Die Behörden richteten neue Abteilungen ein, zum Beispiel das Erstversorgungsteam beim Amt für Soziale Dienste. Dieses Team hat sich innerhalb kurzer Zeit vervielfacht. Inzwischen läuft das alles, und darüber bin ich froh.
Nun aber müssen wir unseren Blick auf diejenigen richten, die aus der Jugendhilfe wieder herauswachsen. Viele erreichen nun die Volljährigkeit. Genau um diese jungen Menschen geht es in unserer Großen Anfrage. Allein im Jahr 2016 wurden in Bremen 863 junge Geflüchtete volljährig, davon 83 in Bremerhaven. Bis zum 30. April dieses Jahres wurden weitere 555 umA volljährig, davon 10 in Bremerhaven. Es geht uns also um eine Gruppe von rund 1 400 jungen Menschen, hinter denen jeweils ein individuelles Schicksal steht. Sie haben in ihrem jungen Leben Krieg und Vertreibung erlebt und die lange, gefährliche Reise nach Deutschland auf sich genommen. Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe muss es sein, ihnen eine Perspektive in Richtung Zukunft aufzuzeigen.
Deshalb haben wir den Fokus dieser Großen Anfrage auf sie gerichtet. Wir wollten vom Senat wissen, welchen Bedarf und welche Schwierigkeiten diese jungen Volljährigen haben, damit wir rechtzeitig darauf eingehen können. Dabei zeigen sich drei Schwerpunkte, die wir angehen müssen.
Erstens: Die Übergänge für junge Geflüchtete in das Bildungs- und Ausbildungssystem und damit langfristig auch in den Arbeitsmarkt müssen wir insbesondere für über 18-Jährige weiter verbessern.
Zweitens: Mit der Traumabewältigung lassen wir bisher viele junge Menschen allein. Einige suchen im Konsum von Drogen Hilfe. Das kann zu Abhängigkeiten führen. Diesen Kreislauf müssen wir künftig besser und schneller durchbrechen.
Drittens: Mit 18 Jahren will man von zu Hause ausziehen. Das kennen wir alle. Doch aktuell gibt es kaum Angebote an kleinem, aber günstigem Wohnraum. Viele junge Geflüchtete wohnen daher länger in der Jugendhilfeeinrichtung als sie es müssten. Genau hier setzt unser Antrag an. Ich habe mich im Rahmen meiner Besuche von Jugendhilfeeinrichtungen sowohl mit den Leitungen als auch mit vielen Jugendlichen ausgetauscht. Die volljährig gewordenen Geflüchteten müssten und wollen eigentlich ausziehen. Bezahlbarer Wohnraum ist aber in Bremen und Bremerhaven nicht nur für junge volljährige Geflüchtete, sondern auch für Studierende und Auszubildende begrenzt und knapp.
Meine Damen und Herren, unser Antrag beinhaltet folgende Ideen: Durch weniger Zuzüge kommt es zu einem potenziellen Leerstand von
Jugendhilfeeinrichtungen. Durch die Umnutzung der Wohneinheiten durch verschiedene Zielgruppen, zum Beispiel junge Geflüchtete zusammen mit Studierenden oder Auszubildenden, könnte gemeinschaftliches Wohnen ermöglicht werden. Insbesondere für diejenigen Geflüchteten, die mit einer Einstiegsqualifikation, einer Ausbildung oder einem Studium beginnen, ist ein Wohnumfeld mit Gleichaltrigen in einer vergleichbaren Situation wichtig und wünschenswert. Das ist eine Chance, die wir ergreifen müssen.
