Protocol of the Session on September 21, 2017

gefordert ist, dann auch umgesetzt werden kann.

Insofern finden wir, dass diese beiden Gesetze gut ausgearbeitet sind und hier Ihre einstimmige Zustimmung verdienen würden, weil sie uns in dem Bereich der Weiterbildung tatsächlich ein Stück weiterbringen. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Zeiten lebenslangen Lernens, von Berufsbiografien, die sich immer wieder ändern und andere Wendungen nehmen und von Menschen, die immer häufiger nicht über nahtlose Erwerbsbiografien verfügen, ist es klar, dass wir uns mit der Weiterbildung beschäftigen müssen. Wir müssen uns darum kümmern, wie wir sie besser organisieren. Die FDP-Fraktion wird dem Gesetzesvorhaben hier zustimmen, weil es in diesem Bereich die richtigen Weichen stellt.

Jetzt komme ich zum Bildungszeitgesetz! Wir haben uns natürlich auch mit diesem Gesetzentwurf kritisch auseinandergesetzt. Wir haben uns gefragt - und Frau Böschen hat es ja dargelegt, zwar nicht ganz so, wie wir es gemeint haben, aber das mache ich jetzt -, wie es uns gelingen kann, dass Arbeitgeber das Gesetz mehr akzeptieren. Wir haben vorgeschlagen, dass in das Gesetz die Formulierung aufgenommen werde, dass ein mittelbarer Bezug zur Arbeit vorhanden sein müsse. Es soll kein direkter Zusammenhang mit der Arbeit bestehen müssen, kein vom Arbeitgeber bestimmter Zusammenhang, aber es soll für jeden klar ersichtlich sein, dass ein mittelbarer Bezug zur Arbeit besteht. Das ist jetzt nicht der Fall. Wir leben damit.

Die Kompetenzorientierung steht im Gesetz. Ich kann jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer nur empfehlen, sich für die Bildungszeit ein Thema auszusuchen, bei dem sie ihrem Arbeitgeber vermitteln können, dass es mittelbar für die Arbeit von Nutzen ist. Vielleicht wird die Bildungszeit dann akzeptiert. Ich rate es.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, aber das ist nicht vorgeschrieben!)

Es ist nicht vorgeschrieben, ich rate es nur! Diesen Rat gebe ich nicht ohne Grund, denn die Kosten und damit die Belastungen trägt der Arbeitgeber. Deswegen gibt es nach wie vor einige - und sie wird es auch zukünftig geben -, die das kritisch sehen, weil die Bildungszeit ihre

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Bilanzen belastet. Das ist einfach so. Ich kann nur empfehlen, darauf zu achten, dass die Bildungszeit einen mittelbaren Arbeitsbezug und einen Nutzen für die Arbeit hat, dann wird sich am Ende auch die Akzeptanz bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erhöhen.

Kurzum, die Freien Demokraten finden Bildungszeit besser als Bildungsurlaub, und deswegen stimmen wir dem Gesetzesvorhaben zu.

(Beifall FDP - Präsident Weber übernimmt wie- der den Vorsitz.)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine Änderung des Bremischen Bildungsurlaubsgesetzes vorgesehen. Der beabsichtigten Änderung ist eine längere Debatte vorausgegangen, das haben meine Vorredner bereits erwähnt. Man fragt sich natürlich, wie passt Bildungsurlaub, jetzt Bildungszeit, in die heutige Zeit hinein.

Ich möchte das letzte Argument meines Vorredners aufnehmen. Ich finde, das ist genau der Knackpunkt, den ich in dem Zusammenhang interessant finde: Wie grenze ich die Bildungszeit zur normalen Fortbildung ab? Hier wird es allmählich schwierig.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber seine Forderung ist nicht aufgenommen worden!)

Ja, sie ist nicht aufgenommen worden! Deswegen finde ich es wichtig, auch noch einmal anzuführen, dass es nicht nur darum geht, dass sich der Wortlaut im Gesetz von Bildungsurlaub in Bildungszeit verändert. Ich nehme wahr, dass ein positives Klima in den Betrieben, in den Unternehmen, aber auch im öffentlichen Dienst vorhanden sein muss, damit es letztendlich dazu kommt, dass das auch wahrgenommen wird. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung, dass das sehr verhalten angenommen wird, und zwar nach wie vor nur von einem Bruchteil der Beschäftigten.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Drei Prozent!)

Es ist geradezu lächerlich, Sie sagen es!

