Protocol of the Session on September 20, 2017

Das alles hat die Bundesregierung über all die Jahre gedeckt. Sie hat nicht kontrolliert, warum die Stickoxidwerte nicht heruntergehen. Sie weigert sich bis heute, es als eine Rechtsverletzung anzuerkennen, dass die Thermofens

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ter dafür sorgen, dass der Filter über die Hälfte des Jahres abgeschaltet ist, nämlich im Winterhalbjahr, wenn die Schadstoffwerte in den Städten hoch sind, wenn gefeuert wird und die Heizungen in Betrieb sind. Das kann ich nicht verstehen.

Nach zwei Jahren Untätigkeit hat die Kanzlerin am 2. August zu einer Plauderrunde in das Kanzleramt eingeladen. Was ist dabei herausgekommen? Dabei ist herausgekommen, dass die angesprochenen Softwaresteuerungen die Emissionen vielleicht um zehn Prozent senken werden. Das wird mit mehr Kraftstoffverbrauch und höheren Emissionen anderer Schadstoffe erkauft. Insgesamt ist das also ein Nullsummenspiel für die Umwelt. Das bringt im Ganzen überhaupt nichts.

Man hat außerdem noch Umweltprämien erreicht, die Verbraucher bekommen, wenn sie ihre alten Wagen gegen neue umtauschen, ohne zu wissen, ob sie ein sauberes Auto bekommen. Die realen Messungen der neuen Autos zeigen, dass sie die Grenzwerte ebenfalls fünf-, zehn- oder fünfzehnfach überschreiten. Das ist also eine reine Luft- und Betrugsnummer. Das will uns die Kanzlerin als erfolgreiche Politik verkaufen. Meine Damen und Herren, das löst die Probleme der Städte nicht. Das ist reine Augenwischerei.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Eines, meine Damen und Herren von der CDU, haben Sie, glaube ich, bis heute nicht verstanden. Sie wenden sich in dieser Debatte gegen die Fahrverbote, als ob das eine politische Frage wäre. Nein, das ist keine politische Frage. Dies hat den Raum der Politik längst verlassen, zumindest hier in Deutschland. Es gibt genau zwei Treiber für die Fahrverbote. Das eine sind die Verwaltungsgerichte und demnächst auch die Oberverwaltungsgerichte, die die Städte verurteilen, solche Fahrverbote zu verhängen. Das andere ist die Europäische Kommission, die die Bundesregierung mit einem Vertragsverletzungsverfahren überzieht, weil wir die Grenzwerte der Luftqualitätsrichtlinie, die wir seit 2010 einhalten müssten, bis heute in über 60 Städten nicht einhalten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, ich kenne keine einzige Politikerin und keinen einzigen Politiker, die bzw. der für Fahrverbote ist. Es ist ein völliges Missverständnis, dass hier immer wieder dieser Eindruck entsteht. Ich kenne auch keine Politiker und Politikerinnen der Grünen, die für Fahrverbote sind. Wir sind einzig für

wirksame Maßnahmen, damit Gerichte diese Fahrverbote nicht verhängen müssen.

Das heißt, dass wir saubere Motoren und ehrliche Messungen brauchen. Das ist ganz wichtig. Das kommt jetzt von Brüssel. Die Bundesregierung hat sich unter den Mitgliedstaaten der EU am längsten gegen Messungen der Real Driving Emissions gewehrt. Am längsten hat die Bundesregierung versucht, das zu verhindern, so wie sie auch andere Abgasstandards bei Autos in der Vergangenheit verhindern wollte. Wir brauchen diese Messungen. Wir brauchen eine echte HardwareNachrüstung bei den Bestandsfahrzeugen, die nicht zulasten der Verbraucher und Steuerzahler, sondern zulasten derer geht, die uns alle über Jahre betrogen haben.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Schließlich müssen wir die Steuerprivilegien für den Diesel abschaffen. Auch das ist angesprochen worden.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das machen andere europäische Länder schon lange!)

Eines ist mir noch ganz wichtig: Wenn alle diese Maßnahmen wirken, dann müssen wir unterscheiden können, welche Autos sauber sind und welche nicht. Ansonsten haben die Verbraucher kein Vertrauen. Sie wissen nicht, was sie kaufen sollen. Es ist heute angesprochen worden, dass das möglicherweise den Herstellern schadet.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vor- sitz.)

