Das will ich sagen und bedanke mich für die Unterstützung bei dem Kompromiss, den wir trotz unterschiedlicher Fragestellungen und Aufgabenstellungen am 24. September hinbekommen haben. Es ist wirklich auch ein Kompromiss in dem Sinne, dass es nicht viele gibt, die sich damit identifizieren. Herr Röwekamp hat das angesprochen. Es ist ein Kompromiss. Kissinger hat einmal gesagt, Kompromisse sind nur dann gerecht, brauchbar und dauerhaft, wenn beide Parteien damit gleich unzufrieden sind. Auch in diesem ganz ernsten Sinne ist es ein Kompromiss, der ausgesprochen positive Wirkungen hat.
Diese positiven Wirkungen wurden hier angesprochen. Sie sind nicht unbedingt oder gar nicht Bestandteil des heute im Bundestag und morgen im Bundesrat vorliegenden Gesetzes. Das ist die Frage der Entlastung der Länder und Kommunen für 2015 und ab 2016. Gott sei Dank! Wir haben das wichtige Thema der Unterstützung bei den unbegleiteten Minderjährigen im Verhältnis zu der Zahl der Menschen, die wir aufnehmen, diskutiert. Wir benötigen das in Bremen und Bremerhaven ganz besonders. Auch die Verwendung des durch das Gerichtsurteil frei gewordenen Betreuungsgeldes für Kinder, sozialen Wohnungsbau, Sprach- und Integrationskurse gehören dazu.
Ich will noch einmal etwas sagen, weil das die allergrößte Herausforderung ist: wir benötigen eine Beschleunigung der Verfahren im Interesse der Menschen, die zu uns kommen.
Ich bin sehr froh, dass das Bundesamt da verbessert werden soll. Noch spüren wir es nicht. Ich will es noch einmal sagen, wir benötigen es nicht, um schnell und kühl die Dinge abzuhandeln, sondern im Interesse der Menschen, die zu uns kommen. Sie haben ein Recht darauf, ihre Perspektive zu kennen. Sie haben ein Recht darauf zu wissen, ob sie Asylanspruch haben oder über einen anderen Weg zuwandern müssen, wenn sie zuwandern wollen, oder ob sie möglichst freiwillig wieder in ihre Heimat zurückkehren müssen. Ich sage auch dazu gleich noch etwas.
Im vorliegenden Gesetzentwurf selbst sind verschiedenste Maßnahmen enthalten. Das Thema der Beschleunigung spielt dort natürlich eine große Rolle. Es sind verschiedene Themen angesprochen und umgesetzt worden, die wir auch dort verabredet haben. Ich will in aller Deutlichkeit sagen, die Zufriedenheit mit dem, was Bundesinnenminister de Maizière der
Bundesregierung als Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vorgelegt hat und was dann auch den Bundestag erreicht hat, ist auch bei mir nicht so ausgeprägt. Ich war enttäuscht darüber, wie schlecht viele Dinge umgesetzt worden sind. Diese Enttäuschung liegt nicht nur auf meiner Seite. Man kann in den Protokollen der Ausschüsse des Bundesrats, aber auch der Debatten im Bundestag sehr deutlich nachlesen, dass diese Enttäuschung an vielen Stellen besteht. Das macht uns die Beratungen jetzt jenseits des einen Punktes, auf den ich gleich zu sprechen komme, ausgesprochen schwer.
Ich will aber sagen, dass zumindest auf jeden Fall sicher erreicht ist – und wir werden bis morgen früh auch noch schauen müssen, was an weiteren Punkten erreicht ist oder erreichbar ist –, dass die Voraussetzungen, die für Leistungskürzungen bei Menschen, die keinen Asylanspruch haben, vorgesehen waren, wieder eingegrenzt worden sind, und zwar derart, wie wir es am 24. September 2015 verabredet haben.
