Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 19/1586, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Bericht über die Umsetzung des Erasmus+-Programms in Bremen Mitteilung des Senats vom 30. Januar 2018 (Drucksache 19/1504)
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir mit der Debatte zu dem Bericht sozusagen auch unseren Beitrag zum Abschluss zu den anstrengend schönen Europawochen in den letzten vier Wochen hier im Parlament leisten. Sie erinnern sich alle, wir haben im Februar letzten Jahres hier einen Antrag beschlossen, der vorsah, dass der Senat zur Umsetzung des Erasmus-Programms ein paar Maßnahmen in Angriff nehmen und uns dazu berichten sollte. Dieser Bericht liegt uns nun auch schon eine Weile vor, nämlich seit Januar 2018, und er ist sowohl in der Deputation für Kinder und Bildung als auch bei uns im Ausschuss für Europaangelegenheiten intensiv besprochen und kritisch diskutiert worden.
Der Antrag, den wir damals beschlossen haben, sah vor, dass in vier Bereichen Maßnahmen zu überprüfen sind, nämlich die Nutzung des ErasmusProgramms an den Schulen, vor allen Dingen an den allgemeinbildenden Schulen in Bremen, Zertifizierungsverfahren zu den Europaschulen, wie es mit den Kooperationen zwischen Schulen und europabildungsspezifischen Einrichtungen aussieht und inwieweit die Landeszentrale für politische Bildung das Thema europäische Integration behandelt.
Zu den vier Bereichen liegt uns ein Bericht vor, und ich habe gerade schon gesagt, er ist zumindest im Europausschuss mit Vertretern aus dem Ressort sehr kritisch diskutiert und besprochen worden. Die einzelnen Kollegen werden ihre Sichtweisen auch gleich darlegen.
Also, aus Sicht meiner Fraktion, die den Antrag damals auch initiiert hat, will ich sagen, dass wir nicht unglücklich, aber auch nicht wirklich zufrieden sind mit dem Bericht, der uns vorliegt. Ich möchte das an den einzelnen Punkten klarmachen.
Die Nutzung des Erasmus+-Programms an den allgemeinbildenden Schulen ist wirklich verbesserungswürdig, auch im Vergleich mit anderen Bundesländern. Wir sind da relativ schlecht aufgestellt. Der Senat erläutert gewichtige Gründe, es gibt den hohen Bürokratieaufwand, das ist alles richtig. Ich finde es trotzdem sehr schade, dass man keine Ideen entwickelt hat, wie man denn den Lehrerinnen und Lehrern und den Schulen in Bremen die Antragstellung erleichtern kann. Ob man über die Erhöhung von Entlastungsstunden für die Koordinatorinnen reden kann oder was auch immer, Ideen haben wir bisher hier nicht gesehen. Trotzdem bleibt es richtig, was der Senat hier aufgeschrieben hat, es gibt Problemlagen auf europäischer Ebene, und es ist auch richtig, dass sich der Senat auf Bundesebene dafür einsetzt, dass das Bürokratiemonster bei der Antragstellung, Projektverwaltung und Abrechnung vereinfacht wird. Die eine oder andere Idee, wie Bremen Unterstützung leisten kann, erwarten wir dann noch in Zukunft.
Zum zweiten Punkt! Bei den Europaschulen waren wir auch einmal besser aufgestellt, die Anzahl wird geringer. Der Aufwand ist auch dort immens hoch, aber ich bin sehr froh, dass wir da inzwischen so weit sind, dass wir die Richtlinie zur Zertifizierung haben und die ersten Zertifizierungsverfahren durchlaufen. Ich pflege nun wirklich die Hoffnung, dass die Anzahl der Europaschulen wieder steigt, denn die, die wir haben, machen eine hervorragende Arbeit, und ich wünsche mir, dass es dort mehr Schulen geben wird.
