Protocol of the Session on March 15, 2018

Für die sächliche Ausstattung brauchen wir ganz klar mehr Ressourcen, wenn wir auf hohem Niveau ausbilden wollen, und ich bin sehr froh, dass jetzt im Rahmen der Zukunftskommission die berufliche Bildung als eigenes Handlungsfeld definiert wird. Damit bekommen wir, glaube ich, richtig Rückenwind und Unterstützung für die Entwicklung unserer Berufsschulen zu Kompetenzzentren,

(Beifall SPD)

die die Aus-, Fort- und Weiterbildung hier in der Region dann auch auf hohem Niveau organisieren können. Eventuell gibt es die Notwendigkeit organisatorischer Veränderungen – darüber wird man nachdenken müssen –, aber das kann ganz viel für Qualifizierung in der Region bringen.

(Beifall SPD)

Wir haben auch in Bremen die Diskussion über den Fachkräftebedarf. Die Betriebe beklagen sich sowohl über die zunehmende Unattraktivität der dualen Ausbildung als auch über die aus ihrer Sicht unzulängliche Berufsorientierung.

Die beruflichen Schulen wiederum berichten, dass ihre Schulen im Vergleich zur allgemeinbildenden GyO nach der zehnten Klasse weniger angewählt werden, dass sehr viele junge Leute in der Eingangsphase scheitern und dann in berufliche Bildungsgänge hinüberwechseln. Das ist aus meiner Sicht überhaupt nicht in Ordnung. Jedes Scheitern ist, finde ich, etwas, was man erst einmal zu verhindern versuchen sollte, aber es darf auf keinen Fall dazu führen, dass die Berufsschulen in den Ruf einer sogenannten Restschule geraten, da müssen wir gegensteuern. Das hat natürlich verschiedene Gründe.

Wir wissen, dass die Möglichkeiten der beruflichen Schulen längst nicht so bekannt sind. Ich glaube, wir brauchen mehr Berufsschullehrkräfte an den Schulen der Sekundarstufe I.

Ich sage einmal aus meiner langen Praxiserfahrung, ich bin der Meinung, der Sündenfall war, als das zehnte Hauptschuljahr an die allgemeinbildenden Schulen gegeben wurde, anstatt es an die beruflichen Schulen zu geben. Ich glaube, dass wir zusehen müssen, dass sich die Konkurrenz zwischen den kleinen allgemeinbildenden Oberstufen nicht zulasten der Berufsschulen auswirkt, und alles in allem müssen wir die Informationen über das, was möglich ist, viel stärker in die allgemeinbilden

den Schulen tragen, damit das, was dort an Möglichkeiten für die unterschiedlichen Jugendlichen besteht, auch entsprechend gesehen wird. – Danke!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Pietrzok.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mich bemühen, nicht viel von dem zu wiederholen, was hier schon gesagt worden ist und sich auch schon alles auf die schriftliche Antwort des Senats bezieht. Ich möchte aber eines noch einmal voranstellen: Wenn wir uns den Bereich der beruflichen Bildung ansehen und uns anschauen, was wir im Bereich der Integration, insbesondere der Jugendlichen, in den vergangenen 24 Monaten in Bremen und Bremerhaven hinbekommen haben, dann ist das eine außerordentlich beachtliche Leistung. Ich freue mich auch deswegen, dass es eine solche Parlamentsinitiative, eine Große Anfrage, hier gegeben hat, die uns die Möglichkeit gibt, das noch einmal zu thematisieren.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Insbesondere die Stadt Bremen ist ja in den vergangenen 24 Monaten durch eine extrem hohe Anzahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gekennzeichnet gewesen, und natürlich hat das berufliche System diese Jugendlichen in enormer Zahl aufgenommen und beschult.

Frau Strunge, das macht übrigens auch einen der Unterschiede aus, warum wir in Bremen eine viel ausgeprägtere Angebotsstruktur im Hinblick auf die Beschulung von Flüchtlingen an den Berufsschulen haben als in Bremerhaven, einfach weil die Zahl der Unbegleiteten hier in Bremen deutlich höher gewesen ist. Das ist eine enorme Leistung, und man muss natürlich offen sagen, dass die Schulen das ganz enorm belastet hat und auch immer noch belastet. Welche Zielgruppen es sind, mit denen dort gearbeitet werden muss, und wie es die ganze Schulstruktur fordert, das verdient, glaube ich, die Anerkennung des gesamten Hauses, und es ist ja hier auch schon zum Ausdruck gebracht worden.

