Protocol of the Session on June 15, 2017

sowie

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 15. Juni 2017 (Drucksache 19/1126)

Wir verbinden hiermit:

Viertes Hochschulreformgesetz Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit vom 12. Juni 2017 (Drucksache 19/1097)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Kück.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer 44. Sitzung am 11. Mai 2017 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit überwiesen. Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 19/1097 seinen Bericht dazu vor.

Wir kommen zur zweiten Lesung der Gesetzesvorlage.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Grobien als Berichterstatterin.

Frau Präsidentin! Ihre Ankündigung zu diesem Tagesordnungspunkt mit jetzt mittlerweile fünf Änderungsanträgen ist in der Tat sehr lang gewe

sen, und ich versuche, das ein bisschen auseinander zu sortieren. Fürwahr, erst Anfang Mai haben wir die erste Lesung des Gesetzes gehabt, die Drucksache wurde an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit überwiesen, und die Beratung im Ausschuss zu diesem Gesetz hat erst in der letzten Woche stattgefunden.

Ziel dieses Gesetzes, und darin waren wir uns auch überwiegend einig, ist es ja vor allen Dingen, personalrechtliche Strukturen an den Hochschulen zu verändern. Darüber bestand auch relativ große Einigkeit. Wir haben zur Beratung und zu dieser Anhörung hinzugezogen: Direktorrate, Personalräte und Studierendenvertretungen der vier öffentlichen Hochschulen, die Landeskonferenz der Frauenbeauftragen, den Deutschen Hochschulverband im Land Bremen, den Hochschullehrerbund im Land Bremen, die Arbeitnehmerkammer, den DGB, die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft GEW und ver.di.

Alleine die Institutionen waren schon eine ganze Reihe, acht an der Zahl. Nachher haben wir dann 17 Personen angehört und mit ihnen gesprochen, was auch sehr ambitioniert war, muss ich sagen. Ich möchte mich an dieser Stelle vor allen Dingen bei den Ausschussmitgliedern und auch bei den Personen, die angehört wurden, für ihre große Disziplin bedanken, sich fast ausschließlich an die dreiminütige Redezeit zu halten.

(Beifall)

Es gab auch vorab alle ihre schriftlichen Stellungnahmen, sodass man sich in die Thematik auch einlesen konnte. Wir haben uns kritisch auseinandergesetzt mit den Punkten, die auch vorgetragen wurden, und wir haben trotzdem auch in vielen Punkten große Übereinstimmungen gefunden. Diese gemeinsamen Punkte sind dann, so wurde es vereinbart, in einen interfraktionellen Antrag gemündet, der jetzt seit heute Mittag auch vorliegt. Vielen Dank, dass Sie, Herr Gottschalk, das noch ermöglicht haben, denn in der Tat hatten wir natürlich eigentlich gehofft, dass wir den Antrag schon etwas eher gehabt hätten. Dabei ging es vor allen Dingen um die Promotion als Voraussetzung für Beschäftigte an der Hochschule, um Drittellösungen bei der Arbeitszeit für sich in Qualifizierungen befindlichen Studierenden sowie teilweise auch nur um eine Überschrift von einem Gesetzesabschnitt. Es herrschte relativ große Einigkeit, und trotzdem gab es eben auch ein paar Knackpunkte, auf die wir uns eben nicht einigen konnten.

Landtag 3492 46. Sitzung/15.06.17

Das ist zum einen die Anwesenheitspflicht, und dazu gibt es jetzt auch zwei einzelne Anträge. Zum anderen sind es eine Reihe von Punkten bei den LINKEN, die aus den Änderungsanträgen, die schon im Ausschuss vorlagen, nicht berücksichtigt werden, die jetzt noch eingebracht werden, und noch zwei neue Anträge von der FDP. Wie gesagt, von meiner Seite aus auch noch einmal ganz herzlichen Dank an alle Teilnehmer dieser Anhörung für ihre große Disziplin, dass wir das so gut durchgesprochen haben, auch wenn jetzt noch, wie gesagt, einige Anträge eingetroffen sind. - Ich hoffe auf eine gute Debatte, vielen Dank!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte zunächst einen Dank aussprechen. Frau Grobien hat den Teilnehmern des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit und den Teilnehmern an der Anhörung einen Dank ausgesprochen für die Disziplin, die sie aufgebracht haben. Ich möchte Frau Grobien ganz herzlich danken, die diese Anhörung in hoher Effizienz durchgeführt hat.

(Beifall)

Wir alle waren in Sorge, dass es ein sehr, sehr langer Nachmittag werden würde, aber unter ihrer Regie haben wir das, glaube ich, fast in einer Rekordzeit zu Ende geführt, ohne dass inhaltlich Abstriche zu machen waren, und dafür herzlichen Dank!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz, das wir heute beraten, das Vierte Hochschulreformgesetz, ist Teil einer umfassenderen Überarbeitung und Modernisierung unserer Hochschulgesetze. In diesem Gesetz heute geht es vor allen Dingen um die Umsetzung von personalrechtlichen Änderungen, und in dem Bereich haben wir vor allem zwei Kernanliegen.

