Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens: Lehrbeauftragte werden an den Hochschulen gebraucht. Ich glaube, wir werden die Hochschulen nicht ohne Lehrbeauftragte betreiben können.
Es ist neben den Gründen, die Herr Gottschalk angeführt hat, ganz deutlich zu sagen, dass die Überlast ohne Lehrbeauftragte nicht gestemmt worden wäre. Und manche Vakanz hätte ohne Lehrbeauftragte nicht vertreten werden können. Wenn die Berufung für eine Nachfolge auf eine Stelle nicht unmittelbar erfolgt, dann muss die Lehre mit Lehrbeauftragten aufgefangen werden. Das gehört auch zur Wahrheit dazu.
Die Frage, die sich wirklich stellt, ist doch: Führt die Forderung der CDU-Fraktion zu einem Datenfriedhof, oder hilft sie, das Problem zu lösen? Wir als Freie Demokraten vertreten die Auffassung, dass der Datenfriedhof nicht zur Problemlösung beiträgt, denn es fehlen die Daten, die wirklich benötigt würden.
Wir müssten wissen, ob die Leute einen anderen Job haben, wie viel sie an anderer Stelle verdienen und in welcher Beschäftigungssituation sie sich insgesamt
befinden, um entscheiden zu können: Führt das zu prekärer Beschäftigung? Viele Lehrbeauftragte nehmen den Lehrauftrag neben einer Vollzeitstelle wahr, wie ich es beispielsweise selbst eine Zeitlang getan habe. An dieser Situation ist nichts Prekäres, im Gegenteil, es macht Spaß, und es trägt dazu bei, dass die Lehre an den Hochschulen stattfinden kann.
Es gibt aber auch Leute, die sich ganz und gar der Tätigkeit des Lehrbeauftragten verschrieben haben. Sie lehren an mehreren Hochschulen. Es gibt Formulare, in denen man erklären muss, an welchen Hochschulen man in Bremen und außerhalb Bremens lehrt. Die Verwaltung prüft dann, ob es sich um eine prekäre Beschäftigung handelt, ob es vernünftig ist und ob es verantwortet werden kann.
Weiterhin sind viele kleine Studienfächer vorhanden, insbesondere an der Hochschule für Künste – Herr Gottschalk ist darauf eingegangen –, die nur so überhaupt gelehrt werden können. Wenn ein Musikinstrument nur in wenigen Stunden unterrichtet werden kann, dann kann die Hochschule dieses Musikinstrument entweder anbieten, oder das Angebot fällt ersatzlos weg. Das wissen wir alle. Deshalb brauchen wir keinen Datenfriedhof. Deshalb haben auch wir Ihren Antrag abgelehnt.
Wir müssen an der einen oder anderen Stelle genau hinschauen – da beißt die Maus keinen Faden ab –, ob man es rechtzeitig macht, ob man beispielsweise rechtzeitig Lehraufträge verlängert. Es ist manchmal ein viel größeres Problem, weil kurzfristig unklar ist, wer im nächsten Semester das Fach unterrichtet.
Solche Probleme müssen wir angehen. Wir müssen die Problematik im Auge behalten, aber nicht mit Datenfriedhöfen, sondern mit genauem Hinsehen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen den Antrag der CDU-Fraktion auch ab.
Das ist keine Überraschung für die CDU-Fraktion, wohl aber eine Enttäuschung! Es tut mir sehr leid! Trotzdem werden wir Ihren Antrag ablehnen. Wir sind ja Enttäuschungen von Ihrer Seite gewöhnt.
Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen, weil uns in der Tat der Erkenntnisgewinn einer solchen Datensammlung nicht ganz klar ist. Nehmen wir einmal an, Frau Grobien, wir fangen jetzt an, in den nächsten zwei Jahren halbjährlich aufzulisten, welche Lehraufträge wir an den jeweiligen Hochschulen vergeben
haben. Sie werden ja dezentral aufgenommen, aber wir tragen sie jetzt zentral zusammen. Wir werden dann nach zwei Jahren sehen, also vier Kohorten, dass es bestimmte Menschen gibt, die immer wieder Lehraufträge wahrnehmen.
Dann werden wir sehen, dass Studiengänge vorhanden sind, die grundständige Lehre, nicht zusätzliche Lehre mit Lehraufträgen abdecken, obwohl das eigentlich nicht Sinn der Sache ist. Wir werden weiterhin sehen, dass Studiengänge vorhanden sind, die nur mit Lehraufträgen ein vielfältiges Lehrangebot für Studierende vorhalten können. Das, liebe Frau Grobien, wissen wir bereits alles. Die Problematik der Lehraufträge ist uns bekannt.
Wir wissen darüber hinaus, was wir, glaube ich, durch ihre Dokumentationsidee nicht feststellen würden, dass zumindest an der Hochschule für Künste die Lehrbeauftragten in Teilen zu gering entlohnt werden, dass die Honorare zu niedrig sind.
Wir wissen auch, dass die Lehrbeauftragten maximal zwei Semesterwochenstunden bezahlt bekommen. Wir kennen allerdings nicht den Rattenschwanz an Prüfungen, die inzwischen beim Bachelor-Studiengang vorhanden ist. Das machen die Lehrbeauftragten umsonst. Wir kennen die vorhandenen Problemlagen. Wir nennen sie prekäre Beschäftigung an Hochschulen. Diese Lehrbeauftragten sind übrigens – heute ist der 8. März – zumeist weiblich.
