Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gehört zu den Pflichten der Landesregierung dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen die in Betreuungs- und Wohneinrichtungen leben, gut versorgt sind. Es geht um Standards die eingehalten werden müssen trotz Fachkräftemangels, trotz hoher Arbeitsbelastung. Es geht um Standards die gerade auch bei denjenigen eingehalten werden müssen, die selber so alt, schwach oder krank sind, dass sie selber nicht mehr eigenständig auf ihre Rechte hinweisen können. Es geht um die Würde der Bewohnerinnen und Bewohner, um ihre körperliche und seelische Unversehrtheit, um ihre Selbstbestimmung. Ich denke, da sind wir uns alle einig.
Und genau deshalb kommt der Wohn- und Betreuungsaufsicht eine so wichtige Rolle zu. Dass dies eine große, verantwortungsvolle Aufgabe ist, wissen die Mitarbeiter der Wohn- und Betreuungsaufsicht natürlich am allerbesten. Sie müssen einer immer größeren Anzahl von Beschwerden nachgehen. Das erfordert eine hohe Intensität, die Mängel sind nicht mit einem Durchgang beseitigt. Dafür braucht es mehrfache Besuche und Gespräche, bis sie nachhaltig behoben sind. Natürlich ist die Ökonomisierung der Pflege ein Problem. Die wiederholt verhängten Belegungsstopps wie zuletzt im Alloheim in der Marcusallee zeugen davon, wie wichtig die zeitnahe und kontinuierliche Arbeit der Wohn- und Betreuungsaufsicht ist. An dieser Stelle möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wohn- und Betreuungsaufsicht einen großen
Dank für ihre Arbeit aussprechen, ich denke spätestens seit der letzten Sitzung der Sozialdeputation auch im Namen aller Sozialdeputierten.
Das Problem, das sich nun immer deutlicher zeigt ist, dass die Wohn- und Betreuungsaufsicht ihrem gesetzlichen Auftrag der Regelprüfungen mit dem bestehenden Personal kaum noch nachkommen kann. Das liegt an zwei Dingen. Erstens: Es gibt, wie eben erwähnt, deutlich mehr anlassbezogene Prüfungen, die sehr zeitaufwändig sind. Zweitens: Wir Parlamentarier haben durch die Novellierung des Gesetzes die Tätigkeitsfelder noch ergänzt. Auch für den Bereich der ambulanten Pflegedienste soll die Wohn- und Betreuungsaufsicht die erste Anlaufstelle sein.
Im Gegensatz zu der LINKEN versprechen wir nicht das Blaue vom Himmel mit zehn zusätzlichen Stellen. Das wäre mehr als eine Verdoppelung der Stellen bei unserem, nach wie vor, engen Haushalt.
Daher beantragen wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Sofortmaßnahme die Einrichtung von zwei Vollzeitstellen. Das sind 80 Stunden mehr Kontrolle pro Woche. Zudem wollen wir, dass die bisherigen Arbeitsprozesse, Arbeitsabläufe und Arbeitsaufteilungen überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Wir wollen die Wohn- und Betreuungsaufsicht schnell und effektiv stärken. Ende des Jahres wird dazu eine Auswertung vorliegen, dann können wir ablesen, wie sich diese Maßnahmen in der Praxis ausgewirkt haben. Das war mein erster Teil, ich komme wieder. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie auch mich an den Anfang einen Satz stellen, der mein Leitmotiv in der Frage der Pflege ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
mehr selbst versorgen können, die auf Hilfe angewiesen sind. Wer vor gar nicht so langer Zeit in buten und binnen den Bericht über das Alloheim Wohnheim und diesen armen Menschen mit seinen offenen Wunden gesehen hat, in denen man bis auf die Knochen schauen konnte, wer über diese Bilder nicht erschüttert war, der muss ein Herz aus Eisen haben. Mich hätte das zum Heulen bringen können, dass in diesem Bundesland so etwas passieren konnte. Das sage ich ganz deutlich.