Mit dem Konzept der Umnutzung können wir die Abschaffung der Konkurrenz und Separierung zwischen den Zielgruppen, eine Stadt mit einer guten sozialen Durchmischung, die Vermeidung von Leerständen in den jetzigen umA-Einrichtungen und die Vermeidung unnötiger Ausgaben durch Mieteinnahmen erreichen. Außerdem verbleiben junge Erwachsene dann nicht mehr in der Jugendhilfe, wenn sie keinen Jugendhilfebedarf mehr haben. Meine Damen und Herren, wer kann etwas dagegen sagen? Über eine breite Unterstützung würde ich mich sehr freuen. - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fragen zur Wohnsituation junger unbegleiteter Flüchtlinge, die der Jugendhilfe entwachsen, Fragen nach Dauer und Sinn von unterstützenden Jugendhilfemaßnahmen über das 18. Lebensjahr hinaus und auch Fragen zum Umgang mit suchtkranken und psychisch auffälligen jungen Flüchtlingen finden in dieser Großen Anfrage Platz. Allesamt sind sicherlich sehr wichtig. Doch mit Blick auf die Integration halte ich die ebenfalls abgefragten Bildungsperspektiven für unbegleitete Jugendliche, die der Schulpflicht in zunehmender Anzahl entwachsen, für die aktuell dringendsten Fragen. Warum hierzu nichts gesagt wurde, kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Was erreichen diese Jugendlichen in zwei Schuljahren an den beruflichen Schulen, und wie geht es anschließend für sie weiter? Eine Pressemitteilung unserer Bildungssenatorin, Frau Bogedan, malte Ende Juni ein erfreuliches Bild. Von 325 jungen Leuten wurden 254 zur Abschlussprüfung angemeldet. 217 haben diese sogar mit der Erweiterten Berufsbildungsreife bestanden. Das sei eine starke Leistung, und diese Jugendlichen seien ihrem Ziel, unbedingt eine Ausbildung zu beginnen, jetzt einen
großen Schritt näher gekommen. Die Bildungssenatorin betonte auch, dass nach erfolgreichem Schulabschluss nun andere, nämlich die Unternehmen und auch die Arbeitsagentur, an der Reihe seien. So weit, so gut; oder vielleicht doch nicht?
Die meisten dieser Jugendlichen lernen ausgesprochen motiviert, und viele ihrer Lehrer und Lehrerinnen bemühen sich weit über ihre Arbeitszeit hinaus um sie. Die Schüler haben viele Fragen nach möglichen Anschlussperspektiven, doch die Lehrer haben sehr oft keine Antworten. Weder die jungen Flüchtlinge noch ihre Lehrer oder ihre Betreuer in den Einrichtungen wissen, was konkret zu tun ist.
Ja, es gibt eine Vielzahl von leider sehr unbeständigen Möglichkeiten, aber auch ein riesiges Durcheinander, gerade im Dschungel der Zuständigkeiten. Wer als Lehrer meint, es endlich verstanden zu haben, weil er eine Fortbildung besucht hat, stolpert kurze Zeit später über die vielen Änderungen und ist entsprechend frustriert. Gerade entdeckte Wege enden leider ganz schnell im Nichts, entweder weil kein Platz mehr frei ist oder weil die Türen für junge Menschen mit zu geringen Sprachkenntnissen verschlossen bleiben.
Meine Damen und Herren, was soll aus diesen jungen Leuten gerade mit Blick auf die Integration werden, über die wir hier diskutieren, wenn man sie von Pontius nach Pilatus schickt? Wir wissen, dass die Sprachkenntnisse nur bei sehr wenigen ausreichen, um direkt den Schritt in eine Ausbildung zu machen. Sie reichen aber auch nur selten für die Einstiegsqualifizierungsmaßnahme, die sogenannte EQ, aus. Trotzdem preist der Senat gerade diese EQ-Maßnahmen immer wieder fast schon als Patentlösung an.
Einige werden jetzt denken, es haben doch so viele Jugendliche den erweiterten Hauptschulabschluss erreicht. Dann müssten sie doch auch Deutsch können! Ich will kurz erklären, wie es praktisch läuft. Die Jugendlichen haben zwei Jahre Unterricht, der ebenso wie Klassenarbeiten an das Klassenniveau angepasst wird. Dadurch soll ihre Motivation erhalten bleiben. Das ist ja grundsätzlich gut, und so können die Jugendlichen am Jahresende sogar recht gute Zeugnisse bekommen. Einen einfachen Hauptschulabschluss bekommen sie nach zwei Jahren aber schon dann, wenn sie im Zeugnis keine Sechs und nicht mehr als zwei Fünfen haben und die Prüfung ablegen.
