Ich finde es auch bedauerlich, dass es seitens des BMI bisher nicht gelungen ist, ein konkretes Datum für die Wiedereröffnung dieser Außenstelle zu benennen. In der Tat hatte man den Eindruck, dass Herr Seehofer in den letzten zwei Wochen nach der Ankündigung mit anderen Dingen beschäftigt war. Das ist sehr ärgerlich, sowohl für Bremen als auch für die betroffenen Mitarbeiter. Wir haben mit dem
BMI an dieser Stelle noch einmal Kontakt aufgenommen und auch von unserer Seite darauf gedrängt, doch jetzt einmal eine Erklärung abzugeben, wann es denn soweit ist.
Soweit wir das wahrnehmen, was die Aktivitäten in der Außenstelle anbelangt, ist mit einer sehr kurzfristigen Wiedereröffnung in der Tat zu rechnen. Sämtliche Arbeiten, die dort aufgenommen werden, Vorbereitungstätigkeiten für die Wiederaufnahme der Tätigkeit laufen, und die Signale, die wir auffangen, sind, dass es sich eher um Tage als um Wochen denn um Monate handelt. Aber eine offizielle Bestätigung steht auch uns gegenüber aus, und es wäre sehr hilfreich, wenn das BMI an der Stelle einfach einmal klar Position beziehen würde. Das würde solche Debatten, wie hier auch, erheblich entlasten. Das heißt, ich glaube, es wäre auch im Interesse des Bundesinnenministeriums, einfach einmal deutlich zu machen, wann es denn so weit ist.
Dann hätte man sich möglicherweise die Debatte zumindest in diesem Aspekt hier auch sparen können. Was die Gesamtbewertung des Vorgangs anbelangt, bin ich ehrlich gesagt noch etwas zurückhaltender. Ich sage ganz offen: Ich sehe mich aufgrund der mir vorliegenden Informationen gegenwärtig nicht in der Lage, eine abschließende Bewertung des Vorgangs vorzunehmen. Richtig ist darauf hingewiesen worden, die sogenannte Prüfgruppe der BAMF hat 145 bewusste Manipulationen geglaubt festgestellt zu haben.
Es handelt sich dabei nicht um 145 Fehler, das wäre in der Tat kein Problem in Anführungszeichen. Natürlich ist jeder Fehler irgendwie ein Problem, aber da, wo Menschen arbeiten, werden auch Fehler gemacht. Hier geht es aber darum, dass die Prüfgruppe meint, herausgefunden zu haben, dass in 145 Fällen eine Behörde bewusst falsch entschieden hat, also bewusst gegen geltendes Recht einen Bescheid angefertigt hat. Das, finde ich, ist durchaus ein Problem. Über die Dimension des Problems kann man sich dann ja noch einmal streiten. Aber ein Problem ist es allemal.
Ich weiß aber auch nicht, ob das stimmt, weil ich habe diese Feststellungen gar nicht getroffen, sondern die gehen aus einem Bericht der sogenannten Prüfgruppe hervor. Es ist hier aber auch schon in der Debatte darauf hingewiesen worden, es gibt ja nicht nur die Prüfgruppe, sondern es gibt die Innenrevision, es gibt den Bericht von Frau Schmid.
Das tritt hinzu, wobei, wie valide die Feststellungen der Innenrevision sind, kann ich von hier aus im Moment auch nicht beurteilen. Es gibt den Bericht des Bundesrechnungshofes, der festgestellt hat, dass in Bremen schlecht gearbeitet worden ist, dass in der BAMF-Zentrale schlecht gearbeitet worden ist, und dass im Bundesinnenministerium schlecht gearbeitet worden ist. Alle an diesem Vorgang beteiligten Behörden haben da keine gute Arbeit abgeliefert.
Es gibt aber bis heute keinen konsolidierten Bericht über alles. Es gibt keine konsolidierte Feststellung, wie denn die einzelnen Berichte, die zum Teil auch widersprüchlich zueinander sind, in der Gesamtbetrachtung zu bewerten sind. Deshalb will ich mir aus Berichten, die ich zum Teil auch nur aus der Zeitungslektüre kenne, überhaupt nicht anmaßen, jetzt hier eine abschließende Feststellung darüber zu treffen.
Ich will nur sagen, ich glaube, diese abschließende Feststellung steht noch aus. In der Tat sind der Bund, der Bundestag und die Bundesregierung dort in der Pflicht, eine abschließende Feststellung fest darzulegen, wie denn aus ihrer Sicht die Qualität der Arbeitsleistung dieser Bundesbehörde zu bewerten ist und wie man denn darüber nachdenkt, die Qualität der Arbeit dieser Bundesbehörde zukünftig zu steigern.
