Protocol of the Session on August 29, 2018

Der Studie zufolge müssen dafür die ältesten Braunkohleblöcke abgeschaltet, Wind- und Solarkraft – wie im Koalitionsvertrag jetzt vereinbart – ausgebaut und Braunkohlekraftwerke, die älter als 20 Jahre sind, in ihrer Leistung gedrosselt werden. So könnten die deutschen CO2-Emissionen, wie von der Bundesregierung wiederholt versprochen, um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, nicht die technischen Möglichkeiten fehlen hierzu, sondern bisher der politische Wille der Bundesregierung. Der deutsche CO2-Ausstoß stagniert seit 2009 auf hohem Niveau, auch weil besonders klimaschädliche Kohlekraftwerke mehr Strom produzieren, als wir überhaupt in Deutschland verbrauchen. Das heißt also, technisch ist das Ziel problemlos erreichbar. Die versorgungssichere Lösung ist nach diesem Institut ein Dreiklang, nämlich Abschaltung und Drosselung der ältesten Braunkohleblöcke sowie der im Koalitionsvertrag beschlossene Ausbau von Solar- und Windanlagen.

Insbesondere von dem letzten Punkt würden wir ja gerade in Bremen und Bremerhaven extrem profitieren. Das inzwischen jahrelange Taktieren der Bundesregierung mit der Deckelung der OffshoreWindenergie hat ja gerade dazu geführt, dass die Windenergiebranche extrem leidet, nicht nur in Bremerhaven, auch in vielen anderen Städten, Emden möchte ich einfach nur einmal als Beispiel nennen. Dann werden zukünftig die Anlagen nicht in Bremerhaven oder überhaupt in Deutschland gebaut, weil woanders in der Welt diese innovative Energieform nämlich nicht ausgebremst wird. Das ist, finde ich, absurd, dass Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Windenergie eingenommen und

diese Innovation in die Welt getragen hatte und jetzt das Feld anderen überlässt.

Ganz sicher wird zukünftig ein Großteil der Energie über Wind und Solar kommen. Es gab Berechnungen, dass in zehn Jahren eine Kilowattstunde aus erneuerbaren Energien einen Cent kosten kann. Die Anlagen aber, die man dafür braucht, werden dann sicherlich nicht mehr in Deutschland produziert, wenn nicht jetzt auch die Bundesregierung ganz klar die Kurve bekommt.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage auch einmal ganz klar, ich würde mir das auch sehr für den Standort Bremerhaven wünschen. Wir haben in Bremerhaven auf das Cluster Windenergie gesetzt, und Sie wissen alle, dass eine Firma nach der anderen weggegangen ist. Ja, es ist auch ein Problem, dass Cuxhaven den Terminal hat und wir eben beizeiten nicht.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Warum wohl nicht?)

Ja, ich sage ja gerade, dieser Kritik müssen wir uns selbstkritisch stellen. In Cuxhaven war er allerdings fertig, das muss man einmal sagen, dort brauchte nicht extra ein neuer gebaut zu werden.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Über zehn Jahre!)

Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass wir in Bremen unsere eigenen gesteckten Klimaziele nicht erreicht haben. Es gehört auch dazu, wenn wir uns ansehen, was wir neben einer guten ökologischen Verkehrsinfrastruktur und Verkehrswende erreichen könnten, dann ist es so, wenn die Kohlekraftwerke in Bremen vom Netz gehen würden, dann könnten mit einem Schlag mindestens – mindestens! – 30 Prozent CO2 in Bremen eingespart werden. Damit wären wir unserem selbst gesteckten Klimaziel ganz nah. Deswegen müssen wir hier gemeinsam beraten, was ein realistisches Kohleausstiegsdatum für Bremen ist.

Ich weiß, wir führen Gespräche mit der swb AG, wir haben ja als Kommune Bremen kein eigenes Kohlekraftwerk, sie gehören der swb AG, und es gibt noch ein Steinkohlekraftwerk in Farge, von dem wir alle gerade gar nicht wissen, wie es um dessen Zukunft bestellt ist. Es sollte eigentlich ursprünglich in zwei, drei Jahren vom Netz gehen. Jetzt hieß es vor etlichen Wochen, es solle verkauft werden. Wir wissen bei dem Kohlekraftwerk gar

nicht, wie es weitergeht, aber bei den Kohlekraftwerken von der swb kann man das ganz gut abschätzen.

Deswegen kann ich sagen, dass viele der Bremer Kohlekraftblöcke gar nicht mehr wirklich lukrativ sind. Das Problem ist aber, es gibt natürlich viele Mitarbeiter, die dort beschäftigt sind und deren Arbeitsplätze ja auch nicht gefährdet sein sollen. Deswegen sind wir gut beraten, uns ein realistisches Ausstiegsdatum für Bremen zu setzen. Ich glaube, es liegt in den nächsten fünf Jahren.

