Deshalb lassen Sie mich abschließend sagen: Wir stimmen dem Ganzen zu. Wir möchten aber nicht, dass diese Veränderung in der Datengrundlage dazu führt, dass man sagt, jetzt können wir erst einmal nichts machen und müssen warten, bis die Daten angepasst und evaluiert werden. Wir begrüßen den Schritt als richtigen Schritt. Damit ist noch keine Armutsbekämpfung getan, eine verbesserte Datengrundlage ist allerdings wünschenswert. Deshalb werden wir dem Antrag folgen. – Dankeschön!
Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Präsident! Für die Erarbeitung des Konzepts für ein Monitoring „Soziale Stadtentwicklung“ wurden der RES urbana GmbH 2011 einige Punkte mit auf den Weg gegeben. Erstens sollten die Abstände zwischen den Quartieren mit den größten und geringsten Problemen erfasst werden. Zweitens sollten der Abstand oder eben die Trennung einzelner Bevölkerungsgruppen und die soziale Ungleichheit zwischen verschiedenen Teilräumen abgebildet werden. Drittens sollte das Bremer Monitoring mit Monitoring-Konzepten aus anderen Städten vergleichbar sein. Spätestens beim dritten Punkt wird deutlich, dass die Konzeption des Monitorings keineswegs dem Zufall überlassen wurde und dass es Gründe dafür gab, das Monitoring gerade nicht wie das Monitoring „Soziale Stadt Bremen“ auf die Baublockebene herunterzubrechen.
Im vorliegenden Koalitionsantrag aber werden all diese Gründe leider ignoriert. Frau Görgü-Philipp und Herr Möhle sind sogar der Überzeugung, jedenfalls klingt das für mich gerade in dem Antrag durch, dass die damalige Konzeption aus heutiger Sicht falsch gewesen und zu korrigieren sei. Bislang wurde der Blick verzerrt, und eine Veränderung der Betrachtungsweise auf Baublockebene hätte nach ihrer Meinung eine grundsätzlich heilende Wirkung. Erst durch den heutigen Beschluss, so steht es im Antrag, würde der wahre Bedarf in der Mittelzuweisung, also der finanzielle Unterstützungsbedarf, einiger Quartiere ausgewiesen. Das stimmt ja auch so weit. Das Anliegen dieses Antrags kann ich gut nachvollziehen. Einige soziale Brennpunkte sind in der Tat durch ihre unmittelbare Andockung an gut bürgerliche Wohnstraßen in der Gesamtbetrachtung statistisch hochgezogen. Umgekehrt gilt das aber auch.
Das mag man bedauern, aber das ist bei der Ermittlung von Durchschnittswerten ja auch erst einmal ein ganz normaler Vorgang. Trotzdem ist es natürlich durchaus berechtigt, zu fragen, wie Finanzmittel an die Stadtteile gerechter als heute zugewiesen werden können. Die Problemlösung aber ausschließlich in einer kleinteiligeren Betrachtungsweise auf Baublockebene im Monitoring „Soziale Stadtentwicklung“ zu suchen halte ich für falsch. Wer sich den Bericht zum Monitoring „Soziale Stadtentwicklung“ anschaut, merkt schnell, dass Politik sich nicht in die Konzeption einmischen sollte. Bestätigt wird diese Annahme übrigens auch durch die Antworten des Senats auf die Große Anfrage der Koalition aus dem Jahr 2013 „SozialraumMonitoring vereinheitlichen? – Nachvollziehbare und transparente Entscheidungen ermöglichen!“.
Nicht umsonst wird warnend darauf hingewiesen, dass zum Beispiel zur Reduzierung statistischer Fehler eine ausreichend große Fallzahl gesichert werden muss. Die Einwohnerzahl eines Teilraums von mindestens 1 000 ist eben ein wichtiges Kriterium, auch weil sonst die Fallzahlen bei der Berechnung einzelner Indikatoren so gering ausfallen könnten, dass dadurch wiederum andere ungewünschte Verzerrungen und statistische Fehler auftreten könnten. Auch die langjährige Vergleichbarkeit könnte verhindert werden und es wird auch noch extra darauf hingewiesen, dass durch eine kleinteiligere Betrachtung auf Baublockebene natürlich auch höhere Kosten für die Auswertung des Monitorings zu erwarten sind. Das sind alles wichtige Punkte. Dazu kommt dann ja auch noch die Tatsache, dass das für die Stadtteile jetzt zur Ver
fügung stehende Geld bei einer kleinteiligeren Betrachtungsweise nun einmal nicht mehr reichen würde.
Mein Fazit lautet deshalb: Das Anliegen von Frau Görgü-Philipp und Herrn Möhle ist nachvollziehbar, aber man sollte das Kind nicht gleich mit dem Bade ausschütten. Es gibt unbestritten Ungereimtheiten bei der Mittelzuweisung an Stadt- und Ortsteile, aber wir brauchen auch eine gut durchdachte Problemlösung und die sehe ich in diesem Antrag noch nicht. Völlig offen lassen Sie zum Beispiel, wie Sie denn überhaupt in den Berechnungen auf Baublockebene kompensieren wollen, dass die Bundesagentur für Arbeit Ihnen gar keine Zahlen mehr auf Baublockebene, sondern nur noch für Gebietseinheiten größer als 1 000 Einwohner und einer Fallzahl ab zehn liefern wird oder schon tut.