Es ist also ein Gesetz vorhanden - im öffentlichen Bereich ist es noch besser, in der Privatwirtschaft ist es noch schlechter -, bei dem wir flankierende Maßnahmen ergreifen müssen, um ein freundlicheres Klima im Hinblick auf die Umsetzung des Gesetzes zu erzeugen, denn

schließlich haben wir uns etwas dabei gedacht, als wir das Gesetz erlassen haben. Es ist nicht erlassen worden, um zusätzliche Freizeit zu ermöglichen. Es gibt eine Untersuchung der Arbeitnehmerkammer, die festgestellt hat, dass ein verschwindend winziger Teil der Bildungsangebote auch nur in die Nähe des Klischees Muschelsuche auf Norderney anzusiedeln ist. Das ist ja vollkommen lächerlich, denn es sind ganz andere Inhalte, die vermittelt werden.

Ich stimme insofern der Aussage nicht zu, dass man sagt, dass das Bildungsangebot in die Nähe der Arbeitsplatzkompetenz gerückt werden muss, sondern es ist eigentlich eine Möglichkeit, sich sozusagen eine ganzheitliche Qualifizierung anzueignen.

Wir müssen auch bedenken, dass die Weiterbildung natürlich von Arbeiterinnen und Arbeitern in einem geringeren Maße wahrgenommen werden. Es kostet Geld, das darf man nicht vergessen, und es kostet Zeit. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass es für Frauen etwas anderes ist als für Männer. Es ist nicht einmal eben so die Haltung vorhanden, und dann bin ich einmal für eine Woche oder zwei Wochen weg. Ich weiß, dass es sehr viel beliebter ist, sage ich einmal, auch aus diesen Zwängen heraus, Bildungszeiten, wie wir inzwischen sagen, innerhalb, aber nicht außerhalb Bremens wahrzunehmen. Das heißt also, das ist auch eine Reaktion darauf, wie schwer es inzwischen ist, Bildungszeit im täglichen Leben zu organisieren.

Wenn wir über Personalknappheit und entsprechende Abhängigkeiten reden, also über das, was letztendlich inzwischen auch den Arbeitsdruck ausmacht, dann kann man sich vorstellen, wie hoch der Druck in diesen Zusammenhängen ist, um überhaupt Bildungszeit wahrzunehmen, obwohl sie gesetzlich verankert ist.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist hoch sinnvoll, Bildungszeit anzubieten. Ich kenne relativ wenige, die tatsächlich Bildungszeit in der Weise wahrnehmen, wie sie eigentlich vorgesehen ist. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir uns gerade für Mitarbeiterinnen mit geringem Einkommen überlegen sollten, wie die Bildungszeit flankiert werden kann.

Es ist selbstverständlich, auch darüber nachzudenken, wie man sie innerbetrieblich unterstützt. Es ist Fakt, dass dort, wo es Betriebsräte und Personalräte gibt, der Anteil natürlich höher liegt. Das ist auch eine Aussage. Das ist etwas, das man sich in dem Zusammenhang immer wieder klarmachen muss.

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Mir wäre es einfach wichtig, dass die heutige Änderung, die erst einmal Begriffe austauscht, in Zukunft weitere Maßnahmen nach sich zieht, sodass Bildungszeit zukünftig für eine Vielzahl von Beschäftigten erreichbar und wichtig wird. - Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bergmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mehr denn je ist die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität von Unternehmen die Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt. In einer sich dynamisch verändernden Arbeitswelt wird derjenige überleben, der Motivation, Kreativität, Innovationsfähigkeit und Lernbereitschaft stärkt. Wenn ein Betrieb eine funktionierende Prozess- und Ideenkultur entwickelt, dann entsteht ein lernendes System, das sich seiner veränderten Umwelt anpassen kann. Dieses System lernt durch seine Menschen. Deswegen sind und bleiben bildungsfähige Mitarbeiter eine entscheidende Ressource der Unternehmen.

Wir wissen, dass die Beteiligung am Bildungsurlaub in Bremen von sehr wenigen Berufsgruppen in Anspruch genommen wird, das wurde vorhin schon gesagt. Als CDU-Fraktion halten wir es daher für stimmig und zielführend, dass das Bildungsurlaubsgesetz, beziehungsweise jetzt Bildungszeitgesetz, und das Weiterbildungsgesetz reformiert und gemäß dem aktuellen Gesetzesvorschlag angepasst werden. Deswegen haben wir im Januar dieses Jahres einen Antrag gestellt, die Weiterbildungsbeteiligung im Land Bremen zu erhöhen, den Bildungsurlaub zu modernisieren und lebenslanges Lernen stärker zu fördern.

