Wir lehnen – das wissen Sie auch, da erzähle ich Ihnen kein Geheimnis – das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten ganz grundsätzlich ab, weil es eine Beweislastumkehr vorsieht. Es sieht sehr verkürzte Rechtsbehelfsfristen von einer Woche vor. Und innerhalb von einer Woche als Asylantragsteller in einem fremden Land einen Rechtsbeistand zu bekommen, die sozialen Kontakte und das Geld dafür zu haben, das ist auch eine soziale Frage. Hier ist es nicht in Ordnung, diese Art von Verfahrensverkürzung hinzunehmen, denn das ist eine soziale Auslese, die dort stattfindet. Das können dann nur die, die wirklich gute Kontakte zu Beratungsstellen, zu Anwälten et cetera haben, die schaffen das innerhalb von einer Woche. Viele andere schaffen das nicht, deswegen ist das eine faktische Aushöhlung des Asylrechts und bringt, dass Menschen nicht zu ihrem Recht kommen können, das sie eigentlich hätten.
Deswegen lehnen wir es ab. Dann frage ich mich bei der Beweislastumkehr, wie sollen dann eigentlich Lesben und Schwule das nachweisen? Haben Sie sich das einmal überlegt? Sie können das gern einmal beim CSD vertreten, wie Sie sich das vorstellen. Sollen dann Fotos vorgezeigt werden oder wie stellen Sie sich das vor?
Ich habe noch eine zweite Rederunde, da werde ich dann den Rest noch los. Aber vielleicht können Sie ja noch antworten. Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Ihrem Antrag fordert die Fraktion der FDP den rot-grünen Senat dazu auf, dem Gesetz zur Einstufung Georgiens sowie der Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat zuzustimmen. Dieser Forderung schließt sich die
Gruppe Bürger in Wut selbstverständlich an und ich werde unsere Position nachfolgend auch gern begründen.
Zunächst möchte ich auf den Sicherheitsaspekt eingehen. Aus der polizeilichen Kriminalstatistik geht hervor, dass Personen, die in den letzten Jahren als Asylsuchende aus Marokko, Tunesien oder Algerien nach Deutschland kamen, eine deutlich höhere Kriminalitätsbelastung aufweisen als Flüchtlinge aus anderen Staaten. Nach Angaben des BKA ist die Zahl der Mehrfachintensivtäter vor allem bei jungen Männern aus dem Maghreb, die ohne Visum und damit unerlaubt in die Bundesrepublik eingereist sind, überdurchschnittlich hoch.
BKA-Chef Holger Münch warnte dieser Tage, dass sich aus diesem Milieu heraus Strukturen vergleichbar den ethnischen Familienclans kurdischarabischer Herkunft entwickeln könnten, deren Bekämpfung die Polizei vor große Herausforderungen stellt.
(Abgeordnete Leonidakis [DIE LINKE]: Können Sie bitte zum Thema reden? – Abgeordnete Aulepp [SPD]: Schauen Sie bitte einmal in die Tagesord- nung!)
Das wissen wir hier in Bremen, das eine Hochburg der Kleinkriminalität in Deutschland ist, nur zu gut. Dass Sie so etwas nicht hören wollen, ist mir klar, aber der Wahrheit muss man auch einmal in das Gesicht schauen. Um diese gefährliche Entwicklung zu verhindern, muss jetzt deutlich gehandelt werden. Wenn von Flüchtlingskriminalität die Rede ist, dann stecken nicht selten junge Männer aus Nordafrika sowie Personen aus Georgien dahinter.
In der öffentlichen Wahrnehmung geraten dadurch aber alle Asylsuchenden, die sich bei uns aufhalten, in ein schiefes Licht. Das schwächt die Bereitschaft in der breiten Bevölkerung, tatsächlich verfolgten Menschen Zuflucht in Deutschland zu gewähren. Zwar ist es richtig, dass die Zahl der Abschiebungen in die Maghreb-Staaten in den letzten Jahren gestiegen ist, 2018 wurden insgesamt 1 873 Personen aus diesen Ländern in ihre Heimat zurückgeführt, eine Zunahme von 35 Prozent gegenüber 2017, allerdings zählte das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge im gleichen Zeitraum 2 868 Asylantragsteller aus Algerien, Tunesien und Marokko. Es kamen also immer noch mehr Menschen aus diesen Ländern nach Deutschland, als dorthin zurückgeführt wurden.
Der Migrationsdruck aus den nordafrikanischen Ländern besteht nach wie vor und dürfte wegen der dynamischen Bevölkerungsentwicklung in der Maghreb-Region in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter steigen. Umso wichtiger ist es, Zuwanderungswilligen aus diesen Staaten deutlich zu machen, dass ihre Asylanträge in Deutschland faktisch keine Aussicht auf Erfolg haben, auch um diese Menschen davon abzuhalten, sich in die Hände von skrupellosen Schleppern und auf die gefährliche Reise über das Mittelmeer nach Europa zu begeben. Dem dient die Einstufung dieser Staaten als sichere Herkunftsländer im Sinne des § 29a Asylgesetz basierend auf Artikel 16a Absatz 3 Grundgesetz.