Ich bin überzeugt, dass mit dem Ausbau des Fernwärmenetzes, der ja ansteht, ein Kohleausstieg bis 2023, aber allerspätestens bis 2025 in Bremen realisiert werden kann und deutschlandweit ein Ausstiegsszenario bis 2030. Das ist realistisch. Damit ist definitiv eine Energieversorgungssicherheit gegeben, und länger können wir auch nicht mehr warten.

Wir brauchen endlich den Einstieg in den Kohleausstieg, und dieser Weg lohnt sich gleich in mehrfacher Hinsicht. Er bekämpft die Klimakrise, er schafft Arbeitsplätze und Innovationen, macht uns unabhängig von Importen fossiler Rohstoffe aus autokratischen Staaten und sichert unsere Stärke als Exportweltmeister umweltfreundlicher Technologien. Es braucht nur den Willen, den Kohleausstieg jetzt anzugehen und zeitnah umzusetzen. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Prof. Dr. Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich zuerst vom Thema dieser Aktuellen Stunde hörte, habe ich mich gefragt, worüber Sie denn eigentlich reden wollen. Wollen Sie vielleicht, das kam mir als Erstes in den Sinn, über die Deckelung des Offshore-Ausbaus reden, die der SPDStaatssekretär Uwe Beckmeyer im Wirtschaftsministerium durchgesetzt hat, während er der Abstimmung im Bundestag ferngeblieben ist – aber das war ja schon im Jahr 2014 –, oder wollen Sie darüber reden, dass in Bremerhaven die Infrastruktur immer noch nicht so ausgebaut ist wie in Cuxhaven? Frau Schaefer ist darauf eingegangen.

Über das Thema diskutieren wir aber ja auch schon so lange, wie in Cuxhaven Offshore-Elemente an dem dortigen Terminal umgeschlagen werden. Das

sind ja auch schon mehr als zehn Jahre, das kann also nicht der aktuelle Anlass sein. Es ist offenbar – so habe ich es von Frau Schaefer vernommen – das warme Wetter, das wir schon seit Mai hier in Bremen und Bremerhaven haben. Wie dem auch sei, kommen wir zum Thema!

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Fraunhofer-Institut!)

Die Frage ist doch, wie wir es schaffen, unsere Energieversorgung langfristig auf erneuerbare Energien umzustellen, die Energieeffizienz zu erhöhen und Energie insgesamt in der Bundesrepublik und auch in Bremen und Bremerhaven, im Bundesland, einzusparen. Wie schaffen wir es, dass wir den zusätzlichen Strom, den wir vermutlich für EMobilität einsetzen werden, auch noch durch erneuerbare Energien erzeugen, und wie schaffen wir es, dass wir mehr mit Wärmepumpen heizen und weniger mit fossilen Brennstoffen, und das alles auch zu bezahlbaren Preisen? Es kommt also etwas auf uns zu, auf die Erzeuger, die Stromhändler und die Verbraucher. Alle müssen technische und strukturelle Veränderungen erleben und realisieren.

Natürlich wollen wir Freien Demokraten auch perspektivisch die Kohleverstromung beenden, aber das ist nicht so leicht, Frau Schaefer, wie Sie es gesagt haben. Es ist deutlich schwieriger, und es passiert nicht dadurch, dass einfach politisch ein Datum gesetzt wird.

Wir werden noch sehen, ob es der Kohlekommission, die derzeit tagt, gelingt, ein Datum festzulegen, aber ohne Frage lässt sich etwas tun. Die vom BDEW konzertierte Überkapazität von gut fünf Gigawatt Kohle könnte man kurzfristig aus dem Markt nehmen, ohne Frage können konventionelle Kraftwerke zu Starkwindzeiten auch stärker heruntergeregelt werden, aber sie sind für die Systemstabilität derzeit unerlässlich. Fachleute berechnen den Bedarf auf zehn Gigawatt.

Kohlekraftwerke liefern also Systemdienstleistungen, die künftig erneuerbare Energien übernehmen müssen, doch dafür müssen sie es erstens erst einmal können und zweitens auch dafür zugelassen werden, und Unternehmen wie die swb können nicht ohne Weiteres aus der Kohleverstromung aussteigen. Zuerst muss hier auch für Bremen geklärt werden, wie die hocheffiziente Fernwärme aus den Kohleblöcken sinnvoll ersetzt wird, und

außerdem muss geklärt werden, welche Gaskraftwerke wieder an das Netz gehen, um die Versorgungslücken zu schließen.

Ja, meine Damen und Herren, es ist eben nicht einfach, einmal eben ein Ausstiegsdatum für den Kohleausstieg zu benennen. Das, was Sie gesagt haben, Frau Schaefer, halten wir für unrealistisch, nämlich fünf Jahre für Bremen und dann bundesweit bis zum Jahr 2030.

