Protocol of the Session on February 16, 2017

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Lasst uns das irgendwie selbst schaffen! Ich bin an der Seite aller Landwirte, der konventionellen wie auch der Biolandwirte, und da ist keiner besser oder schlechter als der andere, wenn ich das noch einmal sagen darf. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann hier feststellen, dass die Milchkühe in Bremen nicht grün wählen würden. Das kann ich letztendlich tatsächlich der Debatte in der Deputation entnehmen, und ich kann Ihnen auch gern erklären, warum: Der Antrag der CDU richtet sich ja auf etwas, was andere Bundesländer schon lange haben – der Kollege Imhoff hat es gesagt –, nämlich auf eine Förderung der Sommerweidehaltung durch eine Prämie.

In Bayern können Landwirte eine Förderung für die Sommerweidehaltung in Höhe von 30 Euro pro Jahr und Großvieheinheit beantragen. In NordrheinWestfalen können sie das ebenfalls mit 50 Euro, in Mecklenburg-Vorpommern liegt der Betrag bei 60 Euro pro Großvieheinheit. Auf diese Art und Weise können Bundesländer an dieser Stelle durchaus

unterstützend wirken. Das bayerische Landwirtschaftsministerium hat hierzu auch eine Prämienkalkulation vorgelegt. Diese würde ich gern einmal kurz zitieren, denn bei der Weidehaltung geht nämlich die Milchleistung durchaus ein Stück zurück, und die so entstandenen Umsatzeinbußen müssen ja letztendlich auch ausgeglichen werden. Niedrige Kraftfutterkosten und die niedrigen Kosten für Tierarzt, Besamung und variable Maschinenkosten bei der Weidehaltung werden nämlich nicht ausgeglichen, und für die Grundfutterversorgung der Tiere wird beim Weidegang zudem etwas mehr Fläche benötigt.

Durch diesen zusätzlichen Flächenbedarf und die erhöhten Arbeitszeiten – diese darf man nämlich auch nicht vergessen, Personal ist nämlich kostenintensiver – entstehen gegenüber der ganzjährigen Stallhaltung zusätzliche Kosten in Höhe von fast 35 Euro pro Großvieh, das ist der Stand von 2011. Deshalb geht nämlich das Argument im Bericht der Deputation ins Leere, es gäbe ja relativ viel Weidehaltung in Bremen. Das bedeutet ja unter dem Strich nichts anderes als: Liebe Landwirte, es kann ja sein, dass das teurer wird, aber das ist euer Problem. Das bedeutet letztendlich, dass man sagt, das könnten sie ja selbst zahlen, und auf diesem Engagement lassen wir sie dann ein Stück weit sitzen.

Genau in dem Zusammenhang finde ich es wichtig zu sagen: Hier werden Höfe aufgegeben, die Familienbetriebe haben ein Riesenproblem. Diesen Kostendruck gibt es, und bei der Weidehaltung natürlich exorbitant. Wenn wir wollen, dass die Weidehaltung erhalten bleibt – es ist ja schön, dass wir einen relativ großen Anteil haben, aber er ist bedroht –, finde ich es vollkommen richtig zu sagen, dass sie dort eine Unterstützung bezüglich der Prämien brauchen.

(Beifall DIE LINKE, CDU – Präsident Weber über- nimmt wieder den Vorsitz.)

Ich verstehe nicht, warum sich der Senat an der Stelle partout nicht engagieren will. Das bezieht sich eben auch auf den Sachstandsbericht, und dieser bezieht sich ja auch wieder auf einen Bericht, der auch nicht der neueste ist, und dort stehen Einschätzungen, wir haben überhaupt keine verlässlichen Zahlen! Die gefühlte behördliche Einschätzung dazu aus dem Jahr 2015 hat mit den aktuellen harten Zahlen nämlich nicht das Geringste zu tun, außerdem hat sich die Milchwelt ja bekanntlich inzwischen weitergedreht, das darf man ja auch nicht vergessen, das heißt also, die Existenznöte sind ja größer geworden. Die Freigabe der Milchpreise, das wissen wir, ist nach hinten losgegangen, und deshalb würde eine Förderung und Anerkennung von Landwirten, die ihr Vieh auf der Weide halten, sehr gut in dieses Umfeld passen.

Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben übrigens gerade eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, die sich ebenfalls auf die Förderung der Weidehaltung bezieht. Ich muss an der Stelle auch

noch einmal sagen, hier wäre auch wichtig, darauf zu achten, dass es nicht eine Flächenförderung gibt, sondern die Tierhalter sie tatsächlich direkt bekommen, selbstverständlich entsprechend der Anzahl ihrer Tiere, denn allein die Flächenförderung macht es nämlich nicht aus.