Die Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer ist auch sachlich gerechtfertigt. Das zeigt schon ein Blick in die Anerkennungsquoten. Laut Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurden in dem vergangenen Jahr 4 681 Schutzanträge von Staatsangehörigen aus den drei genannten nordafrikanischen Staaten beschieden. Nur 53 Personen wurde der Asyl- oder Flüchtlingsstatus zugesprochen. Das ist knapp ein Prozent aller geprüften Fälle. Weitere 28 Antragsteller erhielten subsidiären Schutz. In 49 Fällen wurde ein Abschiebeverbot nach § 60 Aufenthaltsgesetz festgestellt. Das macht in Summe 130 von insgesamt 4 681 beschiedenen Asylanträgen, was einer Gesamtschutzquote von rund 2,8 Prozent entspricht.
Demgegenüber stehen übrigens 2 009 abgelehnte Asylanträge von Menschen, deren Abschiebung Sie mit Ihrer Blockadehaltung im Bundesrat verhindern. Noch bescheidener fällt die Bilanz für Georgien aus, das nach dem Willen des Deutschen Bundestags ebenfalls als sicherer Herkunftsstaat eingestuft werden soll, in der Debatte aber oftmals außen vor bleibt. Völlig zu Unrecht, wie wir Bürger in Wut finden. 3 764 Georgier haben 2018 in Deutschland erstmals Asyl beantragt, also deutlich mehr als Menschen aus Algerien, Tunesien und Marokko zusammengenommen. Im vergangenen Jahr wurden 5 164 Schutzanträge georgischer Staatsbürger geprüft. Nur 62 dieser Anträge wurden bewilligt, was einer Gesamtschutzquote von lächerlichen 1,2 Prozent entspricht. Primärschutz erhielten sogar nur 0,2 Prozent der Antragsteller.
Der Widerstand von Bündnis 90/Die Grünen gegen die Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsländer hat weniger humanitäre Gründe, sondern ist vor allem ideologisch motiviert. Sie wollen möglichst weit geöffnete Grenzen für Zuwanderer aus aller Welt, um die Umwandlung Deutschlands in eine multikulturelle Gesellschaft zu verfestigen beziehungsweise weiter zu beschleunigen.
(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie wollen es nicht, das ist der Umkehr- schluss! – Glocke – Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie wollen keine multi- kulturelle Gesellschaft? Wir nehmen das einmal als Kompliment!)
Diesen sachfremden Fantastereien ist mit rationalen Argumenten kaum beizukommen. Es macht deshalb wenig Sinn, den Versuch zu unternehmen, Bündnis 90/Die Grünen, die in Bremen auch innerhalb der eigenen Partei weit links stehen, in dieser Frage zum Umdenken bewegen zu wollen.
Deshalb appelliere ich an die SPD, sich über den für Deutschland schädlichen politischen Widerstand des grünen Koalitionspartners hinwegzusetzen.
Ist meine Redezeit zu Ende? Gut, ich komme zum Schluss. Die Gruppe Bürger in Wut wird dem Antrag der FDP zustimmen, denn es gibt aus unserer Sicht keine überzeugenden Argumente, die Einstufung der drei Maghreb-Staaten und Georgiens als sichere Herkunftsstaaten abzulehnen. Das sollten auch die von mir hier vorgetragenen Zahlen und Fakten beweisen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mir einige Spiegelstriche aus der Debatte notiert, die ich noch beantworten möchte. Das Erste, was von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in die Debatte eingeführt worden ist, sichere Herkunftsländer überhaupt nicht als Instrument anzuerkennen, kommt für uns nicht in Frage. Damit stellen Sie sich natürlich außerhalb Artikel 16a Absatz 3, der dies ausdrücklich verfassungsrechtlich vorsieht. Also hier gehen Sie einen Sonderweg.
Das Zweite: Es wurde gesagt, Sicherheit durch Papier. Sie müssen sich den Gesetzentwurf der Bundesregierung durchlesen, da wird nicht nur Sicherheit auf Papier dargestellt, sondern es wird davon ausgegangen, dass in diesen Ländern die Sicherheit weitestgehend gewährleistet ist. Das sieht Artikel 16a vor. Nicht die absolute Sicherheit, wir können nicht in allen Verfassungsschutzämtern dieser Länder und in allen Polizeistationen mitarbeiten. Die Organisationen vor Ort aber, nicht nur die deutsche Botschaft, sondern auch viele gesellschaftliche Organisationen, haben diese Bewertung als richtig empfunden. Deswegen geht die Bundesregierung von der Sicherheit aus.
