Protocol of the Session on May 31, 2018

Ein weiterer struktureller Stellhebel, um der Erasmus-Blase zu begegnen, besteht darin, dass die Universität mehr englischsprachige Veranstaltungen anbietet. Es ist nicht rühmlich, wenn wie im letzten Semester ausgerechnet in den Politikwissenschaften nur vier englischsprachige Veranstaltungen angeboten werden, an denen zwölf Erasmus-Studenten und gerade einmal drei einheimi

sche Studenten teilnehmen. Internationale Kompetenz zeigt sich unter anderem auch in englischsprachigen Angeboten.

Als Freie Demokraten begrüßen wir alles, was Bremen in die Hand nimmt, um das europäische Erfolgsmodell Erasmus voranzutreiben, und da sehen wir beim Senat noch eine Menge Luft nach oben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Tuchel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stehe heute hier stellvertretend für Frau Grotheer. Wir beraten heute den Bericht über die Umsetzung des Erasmus+-Programms in Bremen, und wir haben diesen Bericht ja auch im Europaausschuss sehr kritisch, sehr ausführlich, sehr umfassend und auch sehr leidenschaftlich diskutiert. An dieser Stelle haben wir sehr ausführliche und vielfältige Antworten bekommen, und auch jetzt wurde hier zu diesem Thema sehr viel gesagt. An dieser Stelle gibt es ja sehr viel zu tun.

Erasmus+ ist das Programm der Europäischen Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport. Bis zum Jahr 2020 werden europaweit mehr als vier Millionen Menschen aus Hochschulen, Schulen, der Berufs- und Erwachsenenbildung und der Jugendarbeit Auslandserfahrungen mit dem Programm Erasmus+ gesammelt haben. Dabei stehen für den Zeitraum von 2014 bis 2020 in den Mitgliedsstaaten 14,7 Milliarden Euro für das Programm Erasmus+ zur Verfügung, Geld, das aus unserer Sicht auch in Bremen ankommen muss, und deshalb haben wir im Februar letzten Jahres hier in der Bürgerschaft einen entsprechenden Antrag verabschiedet. Es wird aus diesem Bericht, aber auch aus der heutigen Diskussion immer wieder deutlich, dass die größten Herausforderungen von Erasmus+ der langwierige und komplizierte Bewerbungsprozess und die zugehörigen Berichts- und Rechenschaftsfristen sind.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Na ja!)

In diesem Zusammenhang geht aus dem vorliegenden Bericht hervor, dass für die Beratung der allgemeinbildenden Schulen der beiden Stadtgemeinden Bremen zwei Lehrkräfte als sogenannte Erasmus+-Koordinatoren zur Verfügung stehen. Mit der Unterstützung, für die allerdings lediglich nur eine einzige – –.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Mit drei Ent- lastungsstunden!)

Genau! Drei, das haben Sie im Ausschuss mitbekommen,

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Also drei!)

und hier konnten im letzten Jahr sechs Erasmus+Projekte in den allgemeinbildenden Schulen angestoßen werden.

Eine weitere, allerdings von Bremen kaum zu beeinflussende Hürde von Erasmus+ ist die Frage des Budgets. Trotz eines Gesamtvolumens von mehr als 14 Milliarden Euro erweist sich Erasmus+ immer wieder als unterfinanziert, und das führt leider dazu, dass viele qualitativ gute Projekte abgelehnt werden müssen, wie aus dem nationalen Bericht zur Zwischenevaluation von Erasmus+ hervorgeht. Das ist auch ein Problem, das wir leider zur Kenntnis nehmen müssen.

Die angestrebte Intensivierung der Kooperation zwischen Bremer Schulen und europaspezifischen Bildungseinrichtungen lässt sich besonders gut durch die zielgerichteten Konzepte und auf schulindividueller Ebene erreichen, und dies machen die Berufsschulen bereits erfolgreich vor. Sie zeigen auch, wie der bürokratische Aufwand umgangen werden kann, indem sie externe Dienstleister für die Erledigung organisatorischer administrativer Aufgaben beauftragen. Ich denke, dieser Weg wäre auch für allgemeinbildende Schulen denkbar. Meine Kollegin hat es eben schon angesprochen, diese Netzwerke müssen stärker genutzt und stärker unterstützt werden.

