Protocol of the Session on August 23, 2017

Ich komme zum Schluss! Manche Flüchtlinge wollen gar nicht arbeiten, sondern den Hartz-IVStatus auf Kosten der Steuerzahler lebenslang ausnutzen.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Unerträglich, was Sie sagen!)

Das korrespondiert mit der erklärten Zielsetzung des Senats, alle geflüchteten Menschen langfristig in eigene Wohnungen unterzubringen und sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

(Glocke)

Wohlgemerkt, das gilt für alle, also auch für solche jugendlichen Zuwanderer, die illegal in die Bundesrepublik eingereist sind und keinen Flüchtlingsschutz benötigen!

(Glocke)

Ich komme zum Schluss!

Das wollten Sie eben schon!

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Es wird Zeit! Die Redezeit ist vorbei!)

Es wird Zeit, dass endlich auch der Bremer Senat diese historischen Zeichen der Zeit erkennt und die eigene Flüchtlingspolitik den Erfordernissen der Vernunft anpasst.

Über das schwindende Vertrauen in den Rechtsstaat

(Glocke)

und Ihre Politik braucht sich sonst niemand mehr zu wundern. - Vielen Dank!

Stadtbürgerschaft 3607 47. Sitzung/23.08.17

(Beifall BIW, Abg. Tassis [AfD])

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Leonidakis.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine solche Konzentration an rassistischer Hetze habe ich lange nicht mehr hören müssen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grü- nen)

Ich schäme mich dafür, dass in diesem Haus solche Worte Platz bekommen.

Lassen Sie mich nur so viel dazu sagen: Sie haben alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gerade als illegale Zuwanderer diffamiert.

(Abg. Leidreiter [BIW]: Das ist doch so - illegale Zuwanderer!)

Das Problem ist, dass es keine legalen Fluchtwege gibt.

(Abg. Leidreiter [BIW]: Legale Fluchtwege? - Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Hoffentlich müssen Sie nicht einmal flie- hen!)

Genau das muss sich ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie mich auf die Große Anfrage und damit auf das Thema eingehen, denn das hat mein Vorredner nicht getan. Wir diskutieren über die Integrationsmöglichkeiten von Flüchtlingen in Bremen, die unbegleitet und minderjährig zu uns gekommen sind und nun volljährig geworden sind. Es geht quasi um die lokale Integrationsperspektive. Ich erlaube mir einen kurzen Ausflug auf die Bundesebene. Es gibt ja Gründe dafür, warum viele junge Menschen als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einreisen. Eine Ursache ist, dass die Große Koalition Anfang 2016 den Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt hat. Hätte sie das nicht getan, hätten viele unbegleitete Minderjährige ihre Eltern nachholen können. Sie wären damit nicht mehr unbegleitet, sondern begleitet gewesen. Das hätte nicht nur das Recht auf Familie gestärkt. Wir bleiben dabei, es muss ein Recht auf Familie für alle geben. Den Kommunen, die unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Rahmen der Jugendhilfe aufnehmen mussten, wären dadurch auch Folgekosten erspart geblieben.

(Beifall DIE LINKE)

Eine weitere auf Bundesebene geschaffene Ursache für diese Entwicklung ist die gedeckelte Aufnahme aus Griechenland. De Maizière hat die Aufnahme Geflüchteter aus Griechenland auf 70 pro Monat gedeckelt. Diese Entscheidung untergräbt den auf EU-Ebene getroffenen Beschluss, 160 000 Geflüchtete in der EU zu verteilen. Untergraben wird auch wiederum das Recht auf Familie, denn viele haben Angehörige in Griechenland. Diese Familien leben also nach wie vor getrennt. Es würde den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen helfen, wenn eine Umverteilung aus Griechenland schneller stattfände. Auch insoweit ist eine verbesserte und beschleunigte Aufnahme im Rahmen der Dublin-Verordnung erforderlich.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben die Zahlen hoffentlich alle gelesen. Die Zugangszahlen der unbegleiteten Minderjährigen sind von 2 500 im Jahr 2015 auf zuletzt 580 pro Jahr zurückgegangen. Diese Minderjährigen werden volljährig. Kollegin Sahhanim Görgü-Philipp hat vorhin gesagt, seit dem vergangenen Jahr sind 1 400 unbegleitete Minderjährige zu Erwachsenen geworden. Sie benötigen Begleitung bei der Verselbstständigung, denn sie sind teilweise noch nicht lange hier.

