Protocol of the Session on September 24, 2015

Zur Situation möchte ich aber doch Folgendes sagen: Wir haben seit dem Jahr 2012 darauf hingewiesen, dass wir dringend ein Wohnungsbauprogramm brauchen. Wir haben immer wieder gesagt, dass das aktuelle Wohnungsbauprogramm, das der Senat vorgelegt hat, hinten und vorn nicht ausreicht, und zwar völlig unabhängig von der Flüchtlingssituation, das möchte ich noch einmal betonen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben in Bremen einen eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum, und zwar für sehr viele in dieser Stadt. Unter dem Aspekt der hier bestehenden Armutsquote betrachtet, ist das eine riesige Herausforderung, und wenn ich mir anschaue, dass in dieser Stadt ohne Weiteres ein Viertel bis ein Drittel der Menschen ein Höchstmaß an Ausgaben für Mieten und Wohnen ausgeben müssen, ist das eine drückende Situation.

Wir haben die Entwicklung – und darauf habe ich auch immer wieder hingewiesen –, dass sehr viele Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen. Wir hatten in Bremen in den Neunzigerjahren einmal viele Sozialwohnungen, inzwischen ist es nicht mehr so.

Wir brauchen auch ein Angebot für Menschen für niedrigschwelliges Wohnen. Wir haben eine Zunahme an Obdachlosigkeit, zudem gibt es Wohnungsbaugesellschaften à la Deutsche Annington – inzwischen ist es ja die börsennotierte Vonovia –, die hier inzwischen Bestände in einer Größenordnung von 10 000 Wohnungen aufgekauft haben.

Wir haben die Entwicklung in der Grohner Düne, wir haben unglaublich viel, wo wir uns Folgendes anschauen: Zum einen wird saniert und verteuert, oder es wird sogar abgerissen. Beispiele hierfür sind demnächst die Reihersiedlung, Am Sacksdamm oder die Holsteiner Straße, das heißt, die Herausforderung in Bremen besteht vollkommen unabhängig von der Flüchtlingssituation, Bremen braucht dringend wieder sozialen Wohnungsbau.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist das Kernanliegen unseres Antrags.

Ich finde, es kann in keinster Weise mehr strittig sein, dass wir ein kommunales Wohnungsbauprogramm benötigen, die Frage ist, wie, wie viel und wer. Darüber wird wahrscheinlich die Auseinandersetzung laufen. Ich wäre schon davon begeistert, wenn wir uns im ersten Schritt darauf einigen könnten, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Das bestehende Wohnraumförderungsprogramm kann es schlichtweg nicht! Es ist ja auch nicht effektiv, zu sagen, wir

müssten drei teure Wohnungen bauen, um eine Sozialwohnung zu bekommen. Das bietet uns die Privatwirtschaft ja aktuell an, und nicht einmal das liegt in einer Größenordnung, die annähernd ausreicht!

(Beifall DIE LINKE)

Die private Bauwirtschaft wird diesen Bedarf nicht decken können. Das hieße ja faktisch, sie nähme eine Mietpreisbindung in Kauf, und danach würde wieder teuer weitervermietet, wenn diese Belegung abgeschlossen ist. Die bisherige Förderphilosophie reicht also nicht, und diese Erkenntnis haben wir doch jetzt in breiter Mehrheit gewonnen.

Wenn man jetzt sagt – dazu haben sich sehr viele geäußert –, es war ein sehr großer Fehler, die Bremische und die Beamten-Baugesellschaft Bremen zu verkaufen, das wurde erst in der letzten Woche festgestellt. Na und? Dieser Fehler muss wieder gutgemacht und behoben werden.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist ja kein Grund, wenn man feststellt, dass man diesen großen Fehler gemacht hat, jetzt nur zu sagen, dass man irgendwie in dem Unglück steckt und dort nicht herauskommt. Das geht nicht!

