Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich wirklich, jetzt hier am Redepult zu stehen und den Antrag vorstellen zu dürfen, denn mit diesem Antrag - wenn wir ihn beschließen - gehört Bremen zu den Vorreitern der Divestmentbewegung in Deutschland und ist hinter Berlin das zweite Bundesland, das öffentliches Geld nur noch nach umwelt- und klimafreundlichen, ethischen und sozialen Kriterien anlegt. Wir wollen, dass Bremen nachhaltig und sauber investiert, nach dem Motto, keine Kohle für Kohle, und das ist ein wichtiges Signal, das von Bremen für den Klimaschutz ausgeht, meine Damen und Herren.
Die Divestmentbewegung gibt es schon ein bisschen länger. Der „Spiegel“ schrieb schon 2015 - ich zitiere -: „Norwegen hat es getan, der
Rockefeller-Clan will es auch. Sie stoßen Aktien von Konzernen ab, die mit schmutziger Energie Gewinne machen. Innerhalb dieser Divestmentbewegung haben inzwischen über 700 Institutionen einen Betrag von etwa 5,45 Billionen USDollar sowie über 58 000 Privatpersonen rund 5,2 Milliarden US-Dollar aus Kohle-, Öl- und Gaskonzernen abgezogen.“
Neben Regierungen und Bildungseinrichtungen, vor allen Dingen Universitäten, sind die kirchlichen und wohltätigen Organisationen die Spitzenreiter der Divestmentbewegung. Wir wollen heute, mit diesem Antrag in Bremen, der Divestmentbewegung folgen und auch diesen positiven Beispielen folgen, meine Damen und Herren. Das ist ein Supersignal, finde ich, für den Klimaschutz.
Man muss allerdings Folgendes sagen: Wir sind ein Haushaltsnotlageland, und es ist ja nicht so, dass wir ganz viel Geld auf der hohen Kante haben, das wir investieren können. Bremen geht eigentlich schon einen sehr guten Weg, denn das, was wir haben - der Kapitalstock, aus dessen Zinserträge die Beamtenversorgung geleistet wird -, ist eine Summe von 430 Millionen Euro. Dieser Betrag darf beispielsweise jetzt auch schon nicht in Aktien angelegt werden, weil wir natürlich Risiken vermeiden müssen. Wir haben uns allerdings darauf verständigt, dass die Anlagestrategie künftig ausdrücklich auf ethische und klimafreundliche Anlagen ausgerichtet sein wird.
Bei Geldanlagen ist sicherzustellen - das können Sie dem Antrag entnehmen -, dass mit ihnen weder fossile Energien noch Atomkraft unterstützt werden dürfen. Kinderarbeit, die Herstellung von Kriegswaffen, Tierversuche zur Herstellung von Kosmetika, Frau Neumann -
na ja, weil Sie ja eine Tierschützerin sind, deswegen, Entschuldigung, Frau Neumeyer -, die Verletzungen der ILO-Kernarbeitsnormen, die Unterstützung von Steueroasen oder die Herstellung von gentechnisch veränderten Pflanzen beziehungsweise Saatgut sind fortan Ausschlusskriterien für die Geldanlagen.
Das Prinzip von Divestment! Divestment appelliert an die Vernunft. Falls die Politik - und das hoffen wir natürlich alle - am Ziel festhält, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, muss ein Großteil der noch vorhandenen fossilen Reserven nicht mehr ausgebeutet werden. Es kommt dann zu einer gewaltigen
Kohlenstoffblase. Experten schätzen die Größe auf bis zu 6 Billionen Dollar ein. Selbst Sir Mark Moody-Stuart - er ist der langjährige Chairman des Ölkonzerns Shell - nennt Divestment heute eine rationale Entscheidung, da die Energiebranche eben zu lange braucht, um umzusteuern.
Das Ziel bei Divestment ist, dass öffentliche, staatliche oder regionale Mittel als Investitionen aus jenen Bereichen zurückgezogen werden, die sich als besonders umweltschädlich, als besonders ungerecht bei der Verteilung des Reichtums, als besonders ausbeuterisch oder fahrlässig im Umgang mit klimaschädlichen Stoffen erwiesen haben.