Die Große Anfrage deckt eine breite Palette an Themen ab. Ich möchte jetzt aufgrund der Zeitknappheit und weil es eine weitere Anfrage gibt, über die noch zu diskutieren ist, nur auf den Bereich Wohnen eingehen. Die Zugangsprognose des Senats für den Zeitraum 2015 bis 2017 hat einen Bedarf an 9 000 zusätzlichen Wohnungen errechnet. Selbst wenn man den jetzigen Rückgang um zwei Drittel in die Berechnung einbezieht, kommt man zu dem Ergebnis, dass 3 000 zusätzliche Wohnungen - und zwar bezahlbare Wohnungen! - benötigt werden.

In seinem Sofortprogramm hat der Senat 2 000 zusätzliche Wohnungen bis Ende 2017 als Ziel formuliert. Das sind aber nicht alles Sozialwohnungen. Bei Anwendung der Sozialraumquote kommt man auf 500 Sozialwohnungen. Von diesen ist bis heute keine einzige entstanden.

Zwischen August 2012 und Juni 2017 wurden im Rahmen des Wohnraumförderprogramms des Senats 440 Sozialwohnungen fertiggestellt. Das hat eine Vorlage aus der Baudeputation ergeben. Das ist viel zu wenig, um den Bedarf zu decken. Es ist nicht absehbar, dass sich die Situation in Zukunft durch die angenommen 500 Sozialwohnungen wesentlich verbessern wird.

Stadtbürgerschaft 3608 47. Sitzung/23.08.17

Vor diesem Hintergrund können wir es absolut nicht nachvollziehen, dass der Senat den geplanten, bereits in der Sozialdeputation beschlossenen und finanziell hinterlegten Bau von 3 500 Wohneinheiten in Rahmenbauweise einfach wieder in der Schublade hat verschwinden lassen.

(Beifall DIE LINKE)

Absehbar ist, dass es weiteren Bedarf geben wird. Folgen der Entscheidung, die 3 500 Wohneinheiten nicht zu bauen, sind verstärkte Stadtteilsegregation, steigende Mieten und Wohnungsnot. Wir sehen das in den Stadtteilen, und wir hören das, wenn wir mit den Menschen sprechen.

In allen Vorlagen zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus der Sozialdeputation - die entsprechenden Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker kennen sie - steht, dass es ein Problem mit der Unterbringung in Wohnraum nach Erreichen der Volljährigkeit gibt. Es mangelt an Wohnraum - an bezahlbarem Wohnraum, wohlgemerkt! Das steht in allen Vorlagen.

(Abg. Frau Neumeyer [CDU]: Gestern noch zu- gestimmt!)

Wir kennen das Problem. Trotzdem werden und wurden schon umF-Unterkünfte aufgelöst. Es wird geprüft, ob die Mietverträge vorzeitig gekündigt werden können. Zwei große Einrichtungen, die meiner Ansicht nach für eine Umnutzung geeignet gewesen wären, wurden schon geschlossen. Möglich wäre die Nutzung für ambulantes Wohnen, als normaler Wohnraum oder als Wohnraum für Studierende. Auch die gemischte Belegung käme infrage.

(Glocke)

Deswegen ist es richtig, dass die Koalition diesen Antrag eingebracht hat. Ich bedanke mich dafür. Wir unterstützen ihn. Diese Umwidmung ist dringend nötig.

Wir würden es zudem begrüßen, wenn die beiden Stadtgemeinden auch selbst als Mieter oder Eigentümer einträten. Nur dann blieben die schon getätigten öffentlichen Investitionen in öffentlicher Hand. Dann gäbe es Wohnraum, in den man zum Beispiel über die ZFW vermitteln könnte. Ich glaube, das ist dringend notwendig. - Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine der größten Errungenschaften der Sozialgesetzgebung ist insbesondere im Jugendschutz das Recht auf Hilfe und Unterstützung.

(Beifall SPD)

Das Recht auf Hilfe und Unterstützung auseinanderzudividieren, indem gesagt wird, die einen hätten dieses Recht, die anderen aber nicht, geht aus meiner Sicht gar nicht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das hielte ich auch sozialpolitisch für katastrophal. Die Jugendlichen sind nämlich da. Man kann meinetwegen über die Frage diskutieren, wie mit denjenigen umzugehen ist, die hierherkommen wollen. Diejenigen, von denen wir hier reden, sind aber da! Ich finde, dass diesen Menschen die ganze Hilfe der Sozialgesetzgebung zugutekommen muss.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)