Hier ist die Antwort auf das, was dieser Skandal zur Folge hat. Die Verbraucher lassen die Finger von Dieselfahrzeugen, weil sie nicht wissen, welchem Wagen sie vertrauen können. Damit sie das wissen und erkennen können, ist die blaue Plakette erforderlich. Auch für die betroffene Kommune, die die 40 Mikrogramm nicht einhält, sondern bei 80 oder 120 Mikrogramm liegt und etwas tun muss, weil das Verwaltungsgericht dies sagt, ist die blaue Plakette wichtig, um unterscheiden zu können, welche Fahrzeuge sauber sind, sodass man sie in die Stadt fahren lassen kann, und welche Fahrzeuge nicht sauber sind.

Ich spreche mich für die blaue Plakette in Bremen aus, weil ich weiß, dass auch Bremer Autofahrerinnen und Autofahrer irgendwann nach Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart oder München fahren wollen. Auch dort wollen sie freie Fahrt haben. Hamburg ist das erste

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Bundesland, das Fahrverbote auf der Stresemannstraße und der Max-Brauer-Allee angekündigt hat. Dort muss fast jeder entlang, der nach Hamburg hineinfährt. Das sind Straßen, auf denen Sie mit ihrem Auto fahren wollen, wenn Sie ein neues Auto haben. Sie sehen doch nicht ein, dass dort ein Verbotsschild aufgestellt wird. Deswegen müssen wir Fahrzeuge unterscheiden können. Solange wir keine Unterscheidung haben, wird der Käuferstreik anhalten.

Meine Damen und Herren, das ist schädliche Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Dieses Versäumnis schadet den Herstellern und führt dazu, dass Dieselfahrzeuge zunehmend unverkäuflich werden. Wir haben in Deutschland und in England zweistellige Einbrüche bei den Dieselverkaufszahlen in den Exportmärkten zu verzeichnen. Die Autoindustrie ist eine Exportindustrie. In den USA ist der Dieselanteil kleiner als drei Prozent, in Japan beträgt er zwei Prozent, in China ein Prozent und in Brasilien null Prozent. Das sind die Märkte, die man mit dieser Mogel-Strategie erobern wollte. Die Quittung dafür hat man jetzt bekommen.

Meine Damen und Herren von der CDU, eines kann ich mir zum Abschluss nicht verkneifen. Sie haben mir gestern in der Debatte eine ganze Menge an den Kopf geworfen. Vieles davon fand ich grenzwertig. Einiges habe ich persönlich auch als Grenzüberschreitung empfunden. Das lasse ich jetzt einmal so stehen. Aber bemerkenswert fand ich die Ehrlichkeit, mit der Sie Ihre Haltung deutlich gemacht haben, dass Ihnen die Menschen und ihr Wohlergehen in dieser Stadt vollkommen egal sind, solange nur die Autos rollen. Sie haben noch einmal betont: Jede B 6n ist besser als keine B 6n. Wenn sie den Menschen durch die Kleingärten fahren, ist das in Ordnung. Sie haben den Monsterknoten bei der A 281 gestern noch einmal verteidigt.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja, ganz genau!)

Heute sagen Sie uns, wir sollen Dieselautos überall fahren lassen, egal wie krank die Menschen werden.

Meine Damen und Herren, das ist nicht die Politik, die ich mir für Bremen wünsche. Das ist auch nicht die Politik, die ich mir für Deutschland wünsche. Deshalb wünsche ich mir einen Politikwechsel in Berlin. - Vielen Dank!

(Starker Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zuerst über den Antrag der Fraktion der CDU abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/1101 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, FDP, BIW, Abg. Schäfer [LKR]) , Abg. Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abg. Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos] , Abg. Frau Wendland [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Bürgerschaft (Landtag) den Antrag ablehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD abstimmen.

Hier ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Ich lasse zuerst über die Ziffern eins bis drei des Antrags abstimmen.

Wer den Ziffern eins bis drei des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 19/1197 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, Abg. Patrick Öztürk [SPD, frakti- onslos], Abg. Tassis [AfD], Abg. Frau Wend- land [parteilos], Ich bitte um die Gegenprobe! (Dagegen CDU, BIW, Abg. Schäfer [LKR])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt den Ziffern eins bis drei des Antrags zu.

Landtag

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Ich lasse jetzt über die Ziffern vier und fünf des Antrags abstimmen.

Wer den Ziffern vier und fünf des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 19/1197 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich noch einmal um das Handzeichen!