Protocol of the Session on April 25, 2018

Jetzt stellt sich die Frage, wie wir das schaffen, und das steht konkret in unserem Antrag: Sozial gestaffelt eine Berechnung herzuleiten, wie man das organisieren kann, damit es fruchtet, aber so, wie Sie hier vorangehen und einfach plakativ fordern, dass kommt zwar toll bei den Menschen draußen an, alle jubeln, aber Sie alle wissen, wie schwierig das in der Tat umzusetzen ist!

Ich möchte gern dafür plädieren, nüchtern auf die Fakten zu schauen und zu sagen: Bekommen wir alle gemeinsam in diesem Hause hin, einen Weg zu beschreiten, auf dem wir mit Blick in die Zukunft vielleicht schon in fünf oder sechs Jahren nicht mehr von diesem Titel „Alle Bremerinnen und Bremer sollen schwimmen können“ sprechen müssen, sondern der Charakter dieses Titels sich verändert und erledigt hat. Das würden wir, die Grünen, uns wünschen, und deswegen stehen wir hier mit unserem Änderungsantrag zusammen mit der SPD.

Wir werden Ihre Anträge ablehnen und appellieren entsprechend, unserem Antrag zu folgen, sodass wir die Gelegenheit nutzen, gemeinsam in der Sportdeputation und auch in den beiden anderen Deputationen, die in unserem Antrag stehen, am Ball zu bleiben, weil wir eigentlich das gemeinsame Ziel verfolgen. Wir haben keine großen Differenzen, und deswegen wäre es auch angebracht, an der einen oder anderen Stelle nicht populistisch in den Vordergrund zu treten. Das ist nicht im Sinne der Kinder und der Familien, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eine Korrektur sei angemerkt: Der Berichtswunsch soll nicht im Dezember erfüllt werden, sondern im September. So steht es auch in unserem Antrag, das war ein kleiner Versprecher. Jeder, der lesen kann, hat es aber hoffentlich auch im Antrag gesehen.

Wir erhoffen uns vor allem von der Beteiligung der Akteure, die auch diesen Schwimmgipfel begleitet haben, etwas. Sie sind die Menschen, die die Expertise haben, auf die wir uns verlassen können, aber auch an der Stelle verlassen müssen, damit die Kinder das Schwimmen erlernen. – So viel erst einmal unsererseits, danke schön!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tuncel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und jetzt auch die FDP greifen mit ihrem Antrag ein wichtiges Thema auf. Schwimmen ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung, ein toller Sport, und es kann im Unglücksfall auch Leben retten, wenn man schwimmen kann. Daher ist ein guter und erfolgreicher Schwimmunterricht eine wichtige Aufgabe der Grundschule.

Um hierüber Genaueres zu erfahren, hatten wir im letzten Juni eine Berichtsbitte zum Schwimmunterricht an die Bildungsdeputation gerichtet. Die Antwort ergab immerhin, dass im Schuljahr 2015/2016 in allen dritten Bremer Grundschulklassen der Schwimmunterricht durchgeführt wurde. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft hat in ihrer Umfrage im Jahr 2017 festgestellt, dass in vielen Kommunen gar kein Schwimmunterricht mehr erteilt werden kann, weil die kommunalen Schwimmbäder geschlossen worden sind. So schlimm steht es um Bremen zum Glück noch nicht. Trotzdem ist die Situation in Bremen nicht befriedigend.

(Beifall DIE LINKE)

Darauf komme ich noch zurück.

Laut Bildungsbehörde hatte etwa die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler zu Beginn der dritten Klasse bereits Schwimmkenntnisse. Nach Abschluss der dritten Klasse hatten gut drei Viertel der Schülerinnen und Schüler das „Seepferdchen“ erreicht. Ein knappes Viertel konnte immer noch nicht schwimmen, meine Damen und Herren!

Allerdings bedeutet auch das „Seepferdchen“ – mein Kollege Herr Lübke hat es gesagt – nur, dass sich ein Kind sicher über eine Strecke von 25 Metern über Wasser halten kann. Sicher schwimmen kann es deshalb nicht. Daher unterstützen wir die Forderung aus dem Antrag der CDU und der FDP, dass das weiter gehende Bronzeabzeichen als Ziel des Schwimmunterrichts gewählt werden soll.