Ich finde, beim dritten Punkt, der Kooperation zwischen EU-spezifischen Einrichtungen und den Schulen, sehen wir in den Europawochen in Bremen, wie viel da passiert, weil es sehr viel Einzelengagement von Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen, bei Vereinen und Initiativen und vor allem bei der EU-Abteilung hier in Bremen gibt. Das ist ein Riesenpfund, das wir in Bremen haben, allein, es fehlt eine strukturelle Untermauerung, sodass sich diese ganzen Netzwerke auch nachhaltig in Bremen auf- und ausbauen können. Da lese ich aus dem Bericht des Senats, dass man das angehen will, und ich bin auch froh, dass das in Zukunft passieren wird.
Beim vierten Punkt wiederum denke ich, dass die Landeszentrale für politische Bildung in Zeiten wie diesen eine der wichtigsten Institutionen ist, die wir in Bremen zur Demokratieerziehung haben. Inwieweit wird das Thema europäische Integration da eigentlich gefüllt?
Ich habe jetzt in der Europawoche gesehen, dass eine Veranstaltung zumindest vier Mal angekündigt war – eine Fahrt nach Brüssel, wenn sie denn abgefragt wird, findet statt – und sonst viele Angebote auf Nachfrage. Ich wünsche mir, dass die Landeszentrale dort wieder in einen Zustand kommt – das war ja einmal so –, in dem nicht oder nicht ausschließlich auf Nachfrage agiert wird, sondern auch wieder von allein Impulse in Schulen, Bildungseinrichtungen und in den Jugendring ausgehen, wohin auch immer, gerade zu dem europapolitischen Thema.
Deswegen noch abschließend ein Satz: Wenn man sich den ganzen Bericht anschaut und auch den Prozess von der Antragstellung bis heute, haben wir in diesem Bereich unglaublich viele Einzelinitiativen und sehr viele engagierte Menschen in der Stadt. Daraus nachhaltige Strukturen und ein gesichertes Netzwerk zu schaffen, das steht meiner Meinung nach noch aus. Ich finde, wir sollten langsam an einen Punkt kommen, an dem wir wirklich realisieren, dass wir europolitisch in so einer schwierigen Lage sind, dass wir auf Strukturen und Netzwerke nicht verzichten können. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu später Stunde! Vor gut einem Jahr haben wir hier – übrigens sehr einvernehmlich – einen Antrag der Koalition auf den Weg gebracht, dessen Zielsetzung ein Impuls für eine intensivere Nutzung von Erasmus+ durch Bremer Schulen sein sollte. Der Senat wurde gebeten, Vorstellungen zu einigen im Antrag formulierten Zielen und Ideen zu entwickeln und sie in dem Bericht darzustellen. Dieser Bericht liegt uns heute vor, und ich will es vorwegnehmen, meine Damen
und Herren: Er ist ein Paradebeispiel für eine bürokratisch leblose Abarbeitung eines offensichtlich an diesem Thema nicht sonderlich interessierten Senats.
Dabei hatte die Koalition mit einem deutlich kritisch aufmunternden Hinweis in diesem Antrag schon nicht hinter dem Berg gehalten, dass sie offensichtlich bei diesbezüglichen Aktivitäten zur Förderung des Europagedankens an Schulen auch noch deutlich Luft nach oben sah. Da heißt es in der Ziffer zwei des Antrags vielsagend: „Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf zu prüfen …, wie damit einhergehend das Konzept der Europaschulen besser befördert und insbesondere das bereits vor einem Jahr beschlossene neue Modell der Anwärterschule endlich umgesetzt werden kann.“ Meine Damen und Herren, deutlicher kann man die Ungeduld von Fraktionen mit ihrem eigenen Senat eigentlich nicht zum Ausdruck bringen.
Auch die Einlassung des Senats dazu will ich Ihnen nicht vorenthalten. Keine Angst, allzu viel Ihrer wertvollen Zeit werde ich dafür nicht in Anspruch nehmen müssen! Da heißt es schmucklos: „Die Richtlinie zur Zertifizierung von Europaschulen im Land Bremen ist neu gefasst worden, die alten Kriterien sind ergänzt und spezifiziert worden. Sie sind seit November 2016 in Kraft. Die ersten Zertifizierungsverfahren mit den geänderten Schwerpunktsetzungen werden im Laufe dieses Schuljahres ausgeschrieben. Inwieweit diese Veränderungen zu einer Erhöhung der Anträge führen können, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.“ Ende der Durchsage!