Das eine Kernanliegen ist, dass wir die Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs transparenter, planbarer und damit auch verlässlicher machen. Das mag sich ein bisschen wie ein Luxus anhören für eine bestimmte Gruppe, aber wer sich in diesem Bereich auskennt, der weiß, wenn ein junger Mensch sich heute dafür entscheidet, den Weg einer wissenschaftlichen Karriere einzuschlagen, dann schlägt er einen sehr schwierigen, dornenreichen und höchst riskanten Weg ein. Er oder sie

ist nicht nur gezwungen, in einem hohen Stakkato wissenschaftliche Spitzenleistungen abzuliefern, die irgendwo in renommierten Zeitschriften abgedruckt werden können. Er lässt sich viel mehr auf ein sehr großes Risiko ein, nämlich, dass es sehr lange dauert, bis er eine Lebenszeitanstellung bekommt, und das Risiko, dass er am Ende diese nicht bekommt, und dann in einem Alter ist, wo er oder sie mit seinen/ihren Voraussetzungen schlichtweg überqualifiziert ist und keine Anstellung mehr erhält.

Im Extremfall kann das bedeuten, das ist der Spruch, statt C3 Hartz IV. Dieses Risiko kann natürlich Folgen haben, nämlich dass gerade talentierte wissenschaftliche Nachwuchskräfte sich dafür entscheiden, diesen Weg gar nicht einzuschlagen, sondern dass sie sagen, dann gehe ich lieber in die Wirtschaft, dort werde ich besser bezahlt und habe eine größere Sicherheit. Das ist ein Punkt, der uns Sorgen bereiten muss, denn gerade im Bereich der Wissenschaft geht es immer mehr auch wie im Sport zu. Es gibt eine große Konkurrenz, gerade um Spitzenkräfte und um Talente, die nicht verloren gehen sollen. Gerade eine Hochschule, eine Universität, wie wir sie in Bremen haben, die sich die Exzellenz auch auf die Fahne geschrieben hat, muss ein großes Interesse daran haben, dass gute Nachwuchskräfte hier an die Universität geholt werden können, und zwar nicht nur national, sondern auch international.

Das Instrument, mit dem wir das künftig versuchen werden, ist das sogenannte TenureTrack-Verfahren. Ein Anglizismus, wie so vieles in diesem Bereich, was im Prinzip besagt, es ist ein Verfahren auf dem Weg zu einer Lebenszeitanstellung, denn dieses Verfahren greift an den Problemen an. Es bietet sehr frühzeitig wissenschaftlichem Nachwuchs, Spitzenkräften in diesem Bereich die Möglichkeit, eine Stelle zu bekommen, die zwar noch nicht auf Lebenszeit ist, aber die auch nicht von vornherein befristet ist, sondern wo die Chance besteht, wenn sie sich bewähren, dass sie dann auch ohne erneutes Bewerbungsverfahren diese Professur und diese Anstellung auf Lebenszeit bekommen. Das macht den Weg planbarer, verlässlicher, transparenter und sicherer. Es ist, glaube ich, der richtige Weg, den wir in diesem Bereich gehen müssen, um gute Talente zu finden.

(Beifall SPD)

Das zweite große Anliegen ist die Schaffung guter Beschäftigungsbedingungen und guter Arbeit im Bereich der Hochschulen. Hierzu ist im vergangenen Jahr zwischen Politik, den Hochschulen, den dortigen Beschäftigen und ihren Interessenvertretungen ein Rahmenkodex für

Landtag 3493 46. Sitzung/15.06.17

gute Beschäftigung, für gute Beschäftigungsbedingungen ausgehandelt worden. Dieser Rahmenkodex wird jetzt mit diesem Reformgesetz zu einem großen Teil umgesetzt. Frau Grobien hat es angesprochen. Es hat in der Anhörung Kritik gegeben, dass Teile dieses Rahmenkodexes nicht angemessen umgesetzt worden sind. Das holen wir jetzt im Wesentlichen nach, bei der Zeit beispielsweise, die Doktorandinnen und Doktoranden zur Verfügung stehen sollen, nämlich mindestens ein Drittel ihrer Angestelltenzeit. Vor allen Dingen aber auch mit der Verankerung des Rahmenkodexes im Gesetz selbst, in dem neuen Paragrafen 14 A.

Ich denke, das ist ein klares Signal, dass wir es ernst meinen mit besseren Beschäftigungsbedingungen, und dass wir auch erkannt haben, dass gerade in einem Umfeld, in dem Spitzenforschung geleistet werden soll, wo gute Lehre geleistet werden soll und vor allen Dingen auch eine effektive Transferleistung erbracht werden soll, dass dort auch gute Beschäftigungsbedingungen herrschen müssen. Wir sind froh, dass es uns gelingt, das umzusetzen.

