Protocol of the Session on January 24, 2018

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Wer hat denn das behaup- tet?)

Die Große Anfrage zeigt sehr deutlich, dass wir in einem Bereich technische Veränderungen haben, der neu ist. Es ist gut, dass uns diese Große Anfrage sowohl die Zunahme zeigt als auch einen Überblick über die Einsatzszenarien gibt und damit auch ein bisschen den Wandel in dieser Technologie darstellt. Es werden Potenziale beschrieben, sowohl im Bereich der Öffentlichkeit - ich nenne einmal das Stichwort „Gefahrenabwehr“ -, als auch im Bereich der Wirtschaftsunternehmen, kommerzieller Nutzungen, und auch in der Wissenschaft, Forschung und Ausbildung.

Ich habe mich auf diese Debatte auch ein wenig dadurch vorbereitet, dass ich in der Mittagspause bei SATURN durch die Technikabteilung gelaufen bin. Dort habe ich zwei, drei große Regale mit Multikoptern, mit Kamera und allem Möglichen, gesehen, die man sich als Mensch, der weder einen kommerziellen noch wissenschaftlichen Nutzen von ihnen hat, aus rein privater Neugier für wenig Geld kaufen und dann loslegen kann. Auch im privaten Bereich gibt es also ungeheure Potenziale, und es ist doch völlig klar, dass man auf der einen

Seite Potenziale nicht blockieren sollte - technische Potenziale, kommerzielle Potenziale -, aber sich auf der anderen Seite auch darüber im Klaren sein muss, dass es gewisse Gefahren gibt und dass man als Staat, als Aufsichtsbehörden diesen Gefahren natürlich durch Registrierung und Regulierung begegnen muss.

Insoweit befinden wir uns am Anfang einer Debatte. Das zeigt die Antwort des Senats sehr deutlich. Ich finde es sehr gut, dass der Senat das in Angriff nimmt und dass in einer vernünftigen Abstimmung von Techniknutzung, individuellen Freiheiten, kommerziellen Interessen und Datenschutz auch Lösungen gesucht und gefunden werden.

In dieser Stellungnahme finden sich auch wichtige Hinweise der Datenschutzbeauftragten. Gerade wenn wir über Missbrauchsmöglichkeiten im individuellen Bereich nachdenken, sind wir uns doch alle darüber im Klaren, dass ein Warnschild, vor der Tür aufgestellt, mit der Aufschrift „Vorsicht, Drohnen in Betrieb!“ nicht ausreicht, um das individuelle Ausspionieren von auf dem Balkon liegenden Menschen zu unterbinden. Hier muss also sehr kreativ und sehr viel nachgedacht werden. Dabei soll man Entwicklungen nicht völlig gegeneinander stellen, aber man muss das, was möglich ist, gegenüber dem abwägen, was man gesellschaftlich möchte.

Unter Antwort fünf wird auch sehr kritisch referiert. Die Beurteilung der Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten ist völlig richtig. Auch hier muss noch einmal in der weiteren Diskussion nachgebessert werden, im Spagat zwischen sinnvollen gewerblichen Nutzungen, die man nicht blockieren darf, und dem Schutz von Daten, von Persönlichkeit, von Eigentum. Mir zeigt zumindest die Antwort des Senats unter Punkt sechs, dass mit den bisherigen Genehmigungsverfahren sehr verantwortungsvoll umgegangen wird.

Dass wir uns hier in einem bundespolitischen Diskussionskontext befinden, ist völlig klar, und ich bin sicher und erwarte auch, dass sich Bremen sehr intensiv daran beteiligt, um sozusagen im Kontext mit den Nachbarbundesländern, im Kontext mit Bundesrecht, sinnvolle Lösungen zu finden. Wir müssen die technologischen Chancen nutzen und das Schutzbedürfnis, das die Menschen haben, gleichzeitig sichern und achten.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir weiterkommen, wenn wir in einem halben Jahr erneut eine Große Anfrage zum Thema Multikopter behandeln und

dann ähnlich dröge diskutieren. Daher wäre ich sehr dankbar, wenn wir zum gegebenen Zeitpunkt in der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen einen Bericht über den weiteren Fortschritt, sowohl den technologischen als auch den verwaltungsrechtlichen, bekämen. Ich bin sicher, das Ressort kann das leisten. Mir und uns würde das, glaube ich, ausreichen. - Herzlichen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Saxe.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines der schönsten Bilder vom Weserstadion, die ich bisher gesehen habe, war tatsächlich eines, das mit solch einer Drohne gemacht worden ist. Die Umbenennung dieser Drohnen in „Multikopter“ war auf jeden Fall ein genialer Marketing-Coup. Das kann ich nur bewundern.

Warum diese Debatte bei mir gelandet ist, weiß ich selbst nicht ganz genau.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Verkehr!)