Nachdem buten und binnen den Bericht gezeigt hat, das hat mir die Tochter dieses Mannes geschrieben, ist dieser in ein Krankenhaus gekommen. Man hat versucht ihm noch zu helfen mit vielen Operationen, es hat nichts genützt. Dann hat man versucht ihn mit Morphium schmerzfrei zu bekommen aber er ist dort verstorben. Ich glaube, wenn Fäkalien in solchen Wundrändern gefunden werden, niemand sagen kann, das sei kein Pflegefehler. Das kann man mir nicht einreden.
Jetzt lassen Sie mich noch ein paar Dinge zu Alloheim sagen. Das ist ein riesengroßer Konzern, die haben bundesweit 164 stationäre Pflegeeinrichtungen, 13 Neubauten, 35 Einrichtungen mit betreutem Wohnen und 17 ambulante Dienste. Alloheim gehört zu den drei größten, privaten Anbietern. Ich habe im Internet recherchiert. Ein schwedisches Konsortium hat Alloheim für 1,1 Milliarden Euro aufgekauft. Wenn man sich im Internet umschaut, dann stellt man fest, dass es in der Szene der Finanziers um die Altenpflege eine Art Goldgräberstimmung gibt.
Da kann man nachlesen: Rendite bis zu zehn Prozent garantiert. Was mich richtig empört ist, dass dann der Hinweis folgt, dass das deswegen so sicher ist, weil das Sozialgesetzbuch XI im Grunde genommen ihre finanziellen Risiken abfängt. Das Sozialgesetzbuch XI befasst sich mit der Altenversorgung, um das jetzt einmal abzukürzen.
Ich sage das deswegen, weil diese Konsortien nicht bereit sind, eine vernünftige Pflege zu organisieren, sondern weil sie in der Hauptsache, zu allererst ein großes Interesse an Gewinnmaximierung und Profit haben. Erst an zweiter Stelle steht dann die Frage der Qualität. Ich bin ganz sicher, dass die klein- und mittelständischen privaten Anbieter, die bereitstehen, alle zunehmend vom Markt wegekauft werden, außer den gemeinnützigen. Das ist
dann die AWO, das ist das Rote Kreuz, das ist die Bremer Heimstiftung, diejenigen, die gemeinnützig sind, haben natürlich eine Überlebenschance.
Ich glaube, dass wir die Probleme in den Alloheimen mit der Kontrolle deswegen auch nicht in den Griff bekommen, weil die gar nicht daran interessiert sind in erster Linie Verbesserungen herzustellen, sondern weil die ihre Anwälte einsetzen, um gegen Maßnahmen, die das Ressort ergreift, Einspruch zu erheben. Warum lassen wir das zu? Weil wir in einem Rechtsstaat leben. Man kann an bestimmten Dingen nicht so schlankweg etwas ändern. Meine These ist, dass man in einer etwas längeren Perspektive dahinkommen müssen wird, diesen Finanzinvestoren Schranken aufzuweisen. Ich habe nichts dagegen, dass man eine Einrichtung betreibt und damit auch Gewinn machen möchte. Das ist häufig das Interesse von Unternehmen, damit habe ich keine großen Probleme. Die Frage ist aber, welche Gewinnmargen ich da herausholen will. Wenn ich so hohe Gewinnmargen benenne, dann ist doch völlig klar, dass das auf Kosten der zu Pflegenden, aber mindestens genauso stark auf Kosten derjenigen geht, die in diesen Einrichtungen arbeiten.
An dieser Stelle, lassen Sie mich das einmal sagen: Die Arbeit in einem Pflegeheim verdient unseren allergrößten Respekt.
Das ist eine fachlich hochkompetente Ausbildung, die man braucht, um das richtig zu machen und es ist auch menschlich eine sehr schwierige Aufgabe. Gelegentlich sind auch die zu Pflegenden nicht einfach im Umgang. Wenn man dann von Gewalt in der Pflege redet, dann will ich ehrlicherweise sagen, dass es auch manche Fälle gibt, wo es umgedreht ist, wo die zu Pflegenden ziemlich aggressiv sind und da braucht es Professionalität, um mit diesen Menschen ordentlich umgehen zu können.