Die Landeszentrale für politische Bildung – das wurde auch schon gesagt – wendet sich mit ihren Angeboten an alle Bürgerinnen und Bürger. Im Themenfeld der europäischen Integration setzt sie sich dabei vor allem für Angebote und Multiplikatoren ein, die sich an Bremer Lehrkräfte wenden und damit den Bremer Schulen unmittelbar zugutekommen.

Zusammenfassend wird also deutlich, wenn Erasmus+ zu einem dauerhaften Erfolg werden soll, der von den angesprochenen Einrichtungen auch angenommen wird, dann muss sich zum einen das Budget des Programms erhöhen, und zum anderen müssen bürokratische Hürden im Antragsprozess abgebaut werden. Beides ist ja vor allem eine Aufgabe der Europäischen Union. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, BIW)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Leonidakis.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Ich hatte ge- hofft, dass wir da schon weiter sind! – Abgeordne- ter Tschöpe [SPD]: DIE LINKE darf doch auch spre- chen!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Februar letzten Jahres hatten wir hier ja schon auf Antrag der Grünen und der SPD eine Debatte zum Programm Erasmus+. Bereits damals haben andere Teilnehmer der Debatte und auch ich bemängelt, dass nur sechs Prozent der Bremer Schulen an Erasmus+ teilnehmen, und in der Zwischenzeit haben wir auch im Europaausschuss deutlich veranschaulicht bekommen, warum es so ist.

Die Leiterin einer Schule – ich glaube, es war die des Schulzentrums an der Bördestraße – schilderte sehr eindrücklich vom organisatorischen und bürokratischen Aufwand, der mit der Teilnahme an Erasmus+ einhergeht. Deswegen glaube ich nach wie vor, dass nicht nur die Verwaltung europafähiger werden muss, sondern auch Europa muss verwaltungsfähiger werden, meine liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall DIE LINKE)

Ich halte den Austausch von Schülerinnen und Schülern im Rahmen von Erasmus beziehungsweise Erasmus+ für sehr wichtig, insbesondere den Mobilitätsaspekt, denn ein solcher Austausch sollte nämlich nicht nur Studierenden offenstehen, sondern bereits früher ansetzen. Insbesondere ist uns auch das Ziel wichtig, Schülerinnen und Schülern den Austausch zu ermöglichen, denen es aus finanziellen oder anderen Gründen nicht ohne Weiteres möglich ist.

(Beifall DIE LINKE)

Die im Bericht genannten Programme, unter anderem Erasmus+, ermöglichen das, allerdings meistens nur in der Theorie. Ob das aber auch in die Praxis umgesetzt wird, hängt davon ab, ob es etwa an den Schulen Kapazitäten gibt, und es verlangt darüber hinaus von ihnen ein hohes Engagement, weit über die bereitgestellten Ressourcen hinaus, denn es wurde auch klar, dass die zusätzlich bereitgestellten Ressourcen von zwei Lehrkräften mit je

einer Entlastungsstunde in der Woche natürlich nicht ausreichen. Hier sollte der Senat dringend prüfen, ob er nicht mehr Entlastungsstunden und zum Beispiel auch Beratungen durch die Behörde ermöglichen kann und muss.

Ein Leuchtturmbeispiel für den europäischen Austausch von Schülerinnen und Schülern sei mir an dieser Stelle erlaubt, und dafür möchte ich über die Bremer Landesgrenzen hinausblicken: Mitglieder des Delmenhorster Vereins Dialogos organisieren einen Austausch für Schülerinnen und Schüler, in dem Schüler aus Niedersachsen und Nordgriechenland die Verbrechen der Nazis aufarbeiten, die ganze Dörfer in Griechenland vernichtet haben. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit diesem dunklen Kapitel. Sie produzieren eigenhändig Lehmkacheln mit den Namen der Opfer, fahren nach Griechenland und pflanzen dort Bäume, und für jedes Opfer platzieren sie an jedem dieser Bäume die selbst hergestellten Kacheln. Auch die griechischen Schülerinnen und Schüler kommen hierher, und sie besuchen unter anderem die Gedenkstätte in Sandbostel.

Ich glaube, solche Austauschprojekte und auch die in Bremen sind sehr wertvoll, und unter den aktuellen Rahmenbedingungen müssen wir uns vor allem bei den sehr engagierten Personen, den Lehrkräften und der Schulleitung bedanken, dass sie sich so weit über das Bereitgestellte hinaus für den europäischen Austausch einsetzen.