(Beifall FDP)

Klar ist, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden müssen, und hierfür hat die Große Koalition in Berlin Sonderausschreibungen für Offshore- und übrigens auch für Onshore-Windergie versprochen. Die Branche ist genauso gespannt wie wir, wann diese tatsächlich realisiert werden. Für Bremerhaven und unsere Region darum herum hängen viele Arbeitsplätze daran.

Wir Freien Demokraten wollen, dass es ohne Ausschreibungen und EEG-Zahlungen geht. Wir müssen endlich dazu kommen, dass der Strommarkt ein echter Marktwert und das EEG abgeschafft wird.

(Beifall FDP)

Ein Einspeisevorrang für die erneuerbaren Energien sollte bei den Kostendegressionen und dem technischen Fortschritt reichen, um weitere Windkraft- und Solaranlagen zu finanzieren. Zusätzlich müssen wir auch dazu kommen, dass wir Energie im großen Umfang speichern. Wir brauchen also insbesondere den Ausbau der industriellen Wasserstofferzeugung. Auch das muss mittelfristig wirtschaftlich und ohne Umlagen finanziert werden, und das ist auch möglich. Es gibt entsprechende Gutachten, die zeigen, dass mit derselben Versorgungssicherheit von Großkraftwerken eine Energieversorgung aus erneuerbaren Energien, Wasserstofferzeugung und Rückverstromung aufgebaut werden kann, aber das geht nicht von heute auf morgen, es braucht leider seine Zeit. Deshalb können wir nicht einmal eben sagen, lass uns das Datum setzen.

Wir Freien Demokraten wollen langfristig den Ausstieg aus der Kohle,

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Was heißt denn langfristig?)

aber wir wollen auch den Preis dafür kennen.

(Beifall FDP)

Wir verstehen auch, dass die Braunkohlereviere Hilfe beim Strukturwandel benötigen, das hätten wir uns für die Werftindustrie in Bremen und Bremerhaven damals auch gewünscht.

(Beifall FDP)

Dass wir mehr Offshore brauchen, um das alles zu erreichen, ist für uns auch klar. Der Strom wird da günstiger erzeugt. Erste Bieter haben bereits angeboten, den Strom ohne EEG-Zuschuss zu erzeugen, und das ist ein gutes Signal, auch für mehr Marktwirtschaft in dem Bereich.

(Beifall FDP)

Auf See werden 4 500 Volllaststunden erreicht. Nicht an allen Tagen, aber an 363 Tagen im Jahr liefert eine Offshore-Anlage Strom, und das alles spricht für Windkraft auf See. Davon könnte auch Bremerhaven profitieren, wenn der Offshore-Terminal dort fertig wäre, aber das haben Sie ja mit der unsinnigen Standortentscheidung und unrealistischen Wirtschaftlichkeitsberechnung verhindert, und da hilft auch kein Klagen, Frau Schaefer, das haben Sie zu verantworten.

(Beifall FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren, es reicht aber nicht, Offshore auszubauen, auch der Netzausbau muss vorangehen. Er muss genauso vorangetrieben werden wie der marktwirtschaftliche Ausbau der erneuerbaren Energien, und hier würden wir uns mehr Einsatz, insbesondere der Grünen, für dieses Thema wünschen.

Zusammengefasst: Das Ziel ist klar, wir stehen zum Ausstieg aus der Kohleverstromung, aber das ist kein einfaches Unterfangen. Wir müssen die Gesellschaft und die Unternehmen mitnehmen und den damit verbunden Strukturwandel schaffen – es entstehen schließlich auch neue Arbeitsplätze –, und wir müssen das Ganze marktwirtschaftlich organisieren, denn wir haben schon jetzt mit die höchsten Strompreise in Europa. Weitere Steigerungen wollen wir Freien Demokraten den Verbraucherinnen und Verbrauchern, der Industrie, dem Handel und dem Gewerbe nämlich nicht zumuten. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Bevor ich dem Kollegen Janßen das Wort gebe, begrüße ich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler des Schulmeiderprojekts PLAn B der Allgemeinen Berufsschule Steffensweg.

Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Janßen.

Sehr geehrter Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Folgen des Klimawandels sind mittlerweile weltweit unübersehbar. Extremwetterereignisse nehmen zu, Dürreperioden und Verwüstung im Sinne von Ausbreitung der Wüsten nehmen zu. Der menschengemachte Klimawandel betrifft damit derzeit vor allen Dingen den globalen Süden, während die Ursachen hier liegen, im globalen Norden, in den Industriestaaten des globalen Nordens. Eine Flucht aus den Landstrichen, die derzeit oder absehbar landwirtschaftlich oder auch sonst nicht mehr genutzt werden können, ist eine der Folgen des Klimawandels und wird eine globale Herausforderung der Zukunft werden.