Ich glaube, es war, weil ich mich sehr intensiv mit autonomem Fahren beschäftigt habe, sodass unsere Fraktionäre und Fraktionärinnen der Meinung waren, dass ich mich auch diesem Technologiethema gut widmen kann. Das war sehr spannend. Ich habe mich vertieft damit auseinandergesetzt. Das ist auch mit autonomem Fahren zu vergleichen. Man kann sagen, damit wolle man nichts zu tun haben, das hilft aber nicht, denn es ist genauso wie beim autonomen Fahren: Das wird Realität sein, und es wird so sehr Realität sein, dass wir uns irgendwann noch darüber wundern werden. Wenn nämlich Amazon & Co. irgendwann ihre Transporte damit machen, dann wird das möglicherweise unser Leben so sehr verändern, dass es gut ist, wenn wir uns schon frühzeitig damit auseinandergesetzt haben.

Die Nutzungsbereiche sind klar. Im Augenblick sind das noch Foto- und Videoaufnahmen. Das kann man im Vermessungsbereich, bei Gebäudebegutachtungen, im Sicherheitsbereich oder auch im Warentransport einsetzen. Man soll aber nicht verhehlen, dass hier geregelt werden muss. Darüber muss man sich im Klaren sein. Es gibt ganz eindeutige erhebliche Sicherheitsgefahren. Verschiedenen Studien zufolge sind diese Risiken nicht zu unterschätzen. Dies geht von erheblichen

Datenschutzbedenken - das ist schon erwähnt worden - bis hin zu Zusammenstößen, Abstürzen, Terror- oder Cyberangriffen.

Um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten, seien eine systematische Registrierung dieser unbemannten Luftfahrzeuge und eine fundierte Ausbildung der Piloten notwendig, zentrale Gefahren seien Zusammenstöße in der Luft und Kontrollverlust etwa durch einen Systemfehler, heißt es in einer Studie eines Industrieversicherers.

Wenig überraschend ist, dass solche unbemannten Flugobjekte umso gefährlicher werden, je schwerer sie sind. Die kleinsten untersuchten Multicopter mit 1,2 Kilogramm stellen vielleicht nur ein kleines, wenn auch nicht zu bagatellisierendes Risiko dar. Die größten mit einem Gewicht bis zu 11 Kilogramm oder künftig weit darüber hinaus sind jedoch allein schon wegen ihrer Masse ziemlich gefährlich. Wenn also Amazon & Co., wie ich schon gesagt habe, massenhaft Drohnen einsetzen, um Waren auszuliefern, könnte es für diejenigen ungemütlich werden, die sich ungeschützt, zum Beispiel ohne Helm, im öffentlichen Raum bewegen.

Nach einer Studie des Virginia Polytechnic Institute wäre die Hälfte solcher Abstürze gesundheitsgefährdend. Die Wissenschaftler mahnen, dass das Gewicht in die Sicherheitsvorkehrungen einbezogen werden sollte. Je schwerer eine Drohne oder meinetwegen ein Multicopter ist, desto schwerwiegender ist eben auch das Risiko. Umso wichtiger ist - das ist vollkommen klar -, dass es Kenntnisnachweise von den Menschen gibt, die diese Fahrzeuge, Flugobjekte führen. Es muss auch klar sein, dass sie identifiziert werden können und es Standards in der Ausbildung wie auch in der Wartung geben muss.

Die Antwort des Senats fand ich sehr gut. Ich finde, man hat sich diesem Thema sehr verantwortlich gewidmet. Es besteht ein vernünftiger Umgang, eine liberale Haltung, die wirtschaftlichen Potenziale erkennt und unvertretbare Risiken nicht in Kauf nehmen will. Dennoch ist es gut, dass der Umgang und der Gebrauch von Mulitcoptern jetzt EU-weit geregelt werden. Es hilft nichts, wenn wir versuchen, das aus dem kleinen Bremen heraus zu regeln. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Professor Dr. Hilz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren über ein durchaus wichtiges, zukunftsträchtiges Thema. Ich mache ein paar Anmerkungen direkt zu dem, was bisher gesagt wurde.

Zum einen teilen wir die Einschätzung des Senats, dass die neue Drohnenverordnung - so nennt sie der Senat selbst - tatsächlich in vielen Bereichen überreguliert. So ist zum Beispiel bei dem Biergarten, den Herr Rohmeyer angesprochen hat, nicht nur das Kraftwerk ein Verbotsgrund, sondern auch die Bundeswasserstraße.

Man könnte bei der Bundeswasserstraße aus unserer Sicht darüber reden, warum sie automatisch zum Verbot inklusive Abstandsregelungen et cetera führt. Bei dem Kraftwerk sehen wir das ein bisschen anders. Dieses betrachten wir schon als kritische Infrastruktur, die eines gewissen Schutzes bedarf.