Das zweite Thema, das unmittelbar für uns in Bremen wichtig ist, für uns als Senat in der Handlung, aber auch für Bremen und Bremerhaven insgesamt, berührt die Frage, ob Sachleistungen nicht notwendigerweise im Gesetz vorgeschrieben werden, sondern nur, wenn dies im Verhältnis zum Verwaltungsaufwand vernünftig ist. Hierzu, Herr Röwekamp, teile ich nicht Ihre Einschätzung dieser Sachleistungen, und wir teilen sie auch im Senat nicht. Jetzt ist die Möglichkeit wieder geschaffen, so ist das Gesetz heute verändert schon durch den Bundestag gegangen, und ich sage hier, wir werden in Bremen die Sachleistungen nicht verstärken!
Wir werden bei den entsprechenden Geldleistungen bleiben und diese Wahlmöglichkeit ausweiten, ausnutzen und ermöglichen.
Es geht dabei dann auch um die Frage der Ankündigung von Abschiebungen bei der Verweildauer in den Ersteinrichtungen.
Diesen Positionen und Punkten habe ich noch nicht zugestimmt, daran wird noch zu arbeiten sein. Das ist wichtig, denn das sind die Gegenstände des Gesetzes, und dazu gehört im Übrigen auch die Gesundheitskarte.
Die Gesundheitskarte ist ein Bremer Erfolg, ein Bremer Modell, und es gibt leider sehr große Vorbehalte dagegen. Auch da ist es im Gesetz nicht ordentlich umgesetzt worden, was die Schaffung von Möglichkeiten betrifft, das überhaupt in allen Ländern umzusetzen. Mir wäre es am liebsten gewesen – aber das ist die Sache mit dem Kompromiss –, wenn wir gesagt hätten, das gilt für die ganze Republik. Das ging nicht,
aber zumindest soll der Bund hierfür die Bedingungen und die Möglichkeiten verbessern und erleichtern. Auch in dieser Angelegenheit muss noch nachgearbeitet werden, damit es ein sehr gutes Gesetz wird.
Zu dem Punkt, der die meisten Emotionen hervorruft – und ich will dazu gern sagen, dass ich den Kompromiss, den wir bezüglich der sicheren Herkunftsländer dort gefunden haben, für richtig halte, wie es auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Björn Tschöpe, hier sehr deutlich gemacht hat mit den Argumenten, die ich für sehr richtig halte –, will ich im Kern noch einmal auf einen Aspekt hinweisen, den bitte noch niemand vom Tisch wischen kann: Das Asylrecht als Individualrecht – wir hatten das vorhin bereits in der Debatte – bleibt natürlich bestehen! Dafür gibt es auch die entsprechenden Möglichkeiten, dies zu ermöglichen.
Bezüglich der Verfahrensbeschleunigung, womit Sorgen verbunden sind, hat es auch den Kompromiss gegeben, der sehr maßgeblich von dem einzigen grünen Ministerpräsidenten am Tisch vorangetrieben worden ist, und das ist die Öffnung des Zuwanderungskorridors für Menschen, die hier einen Arbeitsund Ausbildungsplatz haben, die Arbeitsmigration. Das ist ein richtiger Fortschritt, und es bedeutet einen guten Schritt. Es wäre gut, wenn wir dies hier im Hause insgesamt unterstützen würden.
Ich sage, weil wir noch viel darüber werden reden müssen und weil noch weitere Fragen am Horizont liegen, dass sich – ich habe mich in der letzten Debatte sehr darüber gefreut, dass sich auch die CDU zum Einwanderungsgesetz bekennt –, wenn man das will, und wir als rot-grüne-Koalition wollen das, man dann aber auch wissen muss, dass der Grundgedanke eines Einwanderungsgesetzes ist, zwischen den unterschiedlichen Gründen zu unterscheiden,
und so gesehen ist das ein erster Schritt, den wir hier machen und nicht – irgendjemand hier hat gesagt, ich weiß nicht mehr, wer es war –, das sei die Gliederung in Flüchtlinge erster und zweiter Klasse. Wenn man dies in diesem Zusammenhang behauptet, dann sagt man, ein Einwanderungsgesetz bedeute Flüchtlinge erster und zweiter Klasse, und das ist nicht so, sondern es gibt unterschiedliche Begründungen.