Ich will aber auch sagen, dass wir in einem Punkt noch nicht liefern können. Es hat sich nämlich in den Vorbesprechungen und auch in der Anhörung gezeigt, dass es gerade an den Fachhochschulen eine Gruppe oder zwei Gruppen von Beschäftigten gibt, die bislang, was die Regulatorik angeht, eigentlich durch alle Regularien durchfallen, die eigentlich gar nicht angemessen erfasst werden.

Wissenschaftliche Mitarbeiter, die in der Vermittlung von Lehre tätig sind und als Laboringenieure oder Werkstattleiter an der Hochschule für Künste arbeiten, die nicht richtig erfasst werden. Wir können hier sagen, wir haben verstanden. Wir werden dort auch eine eigene Statusgruppe etablieren, aber wir können das mit diesem Reformgesetz noch nicht schaffen, denn dazu müssten noch einige Dinge abgeprüft werden, auch tarifrechtliche Fragen. Insbesondere muss es aber auch noch einmal die Gelegenheit geben, eine Anhörung dazu durchzuführen. Insofern von mir aus, von uns aus, mit Frau Dr. Henrike Müller bin ich unterwegs gewesen, wir haben die Gespräche gesucht, die haben uns überzeugt, und wir geben von hier aus das Signal nochmals, wir haben verstanden, und wir werden uns diesem zweiten großen Anliegen widmen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen - Glocke)

Das dritte große Anliegen, und damit komme ich dann zunächst vorläufig zum Schluss, ist die klare Regelung für die Anwesenheitspflicht.

Dazu würde ich gern im zweiten Teil noch einmal Stellung nehmen.

Ich danke Ihnen und will noch einmal etwas sagen, dieses Reformgesetz verdient seinen Namen zu Recht. Es bringt nicht nur Veränderungen, es bringt Verbesserungen, es ist eine gute Reform, und deshalb bitte ich um die Zustimmung. Danke!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir beraten heute die Novellierung des Bremischen Hochschulgesetzes, das sich dieses Mal im Kern mit Fragen des Hochschulpersonals beschäftigt. Bevor ich mich inhaltlich mit der Novelle beschäftige, möchte ich allerdings zwei Anmerkungen zum bisherigen Verfahren machen.

Im November wurde der erste Entwurf der Novellierung den verschiedenen Vertretungsgremien der Hochschulen zugesandt - so weit, so gut -, damit diese Stellung beziehen konnten. Unverständlich war mir dabei allerdings, warum der Entwurf nicht auch an die Abgeordneten weitergegeben wurde.

(Beifall DIE LINKE)

Die offizielle Begründung des Senats war, dass der Senat noch nicht offiziell beschlossen hatte und dass es sich hierbei eben nur um einen Entwurf handele und nicht um einen Beschluss des Senats. Ich kann Ihnen aber versichern, lieber Senat, auch Abgeordnete sind dazu in der Lage, einen Entwurf von einem Beschluss zu unterscheiden.

(Beifall DIE LINKE)

Noch absurder wurde das Ganze, als dann die Stellungnahmen der Personalräte und der Gewerkschaften eingegangen sind und wir uns zu diesen Stellungnahmen verhalten sollten, obwohl wir diesen Entwurf noch nicht vorliegen hatten. Das zeigt, wie schwierig es teilweise ist, wenn der Senat erst nach seiner abschließenden Beschlussfassung die Abgeordneten einbezieht. Ich habe mich in meiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt gefühlt und bitte darum, dass das Verfahren in Zukunft auch gegenüber den Abgeordneten transparenter gestaltet wird.

(Beifall DIE LINKE)

Landtag 3494 46. Sitzung/15.06.17

Ich bin allerdings sehr froh darüber, dass dem Wunsch der LINKEN stattgegeben wurde, eine Anhörung zur Novellierung des Gesetzes im Wissenschaftsausschuss durchzuführen - Frau Grobien hat gerade ausführlich davon berichtet -, denn in dieser Anhörung konnte wirklich noch einmal der Fokus auf die drängendsten Probleme in der Beschlussfassung des Senats gelegt werden. Es gab dann ja sogar noch in einem gemeinsamen fraktionsübergreifenden Änderungsantrag, der heute Mittag eingegangen ist, die Möglichkeit, an ein paar Stellschrauben zu drehen. Das ist natürlich gut. Trotzdem kritisieren wir diese Hauruck-Aktion - weil sie einem Hochschulgesetz einfach nicht angemessen ist -, eine Anhörung durchzuführen und eine Woche später den Gesetzentwurf beschließen zu wollen.

Wir konnten die Anhörung im Ausschuss nicht wesentlich früher durchführen, weil der Senat noch nicht beschlossen hatte. Das ist eine Schwierigkeit des Parlamentarismus, die wir nicht einfach so hinnehmen müssen.

(Beifall DIE LINKE)