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Ist aber unterirdisch!)

Auch bei einem unterirdischen Kraftwerk können die Zugänge oberirdisch durch entsprechende Fotos ausgespäht werden.

Insofern gibt es hier eine Überregulierung. Der Senat ist selbst der Meinung, dass das zu viel ist. Diese Auffassung teilen wir.

Wir begrüßen, dass der Senat selbst noch keine Drohnen angeschafft und Drohnenführer eingestellt hat, sondern bei Bedarf privatwirtschaftlich agierende Unternehmen beauftragt. Das führt dazu, dass sie nur dann im Einsatz sind, wenn sie tatsächlich gebraucht werden. Auch dafür ein Lob an den Senat!

Wir teilen nicht die Auffassung des Senats, dass eine bundesweite Datenbank das Richtige sei. Ich halte sie für den falschen Weg. Abgesehen davon gehe ich nicht davon aus, dass sich jeder, der - wie es Herr Reinken so schön beschrieben hat - bei SATURN so ein Ding erworben, unter den Arm geklemmt und nach Hause getragen hat, automatisch in dieser Datenbank registriert. Oder wollen wir diese Dinge tatsächlich in besonderen Fachgeschäften verkaufen, wo das automatisch passiert? Ich halte das für den falschen Weg und ebenfalls für eine Überregulierung. Bei gewerblichen Geräten könnte man über eine landesweite oder kommunale Registrierung nachdenken. Eine bundesweit einheitliche Registrierung halten wir für falsch.

Es ist insgesamt ein wichtiges Thema, dem wir in Bremen offen gegenüberstehen sollten - mit allen rechtlichen Reglungen, die sowieso gelten und die eingehalten werden müssen. Ein bisschen mehr Aufklärungsarbeit ist nötig, damit jeder Führer einer Drohne weiß, dass er nicht in Nachbars Garten ausspähen kann, wer gerade im Pool plantscht. - Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Schulz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst danke ich Ihnen für die lobenden Worte hinsichtlich der Mitteilung des Senats.

(Zuruf Abg. Professor Dr. Hilz [FDP])

Wir haben uns bemüht. Das ist aus der Antwort vielleicht zu erkennen.

Die Multicopter-Technik hat in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht und erfreut sich zunehmender Beliebtheit sowohl im gewerblichen als auch im privaten Einsatz, was hier schon mehrfach ausgeführt worden ist. Durch die einfache Handhabung und den niedrigen Preis bietet der Einsatz von Drohnen Unternehmen vielfältige neue Chancen und spart Ressourcen. Dass der Einsatz dieser Drohnen aber auch zu durchaus kontroversen gesellschaftlichen Diskussionen führt, haben wir in Bremen nicht zuletzt während der Breminale im Sommer vergangenen Jahres gesehen.

Die im April 2017 in Kraft getretene sogenannte Drohnenverordnung des damaligen Verkehrsministers Dobrindt hat nicht zu der erforderlichen Rechtssicherheit geführt, die wir uns gewünscht hätten. Durch die Verordnung werden sowohl diejenigen, die Drohnen zum Einsatz bringen wollen, als auch unsere Landesluftfahrtbehörde in starkem Maße belastet. Unklar formulierte Verbotstatbestände und nur schwer erfüllbare Voraussetzungen zum Einsatz von Drohnen machen es denjenigen, die sich an Recht und Gesetz halten möchten, und nicht zuletzt unserer Verwaltung einigermaßen schwer.

Im Bremer Innenstadtbereich bestehen beispielsweise so viele verschiedene Verbote, dass ein gewerblicher Einsatz nach der Drohnenverordnung hier unmöglich wäre. Nur nach Erteilung von Aus

nahmeerlaubnissen und Einholung unterschiedlicher Zustimmungen wäre ein Einsatz denkbar. Die Luftfahrtbehörde Bremen hat jedoch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine dauerhafte Ausnahmegenehmigung von bestimmten Betriebsverboten zu erteilen und damit den gewerblichen Einsatz unter Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erleichtern.

Trotz aller Risiken, die ohne Zweifel auch zukünftig noch bestehen werden und die auch nicht kleingeredet werden sollen, muss es unser Anspruch für die Zukunft sein, für die gewerblichen Nutzer eine sowohl rechtssichere als auch letztlich praktikablere Lösung zu finden. Wir werden erleben, dass es eine relativ große Herausforderung darstellen wird, zur Harmonisierung der unterschiedlichen Rechtsquellen - EU-Recht, Bundesrecht und Landesrecht - beizutragen und damit Rechtssicherheit für die gewerblichen und privaten Nutzer von Drohnen zu erreichen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats in der Drucksache 19/1185 auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Auszubildende gleichstellen - auch in der öffentlichen Mobilität! Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 23. Juni 2017 (Drucksache 19/1135)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Deutschendorf.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.