Liebe Frau Grobien, diese gesamten Erkenntnisse liegen bereits vor, und deswegen ist das von Ihnen geforderte Dokumentationswesen überflüssig. Viel notwendiger ist die Debatte, ob wir uns zukünftig eine Vielzahl von Studiengängen leisten wollen, die die eigene Lehre mit dem Stammpersonal nicht abdecken können. Das debattiere ich gern!
Wir müssen auch die Tatsache debattieren, dass sich offensichtlich immer mehr Menschen – ich gehörte auch einmal dazu –
mit Lehraufträgen über Wasser halten. Wir müssen den Menschen dann sagen, das habe ich mir früher selbst gesagt: So geht es nicht, du musst dir eine andere Arbeit suchen, weil deine jetzige Arbeit auf Dauer existenzgefährdend ist.
Wenn es keine Aussicht auf eine halbe Stelle gibt, dann musst du deiner Institutsleiterin irgendwann einmal sagen: Deine Lehraufträge machst du jetzt allein!
Das sind Fragen, über die wir sprechen müssen. Das sind aber „tiefere Tanker“. Daran kann man nicht einmal eben ein bisschen herumschrauben, sondern wir müssen grundsätzlich über Lehrangebote und die Arbeitsverhältnisse reden. Das haben wir gerade an einem Runden Tisch zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen an den Hochschulen getan.
Ich wünsche mir – ich weiß, dass das Ressort bereits tätig geworden ist –, dass wir verstärkt über eine Erhöhung der Honorare an der Hochschule für Künste reden, weil dort viel Lehre für Einzelinstrumente, und das wissen wir alle, nur über Lehrbeauftragte abgedeckt werden kann. Ich wünschte mir, und das macht die Hochschule in Teilen schon, dass Lehraufträge an der Hochschule für Künste, vielleicht auch an der einen oder anderen Hochschule über ein Semester hinweg, vielleicht für zwei Semester, vergeben werden. Damit entsteht eine verbesserte Planungssicherheit für die jeweiligen Beschäftigten.
Das sind Sachverhalte, die wir noch einmal intensiver diskutieren müssen. Das tun wir im Augenblick mit den Personalräten, mit der GEW, mit anderen Beschäftigten und mit dem Ressort. Das werden wir auch weiter tun. Das ist auch Bestandteil der nächsten Novellierung des Hochschulgesetzes. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wissenschaftspolitikerinnen und Wissenschaftspolitiker haben in diesem Hause das Abonnement, ihre Debatten immer kurz vor Schluss der Bürgerschaftssitzung am Abend führen zu müssen,
und Sie müssen mir jetzt auch noch zuhören, denn es geht um ein eigentlich wichtiges Thema. Ich finde es sehr schade, dass dieses Thema erst um 17.55 Uhr debattiert wird.
Wir haben bisher darüber gesprochen, was die CDUFraktion mit ihrem Antrag bezweckt. Er fordert eigentlich nur, dass ein Berichtswesen eingerichtet werden soll, das die Situation in diesem Bereich genau darstellt. Die SPD und die Grünen sagen, das bringt nichts. Die Grünen sagen: Ja, es gibt eine prekäre Beschäftigung. Die SPD sagt das auch. Die FDP meint: Nein, eine prekäre Beschäftigung ist oft
nicht vorhanden. Herr Dr. Buhlert erklärt, es gebe viele Lehrbeauftragte, die in Lohn und Brot stünden.
Es gibt sozusagen den Idealtyp des Lehrauftrags: Es ist jemand in einem Unternehmen tätig, und er wird als Lehrbeauftragter an der Hochschule tätig, um den Praxistransfer zu vermitteln.
Für ihn ist der Lehrauftrag eine Art Ehre. Die Vergütung ist eher eine Art Aufwandsentschädigung und in dem Sinne kein richtiger Lohn, weil die Person über ihren festen Job komplett abgesichert ist. Das ist die eine Gruppe, Herr Dr. Buhlert. Sie ist leider wesentlich geringer, als viele behaupten.
Bei der anderen Gruppe sprechen wir über wirklich prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Wir haben hier schon häufiger über prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft diskutiert. Wenn man sich einmal genau anschaut, welche Probleme es im Wissenschaftsbereich gibt, dann sieht man, dass die Lehrbeauftragten ganz unten in der Nahrungskette stehen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir genau da einmal hinschauen.
Von den Hochschulen haben wir erfahren, dass die Vergabe von Lehraufträgen dezentral erfasst wird. Die Gründe müssen genannt werden, aus denen man in auf einen Lehrauftrag verweist, aber kein wissenschaftlicher Mitarbeiter oder ein Professor tätig wird. Das heißt, für uns als Linksfraktion ist nicht klar, warum es, wenn es schon dezentral erfasst wird, keine zentrale Erfassung erfolgen und an den Wissenschaftsausschuss weitergeleitet werden kann. Mehr will dieser Antrag gar nicht!
Herr Gottschalk, Sie sagen, wir wollen aber genau wissen, wie lange die Leute diesen Lehrauftrag wahrnehmen. Wenn wir wissen, die Person macht das schon über fünf oder zehn Jahre und es gibt keine andere feste Tätigkeit, und stellen dann fest, ob es sich um eine prekäre Beschäftigung handelt, hätten Sie doch einfach einen Änderungsantrag stellen können. Sie hätten die Idee von Frau Grobien aufgreifen und verbessern können.