(Beifall DIE LINKE)

Die Bildungsbehörde weist in ihrer Antwort darauf hin, dass immer größere Anstrengungen nötig sind, um wenigstens drei Viertel der Schulkinder zu den basalen Schwimmkenntnissen des „Seepferdchens“ zu führen. Als Gründe werden die zunehmend geringeren Vorkenntnisse und die zunehmende Heterogenität der Schülerinnen und Schüler angeführt. Daher müssen Kinder mehr Gelegenheit bekommen, um mit Schwimmbädern in Kontakt zu kommen. Hier enthält der Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP einige gute Anregungen, die frühkindliche Förderung des Planschens und Schwimmens bereits in den Kitas, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Schwimmvereinen im Rahmen der Ganztagsschulen und der freie Eintritt für Kinder bis sechs Jahren für Kinder in Schwimmbäder. Ich sehe es im Gegensatz zur Koalition als sehr wichtig an, dass das ermöglicht wird.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

In diesem Zusammenhang erinnere ich an unseren leider abgelehnten Antrag, einen Ferienpass einzuführen. Dieser hätte auch älteren Bremer Schülerinnen und Schülern einen vergünstigten Eintritt für die Bremer Schwimmbäder ermöglicht.

(Beifall DIE LINKE)

Das wäre besonders wichtig, um erworbene basale Schwimmkenntnisse zu vertiefen und auszubauen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,

darüber könnten Sie vielleicht auch noch einmal nachdenken!

Jedenfalls halten wir einige Vorschläge für sehr überlegenswert. Daher werden wir dem Antrag der CDU und der FDP zustimmen.

Wir sehen allerdings auch eine Reihe von Problemen, die die Situation in den nächsten Jahren deutlich schwieriger machen werden. Hier sind in naher Zukunft Anstrengungen geboten, die über das hinausgehen, was wir heute behandeln. Wie wir wissen, erleben wir in Bremen eine deutliche Zunahme der Anzahl von Kindern im Grundschulalter. Bremenweit wird bis zum Jahr 2025 eine Steigerung von 18,8 Prozent vorhergesagt. Das sind rund 800 Kinder pro Jahrgang mehr! Wir brauchen für sie nicht nur mehr Schulen, mehr Lehrerinnen und Lehrer und mehr Sporthallen, wir brauchen auch mehr Platz im Schwimmbad.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Hier sieht es in Bremen, gerade bei Hallenbädern, nicht gut aus. Im Vergleich zu anderen Städten vergleichbarer Größenordnung hat Bremen ein unterdurchschnittliches Platzangebot, welches überdurchschnittlich häufig genutzt wird. Wie die Befragung zum Sportentwicklungsplan ergeben hat, beurteilen vier Fünftel aller Bremerinnen und Bremer die Versorgung mit Hallenbädern als nicht zufriedenstellend. Das ist ein weit unterdurchschnittlicher Wert. Zwei Drittel der Schwimmsportvereine beurteilen die verfügbare Kapazität im Hallenbad als nicht ausreichend. So weit die aktuelle Lage, meine Damen und Herren, und sie ist nicht gut, überhaupt nicht!

Zu diesen heute schon rappelvollen Schwimmbädern kommt jetzt noch ein großer Schwung zusätzlicher Kinder, die Schwimmunterricht bekommen sollen, und gleichzeitig wollen wir fördern, dass Kinder und Jugendliche – Herr Präsident, ich komme gleich zum Schluss! – am besten mit ihren Eltern schwimmen gehen und so früh wie möglich an die Wassergewöhnung herangeführt werden. Da wir aber keine Flächen zur Verfügung haben, bedeutet das, dass sie vor geschlossenen Hallen stehen werden. Aus diesem Grund – ein letzter Satz! – ist zusätzlich zu dem Bäderkonzept, das jetzt beschlossen worden ist, weiterhin das Unibad zu erhalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir hier im Raum sind uns alle einig, Schwimmen ist eine elementare Fähigkeit, die nach wie vor zu viele Menschen nicht beherrschen. Dem entgegenzuwirken – das hat die Debatte hier gezeigt –, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich kann für mein Ressort, die Senatorin für Kinder und Bildung, nur sagen, dass es seine Aufgaben in dieser gesamtgesellschaftlichen Verantwortung wahrnimmt.

Schwimmen ist im Lande Bremen nicht nur ein unverbindlicher Teil des Sportunterrichts, sondern für alle Drittklässler verpflichtend. Das ist einmalig in der Bundesrepublik.

(Beifall SPD)

Das ist auch wichtig, und ich möchte hier auch noch einmal klarstellen, dass es dabei nicht nur darum geht, dass ein bisschen herumgeplanscht wird, sondern die Formulierungen im Bildungsplan sind an der Stelle sehr eindeutig und gehen auch deutlich über den Erwerb des „Seepferdchens“ hinaus.

Es wäre schön, wenn auch zugehört worden wäre, als vorhin die falschen Behauptungen aufgestellt worden sind.

(Beifall SPD)

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Bildungsstruktur, und ich bin auch sehr dankbar, dass die Bildungsstruktur im Lande entgegen dem, was wir gerade gehört haben, gut ist. Die Wasserfläche kann von uns bedarfsdeckend angemietet werden, und es ist klar, so wie es im Antrag der Koalitionsfraktionen steht: Wenn wir jetzt steigende Schülerinnen- und Schülerzahlen haben, dann müssen wir natürlich im Rahmen unserer Schulstandortplanung auch die Sportstätten als Fachräume überprüfen, ob es dann noch bedarfsdeckend erfolgen kann. Im Moment ist aber gewährleistet, dass alle Drittklässlerinnen und Drittklässler am Schwimmunterricht teilnehmen können, und ich glaube, das ist eine wichtige Vorbedingung.