Eine so lieblose Antwort bekommt in diesem Haus eigentlich nur die Opposition. Wenn das das Signal einer aktiven Politik für ein starkes Europa und ein Werben für den europäischen Gedanken sein soll, wird mir angst und bange. Man könnte, anstatt auf Schulen zu warten, auch selbst einmal aktiv werden.
Stattdessen der übliche Hinweis auf bürokratische Hürden und ein zu geringes Budget! Ja, beides stimmt und ist hinlänglich diskutiert. Als Rechtfertigung für faktische Tatenlosigkeit eignet sich das aber auch nicht auf Dauer.
Der zählbare Beitrag des Senats dagegen sind zwei Lehrkräfte mit offensichtlich je drei Entlastungsstunden. Sachverstand für Anträge und Dokumentation Fehlanzeige, stattdessen der Hinweis auf externe Expertise! Eine feststellbare Beteiligung gibt es nur bei großen Schulen, insbesondere auch bei beruflichen Schulen. Die Landeszentrale für politische Bildung steuert Fahrten nach Brüssel bei. Das ist auch ein bissen mager, so könnte man sich die Unterstützung und Beratung von Schulen auch durch die Landeszentrale für politische Bildung vorstellen. Allgemein wären insgesamt mehr Kreativität und Agilität wünschenswert, mehr Inspiration und Anregung für die Schulen.
Ja, meine Damen und Herren, die Schulbehörde und Schulen haben auch noch anderes zu tun. Wer aber so agiert, der schließt insbesondere kleinere Schulen von diesem Programm von vornherein aus und befördert den europäischen Gedanken eben nicht.
Um diesen europäischen Gedanken steht es nicht gut. Nach vielen Anlässen vorher schauen wir jetzt aktuell auf Italien. Auch hier zeigt sich, wir brauchen nicht in erster Linie eine Diskussion über Geld und Fördertöpfe, sondern über Europäer, die sich engagieren, sich beteiligen und sich bekennen. Das ist gerade das hintergründige Ziel von Erasmus: Beteiligung durch Bildung und Begegnung. Europäisches Engagement ist eben nicht nur das Unterhalten einer in der Tat gut funktionierenden Vertretung. Wer sich mit Blick auf unsere Schulen so defensiv verhält, wie es unsere Landesregierung zurzeit macht, hat seine Verantwortung gegenüber Europa eben nicht verstanden.
Die Kommission und das Europäische Parlament sind da nach meiner Wahrnehmung weiter. Der Notwendigkeit, zu Vereinfachungen zu kommen, ist man sich da inzwischen sehr bewusst. Was das Budget betrifft, es soll trotz des Brexit steigen, es wird damit eine Ausnahme sein, ein Zeichen für einen deutlichen Schwerpunkt seitens der Kommission, und ich nehme an, auch zukünftig des Parlaments. Dafür braucht man die Umsetzung durch aktive Landesregierungen, und diese braucht hier noch deutlich mehr Inspiration als das, was diesbezüglich aus Ihrer Vorlage ersichtlich wird. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erasmus+-Programme erweitern den persönlichen Horizont, den interkulturellen Dialog und natürlich die Erfahrbarkeit von Europa. All das ist hoch willkommen, aber wir stellen aufgrund des Berichts des Senats fest, dass immer noch nationale Schwerpunktsetzungen, komplizierte Antragstellungen, aufwendige Berichts- und Rechenschaftspflichten, hoher Verwaltungsaufwand und Probleme mit den Software-Tools Kernprobleme bleiben, mit denen sich die Akteure herumschlagen müssen, wenn sie Erasmus-Projekte umsetzen wollen.
