Protocol of the Session on August 23, 2017

Konsensliste Mitteilung des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft vom 21. August 2017

Stadtbürgerschaft 3593 47. Sitzung/23.08.17

Bevor ich die Beratung eröffne, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 57, Gesetz zur Änderung des Weiterbildungsgesetzes, Mitteilung des Senats vom 8. August 2017, Drucksache 19/1173, richtig heißen muss:

„Die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.“

Die Beratung ist eröffnet. - Wortmeldungen liegen nicht vor. - Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Konsensliste seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Konsensliste zu.

(Einstimmig)

Leiharbeit bei der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG Logistics) Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 13. Juni 2017 (Drucksache 19/1098)

Dazu

Mitteilung des Senats vom 8. August 2017 (Drucksache 19/1176)

Wir verbinden hiermit:

Leiharbeit in Bremen und Bremerhaven senken - kein Einsatz von privaten Leiharbeitsfirmen mehr bei der BLG Dringlichkeitsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 15. August 2017 (Drucksache 19/1186)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Günthner.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, dass der Senat davon absieht.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen erfolgt eine Aussprache, wenn dies die Mitglie

der der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen. Ich frage, ob wir in eine Aussprache eintreten wollen. - Das ist der Fall.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Bremen bleibt Hochburg der Leiharbeit“ lautete die Schlagzeile des „Weser-Kurier“ vor etwa zwei Wochen. In keinem anderen Bundesland ist der Anteil der Leiharbeit so hoch wie in Bremen. Seit der Antwort des Senats vom 2. Mai dieses Jahres auf eine entsprechende Große Anfrage der FDP-Fraktion wissen wir, dass der öffentliche Sektor maßgeblich dazu beiträgt. Von den 14 800 Leiharbeitskräften im Land Bremen im Jahr 2016 waren gut 4 300 Kräfte im öffentlichen Dienst oder bei öffentlichen Unternehmen eingesetzt. 30 Prozent der Leiharbeit in Bremen findet also in öffentlicher Hand statt. Das ist kein gutes Vorbild, was den Einsatz von Leiharbeit statt regulärer Beschäftigung betrifft. Insofern sind wir eigentlich Vorreiter einer unsäglichen Entwicklung.

Das liegt neben den Schulen insbesondere an einem Unternehmen, und das ist die BLG. Wir haben hier ausführlich darüber debattiert. Die BLG befindet sich zu 63 Prozent im Besitz der Stadtgemeinde Bremen. Die Sparkasse ist mit 13 Prozent beteiligt. Die restlichen Unternehmensanteile befinden sich im Streubesitz. Da von den restlichen Anteilseignern niemand die Sperrminorität hat, wird die Unternehmenspolitik der BLG vollständig vom Senat bestimmt. Ein Teil dieser Unternehmenspolitik ist letztendlich der systematische Einsatz von Leiharbeit.

Wir hatten explizit die Zahlen der bei der BLG an den Standorten Bremen und Bremerhaven Beschäftigten abgefragt, und zwar gegliedert nach den drei Geschäftsbereichen. Im Bereich Automobile kommen demnach auf 1 702 eigene Beschäftigte 633 Leiharbeitskräfte, im Bereich Contract sind es 1 453 Leiharbeitskräfte auf 1 842 eigene Beschäftigte. Das sind exorbitant hohe Zahlen. Die Leiharbeitsquoten liegen bei 37 Prozent beziehungsweise 79 Prozent. Ich finde diese hohen Quoten sehr besorgniserregend, zumal es sich um ein Unternehmen in öffentlicher Hand handelt.

(Beifall DIE LINKE)

Klassischerweise wird die Leiharbeitsquote von Unternehmen berechnet, indem die Zahl der Leiharbeitskräfte zu der Zahl der eigenen Beschäftigten ins Verhältnis gesetzt wird. So wird übrigens auch die Ausbildungsquote ermittelt.

Stadtbürgerschaft 3594 47. Sitzung/23.08.17

Man kann also sagen, von 100 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die für die BLG in den beiden genannten Sparten arbeiten, sind 37 Leiharbeitskräfte. Im bundesweiten Durchschnitt sind es - bezogen auf den gesamten Arbeitsmarkt - derzeit 3 Leiharbeitskräfte auf 100 Beschäftigte.

Der Anteil von Leiharbeit liegt bei der BLG zwölf Mal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Dafür gibt es unseres Erachtens überhaupt keine Rechtfertigung.

(Beifall DIE LINKE)

Die FDP-Fraktion hatte in ihrer damaligen Großen Anfrage wissen wollen, wo hoch die monatlichen Schwankungen seien. Die Begründung für den Einsatz von Leiharbeit lautet ja immer, sie werde genutzt, um ebendiese Schwankungen auszugleichen. Die Schwankung betrug im vergangenen Jahr - toujours, über das Jahr hinweg - plus/minus ein halbes Prozent! Die meisten dieser Leiharbeitskräfte haben übrigens Jahresverträge und sind meistens in Vollzeit beschäftigt.

Wir LINKE haben selbstverständlich grundsätzlich ein eher gespanntes Verhältnis zur Leiharbeit. Sie wissen, dass wir diese weitgehend ablehnen. Wir kämpfen an allen Orten dafür, dass die Entwicklung hin zur Leiharbeit massiv zurückgedreht wird.