In dem Zusammenhang heißt es natürlich auch, dass es darum geht, mehr Geld in den ELER-Fonds umzuschichten und daraus eben die Förderung der Weidehaltung aufzustocken, aber das muss auch kofinanziert werden, das darf man jetzt nicht vergessen, das ist ja nichts, was man einfach einmal zu 100 Prozent bekommt.

Das Landwirtschaftsministerium in Hannover sagt dazu: „Das gesellschaftlich gewollte Tierwohl in der Landwirtschaft kostet Geld, und daher ist es nur gerecht, dass die Tierhalter höhere Anteile an der Milliardenförderung der EU-Agrarbeihilfen auch bekommen.“ Das sind klare Worte, die ich mir, ehrlich gesagt, auch aus Bremen wünschen würde.

Ich kann es absolut nicht nachvollziehen, warum sich Rot-Grün dem Antrag der CDU an der Stelle verweigert, der ja noch nicht einmal mehr als einen ersten Prüfauftrag vorsieht. Es steht ja jetzt noch gar keine konkrete Förderung darin, sondern dass wir darüber nachdenken sollen, ein Konzept zu erarbeiten und nicht genau dem Vorschub zu leisten, dass hier der Abbau der Milchviehhaltung eingeleitet wird. – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE, CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Crueger.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Imhoff, wie Sie wissen, freue ich mich einerseits darüber, dass Sie hier im Parlament sitzen, weil Sie den agrarfachlichen Sachverstand in das Plenum einbringen. Das ist im Stadtstaat nicht selbstverständlich.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Aber? – Heiterkeit)

Andererseits sind Sie nahe am Puls der Zeit und bereichern uns regelmäßig mit Ihren Initiativen. Das haben wir bei der Milchpreisdebatte im letzten Jahr erlebt. Wir hatten uns relativ breit auf einen Antrag verständigt und wir konnten sehen, wie gut das funktionierte.

Kollege Imhoff, ich bin mir an dieser Stelle aber nicht sicher, ob – ich bin immer dafür, nach Niedersachsen zu schauen – es nicht sinnbringender gewesen wäre, Ihre Initiative in den Niedersächsischen Landtag, aber nicht in die Bremische Bürgerschaft, einzubringen. Ich möchte das nur mit zwei Zahlen belegen.

Es in der Debatte viel über Bayern als eines der vorbildlichen Bundesländer gesprochen worden, wenn

es darum geht, Weideland zu fördern. Wir haben aber auch schon einmal gelernt, 90 Prozent unserer bremischen Kühe und Kühinnen stehen auf

(Zuruf CDU: Ochsen! – Heiterkeit)

Ochsen. Ich merke es schon, Ironie ist im Parlament immer fehl am Platze. Also, 90 Prozent unserer Bullen, Ochsen und Kühe stehen hier in Bremen derzeit auf Weide.

(Zuruf: An Baum! – Heiterkeit)

Wenn ich mir dann einmal die Situation in Bayern anschaue, das ja in unserer Bundesrepublik neben Niedersachsen das Agrarland schlechthin ist, dann sind dort 3,1 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche vorhanden. Von diesen 3,1 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche entfallen gerade einmal 350 000 Hektar auf die Weidenutzung. Von diesen 350 000 Hektar entfallen wiederum 40 000 Hektar auf Almen und Alpen. Das ist das Gebiet, auf dem wir im Sommer wandern. Wer es schon einmal erlebt hat: Auf der Alm steht dann ganz vergnügt das braune und rote Höhenrind. Das hat Tradition. Das ist Kulturgut. Das muss subventioniert werden, denn sonst würde es gar nicht funktionieren. Frau Kollegin Bernhard hat es bereits völlig richtig ausgeführt.

Es sind dann noch einmal 50 000 Hektar Waldweiden vorhanden, auf denen in der Regel Rinder stehen. Das heißt, von den 3,1 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Fläche werden gerade einmal 400 000 Hektar für die Weidehaltung genutzt.

In Bremen stellt sich die Situation völlig anders dar, und das ist doch völlig klar. Wir müssen uns deshalb natürlich überlegen, ob Ihre Initiative wirklich sinnhaft ist, wenn neun von zehn Bullen, Ochsen und Kühen in Bremen unter freiem Himmel auf der Weide stehen.

(Beifall SPD)

Ich meine, wir führen doch alle Gespräche mit dem Bereich Landwirtschaft in der Verwaltung, ehemals im Wirtschaftsressort, seit dieser Legislaturperiode im Umweltressort angesiedelt. Es ist doch nicht so, dass man uns dort nicht auch mit offenen Armen begegnet und sagt: Ja, wir als kleines, klammes Bundesland, egal, ob das im Höhepunkt der Milchkrise gewesen ist, man sagt uns, natürlich, alles, was wir an ELERMitteln haben, alles, was wir an PFEIL-Mitteln haben, alles, was wir von der EU- und Bundesebene irgendwie beantragen können, das nehmen wir natürlich, um unsere Landwirtschaft zu stärken, um in dieser Krisensituation den Milchbauern zu helfen, um aber auch unsere Ziele im Hinblick auf den ökologischen Landbau weiterhin zu erreichen.