(Beifall SPD)

Wir haben im Juni des letzten Jahres eine Große Anfrage der CDU beantwortet, und ich muss sagen, ich finde es schade, dass die Fakten, die wir damals

zusammengetragen haben, offensichtlich bei der jetzigen Erstellung des Antrags der CDU und der FDP keinen Eingang gefunden haben. Die Forderungen, die dort erhoben worden sind, sind allesamt nicht neu, aber sie gehen durchaus auch an den bildungs- und fachwissenschaftlichen Diskursen vorbei.

CDU und FDP haben im Grundsatz die Haltung „Viel hilft viel!“, die kann man auch haben, das ist sicherlich nicht verkehrt. Ich glaube, je mehr Kinder im Vorfeld der dritten Klasse Kontakt mit Wasser haben, desto dankbarer sind diejenigen, die das Schwimmen vermitteln müssen. Das ist auch das, was jetzt noch einmal in der Pressemitteilung betont worden ist: Wenn wir in der dritten Klasse erst mit der Wassergewöhnung anfangen, dann ist das Ziel, in der dritten Klasse schwimmen zu lernen, nicht zu erfüllen.

„Viel hilft viel!“ muss aber auch kritisch bewertet werden. Deshalb ist es auch so wichtig, die Erfahrungen in Bremerhaven jetzt genau anzuschauen. Ist es tatsächlich zielführend, dient es dem Ziel, schwimmen zu lernen, wenn die Wasserzeit verlängert wird? Darüber gibt es durchaus sehr unterschiedliche Erkenntnisse in der Wissenschaft, und ich finde, das muss man zur Kenntnis nehmen.

Es ist auch nicht unbedingt zielführend, dass das Ziel, schwimmen zu lernen, schon bei den Jüngeren verortet wird. An der Stelle ist, glaube ich, der Antrag auch ein bisschen unscharf. Was soll erzielt werden? Wenn wir es in der ersten und der zweiten Klasse bereits verbindlich anbieten, soll dann auch in der ersten Klasse das jetzt für die dritte Klasse aufgeschriebene Kompetenzziel erreicht werden? Nein, das kann natürlich nicht sein, denn die Kompetenzen müssen altersangemessen sein, und es muss eine gewisse Reife gegeben sein.

Noch etwas möchte ich sagen: Wenn wir heute das Problem haben, dass viele in die erste Klasse eingeschult werden, die weder ihre Schuhe binden noch eine Schere halten können, dann halte ich es für äußerst zweifelhaft, dass wir ihnen dann schwimmen beibringen können.

(Beifall SPD)

In diesem Verständnis war es genau die richtige Antwort, sich mit allen Akteuren an einen Tisch zu setzen.

Ich bin der Sportsenatorin sehr dankbar, dass Sie im letzten Jahr zum Schwimmgipfel eingeladen hat

und diese Einigung erfolgt ist, tatsächlich zu schauen, was realistische Maßnahmen sind, mit denen wir das Ziel, dass alle schwimmen lernen sollen, dann auch besser unterstützen und erreichen können. Dazu gehört meines Erachtens ganz maßgeblich, dass wir auch Eltern aktivieren müssen, und deswegen ist auch richtig, was die Kollegen Frau Rosenkötter vorhin gesagt hat: Es muss genau hingesehen werden, es reicht nicht, nur die Kinder zu adressieren, sondern wir müssen die Familien mit in den Blick nehmen und dafür Sorge tragen.

Ein anderer limitierender Faktor ist vorhin schon genannt worden. Es handelt sich um die nicht unbegrenzt zur Verfügung stehende Wasserfläche. Deshalb muss man auch da Sorgfalt walten lassen, und deshalb glaube ich, dass es richtig ist, dass Ferienkurse ein ganz wichtiger Beitrag sein können, um es nachzuholen.

(Beifall SPD)

Ich muss ein bisschen schneller reden, sonst reicht die Zeit nicht aus.

Ich will nur ganz kurz sagen, im Bremer Westen haben wir solche Ferienkurse. Wir bieten in den Osterferien solche Kurse kostenfrei an. Das wird durch eine Kooperation mit der BKK möglich gemacht. Ich glaube, das sind die zielweisenden Wege, so etwas weiter auszubauen, das ist Teil der gemeinsamen Erklärung des Schwimmgipfels. Auf diesem Weg sollten wir weiter voranschreiten, damit wir das Ziel, dass jeder in Bremen schwimmen können soll, auch wirklich erreichen.

(Beifall SPD)

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