(Beifall DIE LINKE)

Der allgemeine Konsens ist, dort, wo es keine stark schwankenden Arbeitsspitzen und keinen stark unstetigen Bedarf gibt, hat Leiharbeit nichts zu suchen.

(Beifall DIE LINKE)

Dort ist sie nichts anderes als ein Instrument zum Lohndrücken und zur Tarifflucht.

In diesem Punkt stellt sich die Antwort des Senats als großes Rätsel dar, weil behauptet wird, das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelte ohne Einschränkung auch bei der BLG. Die Leiharbeiter bekämen also denselben Lohn gezahlt wie die BLG-Angestellten. Wenn dem tatsächlich so wäre, dann wäre es zutiefst unökonomisch, in so hohem Maße Leiharbeiter einzustellen. Die privaten Leiharbeitsfirmen kassieren für ihre Vermittlungsleistung durchaus erhebliche Aufschläge, das heißt, Leiharbeit ist nicht günstiger. Das wissen wir auch aus den Krankenhäusern. Der Einsatz von Leiharbeit ist nur dann nicht unökonomisch - und das ist der interessante Fakt -, wenn sie schlechter bezahlt wird. Deshalb sagen alle diejenigen, die

die BLG kennen und die man fragt, dass diese Antwort des Senats so nicht zutrifft.

Wir haben auf der Grundlage der Antwort des Senats einen Antrag eingebracht, den wir heute ebenfalls im Plenum behandeln. Darin beantragen wir, den Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern schrittweise zurückzuführen. Wir sagen ausdrücklich, dass es sich in diese Richtung entwickeln soll. Wir wollen einen Abbauplan. Wir wollen vom Senat das klare Bekenntnis, dass er sich dafür einsetzt, die Entwicklung zurückzudrehen.

Uns ist klar, dass es nicht von heute auf morgen möglich ist, den Anteil der Leiharbeit auf null zu reduzieren. Wir haben unseren Antrag trotzdem gestellt, da wir diesen Zustand mit 30 verschiedenen privaten Leiharbeitsfirmen bei der BLG in den vergangenen fünf Jahren mit ungefähr 1 000 Leiharbeitnehmern pro Jahr nicht akzeptieren können. - Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tsartilidis.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE und die Ausführungen der Abgeordneten Bernhard möchte ich gern in vier Punkten antworten. Zum Ersten ist natürlich die SPD für eine Begrenzung der Leiharbeit. Wir sehen zum Zweiten aber die Aufgabe der Stadt Bremen beziehungsweise der BLG anders, als Sie sie sehen. Zum Dritten beurteilen wir den GHB in seiner Funktion anders als Sie. Zum Vierten beurteilen wir das Engagement der BLG in der von Ihnen angesprochenen Situation anders als sie. Dazu würde ich gern im Einzelnen ausführen.

Aus unserer Sicht besteht die Aufgabe darin, den GHB als Instrument der Hafenwirtschaft, deren Teil die BLG ist, weiterzuentwickeln. Das sollte die Sicht des gesamten Parlaments sein. Sie von der Fraktion DIE LINKE beschreiben in Ihrer Großen Anfrage die Notwendigkeit und legen dar, dass die Schaffung des GHB „eine wichtige Errungenschaft“ war. Die Tarifpartner verteilen die anstehende Arbeit und sorgen dafür, dass zu Stoßzeiten ausreichend Arbeitskräfte vorhanden sind, diese Menschen aber auch zu den anderen Zeiten verstetigt und auskömmlich bezahlt werden.

Wir vonseiten der Politik haben im Ausschuss für Angelegenheiten der Häfen sowie in der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen sehr

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genau darauf geschaut, wie es in der Krisensituation beim GHB gelaufen ist und wie die Geschäftsführung der BLG in diesen Konflikt eingegriffen hat. Wir haben dies begleitet.

Den GHB generell sehen wir, auch was seine Aufgabe angeht, als sehr gute Institution an. Wir haben ein positives Verständnis vom GHB. Wenn wir uns die abgefragten Zahlen anschauen, erkennen wir, dass ein Großteil der von der Fraktion DIE LINKE als Leiharbeiter bezeichneten Menschen beim GHB beschäftigt ist, das heißt, sie sind in verstetigter Arbeit. Das ist ein Modell von Leiharbeit, wie Sie es nennen, die zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern vereinbart worden ist.

Welche Aufgabe hat die Politik? Ich finde, deren Aufgabe ist es nicht, bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen in das operative Geschäft einzugreifen. Die Mehrheit der Unternehmensanteile der BLG mag in städtischer Hand sein, aber es ist eben kein städtisches Unternehmen. Wir sind der Überzeugung, dass dieser Betrieb Geld verdienen muss. Wir sehen auch die Notwendigkeit, dass dieser Betrieb flexibel reagiert.

Wir fänden es nicht in Ordnung, wenn dieser Betrieb über die Maßen hinaus von Leiharbeit Gebrauch machte. Das unterstellt die Fraktion DIE LINKE. Dieses Unternehmen befindet sich in einer Gemengelage, die derzeit sehr schwierig ist. Wir können diesen Betrieb nicht deshalb herauspicken, weil wir glauben, aufgrund eines Anteils von 50,4 Prozent Zugriff auf den GLB zu haben, und ihm vorschreiben, wie er seine Beschäftigungspolitik zu gestalten hat.