(Beifall DIE LINKE)

Der Bericht geht auf die teilweise unzureichenden Rahmenbedingungen ein, aber wenige bis keine Aussagen gibt es zu der Frage, welche Themen oder Schwerpunktsetzungen der Senat eigentlich hat, das wurde von meinen Vorrednern bereits auch erwähnt.

Es ist sehr gut, dass die Schulen auch eigene Schwerpunktsetzungen entwickeln können und sollen, aber auch der Senat sollte ja eine Vorstellung davon haben, wo er eigentlich mit der europapolitischen Bildung hin möchte. Welches sind denn aus Sicht des Senats die Inhalte und Ziele solcher Bildungsarbeit? Gibt es eine thematische Strategie, die man verfolgen möchte? Ich glaube, es wäre angemessen, insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Rassismus und Antisemitismus oder auch antidemokratischer Entwicklungen, solche Fragen in den Mittelpunkt der europapolitischen Bildung zu stellen.

Wir glauben auch, dass zur europapolitischen Bildung dazugehört, der zunehmenden Euroskepsis auch eine kritische Auseinandersetzung mit der EU entgegenzustellen, denn wir glauben nicht, dass man gegen die Euroskepsis ankommt, indem man mit einer EU-Euphorie erscheint, sondern man muss auch kritisch das Demokratiedefizit, soziale Ungleichheiten in der EU et cetera beleuchten.

(Beifall DIE LINKE)

Solche Inhalte fehlen uns, eine strategische, eine konzeptionell inhaltliche europapolitische Bildungsstrategie fehlt uns noch. Ich glaube, da sind wir uns in diesem Haus aber auch weitgehend einig. Wir sind gespannt, ob das dann auch irgendwann einmal Ergebnisse bringt. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Pietrzok.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind es ja gewohnt, wenn wir uns die zur Verfügung stehenden europäischen Mittel anschauen, dass Bremen bei einer solchen Europamittelakquise immer eine außerordentlich herausragende Position hat und immer besonders erfolgreich dabei ist, Europamittel einzuwerben und diese dann entsprechend zu verwenden. Das muss man ganz offen sagen, diese besonders herausragende Position, auf die können wir auf der einen Seite hier bei Erasmus+ nicht verweisen. Das muss ich auch deutlich sagen.

Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht so, wie das hier dargestellt worden ist, dass dieses Programm Erasmus+ an Bremens Schulen überhaupt nicht läuft, wohingegen das in allen anderen Bundesländern ein Projekt ist, was in aller Breite getragen wird. Wenn wir auf die Bevölkerungszahlen schauen und uns dann anschauen, wie viel Geld in Bremen in Erasmus+ verausgabt wird, dann kommen wir immer noch, pro Kopf betrachtet, auf eine doppelt so hohe Quote wie in anderen Ländern. Von daher kann man nicht sagen, dass diese Umsetzung sehr schlecht ist. Aber es ist natürlich richtig und das unterstütze ich auch –

(Zuruf Abgeordnete Leonidakis [DIE LINKE])

politisch absolut, dass es ein europapolitisches Bekenntnis gegeben hat durch die Bremische Bürgerschaft und dass es die Erwartung gibt, dass wir im Hinblick auf Erasmus+ auch besser werden, als wir

das in den vergangenen Jahren gewesen sind. Das unterstütze ich ausdrücklich.

Wenn wir über die Europaschulen nachdenken und die veränderten Zertifizierungsverfahren, die hier erwartet worden sind, das hat meine Behörde umgesetzt. Es befindet sich nun gerade in der Ausschreibung, das ist auch berichtet worden, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Zahl der Europaschulen wieder erhöhen können und dass wir hier in einiger Zeit darauf verweisen können, dass wir nicht mehr so eine Situation haben, wie wir sie jetzt haben, sondern dass wir mehr Europaschulen haben.