Da mit dieser Methode auch sehr schwache Jugendliche einen Abschluss bekommen, ist es kein Wunder, dass trotz Hauptschulabschluss der Sprachstand oftmals noch sehr weit unter
dem B-1-Level liegt. Somit ist der erweiterte Hauptschulabschluss dieser Schüler und Schülerinnen überhaupt nicht mit einem Hauptschulabschluss vergleichbar, den deutschsprachige Schüler erreichen. Frau Bogedan meint trotzdem, dass nun die Unternehmen und die Arbeitsagentur gefragt seien. Doch auch diese können nicht viel mit Jugendlichen anfangen, denen die grundlegendsten Sprachkenntnisse fehlen.
Gern wird dann auf die Erwachsenenschule sowie, wie auch in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage, die Praktikumsklassen und die berufsvorbereitenden Berufsfachschulen als Anschlussmöglichkeiten verwiesen. Doch diese sind allesamt schon brechend voll oder stehen hauptsächlich unter 18-Jährigen offen. Die Erwachsenenschule zum Beispiel hatte bereits im Juli, also noch vor den Sommerferien, 100 Flüchtlinge auf ihrer Warteliste.
Bremen lässt all diese jungen Menschen, die sprachlich wohl fit genug wären, wenn sie noch ein bis zwei Jahre länger zur Schule gehen könnten, bislang einfach im Regen stehen. Viele von ihnen werden sich deshalb kein eigenständiges Leben aufbauen können und auf Dauer im Sozialsystem bleiben. Das wird uns dann allerdings noch teurer zu stehen kommen. Es wird nicht wirklich gespart. Die Ausgaben werden nur verschoben, meine Damen und Herren.
In diesem Jahr waren nur rund 250 dieser Schüler und Schülerinnen betroffen, doch im nächsten Jahr werden fast 1 000 von ihnen die Schule verlassen. Ich verstehe nicht, warum Bremen sehenden Auges ins Desaster läuft und unbeirrt das Schwarze-Peter-Spiel weiterspielt. Man muss eben endlich handeln und darf nicht nur reden! Da sind natürlich alle gefragt: der Senat, aber auch die Unternehmen und die Arbeitsagentur.
Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Besucher! In meiner nachfolgenden Rede zur rot-grünen Anfrage möchte ich einige grundsätzliche Anmerkungen zu dem Thema machen.
sich um Personen, die als Minderjährige im Regelfall unerlaubt nach Deutschland eingereist sind, also um illegale Zuwanderer. Manche sind sogar öfter hier.
Die von den rot-grünen Initiatoren der Großen Anfrage gewählte schönfärberische Formulierung soll diese juristische Tatsache offenbar vernebeln. An den Fakten ändert das jedoch nichts. Ein großer Teil dieser unbegleiteten Kinder und Jugendlichen kam nicht nach Deutschland, um hier Schutz zu suchen, wie Rot-Grün im Eingangstext der Großen Anfrage pauschal behauptet. Viele dieser Menschen stammen aus Staaten, in denen sie weder verfolgt waren, noch vor Krieg fliehen mussten. Ein besseres Leben in Deutschland mit materieller Absicherung durch den deutschen Sozialstaat ist deren Ziel.
Dieser Wunsch ist verständlich, aber weder mit dem Asyl- und Flüchtlingsrecht noch mit den Interessen der Steuerzahler zu vereinbaren. Von den hohen Kosten ganz zu schweigen! In Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von uns Bürgern in Wut bezifferte Frau Sozialsenatorin Stahmann diese Kosten in der Bürgerschaftssitzung vom 19. Februar 2015 je nach Unterbringung der Kinder und Jugendlichen auf 50 Euro bis 233,91 Euro pro Tag. Als gewichteter Durchschnitt ergaben sich laut Frau Stahmann 125 Euro pro Tag. Das sind 3 750 Euro im Monat und 45 000 Euro im Jahr.