Es gibt natürlich auch hier ein Beispiel, nämlich RWE. RWE hat mit seinem veralteten Geschäftsmodell, das nämlich auf Kohle, Strom und Atomkraft basiert, bereits an Wert verloren, und dadurch haben auch kommunale Anteilseigner finanzielle Verluste erlitten. Bremen investiert nicht in solche fragwürdigen Geschäftsmodelle und verringert damit das Risiko von Kapitalverlusten.
Dieser Antrag und das Bekenntnis, dass sich Bremen der Divestmentbewegung anschließt, gehen vor allen Dingen auf unsere Vorbildfunktion zurück, denn es sind nicht nur die Kommunen oder Staaten, wie beispielsweise Norwegen, die divestieren, sondern es kann auch jeder Sparer und jeder Kleinanleger zur Divestmentbewegung beitragen, in dem man sich nämlich von den Banken ökologische oder ethische Portfolios vorlegen lässt. Die Divestmentbewegung und auch wir, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen, erhöhen natürlich den Druck auf Banken, entsprechende Anlageportfolios vorzuhalten und den Kunden aktiv anzubieten.
Meine Damen und Herren, wenn Sie selbst einmal versuchen, nach solchen Kriterien Geld anzulegen, ist es bei Banken nicht üblich, dass sie Ihnen entsprechende Angebote unterbreiten. Man wird meistens erst einmal mit großen Augen angeschaut. Deswegen ist es gut, dass so viele, auch Kirchen, divestieren, damit es zu einem größeren Angebot kommt.
Mit jeder Institution, die sich öffentlich von den Kohle-, Öl- und Gasunternehmen trennt, wird die Investition im Klimaschutzbereich attraktiver und umgekehrt, die Investitionen werden in den Old-School-Klimakiller-Fonds unattraktiver.
Meine Damen und Herren, mit unserem Bekenntnis zum Divestment senden wir ein gutes Signal aus, nämlich für den Klimaschutz, aber auch für faire und gute Arbeitsbedingungen. Ich hoffe, dass viele Bremer Institutionen und Privatanleger dieser Bewegung folgen. Die Investition in den Klimaschutz ist aus finanzpolitischer Sicht nachhaltig und zukunftsfähig. - Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt hier ein extrem ideologisch geprägter Antrag der Regierungskoalition vor, und im ersten Augenblick dachte ich: Was wollen Sie damit hier eigentlich für Bremen bewegen? Welche Finanzeinlagen haben wir eigentlich? Dann habe ich noch einmal nachgesehen, und der zweite Gedanke war, na gut, es schadet offensichtlich nicht, denn wir haben ja gar keine Mittel zum Anlegen. Bremen legt ungefähr sechs Milliarden Euro an, aber im Wesentlichen in Sondervermögen und in Eigenbetriebe.
Dann habe ich aber noch einmal weitergedacht, und ich glaube, das haben Sie bei diesem Antrag vergessen: Was für ein Signal senden wir hier als Bremische Bürgerschaft, wenn wir diesen Antrag beschließen? Wir wollen keine Investitionen in die verschiedenen von Ihnen dort aufgeführten Punkte. Das bedeutet, damit treffen Sie als Erstes - schauen wir einmal deutschlandweit - jede Menge DAX-Konzerne, die am Aktienmarkt gehandelt werden, die im DAX gelistet sind: Bayer produziert genetisch modifizierte Pflanzen -
ob sie es sollten oder nicht, sie tun es, und sie machen es legal, und die Firma wird am deutschen Aktienmarkt gehandelt! -, unsere Banken, Deutsche Bank, Commerzbank, das fällt in den Bereich legale Steuervermeidung. Auch das ist ein Punkt.
Schauen wir doch einmal nach Bremen! Was für ein Signal geht von dieser Bürgerschaft aus für die Unternehmen, die hier am Standort arbeiten und auch auf Geld aus Finanzhandel - ? Daimler zum Beispiel fällt unter den Bereich Kriegswaffenherstellung, Airbus fällt unter den
Bereich Kriegswaffenherstellung in seinem Bereich Airbus Defence. Das sind alles Investitionen, die Sie hier nicht wollen und hier missbilligen.