Dazu muss ebenfalls noch nachgeschärft werden, weil wir in der Vereinbarung am 24. September sehr darauf geachtet haben, dass den Minderheiten in den Westbalkanländern – natürlich gibt es dort ein Problem – ein besonderer Schutz gewährt werden muss, und die Roma sind ausdrücklich benannt. Dieser Punkt ist auch nicht hinreichend in dem Gesetz umgesetzt worden.
Es wird jetzt darauf ankommen, und da gibt es gewisse Diskussionen, inwieweit Verfahrenswege und Sonstiges besonders berücksichtigt werden, aber das würde ich gern erst einmal genau sehen und genau wissen wollen, denn auch da sollten wir bei allen leidenschaftlichen Befürwortern der Kategorie sicherer Herkunftsstaaten – darum bitte ich doch sehr – im Konsens bleiben und sagen, Sinti und Roma sind schützenswert, wenn sie verfolgt werden,
wofür allerdings nicht allein reicht, dass dort die Menschen unter Unterernährung leiden, und ich finde das sehr schlimm, damit es auch sehr deutlich ist, es zeigt die schwierige und natürlich auch human belastende Lage in diesen Ländern. Das ist für sich noch kein Asylgrund, sondern eine Angelegenheit, womit wir etwas dafür tun, dass die Bedingungen in den Ländern bleiben, und das ist auch in diesem Kompromiss angelegt. Die humanste Menschenrechtspolitik ist immer noch das Schaffen von Möglichkeiten, damit die Menschen in ihrer Heimat verbleiben können, meine Damen und Herren!
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD – Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwi- schenfrage. – Glocke)
Herr Bürgermeister, nehmen Sie zur Kenntnis, oder sind Ihnen Gerichtsurteile bekannt, die genau zu dieser Situation geurteilt haben, dass es eben doch in der Kumulation, also zusammengenommen, kumulative Fluchtgründe sind? Sind Ihnen diese Urteile bekannt?
Natürlich sind mir diese Urteile bekannt. Es ist es auch so, das wir deshalb am 24. September ausdrücklich festgehalten haben, dass auf die Situation von Minderheiten in diesen Ländern besonders zu achten ist, und Roma explizit ge
nannt worden sind, weil es vielfach Anlass zur Befürchtung gibt, dass Sinti und Roma in einigen Ländern besonders diskriminiert werden und man deshalb ganz besonders schauen muss, ob daraus eventuell ein Asylgrund nach deutschem Recht entsteht. Dass das noch nicht hinreichend im Gesetz umgesetzt ist, habe ich gesagt. Wir haben am 24. September auch nicht festgehalten, dass dies Teil des Gesetzestextes werden soll, sondern dass dazu Wege gefunden werden, und darüber werden wir reden müssen, auch mit Blick auf die Entscheidung morgen früh, hierzu sage ich gleich noch etwas.
Ich will hier noch einmal sehr deutlich machen, weil ich dies eingangs auch angesprochen habe, dass wir uns in einer Situation befinden, in der wir vor einer Reihe von schwierigen Fragen stehen, die über das hinausgehen, was morgen ansteht. Das eine Thema hat heute Vormittag in der Debatte eine Rolle gespielt, und ich will es hier auch ansprechen, weil es uns natürlich auch als Land bewegen wird. Wenn endlich eintritt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schneller zu Ergebnissen gelangt, dann werden wir eine Situation haben, in der auch die Zahl derer, die kein Asyl erhalten, ansteigt.
Wir werden alles dafür tun, damit freiwillige Ausreisen möglich werden, und wir müssen auch darüber reden, welche Anreizmöglichkeiten wir vielleicht ausweiten, damit die Menschen freiwillig ausreisen. Die Zahl derer jedoch, die bleiben möchten, weder freiwillig ausreisen noch einen Status als Geduldete bekommen, wird auch ansteigen, somit werden wir eine schwierige Debatte darüber bekommen.
Wir werden auch darüber reden müssen, wie wir damit umgehen, weil auch das natürlich in dem Kompromiss angelegt ist, dass alles das, was uns an finanziellen Vorteilen erreicht, uns dann natürlich für diese Menschen nicht mehr erreicht. Ich will hier gerade in dieser Frage keine Politik nach dem Geldbeutel machen, sondern nach Recht und Gesetz, und wenn Recht und Gesetz dann so sind, dass dort wirklich kein Asylgrund vorliegt, werden wir damit umgehen müssen. Ich will das hier extra ansprechen, weil uns das, glaube ich, in nächster Zeit beschäftigen wird.