Im Vergleich zu den uns vorliegenden Zahlen aus anderen Bundesländern ist dieser Betrag auffallend niedrig, was mit Blick auf das ansonsten generöse Bremen sehr überrascht. Experten schätzen, dass die staatlichen Ausgaben für einen unbegleiteten minderjährigen Ausländer fünf- bis sechsmal höher sind als für einen volljährigen Asylbewerber.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Wenn dieses Geld für Minderjährige ausgegeben wird, die bei uns Schutz vor Verfolgung oder kriegerischen Auseinandersetzungen suchen, dann sind diese Ausgaben selbstverständlich gerechtfertigt und keiner Diskussion wert, denn es ist unsere rechtliche und humanitäre Pflicht, diesen Menschen zu helfen, ob jung oder alt!
Anders sieht es bei Personen aus, die allein aus ökonomischen Gründen nach Deutschland kommen, also missbräuchlich Schutz begehren beziehungsweise ein falsches Alter vorspiegeln, um in den Genuss von Vergünstigungen zu kommen, die erwachsenen Flüchtlingen nicht mehr zustehen.
Entgegen anderslautenden Behauptungen dürfen grundsätzlich auch unbegleitete minderjährige Ausländer, die in Deutschland keinen Aufenthaltsgrund haben, abgeschoben werden. Der Europäische Gerichtshof bestätigte dies erst vor ein paar Tagen. Allerdings sind die Hürden für eine Rückführung dieser besonders schutzbedürftigen Zielgruppe hoch. So schreibt Paragraf 58 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz vor, dass der Betroffene im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben werden muss.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge plant den Bau von zwei Jugendheimen in Marokko, um Minderjährige aus diesem nordafrikanischen Land im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben dorthin zurückschicken zu können. Diese Lösung wäre beispielgebend für Deutschland. Nicht selten werden die Minderjährigen von ihren Eltern gezielt in der Hoffnung nach Europa geschickt, dass ihr Nachwuchs hier eine Ausbildung beziehungsweise Arbeit findet, um die zurückgebliebenen Angehörigen durch Geldüberweisungen aus Deutschland finanziell zu unterstützen, oder weil sie davon ausgehen, im Rahmen des Familiennachzugs später selbst nach Deutschland kommen zu können. Das sind die sogenannten Ankerkinder.
Das ist verständlich, aber auch rechtsmissbräuchlich. Der stellvertretende Chef der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Michael Kretschmer, hat kürzlich vorgeschlagen, die Handys von unbegleiteten Minderjährigen zu kontrollieren, um zu prüfen, mit welchen Personen in den Heimatländern die Jugendlichen telefoniert haben, und so in Zusammenarbeit mit Regierungsstellen vor Ort deren Eltern oder andere sorgeberechtigte Personen zu ermitteln. Gelänge dies, könnten auch minderjährige Drittstaatenausländer, die nicht schutzbedürftig sind, aus Deutschland abgeschoben werden.
Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage von SPD und Grünen lässt sich streckenweise wie eine Kapitulationserklärung des Rechtsstaates vor dem Phänomen der unerlaubten Einreise unbegleiteter minderjähriger Drittenstaatenausländer nach Deutschland lesen.
Die Landesregierung macht unverblümt deutlich, dass es letztlich nicht möglich ist, ein Kind oder einen Jugendlichen, das beziehungsweise der ohne Eltern in die Bundesrepublik gekommen ist, in sein Herkunftsland zurückzuführen. Diese Aussage ist rechtlich einfach falsch!
Im Gegenteil, diese Zuwanderer werden auch nach Erreichen der Volljährigkeit über die Fortsetzung der Jugendhilfemaßnahmen umfassend vom Sozialstaat versorgt, anstatt spätestens dann abgeschoben zu werden. Das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!
Kurzum, wer es als Minderjähriger bis nach Deutschland geschafft hat, der kann im Regelfall auch als Erwachsener dauerhaft hierbleiben. Jedenfalls gilt das im rot-grün-regierten Bremen.
Ich komme zum Schluss! Manche Flüchtlinge wollen gar nicht arbeiten, sondern den Hartz-IVStatus auf Kosten der Steuerzahler lebenslang ausnutzen.