Die heute von Ihnen gewollte Änderung im Monitoring „Soziale Stadtentwicklung“ ist auch ganz sicher nicht der einzige Weg, um Ungerechtigkeiten in der Mittelzuweisung zu begegnen. Man könnte auch das komplette Konstrukt einmal auf den Prüfstand stellen oder einfach gezielte Förderprojekte ins Leben rufen. Aus all den genannten Gründen werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, wir werden uns bei der Abstimmung enthalten. – Dankeschön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei den ersten drei Redebeiträgen war ich ziemlich sicher, dass ich eigentlich fragen könnte: Warum debattieren wir das eigentlich? Beim Vierten ist mir aufgefallen, dass es einen Grund gibt, warum wir darüber debattieren müssen, und zwar den, dass wir uns darüber klar werden müssen, dass wir hier nicht eine Lösung haben, sondern dass wir über ein Instrument reden.
Dieses Instrument kann man richtig oder falsch finden. Wir als Freie Demokraten finden dieses Instrument der Sozialindikatoren richtig. Die Frage ist: Ist es ausreichend, um damit wirklich steuern zu können? Wir sehen alle, dass die Aggregation der zu großen Gebiete nicht dazu beiträgt, in Bremen und Bremerhaven vernünftig steuern zu können und die Mittel dort einzusetzen, wo man sie haben will.
Da muss man genauer hinschauen und prüfen, was passiert, wenn wir den Sozialindikator auf eine kleinere Ebene herunterziehen, die vielleicht noch möglich ist. Ich möchte nicht über Statistik streiten, das lasse ich an dieser Stelle einmal aus, ich habe mir aber meine Gedanken dazu gemacht.
Der Punkt, den wir dabei sehen müssen ist, dass das nicht dazu beiträgt, dass es mehr „WiN“-Mittel gibt. Natürlich führt es nicht dazu, dass die Schulen und Kindergärten in den Brennpunktbereichen anders ausgestattet sind. Aber unser Wissen darüber, wo der Bedarf ist und wohin wir mit den Mitteln zielen müssen, ist dann größer. Wir müssen uns weiter dafür einsetzen, dass für die Problemlösungen genügend Geld zur Verfügung gestellt wird. Das ist aber der zweite Schritt. Hier geht es um ein Instrument. Dieses Instrument begrüßen die Freien Demokraten, wir stimmen dem Antrag zu. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Das Wissen um soziale Ungleichheiten in der Stadt ist wichtig, um gegen sie angehen zu können. Darum werden diese Ungleichheiten seit vielen Jahren statistisch abgebildet, und es kann dort etwas gegen sie unternommen werden, wo es notwendig ist. Die Ergebnisse des Monitorings „Soziale Stadt“ sind bereits seit 2008 maßgeblich bei der Festlegung der Gebiete für den Einsatz der Städtebauförderprogramme „Soziale Stadt“ sowie des kommunalen Programms „„WiN““. Seit 2016 gilt für die Freie Hansestadt Bremen das ressortübergreifend entwickelte und vom Senat beschlossene Monitoring „Soziale Stadtentwicklung“ als Grundlage zur Messung sozialer Ungleichheiten auf Ortsteilebene. Die Ergebnisse des Monitorings „Soziale Stadtentwicklung“ sind als systematischer Orientierungsrahmen für sozialräumliche Auswertungen geeignet. Dafür werden sie auch genutzt werden. Außerdem arbeiten wir an ihrer Weiterentwicklung.
Da Ortsteile, und das ist hier angesprochen worden, durchaus sehr heterogen strukturiert sein können, gibt es seit Längerem bereits Ansätze, unterhalb dieser Ebene Erkenntnisse über die soziale Lage zu erhalten. Seit 2008 werden daher beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr bereits diese Vermutungsgebiete mit sozialen Problemlagen als
eine Grundlage zur Ausweisung der sozialen Stadt- und „WiN“-Gebiete berechnet. Und diese basieren bisher auf Baublockdaten. Allerdings, und auch das ist gerade angesprochen worden, ist in letzter Zeit immer deutlicher geworden, dass Auswertungen für Baublöcke aufgrund der zum Teil geringen Einwohnerzahlen und aus Datenschutzgründen schwieriger werden. Hinzu kommt, dass die Bundesagentur für Arbeit hier nun einmal, wie hier vorhin kurz angesprochen, ihren Umgang mit ihren Daten verändert hat. Sie geben keine mehr heraus, wenn in einem Gebiet weniger als 1 000 Leute wohnen. Somit ist es mittlerweile aus unserer Sicht unmöglich, die soziale Lage auf Baublockebene ohne diese Daten beispielsweise abzubilden.