Ein positiver Aspekt ist daran vielleicht auch zu gewinnen: Offensichtlich gilt für Sie, dass jede Diskussion über eine Rekommunalisierung der swb mit ihren Kohlekraftwerken mit diesem Antrag dann beerdigt ist, das ist vielleicht auch etwas. Auch wir haben hier einen Energielieferanten, einen Energieerzeuger, swb, der auf Kohlekraft setzt, also auch das missbilligen Sie hier, wenn in diesem Bereich Investitionen getätigt werden, Unternehmensbeteiligungen und so etwas.
Meine Damen und Herren von Rot und Grün, Wirtschaftspolitik heißt auch, weiter zu denken, und in diesem Fall zeigen Sie, dass Sie es nicht wissen und das Weiterdenken nicht beherrschen.
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Doch! Wir denken nur ein bisschen weiter als Sie!)
Sie schaden mit diesem Antrag, allein aufgrund des Signals, das von diesem Parlament hier ausgeht, dem Wirtschaftsstandort Bremen, indem Sie hier ohne Not und ohne Grund vernünftige Investitionen in wichtige Arbeitgeber an diesem Standort hier in Bremen verhindern wollen.
Sie missbilligen Investitionen in diese Arbeitgeber, und deswegen werden wir solch einen Quatsch nicht mittragen und lehnen den Antrag ab. - Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man nach vorn denkt, in die Zukunft dieses Planeten, dann werden Sie erstens erkennen, dass fossile Energieträger endlich sind,
Kohle, Braunkohle und Gas und so weiter verbrannt haben, das nach meiner Schätzung durchaus ein paar Milliarden Jahre gebraucht hat, sich zu entwickeln. Das heißt, wenn wir das verbraucht haben, bekommen wir so schnell nichts Neues. Deswegen ist eine Investition in eine Energieversorgung, die das zum Hauptziel hat, nicht nachhaltig, und deswegen würde ich Geld dort nicht anlegen, hätte ich ein Interesse daran, Geld anzulegen.
Deswegen finde ich es richtig, sich hier politisch mit der Frage auseinanderzusetzen, wenn wir Geld zum Anlegen hätten - das können wir ja noch einmal klären, Herr Staatsrat Strehl kann ja einmal sagen, um welche Summe es da geht, aber ich glaube auch nicht, dass es so viel ist - und wollten wir es anlegen, zum Beispiel als Rücklage, die man jedes Jahr bilden muss, für eine Mülldeponie, das dann nicht in einem solchen Bereich zu machen.
Bei aller Liebe, Unternehmen, Konzerne, die ihre Profite mit Kinderarbeit machen, verdienen nicht einen einzigen Euro an öffentlichen Investitionen,
sie bekommen auch von mir kein Geld, und auch von anderen Privaten sollten sie kein Geld bekommen. Es ist, salopp ausgedrückt, unter aller Sau, wenn man das als Behinderung von Konzernen begreift und das als Kriterium nicht ausschließt. Bei Kriegswaffen ist es genauso, und bei der Herstellung von gentechnisch veränderten Pflanzen und der Verletzung der ILOKernarbeitsnormen auch. Ich finde, wenn man schon investieren will und irgendwo öffentliches Geld, Geld von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern investiert, um aus dem Ergebnis einen Gewinn zu erzielen, dann sind das die Mindestkriterien, die die öffentliche Hand anlegen muss.
Es gibt natürlich noch eine andere Methode, um zu verhindern, dass eine veraltete Technik zur Erzeugung von Energie über die Jahre überlebt. Wenn wir die swb gekauft hätten, dann könnten wir uns heute dazu entscheiden, ein Ausstiegsszenario aus dieser Energie zu machen, hätten einen ganz anderen Einfluss auf diesen Betrieb und könnten unseren Einfluss als öffentliche Hand sowie unseren politischen Willen und unsere Einsicht in die Notwendigkeit ganz anders wirksam werden lassen. Das können wir aber nicht, einmal ganz abgesehen davon, dass ich jetzt nicht darüber reden werde, dass es dumm war, es nicht zu machen.
Man kann also eine Investition in eine Firma nicht mit einem beherrschenden Anteil an einer Firma vergleichen, denn dann hat man unterschiedliche Wege, eine Lösung für ein Problem zu finden. Grundsätzlich finden wir das in Ordnung, wenn wir schon darüber reden, öffentliches Geld anzulegen, dann sind das die Mindestkriterien, die man anlegen muss.