Protocol of the Session on November 26, 2015

Lassen Sie mich ein letztes Wort sagen! Ich glaube, die Integration zeichnet sich ab. Man kann feststellen – ich habe mit Heike Sprehe darüber gesprochen –, dass es eine verstärkt wahrnehmbare Öffnung der Jacobs University in Bremen-Nord in Richtung der Stadtteile gibt. Wir sollten in diesem Zusammenhang die Worte von Frau Grobien im Hinterkopf haben, dass das Unternehmen Jacobs University jährlich 50 Millionen Euro ausgibt. Damit ist die Jacobs University ein Standortfaktor, der jedes Jahr weltweit circa 300 Studierende anwirbt.

Mittlerweile ist es verpflichtend, dass ausländische Studierende die deutsche Sprache lernen. Für uns ist damit die Hoffnung verbunden, dass sie weltweit Bremens Botschafter werden. Insoweit sollten wir nicht nur optimistisch sein, sondern auch Sympathie dafür aufbringen, dass ihnen das gelingt. – Danke!

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich war die Antwort des Senats auf die Große Anfrage eher eine Enttäuschung, weil ich finde, dass man deutlich umfassendere Informationen aus dem Geschäftsbericht herauslesen kann, als aus den Fragen in der Großen Anfrage und aus den Antworten zulassen.

Zunächst wird gefragt, wie die Jacobs University im aktuellen Wissenschaftsranking abschneidet. Es wird geantwortet, dass die Jacobs University Preise gewinnt und im Wissenschaftsranking sehr gut abschneidet. Ich finde, das ist die Mindestanforderung, wenn im Jahr circa 42 000 Euro pro Studierendem zur Verfügung stehen.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist circa das Dreifache des Betrags, den die Universität Bremen pro Studierendem ausgeben kann. Wenn nach wie vor für 12 bis 13 Studierende ein Professor zur Verfügung steht, dann sollte die Lehre und Forschung auch gut sein. Diese Erwartung wird offensichtlich von der Jacobs University mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand erfüllt.

Aus welchen Gründen stehen wir dieser Einrichtung kritisch gegenüber? Man könnte mutmaßen, dass wir

Privatuniversitäten grundsätzlich als Teufelswerk empfinden.

(Abg. Kottisch [SPD]: Was?)

Es ist nicht so! Wir stehen Privatuniversitäten kritisch gegenüber, weil der Ansatz nicht funktioniert hat, und das hat mein Vorredner Herr Gottschalk bereits gesagt. Der ursprüngliche Plan ist gewesen, dass die Jacobs Foundation der Jacobs University 200 Millionen Euro zur Verfügung stellt und das Betreiben der Jacobs University mit den Zinsen aus dem zur Verfügung gestellten Kapital und mit den Studiengebühren erfolgt. Diese Finanzierungsform hat bisher nicht funktioniert.

Die Jacobs University hat seit ihrem Bestehen bis heute circa 50 Millionen Euro ausgegeben, 30 Millionen Euro eingenommen und damit einen jährlichen Fehlbetrag von 20 Millionen Euro erwirtschaftet, der durch Zuschüsse der Jacobs Foundation und des Landes Bremen ausgeglichen werden musste. Das ist langfristig kein gutes Geschäftsmodell,

(Beifall DIE LINKE)

denn es konnte kein Stammkapital aufgebaut werden. Man muss also aus betriebswirtschaftlicher Sicht sagen, dass sich das Geschäftsmodell nicht bewährt hat.

Außerdem ist es so – und das ist der zweite Punkt –, wenn man dieses Geschäftsmodell fortgeführt hätte, dann hätte man unter Umständen einen Punkt erreicht, an dem es zur Anmeldung des Konkurses durch die Jacobs University gekommen wäre. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte Bremen sofort die Bürgschaft in Höhe von 50 Millionen Euro leisten müssen.

Mit der Tilgung dieses Kredits, der seit 14 Jahren im Raum steht, ist erst, wenn ich mich richtig erinnere, im letzten Jahr begonnen worden. Das heißt, dass das Risiko Bremens in drei oder vier Jahren nicht beendet ist. Es bleibt so lange bestehen, bis der Kredit endgültig zurückgezahlt ist, und das gilt auch für die Bürgschaft. Es ist also ein Grund, die Entwicklung der Jacobs University genau zu beobachten.

Der Geschäftsbericht für das Jahr 2014 gibt noch keinen endgültigen Aufschluss über den Trend des Sanierungspfades. Es sind nach wie vor Einnahmen in Höhe von 48 Millionen Euro vorhanden, 10 Millionen Euro stammen aus Studiengebühren, 13 Millionen Euro aus Drittmitteln und 23,7 Millionen aus Zuwendungen. Im Laufe der Debatte ist ausgeführt worden, dass die Jacobs University einen Überschuss erwirtschaftet hat, der den im Sanierungsplan ausgewiesenen Betrag um zwei Millionen Euro übersteigt. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, dass eine Großspende von zwei Millionen Euro verbucht werden konnte. Das heißt, dass das möglicherweise nur ein einmaliger Effekt ist.