Ich will davon ausdrücklich trennen die Frage der strafrechtlichen Relevanz, weil ein falscher Bescheid stellt nicht zwangsläufig eine Straftat dar. Nicht einmal ein bewusst falscher Bescheid stellt zwangsläufig eine Straftat dar. Ob und welche Feststellungen in strafrechtlicher Hinsicht noch getroffen werden, das kann ich an dieser Stelle noch überhaupt nicht beurteilen. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass mittlerweile über 40 Beamte der Polizei, des Bundes und der Länder in Bremen an diesem Ermittlungsverfahren unter der Sachleitung der Staatsanwaltschaft Bremen arbeiten.
Wir rechnen gegenwärtig damit, dass unsere Ermittlungsgruppe im Personal noch anwachsen wird. Wir rechnen weiterhin damit, dass diese Ermittlungen noch mit Sicherheit über ein halbes Jahr, eher ein Dreivierteljahr andauern werden, bevor strafrechtliche Feststellungen getroffen wer
den. Auch erst dann wäre ich in der Lage, ein abschließendes Votum, eine abschließende Bewertung der Vorgänge abzugeben.
Vielen Dank, Herr Staatsrat! Sie haben gerade zu Recht gesagt, es gibt einen Unterschied zwischen fehlerhaften Bescheiden und bewusst herbeigeführten fehlerhaften Bescheiden. Bei der hohen Anzahl der fehlerhaften negativen Bescheide, prüft diese Prüfgruppe, die Innenrevision oder die Staatsanwaltschaft denn auch, ob die negativen Bescheide bewusst herbeigeführt worden sind?
Ich kann Ihnen im Einzelnen nicht sagen, was Gegenstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist, zum einen, weil ich es im Detail nicht weiß und zum anderen, weil ich es an dieser Stelle nicht dürfte. Was aber die Feststellung von Innenrevision und Prüfgruppe anbelangt, so sind nach meiner Kenntnis lediglich die positiven Bescheide geprüft worden und nicht die Negativentscheidungen.
Wir haben aber in diesem Haus an verschiedener Stelle schon darüber gesprochen, dass die Qualität dessen, was das BAMF als Arbeitsleistung abgeliefert hat, nicht so unglaublich hoch ist in vielen Fällen, was sowohl falsche Entscheidungen in die eine wie auch in die andere Richtung anbelangt, und dass wir dringend qualitätsverbessernde Maßnahmen in dieser Behörde brauchen. Das ist ja auch das, was der Bundesrechnungshof bei seiner Überprüfung festgestellt hat.
Weder gab es ein ausreichendes Qualitätsmanagement im BAMF, noch gab es ein Fachaufsichtskonzept im Bundesinnenministerium, um zu dieser Qualitätssicherung zu gelangen. Da liegt mit Sicherheit ein erheblicher Arbeitsauftrag für die Zukunft, weil am Ende ist jede falsche Entscheidung zu vermeiden, weil sie in die eine wie in die andere Richtung das menschliche Schicksal erheblich beeinträchtigt.
Aber vor allen Dingen, wir werden keine Fehlerquote von null erreichen, das ist, glaube ich, auch nicht die Erwartungshaltung, aber ich glaube
schon, dass man gerade in solch existenziellen Fällen zu Recht von einer Bundesbehörde erwarten kann, dass da mit größtmöglicher Sorgfalt und mit entsprechender Qualität daran gearbeitet wird und dass man sich auf diese Bescheide verlassen kann.
Dass dann die Einzelfehlerkorrektur den Gerichten überlassen wird, das ist auch in Ordnung. Manchmal kann man Dinge auch in die eine wie in die andere Richtung entscheiden, dann muss es am Ende das Gericht bewerten. Aber dass wir quasi massenhaft Fehler abliefern, das ist vollkommen inakzeptabel, also dass dort massenhaft Fehler abgeliefert werden.
Ja, eine ganz kurze. Sie haben gesagt, es werden nur die positiven Bescheide überprüft. Sind Sie denn der Auffassung, damit man ein gesamtes Bild der Leistung der Bremer Außenstelle bekommt, dass man auch die negativen, die falschen negativen Bescheide dahin gehend überprüfen müsste, ob sie bewusst herbeigeführt worden sind?
Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob jetzt weitere Aktenauswertungen noch erheblichen Vorteil bringen würden. Am Ende muss das das Bundesinnenministerium entscheiden. Man kann auch die Frage stellen, ob diese retrograde Erfassung all dieser anderen Fälle tatsächlich zwingend erforderlich war, aber das ist so entschieden worden, das ist so durchgeführt worden. Was ich erwarte, ist, dass das Bundesinnenministerium und die Bundesregierung jetzt aus all dem, was an Erkenntnissen daliegt, eine zusammengefasste Bewertung aufsetzen und ihre Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Das wäre in der Tat meine Erwartungshaltung. Ob es dafür erforderlich ist, noch in weitere Akten hineinzuschauen oder nicht, das muss das Bundesinnenministerium bewerten, das kann ich an dieser Stelle nicht tun.
Ja, vielleicht noch eine abschließende Bemerkung: Ich glaube, dass es durchaus im Sinne der aufgeheizten politischen Debatte sinnvoll wäre. Es würde auch die große --,
meine Kollegin hat es genannt, 42 Prozent der negativen Bescheide werden aufgehoben, es würde das auch einmal in das richtige Licht gerückt werden. Ich glaube, das würden wir uns politisch gut antun, wenn wir das hier auch anschieben würden.
Danke schön! Ich habe noch einmal eine Ergänzungsfrage zu den vielen aufgehobenen Asylbescheiden. Haben Sie daraus Anhaltspunkte, woran es im Ergebnis liegt? Sind es unterschiedliche Rechtsauffassungen, die von Verwaltung und Gerichten vertreten werden, oder, ich sage das einmal etwas locker, wurde einfach nachlässig und unzureichend gearbeitet? Man muss ja überlegen, wo setzt man an? Muss man die Entscheider besser ausbilden? Muss man sie besser auf die Rechtsprechung hinweisen? Wo liegt da das Problem?
Ich habe ja gesagt, dass ich genau diese Feststellung vom Bundesinnenministerium erwarte. Ich will aber sagen, es gibt natürlich einen Hinweis, über den wir hier im Hause auch schon einmal gesprochen haben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat innerhalb von sehr, sehr kurzer Zeit sehr, sehr viele neue Mitarbeiter eingestellt und hat zum Teil die Leute in die Entscheidungsprozesse einbezogen, bevor sie sie hinreichend qualifiziert haben.
Manche Leute haben ihre Schulung erst ein Dreivierteljahr nach aufgenommener Tätigkeit bekommen. Dass die dann möglicherweise in einer so komplexen Materie wie dem Ausländerrecht, wo man innerhalb von einem Dreivierteljahr wahrscheinlich auch noch sieben Novellen gehabt hatte damals im Deutschen Bundestag, nicht immer zur richtigen Entscheidung kommt, finde ich, überrascht nicht. Deshalb brauchen wir dringend eine Qualitätsverbesserung in diesem Bereich, und ich bin sehr froh, dass es zumindest inzwischen durch die Bundesregierung gelungen ist, aus dieser Befristungskette hinauszukommen.
Seitens des BMI war ja beabsichtigt, mehrere 100 ausgebildete Kräfte freizusetzen und gleichzeitig mehrere 100 noch nicht ausgebildete Kräfte dann befristet einzustellen. Das ist natürlich totaler Irrsinn. Dass dieser Irrsinn beendet worden ist und dem BAMF zuverlässig Personal zugewiesen worden ist und unbefristete Stellen geschaffen worden sind, sodass dort auch eine stabile Personaldecke mit qualifizierten Mitarbeitern geschaffen werden kann, das ist meines Erachtens sinnvoll und bildet die Grundlage dafür, besser zu werden.
Wie gesagt, ich will abschließend sagen, ich glaube, es ist an dieser Stelle schlicht und ergreifend noch zu früh für ein abschließendes Urteil über das, was in der Bremer Außenstelle und im BAMF im Einzelnen stattgefunden hat. Ich bin überrascht, dass die gleichen Leute, die zum Teil die Vorverurteilung von vor einiger Zeit kritisierten und sagten, das wäre aber arg mutig gewesen, zu einem so frühen Zeitpunkt eine Feststellung treffen zu können, jetzt diese Feststellungen treffen, obwohl wir auch immer noch mitten im Aufarbeitungsprozess stecken beziehungsweise die zuständigen Behörden.
Ich für meinen Teil will das jedenfalls nicht tun, sondern ich kann nur sagen, ich glaube, der Zeitpunkt für die Wiedereröffnung der BAMF-Außenstelle, der ist längst gekommen. Das Bundesinnenministerium sieht das offensichtlich auch so, dann sollen sie es nicht nur ankündigen, sondern dann sollen sie es auch bitte tun.
Was die Bewertung des Gesamtvorgangs anbelangt, werden wir uns meines Erachtens noch ein bisschen gedulden müssen. – Herzlichen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 19/1812 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!