Wir gehen dabei für die Bildungszeit von einem breiten Bildungsverständnis aus, das nicht nur funktionaler Natur ist, und damit nicht nur auf konkreten berufspraktischen Nutzen ausgerichtet ist. Ich habe an dieser Stelle schon einmal gesagt, dass Bildung das ist, was übrig ist, wenn ich alles vergessen habe, was ich gelernt habe. Bildung prägt Persönlichkeiten, die um ihre Selbstwirksamkeit wissen und von deren Ideen und Engagement unsere Gesellschaft, unsere Demokratie und unsere Unternehmen leben.

Die begriffliche Veränderung von Bildungsurlaub in Bildungszeit unterstützen wir, denn sie weist darauf hin, dass es sich eben nicht um Urlaub, sondern um den Erwerb eines Kompetenzzuwachses handelt. Die Fokussierung auf

den Kompetenzzuwachs, anstatt wie bisher auf irgendeine Form des organisierten Lernens, erhöht die Transparenz für den Arbeitgeber ebenso wie für den potenziell interessierten Teilnehmer, der jetzt nämlich auch weiß, dass das Ziel, also der Output der Maßnahme, für ihn potenziell nur ein Gewinn sein kann. Gerade ältere Arbeitnehmer, Menschen mit Migrationshintergrund, gering qualifizierte Beschäftigte aus kleinen Betrieben können so eher erkennen, welcher Vorteil für sie mit einem Bildungsurlaub verbunden ist.

Die doppelte Funktion des Senats bleibt dabei bestehen, nämlich erstens, die Bewerbung von Bildungszeit und die zielgruppenspezifische Verbreitung von Angeboten sicherzustellen. Wir warten hier auf die Trendwende durch den prozentualen Anstieg der Teilnehmerzahlen. Zweitens, es ist natürlich nach wie vor wichtig, die Kommunikation mit den Betrieben zu führen, die den Nutzen der erst einmal abwesenden Mitarbeiter während der Weiterbildungszeit natürlich erklärt bekommen müssen.

Um die Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern zu sichern, ist auch die Umstrukturierung und Anpassung des Landesausschusses für Weiterbildung und des Förderausschusses gemäß dem neuen Weiterbildungsgesetz nützlich. Die neu gebildeten Unterausschüsse, die die Landesregierung zum Thema Weiterbildung beraten, werden durch die neue ressortübergreifende Besetzung eher in der Lage sein, auch themenübergreifend zu arbeiten.

Wir als CDU-Fraktion halten es für richtig, dass das Innovationsmanagement und die Qualitätssicherung einen stärkeren Schwerpunkt erfahren, indem ständig tätige Untersuchungsausschüsse sich diesen Themen widmen, denn auch das den Landesausschuss beratende System sollte als ein selbstlernendes System durch Qualitätskontrolle und Optimierungsprozesse anpassungsfähig und flexibel bleiben.

Es steht der Verdacht einer potenziellen Selbstversorgermentalität seitens der Weiterbildungseinrichtungen im Förderausschuss im Raum. Ob das so ist oder nicht, das liegt in der Natur der Sache, die einen werden eher sagen, ja, das ist so, und die anderen werden sagen, nein, das ist völliger Quatsch.

(Glocke)

Ich finde, allein, dass in der Stadt dieser Verdacht geäußert wird, ist aus meiner Sicht Anlass genug, vorsichtshalber auch den Anschein zu vermeiden, indem auf äußerste Transparenz geachtet wird. Daher sollten Ergebnisse und

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Empfehlungen zur Förderung im Landesausschuss jeweils öffentlich beraten werden.

(Glocke)

Als CDU-Fraktion messen wir qualifizierter Bildung und Weiterbildung hohe Bedeutung zu, daher stimmen wir den beiden Gesetzesanträgen gern zu. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU)

Für eine Kurzintervention gebe ich das Wort an den Abgeordneten Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich dachte eigentlich, dass wir mit einer Ein-Mal-Fünf-Minuten-Debatte bei diesem Gegenstand sehr gut auskommen. Jetzt muss ich aber doch noch einmal den Kollegen Herrn Buhlert ansprechen, weil es einfach so ein fundamentaler Unterschied ist, wie Sie auf die Welt schauen. Sie haben deutlich gemacht, dass Sie das Bildungszeitgesetz und das Weiterbildungszeitgesetz zuallererst und vorrangig aus der Perspektive der Unternehmen sehen. Unser Blickwinkel richtet sich auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, auf die Beschäftigten, denn wer wird denn da gebildet?

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)