Dass wir die Berufsschulen in einer derartigen Art und Weise gefordert haben, Herr Dr. vom Bruch, heißt aber keineswegs, dass wir die Berufsschulen links liegen lassen. Das ist überhaupt nicht so, sondern der Senat ist sich sehr wohl bewusst, dass die Berufsschulen in Bremen und Bremerhaven von

elementarer Bedeutung dafür sind, dass die oberzentralen Funktionen der Stadtgemeinden auch weiterhin beibehalten werden können. Wir wissen doch, wie viele Zugänge wir aus Niedersachsen haben, die auch unsere Berufsschulen besuchen. Der Verantwortung, die wir für die Region haben, sind wir uns durchaus bewusst.

Wir sind uns auch der Tatsache bewusst, dass wir hier eine gute Ausbildungsstruktur für die Berufe anbieten, wir müssen aber eben auch erkennen, dass wir in eine Fachkräfteproblematik geraten. Die Diskrepanz, die Sie vermeintlich erkannt haben, Frau Strunge, lässt sich eigentlich auch ganz gut erklären. Wir haben im Moment noch eine Versorgungssituation mit Lehrkräften, die noch akzeptabel ist, damit kommen wir jetzt noch hin. Wir wissen aber aus der Presseberichterstattung der vergangenen Wochen, dass es in den nächsten Jahren eine ganz erhebliche Zuspitzung im Hinblick auf die Fachkräftesituation in der gesamten Bundesrepublik Deutschland geben wird und wir so eine Zuspitzung haben, dass wir diese Problematik nicht allein in Bremen lösen können. Ihre Anforderung, dann zu sagen, Senat, dann sorge bitte dafür, dass wir zukünftig mehr Fachkräfte haben, finde ich nachvollziehbar, und damit müssen wir uns auseinandersetzen, aber man muss auch klar und deutlich sagen: Hier in Bremen haben wir gegenwärtig noch eine Situation, mit der wir ganz gut zurechtkommen, und wir müssen uns an die Arbeit machen, die Fachkräfte auch dauerhaft zu sichern.

Einige Schulen beschäftigen sich auch schon über Bremen hinaus mit Akquise, darauf hat Herr Dr. Güldner sehr deutlich hingewiesen. Sie haben mit der Personalkostenbudgetierung der Berufsschulen aber auch Handlungsoptionen, die es ermöglichen, Fachkräfte so zu akquirieren, wie es im allgemeinbildenden schulischen System im Moment nicht der Fall ist. Wir haben große Sympathie dafür, solche Elemente auch stärker für Schulen im allgemeinbildenden Bereich zu mobilisieren, denn die Erfahrungen damit sind rundweg positiv. Deswegen wird das auch von uns unterstützt

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Na, dann!)

Die technische Ausstattung ist hier angesprochen worden. Nach meiner Kenntnis ist es keineswegs so, dass man sagen könnte, die technische Ausstattung sei durchgängig rückschrittlich und werde den Anforderungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerecht, sondern die Diskussion, die wir führen müssen, ist eher die, wie wir in den nächsten Jahren im Hinblick auf die technische Ausstattung

operieren, wenn sich mit dem digitalen Wandel zunehmend neuer Herausforderungen ergeben.

Frau Böschen hat schon darauf hingewiesen, dass wir im Hinblick auf den Zustand der Gebäude eine Situation haben, in der wir an einigen Standorten Zustände haben, die auch wir für hoch problematisch halten. Wenn wir an die Berufsschule für den Großhandel, Außenhandel und Verkehr denken, das muss ich hier unumwunden zugeben: Diese Schule ist in einem sehr schlechten Zustand. Der Zustand ist so schlecht, dass es einen Neubau geben muss. Es ist auch klar, dass es diesen Neubau geben wird, und wir halten es auch für dringend notwendig, das so schnell wie irgend möglich hinzubekommen, weil es mit diesem Altbau, den wir da haben, nicht mehr lange geht.