Die Einnahmen aus Drittmitteln sind im Kern in Ordnung, sie sind jedoch Schwankungen unterworfen. Meines Erachtens hat sich die Einnahmesituation weder verbessert noch verschlechtert. Es ist bisher kein Trend abzusehen.

Bei den Ausgaben zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Jacobs University hat an einigen Stellen investiert, um eine Effektivitätssteigerung zu erreichen. Das ist anzuerkennen. Sie hat auch einen Personalabbau vorgenommen, und zwar 30 Prozent im Verwaltungsbereich, 13 Prozent im Bereich der wissenschaftlichen Mitarbeiter, und von bisher 97 Professoren sind noch 93 Professoren tätig.

Es gibt eine Vereinbarung, das irgendwann einmal ein Verhältnis von 1 zu 16 erreicht werden muss. Im Augenblick beträgt das Verhältnis 1 zu 13,5.

Zusammengefasst: Es gibt verschiedene Parameter, die darauf hinweisen, dass die begonnene Sanierung erfolgreich ist, allerdings gibt es auch andere Parameter, an denen ablesbar ist, dass Nachholbedarf besteht. Es ist auch noch ein bisschen offen, wie sich die Studierendenzahlen entwickeln werden. Jetzt festzustellen, dass die Jacobs University auf einem guten Weg sei, ist ein bisschen verfrüht, und es ist wohl die Phrase Nummer eins in diesem Hause, weil es ganz unterschiedliche Indizien gibt.

(Beifall DIE LINKE)

Ich sage hier ganz deutlich, ich möchte, dass der Sanierungskurs mit einem Erfolg endet, damit über Bremen nicht weiterhin das Damoklesschwert der 50Millionen-Bürgschaft schwebt. Ich möchte, dass sich die Jacobs University selbst finanziert, zum Beispiel über Spenden oder Drittmittel, aber nicht, dass das Land Mittel zur Verfügung stellen muss oder die Bürgschaft als Druckmittel benutzt werden kann, um Zuschüsse zu erwirken.

(Beifall DIE LINKE)

Letztlich interessiert mich, weil die Zusammenarbeit mit der Universität im Raum steht, inwieweit es zwischen der Universität und der Jacobs University bei der Drittmitteleinwerbung zu einer Konkurrenzsituation kommt. Es darf nicht passieren, dass die eine Universität der anderen Universität Drittmittel entzieht.

Die Abwicklung! Für den Fall, dass sich der beschrittene Sanierungspfad in den nächsten zwei Jahren nicht als erfolgreich darstellt, muss ein Konzept erarbeitet werden, was passiert, wenn die Jacobs University schließt. Das verstehe ich unter Abwicklung. Wir werden möglicherweise in den nächsten zwei, drei Jahren ein entsprechendes Konzept erstellen müssen, damit es nicht zu einer Katastrophe kommt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gestehe – Frau Grobien erwartet es –, dass ich ein gespaltenes Verhältnis zur ehemaligen International University, heute Jacobs University, habe. Ich habe ein sehr ambivalentes Verhältnis. Ich war vor der Gründungsphase, als die Idee geboren wurde, begeistert von der Idee, angesichts der geringen Anzahl von international Studierenden an den öffentlichen Hochschulen in Bremen eine internationale Hochschule anzusiedeln, die Menschen aus aller Welt anzieht und ausbildet und in der Tat mit diesem Campus und mit den Botschaftern und Botschafterinnen der Welt dafür sorgt, dass auch – nehmen Sie es mir nicht übel! – in die Provinz Bremen ein bisschen mehr Internationalität einzieht. Die Idee war grandios, und der Campus ist es auch.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU)

Ich bin durch verschiedene Kooperationsprojekte oft auf dem Gelände der Jacobs University, ich kenne die Kolleginnen und Kollegen, und ich finde, sie leisten hervorragende Arbeit in der Forschung und Ausbildung und in der sozialen Betreuung der internationalen Studierenden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, CDU)

Davon können wir allerdings an den staatlichen Hochschulen noch einiges lernen.

Ich war immer begeistert und zuweilen auch voller Neid, wenn ich mir die Ausstattung der Jacobs University, den dortigen Betreuungsschlüssel und die Serviceleistungen für die Studierenden und auch die hohe Internationalität der Studierenden und Mitarbeiterinnen angeschaut habe. Allein die öffentlichen Zuschüsse an die Hochschule haben nicht nur mich, sondern auch viele Kolleginnen und Kollegen angesichts der Ausstattungssituation an den staatlichen Universitäten irritiert und zuweilen verärgert.