Wenn wir immer nur die negativen Beispiele diskutieren, dann hat das den Nachteil, dass das, was wir eigentlich wollen, nämlich eine positive Imagekampagne für den Beruf der Altenpflege zu erreichen, stört. Und ich würde gern auch nur Positives berichten, und deshalb will ich an dieser Stelle, wie meine Kollegin Grönert auch schon, immerhin sagen, dass es viele Einrichtungen gibt die sehr gute Arbeit machen. Ich weiß von einer Leiterin einer Einrichtung aus Bremerhaven, die mir gesagt hat,
dass das für sie so schade ist, weil ihre Mitarbeiter gute Arbeit machen und sie bei jedem Skandal der öffentlich diskutiert wird, in Mitleidenschaft gezogen werden, als wenn sie alle verhaftet würden.
Jetzt habe ich mich gerade warmgeredet. Aber wir haben ja zweimal fünf Minuten, dann setze ich meine Rede in den nächsten fünf Minuten fort. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon deutlich geworden, wir haben auf der einen Seite Pflegeeinrichtungen, Pflegeheime für ältere Menschen, in denen sehr gute Arbeit geleistet wird, bei denen wir uns nur freuen können, dass es sie gibt, dass dort Menschen verantwortungsbewusst arbeiten. Auf der anderen Seite haben wir die Heime, bei denen es misslingt und nicht nur misslingt, sondern teilweise systematisch misslingt. Die schlecht organisiert sind, bei denen die Qualität nicht gesichert ist und bei denen Menschen zu Schaden kommen. Das ist etwas, was wir nicht hinnehmen wollen und nicht hinnehmen können und deswegen gibt es die Wohn- und Betreuungsaufsicht und die muss auch so arbeiten können, dass sie diese Missstände abstellt. Dafür müssen wir mit den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen und durch ausreichend Personal sorgen.
Wir haben zudem den Medizinischen Dienst, der kontrolliert. Auch da muss man sagen: löblich. Auch wie gut die Kooperation zwischen Wohn- und Betreuungsaufsicht und Medizinischem Dienst, gerade in den Missstandsfällen ist, bei denen man sich abstimmt, wo man miteinander redet, hier tauscht man die Berichte gegenseitig aus, um daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Nun ist immer die Frage: Wie geht man damit um? Diese Diskussion haben wir schon mehrfach geführt. Die Frage ist: Wie lange berät man? Wie lange geht man freundlich miteinander um und sagt aber auch, welche Möglichkeiten man sonst hätte. So wie die Fälle von der Wohn- und Betreuungsaufsicht, so wie ich sie wahrnehme und so wie die Fälle
uns dann auch im nicht öffentlichen Teil der Sitzung der Sozialdeputation geschildert werden, bearbeitet werden.
Ja, es braucht dafür einen ganzen Instrumentenkoffer, mit dem man dann vorgehen kann, mit dem man hingehen und schauen kann, ob es Verbesserungen gegeben hat und wenn es Verbesserungen gegeben hat, darauf auch entsprechend eingeht. Aber ich kann nicht von vornherein sagen, dass ich in einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Ergebnis erreicht habe. Die Beratung der Wohn- und Betreuungsaufsicht ist auch nicht die Beratung eines Dienstleisters und deswegen ist sie auch nicht eben einmal einzukaufen, sondern es ist die Beratung einer Behörde, die im Zweifel Sanktionen verhängt. Das ist durchaus eine ganz andere Qualität. Deswegen verstehe ich den CDU-Antrag an der Stelle nicht.
Ich wünschte mir, dass ein in Schieflage geratenes Heim sich sofort Beratung holt, denn wenn sie das nicht selbst können, brauchen sie diese Beratung sofort. Die kann die Wohn- und Betreuungsaufsicht sowieso nicht ersetzen. Sondern das ist die Beratung einer Behörde, was abzustellen und zu verbessern ist. Das ist eine ganz andere Qualität und hier nicht zu verwechseln.