Ich möchte, dass wir uns drei Dinge vor Augen führen. Als Erstes sollte man dieses Geld tatsächlich in die Hand nehmen, wir haben immer gesagt, dafür ist die Obergrenze des Kreditrahmens notwendig. Inzwischen stellt sich der Haushalt ja entsprechend komplizierter auf, und die Frage wird sein, was wir vom Bund bekommen und was nicht. Fakt ist aber trotzdem, dass sozialer Wohnungsbau nach wie in einem exorbitanten Maß erforderlich ist.

(Beifall DIE LINKE)

Bedingt durch die Flüchtlingssituation hat sich das noch einmal entsprechend verschärft. Die Menschen, die kommen werden, werden zum allergrößten Teil bleiben, und wir haben momentan große Probleme, sie aktuell unterzubringen – das ist das eine, das hat unsere Sozialsenatorin hier auch entsprechend ausgeführt –, aber wo kommen sie denn dann hin? Das darf man ja auch nicht vergessen, und das kommt zu der Situation noch hinzu.

Die Entwicklung der Flüchtlingszahlen trifft Bremen in einer heruntergesparten Infrastruktur, dabei ist Wohnen ein riesiges Problem und ein Teil davon. Das betrifft auch die Bereiche Ausbildung, Arbeitsmarkt, Schulen und so weiter, aber das ist faktisch momentan nicht das Thema. Ein wichtiger Punkt wird die Wohnungssituation sein, und dabei geht unser Antrag in die Richtung zu sagen, dass wir vom Senat einen Entwurf, ein Konzept brauchen, wie sozialer Wohnungsbau in dieser Stadt zukünftig auszusehen hat.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte in dem Zusammenhang noch einen Punkt ansprechen, nämlich die Frage, wenn wir über ein solches Programm reden, wie das zu organisieren wäre, wo es angesiedelt und in welcher Weise es umgesetzt werden soll. Wir müssen uns auch die Kosten des Wohnungsbaus ansehen, das wird ein interessanter Aspekt.

Ich bin in keiner Weise dafür zu gewinnen zu sagen, dass wir jetzt schubladen- oder kartonweise irgendwelche Monsterwohnungen brauchen, die es in der Vergangenheit ja auch gegeben hat. Wir müssen über alternative Wohnformen und auch über Standards nachdenken: Welche Wohnformen brauchen wir denn überhaupt? Wollen sich vielleicht zehn Alleinerziehende zusammenschließen? Welche Infrastruktur muss es dort geben?

(Beifall DIE LINKE – Glocke)

Ich komme mit meinem ersten Redebeitrag zum Schluss! Trotzdem möchte ich noch einmal auf Folgendes hinweisen: Ich hoffe, dass wir uns zumindest in dem Punkt einigen können, dass das soziale Wohnungsbauprogramm notwendig ist, wir uns intensiv damit auseinandersetzen und gemeinsam ein Konzept erarbeiten, wie es kurzfristig Realität werden kann. – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können uns auf den Punkt einigen, auch mit den LINKEN, dass es notwendig ist, dass endlich gebaut wird. Für uns – und das ist unsere Wahrnehmung als FDP – ist der entscheidende begrenzende Faktor die nicht ausgewiesenen und nicht aufbereiteten Flächen, die nicht zur Verfügung stehen. Wenn keine Flächen zur Verfügung stehen, dann kann auch nicht gebaut werden, und jede theoretische Debatte über Quoten nützt uns dann sehr, sehr wenig.

Wir sind dafür, wenn es darum geht, die Mittel, die der Bund, für den sozialen und kommunalen Wohnungsbau zur Verfügung stellt zu binden. Wir sind aber nicht der Meinung, dass es richtig wäre zu sagen, es handelt sich nur um gute Wohnungen, wenn sie in einem entsprechenden Wohnungsbauprogramm gebaut werden würden. Es geht darum, dass Wohnungen überhaupt gebaut werden,

(Beifall FDP)

denn jede Wohnung, die gebaut wurde, wird von jemandem bewohnt, und wenn es jemand ist, der, Sie

würden sagen, eine bessere Wohnung bezieht, dann hat er vorher in einer anderen Wohnung gewohnt, in die ein anderer einziehen kann, weil sie frei geworden ist. Er kann sie mieten oder vielleicht erwerben.