Ich meine, wir haben doch hier eine Chance, weil wir nicht nur eine große Weidehaltung haben, sondern

weil wir gleichzeitig auch mit einer Quote von circa 13 Prozent Spitzenreiter im ökologischen Landbau sind. Man muss ganz einfach einmal sagen: Bremen hat, gar nicht einmal nur aufgrund eigenem Verdienstes, sondern auch aufgrund der glücklichen Lage als Stadtstaat, eine starke Stellung, und alle Finanzmittel, die aus europäischen Programmen und aus Programmen des Bundes organisiert werden können, werden organisiert, um diesen Bereich weiter zu stärken.

(Beifall SPD)

Deshalb würde ich sagen, dass wir die beiden Studien, die in Kooperation zwischen Bremen und Niedersachsen durchgeführt werden, erst einmal abwarten. Es werden Eckdaten zum Beispiel zu folgenden Fragen erhoben: Wie verlaufen die Wertschöpfungsketten? Wie funktioniert überhaupt die Weidehaltung? Welche Konsumentenpräferenzen bestehen bei der Weidemilch im Vergleich zu anders erzeugter Milch? Wenn die Ergebnisse dieser beiden Studien vorliegen, dann können Bremen und Niedersachsen erst einmal stolz sein, dass das gemacht worden ist, weil eine gute Datengrundlage immer der Anfang von guter Politik ist.

Wir sollten uns dann hier gemeinsam noch einmal zusammensetzen und sollten uns überlegen, ob wir weitere ganz zielgerichtete Maßnahmen entwickeln können, um das bisherige Ergebnis zu verbessern. – Ich danke Ihnen vielmals!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Buchholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 9 900 Rinder, davon allein 3 600 Milchkühe, das ist auch für das kleinste deutsche Bundesland eine beachtliche Zahl. Von den 90 Prozent in Weidehaltung war bereits die Rede, das heißt, wir reden wirklich über Weidehaltung, die gut so ist und die auch weiter gefördert werden sollte.

(Beifall FDP, CDU)

Dabei geht es um das Tierwohl genauso wie um die Grünlandpflege und die Erhaltung einer artenreichen Kulturlandschaft.

(Beifall FDP)

Daher unterstützen auch wir Freien Demokraten die für Bremen typischen bäuerlichen Familienbetriebe, und zwar sowohl konventionelle Höfe wie auch Biohöfe.

(Beifall FDP)

Im vorliegenden Bericht wird auch mit Blick auf das niedersächsische Projekt empfohlen, einfach abzu

warten. Das reicht aber keineswegs aus. Die Maßnahmen Bremens können allenfalls als flankierend eingestuft werden. Für uns ist die Zeichnung der Charta Weideland, lieber Herr Imhoff, dennoch der richtige Schritt, der nun allerdings noch mit Leben gefüllt werden muss.

(Beifall FDP)

Es wurden zwar Ziele formuliert, aber nicht der Weg dorthin. Dennoch, sechs Ziele der Charta sollten und könnten eine gemeinsame Basis schaffen: erstens, vielfältige Produktionsverfahren der Milcherzeugung, zweitens, positive Auswirkungen der Beweidung auf Umwelt, Tiergesundheit und Tierwohl; drittens, transparente und ehrliche Kommunikation zwischen Produzenten und Konsumenten, viertens, kein gegeneinander ausspielen in der Milchwirtschaft, fünftens, Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit der Weidehaltung und sechstens, eine damit positive Wahrnehmung der Milchwirtschaft fördern.

In einer angefügten Branchenvereinbarung erklären sich die Unterzeichner der Charta Weideland bereit, auch gesellschaftliche Aufgaben zu übernehmen. Das ist durchaus begrüßenswert, muss aber gerade mit dem Blick auf die Flächenknappheit in Bremen mit einem eigenen Modell, wie nämlich die Weidehaltung, gewahrt und befördert werden, konkretisiert werden.

Was also spricht gegen das im CDU-Antrag geforderte eigene Konzept zur Weidehaltung? Warum dauert das eigentlich so lange? Das war bereits im April letzten Jahres. Aus Sicht der Freien Demokraten spricht überhaupt nichts dagegen. Wir werden daher diesem Antrag zustimmen und den Bericht der Deputation ablehnen. – Danke schön!