Da jeder Fall anders ist, es Besserung gibt. Und wenn sich ein Missstand geändert hat und ein neuer auftritt, muss ich das doch anders bewerten in einer Einrichtung, als wenn der Missstand nicht abgestellt wird. Genauso muss man damit umgehen. Worüber wir diskutieren müssen, ist nicht nur, dass mehr Personal gebraucht wird, sondern auch über die Frage, wie Untersuchungen erfolgen. Müssen Träger, die regelmäßig gut sind, so häufig besucht werden? Wir brauchen mehr anlassbezogene Kontrollen für die schwarzen Schafe, die wir haben. Für solche Einrichtungen wie das Alloheim, die wirklich viel Personal binden, weil sie auch Widerspruchsverfahren und so etwas anstrengen, die dann erst einmal bearbeitet werden müssen. Und, wir müssen uns am Ende fragen – vielleicht können wir das auch gar nicht bremisch lösen: Sind diese ganzen Verwaltungsverfahren mit ihren Widerspruchsmöglichkeiten und den Fristen, die darin sind weil das im Verwaltungsrecht so geregelt ist, angemessen für den Umgang mit Menschen in einer solchen sensiblen Situation? Oder muss es da
Fristverkürzungen geben, kürzere Widerspruchsfristen, kürzere Reaktionszeiten, weil es am Ende um Menschenleben geht? Wir haben den Fall von Herrn Möhle gehört. Das sind Folgen, die dort eintreten können. Die muss man vor Augen haben und entsprechend schnell und verantwortlich reagieren.
Als Ultima Ratio muss dann auch die Möglichkeit der Schließung einer Einrichtung vorhanden sein. Das können wir nicht vermeiden. Dafür werden dann Notfallpläne gebraucht, es muss Ersatzplätze geben, es muss geklärt werden, wie das erfolgen soll. Aber auch das kann man nicht theoretisch klären, weil es immer darum geht: Wie die ist Einrichtung? Welche Bewohner sind dort? Muss man die Einrichtung nur zum Teil schließen für bestimmte Bewohner? Alle diese Fragen, die kann man nicht theoretisch klären, sondern die muss man dann praktisch klären.
Da wir qualifiziertes Personal bei der Wohn- und Betreuungsaufsicht haben, das genau weiß, welche Notwendigkeiten dort bestehen und sich auch mit den Fällen auskennt, weil es aus der Praxis kommt, bin ich sehr zuversichtlich, dass das gelingt. Denn, wenn wir das gut aufstellen – deswegen sind wir auch für mehr Personal, zwar nicht im Sinne der LINKEN, aber im Sinne der Koalition – gelingt es uns auch, dass die Menschen in Würde und selbstbestimmt und so lange und so eigenständig wie möglich leben können. Das muss das Ziel sein, selbst wenn sie Pflegestufe 4 oder 5 haben. – Herzlichen Dank!
Personal aus Alters- und Pflegeheimen macht auf Missstände aufmerksam. Durch die Unterbesetzung und den ständigen Druck von oben und die pausenlosen Spätdienste, haben Pflegepersonal und -personen viel zu wenig Zeit für die Bewohner. Sie werden schlecht betreut, ihr Alltag ist schwer, angsterfüllt und unerträglich. Fehlende Medikamente, tagelang ungewaschen, das sind keine Zustände. Die Sendung buten un binnen berichtete
erst kürzlich über ein solches Heim in der Marcusallee, wie eine meiner Vorrednerinnen anmerkte. In letzter Zeit hat sich dort die personelle Situation stark verschlechtert. Leider ist sie dort schon länger schlecht, sei es ins Bett legen, schnell Waschen, alles was dazugehört. Es werden Medikamente verschrieben, aber sie werden erst am nächsten Tag verabreicht. So ist Pflege heute. Das war eine Aussage, schrecklich, grausam und menschenunwürdig. Mehr als satt und sauber ist einfach zu wenig. Nicht einmal das Minimum wird hier erfüllt.