Insofern ist die zielführende Forderung, dass wir endlich die Bremer – ich sage einmal – Bauverhinderungspolitik verlassen und zu einer adäquaten Baupolitik kommen. Wir haben ja die Auseinandersetzungen zu den Bauflächen zwischen Rot und Grün wahrgenommen, und ich bin auf die weitere Diskussion sehr gespannt.

(Abg. Pohlmann [SPD]: Da gibt es keine Differenzen! – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Pinocchio lässt grüßen!)

Ich glaube, dass es in der Koalition eher Zwölftonmusik, aber nicht Fünftonmusik ist!

Wir haben den Dissens auf jeden Fall wahrgenommen. Wir haben auch das Interview des Vorsitzenden der SPD-Fraktion zur Kenntnis genommen, der gesagt hat, dass wir uns über die Randbebauung der Osterholzer Feldmark Gedanken machen müssen. Wir als FDP haben immer wieder gefordert, die Flächen, für die schnell das Baurecht geschaffen werden kann, wie beispielsweise das Friedhofserweiterungsgelände in Huckelriede oder die Fläche des Schulzentrums Willakedammm in Huchting, möglichst umgehend zur Verfügung zu stellen. Warum sollten wir noch ewig lange debattieren, wenn wir dringend Wohnraum brauchen?

(Beifall FDP)

Wir geben zu Recht viel Geld für die Flüchtlingsunterbringung aus, aber wir sollten auch Wert darauf legen, viel Wohnraum zu schaffen, damit möglichst viele Menschen hier wohnen können.

Wir haben im Moment 128 000 Einpendler. Das sind vielfach Menschen, die in Bremen keinen Wohnraum gefunden haben, weil in den vergangenen Jahrzehnten kein Wohnraum geschaffen worden ist. Sie wohnen jetzt im Umland.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, weil sie lieber auf dem Land wohnen!)

Wir müssen doch nicht dafür sorgen, dass es zu einer weiteren Suburbanisierung kommt, sondern wir müssen doch dafür Sorge tragen, dass die Menschen in einer Großstadt leben können. Dazu gehört neben den von mir angesprochenen Flächen auch eine weitere Verdichtung. Die Grünen haben ja recht, wenn sie sagen, wir müssen einige Gebiete weiter verdichten.

(Abg. Saxe [Bündnis 90/Die Grünen]: Es geht nicht um einige Gebiete!)

Ich glaube, wir müssen all das tun, um den Wohnungsnotwendigkeiten gerecht zu werden. Wir müssen dafür sorgen, dass das Angebot so groß ist, dass die Mieten im Rahmen bleiben, sodass keine Mietpreisbremse nötig ist. – Herzlichen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Neumeyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Bernhard, ich sehe es genauso: Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum. In den letzten Tagen konnte man viel zu diesem Thema in der Zeitung lesen.

Ich glaube auch, dass wir uns alle in diesem Hause einig sind, dass zusätzlicher bezahlbarer Wohnraum benötigt wird. Ich sehe es genauso wie Sie, Frau Kollegin, bezahlbarer Wohnraum wird nicht nur für die Menschen benötigt, die jetzt zu uns kommen. Wir haben das Thema in der letzten Legislaturperiode hier oft diskutiert, und wir brauchen Wohnraum für Studenten und für ältere Menschen. Es sind aber auch Angebote für Familien nötig, die sich ein Reihenhaus oder ein frei stehendes Haus bauen wollen,

(Beifall CDU)

denn diese Menschen machen anderen Wohnraum frei.

Es muss jetzt gebaut werden. Das, was man in den letzten Tagen in der Presse lesen konnte, zeigt mir, dass die Wohnungsbaupolitik in den Koalitionsverhandlungen nicht zu Ende gedacht worden ist, es ist in vielen Punkten keine Einigung erzielt worden.

(Abg. Saxe [Bündnis 90/Die Grünen]: Waren Sie da- bei?)

Man kann es doch in der Koalitionsvereinbarung nachlesen. Das Wort Dissens ist doch wohl eindeutig, Herr Kollege!