Die Zukunft der Jacobs University, vor allem also die angespannte finanzielle Situation, hat das Haus hier schon sehr oft beschäftigt, deswegen will ich mich relativ kurz fassen, auch angesichts der Zeit. Im Sinne dieses innovativen Unternehmens, das förderungswürdig ist, und im Sinne von Strukturförderung für Bremen-Nord hat es diverse und auch gute und richtige Unterstützungsleistungen gegeben, leider stieg der Protest parallel damit an. Der öffentliche Protest wurde zunehmend wahrnehmbarer und ist auch nicht mehr wegzudiskutieren angesichts der Ausstattung an allen anderen Hochschulen, die nicht miserabel schlecht ist, aber auch nicht so gut wie an der Jacobs University.

Die letzte Vereinbarung zwischen dem Senat und der Hochschule sowie der Koalitionsvertrag sehen des

halb vor, dass die Hochschule ihre Situation insofern verbessern muss, als sie ab 2018 ohne weitere öffentliche Mittel auskommen kann. Ich muss sagen, vor den Restrukturierungsmaßnahmen, die die Hochschule in den letzten Monaten vollzogen hat, habe ich hohen Respekt. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was an einer öffentlichen Hochschule los wäre,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, CDU)

wenn man solche einschneidenden Maßnahmen einmal eben umsetzen müsste, um die Hochschule zu erhalten. Sie verdient meinen großen Respekt, vor allem, was den Abbau der Zahl der Mitarbeiter angeht, und auch in Bezug auf das Verfahren, in dem das stattgefunden hat, mit Beteiligung der Mitarbeiter, Ausarbeitung von Sozialplänen und vor allem dem Aufzeigen anderer Berufs- und Karrierewege.

Auch die neue Profilbildung ist aus meiner Sicht mehr als gelungen. Die Internationalität bei Lernenden und Lehrenden bleibt zentrales Merkmal, und das ist hervorragend für Bremen und vor allem für BremenNord. Das ist zu erhalten und wünschenswert. Der Erhalt der Attraktivität für die hohe Anzahl von internationalen Studierenden, die guten bis sehr guten hervorragenden Kooperationen zwischen der Jacobs University und der Universität Bremen – zum Beispiel im Bereich der Politikwissenschaften, die ja exzellent sind –, der weitere Ausbau von Kooperationen und vor allem die Öffnung des Campus für den Stadtteil nach zehn Jahren Inseldasein sind sehr wünschenswert und beleben weiterhin die Strukturen vor Ort.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich gebe zu, dass ich skeptisch bleibe, was die Zukunft der Jacobs University angeht, auch angesichts der Zahlen, aber ich wünsche ihr natürlich viel Erfolg und sage ihr im Namen unserer ganzen Fraktion alle Unterstützung zu. Wir unterstützen die Entwicklung, die Fortentwicklung der Jacobs University unter einer Bedingung: Die private Hochschule muss ohne öffentliche Mittel auskommen. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir die Situation der Jacobs Universität anschauen, gehört zur Wahrheit dazu, dass es zu dieser Hochschule dort gekommen ist, weil es in Bremen-Nord ein Strukturproblem gab. Die Bundeswehr ist dort abgezogen, und die Frage war, was wir mit dieser Fläche machen, welche Konversion möglich ist, was wir für Bremen-Nord tun, wo Arbeitsplätze fehlen, wo wir neue Perspektiven eröffnen werden.

Dann gab es eine Diskussion und die Entscheidung, die Hochschule Bremen dorthin zu verlegen oder die Rice University zu gewinnen, um dort einen europäischen Standort zu eröffnen, und man hat sich dann für die private Hochschule entschieden, weil die Verlegung der Hochschule Bremen nicht finanzierbar schien. Man mag noch einmal nachrechnen, ob das so richtig gewesen ist, wenn wir sehen, was wir jetzt alles an dem Standort in der Neustadt ausgeben! Es ist aber so, wie es ist, heute ist nicht die Vergangenheit zu diskutieren, sondern die Zukunft, denn eine Privatuniversität ist für uns Freie Demokraten gelebte Hochschulautonomie, Eigenverantwortung.

(Beifall FDP)

Wenn das aber Eigenverantwortung ist, bedeutet das auch etwas für die Mittel, mit denen man auskommen muss. Es ist natürlich etwas waghalsig, in einer Niedrigzinsphase einen Kapitalstock aufbauen zu wollen, aus dem man sich finanziert. Das ist entsprechend auch nicht gelungen, aber es muss gelingen, und das ist auch unser Anspruch: Die Hochschule muss ohne staatliche Mittel auskommen, auf jeden Fall nicht mehr staatliche Mittel pro Kopf der Studierenden bekommen als staatliche Hochschulen.

(Beifall FDP)

Das haben wir schon in der Vergangenheit kritisiert, und das werden wir auch weiterhin kritisieren, denn es kann nicht sein, dass dort pro Kopf mehr staatliche Mittel ausgegeben werden als an staatlichen Hochschulen. Das war für uns schon immer nicht hinnehmbar.