Ein anderes Thema, das uns beschäftigen wird, und da hätte ich hier gern von dem ein oder anderen Debattenredner etwas Ausdrücklicheres gehört: Es wurde nur gesagt, der Herr Seehofer könne ja denken, sagen und meinen, was er wolle. Das Problem ist nur, dass Herr Seehofer Ministerpräsident ist und damit auch gewisse Möglichkeiten hat, auf Recht und Gesetz und auch auf die Praxis einzuwirken. Derjenige, der sich das mit den Transitzonen überlegt hat, muss wirklich mit dem Klammerbeutel gepudert worden sein.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Kanzlerin an der Stelle so ins Wanken geraten und dem gefolgt
ist. Wie darf ich mir das vorstellen? Sechs- bis siebentausend Menschen kommen täglich über die Grenzen. Die Aufenthaltsdauer in solchen Transitzonen beziehungsweise Einrichtungen soll bis zu 48 Stunden betragen. Dann soll man Entscheidungen treffen. Dann sind da nach 48 Stunden also zwölf- bis vierzehntausend Menschen. Die Innenminister von Bund und Ländern sagen, drei bis vier Prozent davon würden aus sicheren Herkunftsländern kommen und sofort zurückgeführt werden können. Wie darf ich mir das vorstellen, wenn zwölf- bis vierzehntausend Menschen dort sind und dann drei bis vier Prozent davon zurückgeführt werden, während der Rest in die Bundesrepublik darf? Daran sehe ich doch, ich beschränke damit nicht wirksam die Zuwanderung, sondern baue eine rechtsstaatlich problematische Situation auf, die auch logistisch völlig irrsinnig ist.
Deshalb hätte ich gern von allen in diesem Hause gehört: Wir in Bremen und Bremerhaven weisen das Land zurück, das Land Bremen wird das nicht mitmachen!
Ich vernehme, es interessiert viele, wie wir das morgen früh im Bundesrat machen werden. Vermutlich interessiert das die Koalitionsfraktionen und das Haus und die Öffentlichkeit insgesamt. Als Erstes will ich sagen, dass wir uns an die Verfassung halten werden.
Die Verfassung ist sehr eindeutig und sagt, dass das Votum im Bundesrat im Senat entschieden wird. Wir haben im Senat nicht nur an diesem Dienstag, sondern auch in den vergangenen Wochen sehr intensiv über die Frage gesprochen und sind zu einem Ergebnis gekommen. Die politische Debatte durchzieht übrigens die ganze Gesellschaft, wie jemand gesagt hat, und auch alle Parteien. Wir wissen als Sozialdemokraten alle, wir haben selbst heftige Diskussionen. Ich kenne auch viele Christdemokraten und Freie Demokraten sowieso, die arge Bedenken bei einzelnen Punkten haben. Für DIE LINKE gilt das selbstverständlich auch. Es geht durch die gesamte Gesellschaft und viele Verbände, deshalb ist das alles gar nicht so aufregend. Wir haben deshalb und wegen der unterschiedlichen von mir benannten Punkte gesagt, es gibt freie Hand. Das bedeutet, dass meine Kollegin Frau Linnert und ich vom Senat gebeten und beauftragt wurden, morgen zu entscheiden, wie wir uns dort verhalten werden. So werden wir auch vorgehen.
Es ist auch für die Zukunft ratsam, uns nicht davon abhängig zu machen, wie andere Parteien dazu entscheiden. Am Ende ist diese Sachfrage sehr sachlich und natürlich unter Einbeziehung der politischen Bewegungen und politischen Haltungen, die diese Koalition tragen, zu entscheiden. Ich will Ihnen an der Stelle nur eines sagen. Das zeigt die Antragslage hier, es gelingt keiner Fraktion, ob es DIE LINKE oder die CDU ist, diese Koalition auseinanderzutreiben. Wir sind eine stabile, frisch gewählte Koalition.