Ich bin auch guter Dinge, dass wir in Zukunft in eine Situation geraten werden, dass wir eine noch höhere Quote am Erasmus+-Programm haben im Vergleich zu dem, was wir jetzt haben, weil auch meine Behörde und weil auch der Senat das für notwendig hält, im Hinblick auf Erasmus+ mehr zu tun. Wir erkennen doch alle, dass wir europapolitisch in einer Situation sind, dass wir mehr Maßnahmen ergreifen müssen, um die Europäische Union zusammenzuhalten, und was kann wirkungsvoller sein, als jungen Menschen Erlebnisse zu organisieren, die dafür sorgen, dass es ein solches Verständnis gibt? So ist die Idee von Erasmus+. Ich will es auch offen sagen als jemand, der selbst internationale Austauschprogramme in größerer Zahl organisiert hat, ist mir persönlich ganz besonders bewusst, dass solche Maßnahmen eine besonders zukunftsweisende Form sind, das zu machen. Deswegen will ich hier auch offen sagen, wir werden uns weiter engagieren, um diese Effekte zu intensivieren und Erasmus+ auch zu stärken.

Es ist schon deutlich darauf hingewiesen worden – ich möchte das auch gar nicht vortragen, sondern Ihnen das nur einmal zeigen –, was meine Verwaltung hier für eine Tabelle aufschreibt, welche Etappen hier zu erfüllen sind, –

(Zurufe Abgeordneter Bücking [Bündnis 90/Die Grünen]: Eins a! – Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen])

um diese Erasmus+-Anträge korrekt zu stellen. Das ist auch tatsächlich ein großes Problem. Wenn man solche Maßnahmen selbst schon einmal beantragt hat, dann weiß man, dass diese Antragsverfahren langwierig sind, dass die oft nicht in die Planung solcher Organisationen passen und dass man dafür auch manchmal eine gewisse Professionalität braucht, die natürlich dann an den Schulen nicht vorhanden ist. Dann sagen Sie, ja, dann müssten

Sie eben mehr Entlastungsstunden bereitstellen und dann müssen Sie eine Person haben, die in der Bildungsverwaltung die Schulen besser unterstützt. Ich finde das richtig, aber es ist eben nicht so einfach. Wenn wir über Entlastungsstunden reden, dann müssen wir nicht nur schauen, wie wir die bezahlen, sondern auch, wo wir die hernehmen, welche Leute das machen können. Wir können ja nicht eine Situation erzeugen, in der wir Unterrichtsausfall dadurch erzeugen, dass wir an anderer Stelle Entlastungsstunden haben.

Ich will das hier auch deswegen so konkret berichten, weil die Umsetzung solcher Programme vor ganz konkreten Problemen an den jeweiligen Standorten steht. Die führen auch dazu, dass man nicht einfach sagen kann, das wird jetzt hochgefahren. Wenn ich das als Behörde verordne, dann wird die Zahl dieser Anträge nicht erhöht, sondern die einzelnen Schulen müssen dafür gewonnen werden und die müssen sagen, wir haben ein großes Interesse daran und wir engagieren uns – Sie wissen, dass das von einzelnen Personen abhängt.

Erasmus+ hat Startprobleme gehabt, in der ersten Phase sind viele Anträge abgelehnt worden. Das ist immer eine ganz schädliche Wirkung, die dadurch entsteht. Die Schulen werden motiviert, die haben Lust, solche Programme zu machen, wir motivieren sie, diese Anträge zu schreiben, unsere Behörde hilft dabei auch, diese Anträge zu stellen, und dann, einige Zeit später, kommen die Anträge zurück und sind abgelehnt. Darüber ärgern sich ganz viele Leute, darüber reden auch ganz viele Leute. Was dann das Ergebnis ist, die Leute überlegen sich das, ob sie zukünftig noch einmal so viel Zeit investieren, um Erasmus+ tatsächlich in Gang zu bringen. Daher müssen wir jetzt erneut, und das werden wir auch tun als Behörde mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen, ermutigen, sich daran zu beteiligen, und auch versuchen, positive Ereignisse zu kommunizieren und zu zeigen, Erasmus+ ist ein wertvolles Programm – was man in der konkreten Organisation besser machen kann –, das schafft positive Ergebnisse und Erlebnisse für die jungen Menschen und das, glaube ich, ist der größte Anreiz, dass wir eine Vielzahl von positiven Erfahrungen machen, auf die die Lehrkräfte, die Schulleitung und auch die jungen Menschen zurückgreifen können.

(Beifall SPD)

Wir haben in der Förderperiode 2016, 2017 insgesamt 20 Schulen in Bremen gehabt, in der berufli