Entscheidungen an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausrichtet. Politik zeichnet sich dadurch aus, dass sie Fehler eingesteht oder Entscheidungen revidiert, wenn neue Erkenntnisse kommen.
Ich vermisse an der Stelle, wenn wir über Impfpflicht diskutieren, ab und an die Wahrnehmung bei vielen, dass es nicht darum geht, zu sagen, wir haben das einmal vor x Monaten gesagt und setzen es jetzt eins zu eins so um, sondern zu schauen, wie der Pandemieverlauf ist, zu schauen, wie die Entwicklung der Mutationen ist, und genauer zu schauen, was dann noch verhältnismäßig ist, was angesagt ist und vielleicht auch, welche Vorsorgemaßnahmen man treffen sollte.
Die Diskussion über ein Impfregister müssen wir meiner Meinung nach irgendwann einmal führen. Hätten wir längst eine Gesundheitskarte, eine elektronische, wären wir auf einem ganz anderen Weg. Dann könnte man diese Frage auch beantworten. Datenschutz kann man da einhalten und so weiter. Estland ist da viel weiter. Ich bin sehr enttäuscht, dass wir immer noch so eine Digitalisierungswüste sind. Dann könnte man auch die Fragen der Union beantworten, wie viele Menschen, die hier leben, wirklich geimpft sind.
Ehrlich gesagt ist das nur ein Teil der Wahrheit. Die Wahrheit ist auch, wir wollen natürlich nicht nur wissen, wie viele der Menschen, die hier wohnen, hier geimpft sind, sondern auch, wie viele derjenigen, die hier arbeiten und aktiv sind. Ich kenne viele Menschen, die im Umland wohnen, so wie meine Tochter, die in der kritischen Infrastruktur arbeitet, die froh war, dass sie sich in Bremen impfen lassen konnte, damit sie dort auch weiter ihre Arbeit tun konnte, und die das dann auch gern wahrgenommen hat. So ist es sicherlich bei vielen gewesen. Insofern ist das für mich Statistik, aber hilfreich ist nicht die Statistik, sondern die konkrete Impfung.
So ist es richtig, dass wir jetzt weiter diskutieren, was ein angemessener Vorschlag ist. Es liegt ja auch ein anderer Vorschlag vor, als Herr Merz sich – im Stern war es, glaube ich – auch positiv dazu geäußert hat, dass wir das vielleicht stufenweise einführen sollten, nämlich ob eine Impfpflicht für ältere Menschen, bei denen das Risiko höher ist, eine angemessene Sache ist. Auch das ist doch ernsthaft zu diskutieren. Genauso ist es ernsthaft zu diskutieren, ob wir die allgemeine Impfpflicht überhaupt noch brauchen, denn es ist doch klar, dass wir jetzt von dem „Wir schützen unsere Krankenhäuser vor Überlastung und Menschen vor dem Tod“ wieder umschwenken müssen, und das tun wir ja auch dafür.
Jeder ist auch für sich selbst verantwortlich. Es ist nicht der Staat, der verantwortlich für die Menschen ist, sondern zuallererst müssen sie ihrer Eigenverantwortung gerecht werden, und das können sie, indem sie sich impfen, und dazu rufen wir an dieser Stelle auch erneut auf.
Es ist zu Recht an dieser Stelle gesagt worden – ich glaube, Frau Leonidakis hat dieses Mal darauf hingewiesen, ich habe letztes Mal darauf hingewiesen –, dass wir natürlich weltweit mehr impfen müssen, weil wir sonst nicht davor geschützt sind, dass neue Mutationen kommen und diese Mutationen unsere Impfstoffe dann umgehen. Natürlich ist es ein Segen, dass sie dann zu einem milderen Verlauf führen, aber wir würden uns natürlich Impfstoffe wünschen, die besser sind. Bei all der Abwägung müssen wir aber auch einkalkulieren, dass es inzwischen erste Medikamente gibt und die Therapien besser geworden sind. Auch das muss in die Überlegung mit eingezogen werden.
Dann müssen wir natürlich den Menschen sagen, wenn ihr euch selbst schützt, schützt ihr euch nicht nur vor der Frage eines schweren Verlaufes, sondern wir müssen auch anschauen, wie die Auswirkungen von Long COVID sind, denn eines ist auch klar: Bei allem, was wir jetzt an Verläufen sehen, was das an Langzeitauswirkungen hat, wie sich das auswirkt auf den gesamten Körper der Menschen, die infiziert waren, wissen wir noch nicht. Wer weiß, wie Menschen leiden, die Long COVID haben, weiß, dass das alles nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist und deswegen jeder aufgefordert ist, sich dort selbst zu schützen.