Darauf haben wir reagiert, meine Damen und Herren, und eine neue statistische Raumeinheit entwickelt, die zwischen der Baublockebene und der Ortsteilebene angesiedelt ist. Das ist das statistische Quartier. Diese Raumeinheit wurde ressortübergreifend in einer Arbeitsgruppe „Stadt-Monitoring“ entwickelt und wird derzeit durch diese auch geprüft. Auch Bremerhaven hat reagiert und eine neue räumliche Ebene geschaffen, die derzeit ebenfalls geprüft wird. Auf der Ebene der statistischen Quartiere soll zukünftig auch das Monitoring „Soziale Stadtentwicklung“ berechnet werden. Erste Ergebnisse aus der jetzt laufenden Testphase zeigen, dass wir dabei auf einem guten Weg sind, denn vier der sieben Indikatoren aus dem OrtsteilMonitoring lassen sich auch auf der Ebene des statistischen Quartiers berechnen.
Bestätigt sich die Plausibilität der Ergebnisse in dieser Testphase, gibt es ein Monitoring „Soziale Stadtentwicklung“ auf Ortsteilebene und auf der Ebene dieser statistischen Quartiere, welches die gleichen Indikatoren nutzt und sich dadurch nachvollziehbarer gestaltet und auch einen kleinräumigeren Blick ermöglicht. Wir werden die statistischen Quartiere flächendeckend über die ganze Stadt haben und es werden insgesamt knapp 350 sein. Im Entstehungsprozess des Monitorings wurden die in Frage kommenden Indikatoren sehr intensiv erörtert und auch statistisch überprüft, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Landesamt.
Sie sehen, meine Damen und Herren, wir arbeiten mit großem Einsatz daran, die Qualität unserer Daten und auch die Prüfung der Indikatoren zu verbessern.
Danke! Herr Staatsrat, könnten Sie noch einmal in Zahlen darstellen, welche Einwohnerzahl jeweils für einen Ortsteil angesetzt wird, für einen Baublock und andererseits für die statistischen Quartiere?
Nach meinem Kenntnisstand fängt die Betrachtung auf dieser Ortsteilebene ab 1 000 Einwohner an, die Baublockebene liegt auf jeden Fall darunter. Und die statistischen Quartiere liegen ungefähr bei 1 100 Einwohnern.
Also die Einwohnerzahl kann ich Ihnen jetzt für alle einzelnen Teile, die hier unterschieden werden, nicht nennen. Mir liegt lediglich vor, wie viele über das ganze Stadtgebiet wir jeweils von jeder Größenordnung haben. Das waren bei den Baublöcken 6 000, das sind ja sehr viele. Bei den statistischen Quartieren, ich erwähnte es gerade, werden es 343 sein. Ortsteile gibt es nur 88. Und dann verteilt sich das auch je nach Dichte, wie dicht das Quartier bewohnt ist. Ich nehme an, das unterscheidet sich. Genaue Zahlen habe ich jetzt aber hier nicht vorliegen.
Wäre das richtig, wenn ich jetzt davon ausgehe, dass die Einwohnerzahl der statistischen Quartiere um einiges höher ist als die auf Baublockebene?
Also meine Damen und Herren, ich fahre fort. Der im Antrag geforderte Prozess ist, so denke ich, das ist deutlich geworden, bereits im Gang, aber trotzdem wollen wir natürlich gern für mehr Transparenz sorgen über das, woran wir bisher gearbeitet haben. Mehr Transparenz wollen wir herstellen und deutlich machen, was dann auch daraus folgt.
Ich fasse kurz noch einmal zusammen: Die Raumeinheiten sind überarbeitet, und wir sind auch gerade mitten in der Überprüfung der Indikatoren.
Meine Damen und Herren, das Ziel des Antrags, soziale Ungleichheiten durch statistische Daten besser zu erkennen und gegensteuern zu können, teilen wir natürlich. Der Baublock ist dafür jedoch nicht mehr die geeignete Erfassungsebene. Mit dem neuen statistischen Quartier haben wir doch ein neues, funktionierendes Instrument geschaffen. Damit werden wir Handlungsbedarfe sichtbar machen können und auch einen Beitrag zur Entwicklung von sinnvollen Maßnahmen leisten können.
Dafür stehen natürlich weiterhin die bekannten Instrumente zur Verfügung, also die Städtebauförderung mit den integrierten Entwicklungskonzepten und den daraus abgeleiteten Maßnahmen, aber natürlich auch das „WiN“-Programm. Die integrierten Entwicklungskonzepte haben natürlich einen größeren Umgriff, sie sind meistens auf Ortsteilebene, aber es ist mit ihnen ja auch möglich, durchaus sehr kleinräumig Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Damit hat man dann auch einen Handlungsansatz. Denn die Daten, meine Damen und Herren, sind nur das eine. Es gilt, sie richtig auszuwerten und anschließend die geeigneten Maßnahmen einzuleiten. Denn das ist ja der eigentliche Sinn des Ganzen, wir wollen nicht Daten erheben und Indikatoren prüfen, sondern die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen und Quartieren verbessern. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 19/1880 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, Abgeordneter Patrick Öztürk [SPD, fraktions- los])
Über den Wolken darf die Ausbeutung nicht grenzenlos sein! Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE vom 1. November 2018 (Drucksache 19/1893)