Die sozialdemokratische Fraktion will dies hier nicht mitmachen. Die Bundestagsfraktion der SPD, bestehend aus einer Vielzahl von Abgeordneten, hat dem Gesetzentwurf so zugestimmt. Außerdem sollten Sie sich auch an die Geschichte Ihrer eigenen Partei und an die Verfolgung erinnern, die Sie selbst innerhalb der zwölf Jahre und davor erlitten haben, das ist sicherlich auch den sozialdemokratischen Abgeordneten bekannt. Wie empfindsam man aufgrund dieses historischen Hintergrunds dann in diese Prüfung geht, der uns ja dazu geführt hat, das Asylrecht in das Grundgesetz aufzunehmen, das ist schon eine bewusste und klare Bewertung, die von Ihren Genossen auf Bundesebene wahrgenommen wird und die Sie hier nun einmal nicht befolgen. Da sehe ich einen erheblichen Widerspruch und einen erheblichen Dissens.
Des Weiteren wurde „Balkanstaaten“ in die Debatte geworfen. Bei den Balkanstaaten haben Bündnis 90/Die Grünen ja letztendlich mitgemacht, diese Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer zu deklarieren. Insofern ist das ein Widerspruch zu: Wir lehnen dieses Instrumentarium vollständig ab.
(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Die FDP hat sich früher auch einmal für Bürger- rechte eingesetzt! Das ist aber vorbei!)
Unrichtig ist auch die Darstellung, dass das alles schon davor gewesen sei. Vielmehr ist zu beobachten, dass die Asylantragstellungen aus den Balkanstaaten zurückgegangen sind, dass die Menschen wahrgenommen haben, dass es keinen Sinn macht, sich auf diesem Weg in die Bundesrepublik Deutschland zu begeben. Ähnliches muss auch für die Maghreb-Staaten gelten oder auch für Georgien. Natürlich ist es richtig, zu sagen, wir müssen diese Länder unterstützen, damit sie auf eigene
Beine kommen, damit die Menschen gar nicht zur Migration gezwungen werden, damit sie eine Perspektive in ihrem eigenen Land haben. Das unterstützen wir doch allenthalben.
Aber den Menschen durch diese Asylpraxis die falsche Hoffnung zu machen, nach Deutschland zu kommen, die dann möglicherweise Familienvermögen aufwenden, sich in die Gefahren der Flucht begeben, das zu unterbinden ist in diesem Zusammenhang doch auch gerade unsere Aufgabe.
Dann wurde „West-Sahara“ in die Debatte geworfen. Das hat überhaupt nichts mit Marokko in dem Sinne zu tun.
(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Die Sahara hat nichts mit Marokko zu tun? Ihr Kollege war gerade bei einem Treffen dabei!)
Es ist anerkannt, dass das Gesetz die West-Sahara gar nicht mit erfassen soll, das gehört überhaupt nicht zum Hoheitsgebiet Marokkos, so wird es jedenfalls hier in diesem Fall definiert. Man kann sich natürlich völkerrechtlich darüber streiten, ob Marokko das auch so sieht, –
(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nein, darüber braucht man sich nicht zu strei- ten!)
aber in diesem Gesetz wird es nun einmal so gesehen, dass das nicht zum Hoheitsgebiet gehört. Sahrauis sind auch keine Marokkaner, also Falschmeldung.
Der nächste Punkt, den ich mir aufgeschrieben habe: Homosexuelle. Es ist völlig klar, dass dem nachgegangen werden muss. Dieses Gesetz sieht auch eine ausdrückliche Beratungsmöglichkeit für Betroffene vor. Das ist ausdrücklich in dieses Gesetz eingearbeitet worden, dass die Menschen, die sich nicht selbst zu helfen wissen, die Möglichkeit haben, sich auch entsprechend beraten zu lassen. Das ist also auch vorgesehen, meine Damen und Herren.
Das ist jetzt umfassend gemeint für die Personen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Benachteiligung erfahren.
(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, Strafverfolgung! – Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Benachteiligung gibt es hier!)
Versuchen Sie jetzt nicht, das semantisch umzudeuten! Es geht darum, uneingeschränkt das Asylrecht aufrechtzuerhalten, das individuelle Recht auf Asyl. Das Recht, in die Bundesrepublik Deutschland zu kommen, muss aufrechterhalten bleiben. Das kann nicht eingeschränkt werden, das ist überhaupt nicht die Position der FDP.
Aber es geht darum, dass es auf Dauer keinen Sinn machen kann, wenn sich andere Menschen, die mit diesem Asylrecht gar nichts zu tun haben und die auch gar nicht von Anfang an, ich kann das aus beruflicher Praxis berichten, einen Asylgrund vortragen können – –. Wenn man einen Asylgrund sachlich vortragen kann und auch Beweismittel anbieten kann, zum Beispiel durch Zeugen, dann wird dem nachgegangen. Und dann muss man diese Zeugen notfalls aus dem Land einführen. – Danke schön!