An der Konzeption für diesen Neubau wird aber meiner Meinung nach schon deutlich, welche Herausforderungen wir für die Zukunft haben. Jetzt eine Berufsschule zu planen und zu wissen, dass die beruflichen Anforderungen im digitalen Wandel sich so massiv ändern werden, wir aber nicht genau voraussehen können, wie das Berufsbild aussehen wird, macht es auch nicht ganz so einfach zu konzipieren, wie die technische Ausstattung einer solchen Schule, die wir jetzt bauen, aussehen soll, wenn sie auch für die nächsten 20 Jahre im Hinblick auf solche Berufsgruppen handlungsfähig sein soll. Selbst wenn wir mit der Speditionswirtschaft im Dialog sind, wird uns auch gesagt, dass man das im Moment nicht so genau prognostizieren kann. Das heißt, mit der Frage der technischen Ausstattung muss man sich vor dem Hintergrund des digitalen Wandels auseinandersetzen, aber wir sind zum jetzigen Zeitpunkt in einer Situation, in der wir die technische Ausstattung akzeptabel finden, und an einigen Schulen ist sie auch durchaus hochwertig und hat auch über Bremen hinaus eine gewisse Strahlkraft.

Ich möchte aber noch einmal an das anknüpfen, was im Hinblick auf die berufliche Bildung schon ganz grundsätzlich gesagt worden ist, und ich möchte das noch einmal verstärken. Die Berufsschulen stehen nicht etwa deswegen vielleicht etwas im Schatten, weil der Senat es nicht ernst nimmt, sondern wir haben einen gesellschaftlichen Wandel hin zur akademischen Ausbildung, für den meiner Meinung nach in der Realwirtschaft gar nicht die Entsprechung vorliegt.

Wir haben in der Realwirtschaft eher eine Situation, dass sich gerade im Bereich der Facharbeiter

ein Fachkräftemangel offenbart, dem man sich stellen muss, während in der Gesellschaft immer noch der Glaube besteht, dass die höheren Einkünfte durchweg mit akademischen Berufen zu erzielen seien. Dass das gegenwärtig so noch der Fall und auch statistisch nachweisbar ist, trifft zu, aber es gibt eben jetzt schon die ersten Berufsgruppen, bei denen man erkennen muss, dass die akademischen Abschlüsse überhaupt nicht die Garantie geben, Einkünfte zu erzielen, die über die von gut qualifizierten Facharbeitern hinausgehen. Ich glaube, da muss der Bewusstseinswandel innerhalb der Bevölkerung und vielleicht auch bei den Lehrkräften unserer allgemeinbildenden Schulen, die sich mit Berufsorientierung beschäftigen, stattfinden. Da muss diese Erkenntniswandel stattfinden, dass künftig eine stärkere Orientierung im Hinblick auf die berufsschulische Bildung und im Hinblick auf die Fachkräfteberufe in diesen Bereichen stattfindet. Daran müssen wir, glaube ich, alle gemeinsam arbeiten. Der Senat will das jedenfalls gern tun und strengt sich dahingehend auch weiter an. – Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 19/1514, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Einstellung und Motivation der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 29. November 2017 (Drucksache 19/1419)

Dazu

Mitteilung des Senats vom 6. Februar 2018 (Drucksache 19/1515)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Lühr.

Gemäß § 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Herr Staatsrat, ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten wollen, sodass wir gleich in eine Aussprache eintreten können.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der öffentliche Dienst ist das Aushängeschild unseres staatlichen Handelns und hat sich in den letzten Jahrzehnten einem starken Wandel unterziehen müssen. Während früher das hoheitliche Handeln dominierte, geht es heute doch eher darum, hoheitliches und bürgerorientiertes Handeln in Einklang zu bringen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten heute schnelle, kompetente und unbürokratische Serviceleistungen, und darüber hinaus verändern natürlich die zunehmende Digitalisierung, der demografische Wandel und der eingeschränkte Ressourcenrahmen die Rahmenbedingungen ganz maßgeblich.