Außerdem liegt die Budget-Ausstattung für das Erasmus-Gesamtprogramm dauerhaft unter der Nachfrage der Programmbereiche. Die Notwendigkeit, administrative Pflichten abzubauen, ist übrigens übergreifender Konsens. Der Senat weist selbst darauf hin, dass er im Ausschuss für berufliche Bildung der Kultusministerkonferenz, in dem Bremen ja sogar im Moment den Vorsitz hat, auf den Abbau administrativer Pflichten hinarbeitet. Seit Oktober 2016 liegt das Thema in Bremen formuliert auf dem Tisch, das Phänomen gibt es allerdings schon länger. Von daher schätzen wir den Vorsatz, aber um nicht noch mehr hochengagierte Lehrkräfte in ihren Bemühungen, die Projekte zu bekommen, zu frustrieren, wäre es schon schön, wenn aus dem Vorsatz dann auch bald einmal Erfolg würde.
In Bremen setzen berufliche Schulen prozentual deutlich mehr europäische Programme um als allgemeinbildende Schulen. Eine Angleichung der allgemeinbildenden Schulen an die Situation der beruflichen Schulen kann das Land Bremen selbst angehen, weil ein Grund für die Diskrepanz in der wesentlich größeren administrativen Unterstützung der beruflichen Schulen liegt. Nach unserer Meinung muss diese in einem Umfang für allgemeinbildende Schulen vorgehalten werden, dass derselbe Entlastungseffekt entsteht. Pädagogische Fachkräfte mit intensiver Verwaltungsarbeit zu beschäftigen macht keinen Sinn, ist ärgerlich und ist unter dem Strich auch Ressourcenverschwendung.
Außerdem arbeitet natürlich auch eine spezialisierte Fachstelle effizienter als eine einzelne Lehrkraft, die sich vielleicht zum ersten Mal an die Beantragung eines Europa-Projektes heranwagt. Ausreichende administrative Unterstützung wäre auch für solche Lehrkräfte ein Anreiz, sich an Erasmus-Projekte heranzuwagen, die mit ihrer regulären pädagogischen Arbeit mehr als ausgelastet sind.
Insgesamt müssen wir weg von den zufälligen und von Einzelinteressen getriebenen Freiwilligenkooperationen, die von der Motivation und dem Kräftekorsett der einzelnen Lehrkraft oder auch der kooperierenden Institutionen abhängen. Daher braucht es systematische und konzeptionell orientierte Planungen. Inhalte zum Thema Europa müssen in Lehrplänen, Bildungsinhalten, Profilen, Fachtandems, didaktischen Jahresplanungen und so weiter verankert werden, um eine systematische Öffnung für alle jungen Leute auf den Weg zu bringen. Sonst ist Europa für Schüler Glückssache, und das wollen wir nicht.
Ich möchte gern noch in Bezug auf Erasmus-Projekte auch einmal kurz den Blick an die Universität wenden. Auch hier bedarf es einer strukturellen Veränderung bei dem Phänomen der ErasmusBlase. Häufig sitzen die ausländischen Studierenden unter sich und sind wenig mit den einheimischen gemischt. Abhilfe könnten zum Beispiel Tandems zwischen einheimischen und ausländischen Studierenden schaffen oder Veranstaltungseinladungen, die gerade nicht speziell für Erasmus-Studenten designt, sondern für alle geöffnet sind, und da spreche ich auch von den studentischen Organisationen, die ja auch viele Veranstaltungen anbieten. So wird die internationale Begegnung auf Personenebene stärker gefördert, und eine entsprechende Netzwerkkommunikation könnte Abhilfe schaffen, denn europäische Gaststudenten in Extraveranstaltungen zu setzen, pervertiert eigentlich den europäischen Gedanken. Die gehören mitten hinein.
Ein weiterer struktureller Stellhebel, um der Erasmus-Blase zu begegnen, besteht darin, dass die Universität mehr englischsprachige Veranstaltungen anbietet. Es ist nicht rühmlich, wenn wie im letzten Semester ausgerechnet in den Politikwissenschaften nur vier englischsprachige Veranstaltungen angeboten werden, an denen zwölf Erasmus-Studenten und gerade einmal drei einheimi