Das Schöne ist ja momentan, dass die Lage auf den Intensivstationen nach Angaben der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin vergleichsweise entspannt ist. Das macht vieles möglich, aber erfordert auch weiterhin, dass Menschen sich selbst schützen und selbst vorsichtig sind. Es war früher schon gut, gewisse Infektionsschutzmaßnahmen aufrechtzuerhalten. Die Pandemie hat uns da als Gesellschaft, aber auch jeden Einzelnen viel gelehrt.
Der Staat kann nicht alles regeln. Eigenverantwortung ist und bleibt gefragt, und es ist so, dass es weiter eine Gewissensentscheidung derer im Bundestag sein wird, die darüber zu entscheiden haben, welche Art von Impfpflicht dann eingeführt wird, und dann sind wir gefordert, sie umzusetzen, genauso wie wir bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht abwägen müssen, was das denn für die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner beispielsweise in den Heimen heißt, wenn das Personal ausfällt. Wichtig ist aber, dort geht es eben nicht um den individuellen Schutz der Menschen,
sondern um den Schutz der Schutzbefohlenen, und das hat noch einmal eine andere Qualität. Deswegen finde ich auch, das kann man anders behandeln als die Frage der allgemeinen Impfpflicht. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Lieber Heiko Strohmann, Ihr Antrag aus dem Januar hat hier zu einer sehr hitzigen Diskussion geführt, hat schon so weit geführt – –. Ich habe es auch damals schon in der Debatte gesagt: Ich nehme Ihnen das nicht ab.
Sie haben so getan, als würden wir hier in der Bremischen Bürgerschaft über die Einführung der allgemeinen Impfpflicht entscheiden, und das war Unsinn, bei all dem, das wir schon wussten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte sich schon ausdrücklich erklärt, die SPD-Fraktion hatte sich ausdrücklich erklärt, der Parlamentspräsident hatte sich ausdrücklich erklärt, Ihre Fraktion hatte sich ausdrücklich erklärt. Das war ein reines Schauspiel. Zeitweise hatte ich sogar das Gefühl, als ob ich gerade gegen die allgemeine Impfpflicht stimme und vielleicht sogar im Bundestag sitze. Sie wissen ganz genau, dass diese Entscheidung woanders gefällt wird. Deshalb nehme ich Ihnen dieses Theater nicht ab.
Zweitens, Herr Söder hat die einrichtungsbezogene Impfpflicht als kein wirksames Mittel mehr bezeichnet. Er hoffe auf eine kluge Entscheidung für die Impfpflicht, und Friedrich Merz hat diesen Eiertanz begrüßt. Dann hieß es in einer Pressemeldung, dass die Fraktionsvorsitzenden der CDU der Landtage ohne Ausnahme diese Forderung unterstützen.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Es gab viele kritische Stimmen. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat sich dazu geäußert, die SPDBundestagsfraktion hat sich geäußert, aber auch die Pflegebevollmächtigte des Bundes, Claudia Moll, hat sich dazu geäußert und viele andere Akteure haben das kritisiert. Es geht bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht darum, dass wir die Intensivstationen oder die Kliniken schützen. Es geht um den Schutz von älteren Menschen. Deshalb plädiere ich hier auch noch einmal – –.
Ihre Verantwortung wäre es gewesen, Herrn Söder – –. Deshalb müssen Sie sich diesen Satz gefallen lassen, ob Sie weiterhin das Sprachrohr der bayerischen Kolleginnen und Kollegen sein möchten oder ob Sie Verantwortung übernehmen und vielleicht
auch den Mut haben, Herrn Söder zu sagen: Diese Gesetzeslage einfach zu ignorieren – Herr Kollege Fecker hat es gesagt – ist einfacher Rechtsbruch.
Man kann mit neuen Vorschlägen kommen, aber einfach zu sagen, ich setze das nicht um, das ist, glaube ich, einfach nur dieses große Ego, das viele Menschen, besonders Herr Söder, in dieser Pandemie gezeigt haben. Das ist nicht würdig im Umgang mit einer Pandemie und das verdienen die Menschen in unserem Land nicht. Kommen Sie bitte zurück und plädieren Sie innerhalb Ihrer Partei auch dafür. Ich bleibe dabei, Sie können jetzt im Bundestag mit Ihren Kolleginnen und Kollegen – wir machen das so – dafür sorgen, dass die allgemeine Impfpflicht kommt.
Die Bremer Landesgruppe steht geschlossen. Die Bremer Landesgruppe stand auch geschlossen, als Herr Söder verkündet hat, ich setze das in Bayern nicht um, und als Friedrich Merz gesagt hat, das findet er absolut richtig, und dann dackeln Sie einfach hinterher. Das, finde ich, passt nicht zu der Show, die Sie hier immer abspielen. Sie fordern immer Klarheit, Sie müssen aber auch einmal selbst klar aufgestellt sein, Herr Strohmann. Das funktioniert so nicht, das nehme ich Ihnen nicht ab. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Güngör, ich kann ja verstehen, dass Sie jetzt solche Showgefechte führen müssen,