Für die Beschäftigten des bremischen öffentlichen Dienstes haben diese Veränderungsprozesse der letzten Jahre sowohl auf ihre Arbeitssituation als auch darauf, wie sie wahrgenommen werden, Einfluss. Unterstellte man früher durchaus, dass die Beschäftigten die vermeintliche Konkurrenz und die stressigen Arbeitsbedingungen in der Wirtschaft scheuten, hat sich das Bild vom Ärmelschoner tragenden Beamten hin zum qualifizierten Experten für bestimmte Bereiche grundlegend gewandelt. Egal ob wir in die Bürgerämter, Kindertagesstätten, Schulen oder zur Polizei blicken: Die dort geleistete Arbeit ist von hoher Qualität!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Beschäftigten erfüllen die hohen Erwartungen, die von verschiedenen Seiten an sie gestellt werden, und die genannten neuen Anforderungen haben die Verwaltungskultur durchaus positiv beeinflusst. Gleichzeitig verändern sich aber auch das Rollen- und Selbstverständnis der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und ihre Ansprüche an den Arbeitgeber. Wir haben es zunehmend mit einem erhöhten Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Arbeitgebern zu tun, und wenn der Staat, der öffentliche Dienst, in diesem Wettbewerb um die besten Köpfe erfolgreich sein will, muss er als attraktiver Arbeitgeber sowohl für die Beschäftigten als auch für die, die noch nicht beschäftigt sind, erleb- und sichtbar werden.

(Beifall SPD)

Das hat der Senat erkannt, und wir begrüßen deshalb die Befragung nach Motivation, Einstellungen

und Arbeitgeberbild im öffentlichen Dienst in Bremen, die der Senat zusammen mit der Universität Bremen durchgeführt hat.

Wesentliche Ergebnisse der Untersuchung sind folgende: Zunächst einmal ist die Freie Hansestadt Bremen eine besondere Arbeitgeberin, und die Beschäftigten finden überwiegend attraktive Arbeitsplätze vor. Der Vergleich zur Privatwirtschaft fällt größtenteils positiv aus. Die Freie Hansestadt Bremen wird als sehr gute Arbeitgeberin, und die Beschäftigungsbedingungen im Bremer öffentlichen Dienst werden als besser als in der Privatwirtschaft bewertet.

Es gibt eine hohe Motivation für ihre Arbeit und generelle Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten. Die Arbeitszufriedenheit basiert im Wesentlichen auf Aspekten wie interessante Tätigkeit, Sinnhaftigkeit der Arbeit, Arbeitsklima, Arbeitsplatzsicherheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Beschäftigten besitzen eine hohe Gemeinwohlorientierung und Identifikation mit dem ausgeübten Beruf sowie ein großes Selbstbewusstsein bezüglich der eigenen Arbeitsleistung.

Neben diesen positiven Ergebnissen ergeben sich aber natürlich auch kritische Bewertungen der Freien Hansestadt Bremen als Arbeitgeberin durch die Befragten. Beklagt werden fehlende Anerkennung und Wertschätzung durch Führungskräfte, die Politik und die Öffentlichkeit sowie mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen. Die Möglichkeiten bleiben deutlich hinter den Erwartungen der Beschäftigten zurück. Einige Beschäftigungsgruppen sehen sich auch an Veränderungsprozessen insgesamt nicht gut beteiligt.

Die Bewertung der Gesundheitsförderung zeigt, dass der hierfür seit nunmehr sechs Jahren geschaffene Rahmen von den Dienststellen höchst unterschiedlich ausgefüllt wird. Vor allem ältere Beschäftigte empfinden sowohl die Menge der Arbeit als auch den Zeitdruck als hoch belastend. Die höchsten Belastungswerte sind im Vergleich der Personengruppen beim Lehrpersonal zu finden.

Viele Beschäftigte schätzen den öffentlichen Dienst für junge Menschen als nicht attraktiv ein. Über die Hälfte der Beschäftigten würde ihren Kindern den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber nicht empfehlen.

Meine Damen und Herren, die Studie ergibt zusammenfassend also ein sehr zwiespältiges Bild.