Kurios ist natürlich jetzt Ihre Idee, dass Sie in der Gesamtentfaltung Ihres Antrags auf der einen Seite sagen – junge Familien oder überhaupt der Mittelstand – wären steuerlich zu hoch belastet, nämlich durch Steuern, die der Bund und die Länder gemeinsam erheben. Ihre Idee ist nun, diese Belastung, die Ihrer Meinung nach zu hoch ist, allein dadurch zu kompensieren und zu mildern, dass die Länder ihre stärkste reine Ländersteuer praktisch weitgehend aufgeben.
mit diesem Bundesratsantrag, mit dieser Bundesratsinitiative tatsächlich antreten würden, dann wird man uns in Berlin fragen: Habt ihr nicht nur finanzielle Probleme? Habt ihr auch intellektuelle Defizite?
Ich denke, das sollten wir denjenigen, die Bremen vertreten müssen, ersparen. Ich freue mich, wenn wir gleich noch über die Freibeträge sprechen werden, sie haben ähnliches Niveau. – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erlaube mir im Vorgriff auf den zweiten Redebeitrag seitens der Fraktion der FDP, darauf einzugehen, welche konkreten Auswirkungen der Vorschlag hätte, den Kinderfreibetrag zu verdoppeln.
Ich erlaube mir immer, den Abgabenrechner des Bundesministeriums für Finanzen zu bemühen, ich erlaube mir dann, ein Tabellenkalkulationsprogramm zu bemühen, um einfach herauszufinden, welche Wirkungen von einem Vorschlag ausgehen. Letztlich entscheide ich mich dann, ob der Vorschlag wirklich geeignet ist, um junge Familien und Kinder in einer Weise zu unterstützen, die sie eigentlich dringend brauchen. Wenn jemand behauptet, wir müssten Familien und Kinder unterstützen, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der Kinder teilweise zum Armutsrisiko werden und das Aufziehen von Kindern teuer ist, dann muss man das prüfen, und wenn es wahr ist, dann muss man das natürlich ändern. Die spannende Frage ist, ob der FDP-Vorschlag dazu geeignet wäre.
Im Moment stellt sich die Situation wie folgt dar: Wenn Sie ein zu versteuerndes Einkommen von 60 000 Euro im Jahr haben, dann bekommen Sie über das Kindergeld hinaus einen Steuervorteil von 55 Euro, also plus 55 Euro. Wenn Sie 100 000 Euro zu versteuerndes Einkommen haben, sind es schon 750 Euro. Der Steuervorteil steigert sich dann bis auf knapp 1 000 Euro.
Wenn man jetzt den Kinderfreibetrag verdoppelt, dann passiert Folgendes, und das ist zunächst gar nicht so schlecht: Ab einem Einkommen von 30 000 Euro, also die Hälfte, entsteht ein Steuervorteil von 278 Euro über das Kindergeld hinaus. Das ist für jemanden, der 30 000 Euro im Jahr verdient, relativ viel. Im Übrigen ist es so, dass ungefähr die Hälfte der Einkommensbezieher unter 30 000 Euro und die
Richtig interessant wird es dann, wenn das Einkommen 60 000 Euro beträgt, dann liegt der Steuervorteil nämlich bei 2 300 Euro, bei 100 000 Euro Einkommen sind es schon 3 600 Euro. Der Steuervorteil endet bei 4 200 Euro. Das heißt, eine Verdoppelung des Kinderfreibetrages ist für diejenigen, die jetzt schon über ein richtig hohes Einkommen verfügen und die von einem Durchschnittseinkommen weit entfernt liegen, lohnend. Deswegen wage ich die These, ja, für bestimmte Familien ist die Verdoppelung des Kinderfreibetrages eine zusätzliche Einnahmequelle, aber ich wage auch die These, dass diese Familien es auch ohne diese Art der Unterstützung schaffen würden. Die andere Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung der Einkommensbezieher schafft es nicht, aber sie haben nicht einen Penny mehr von der Verdoppelung des Kinderfreibetrages.
Deswegen sage ich, es ist genau der falsche Ansatz, die zu unterstützen, die eigentlich wenig oder keine Unterstützung brauchen, aber alle anderen vollständig außen vor zu lassen und gar nicht einmal im Blick zu haben, dass ihnen eine Verdoppelung des Kinderfreibetrages überhaupt nichts nützt.
Wir stehen vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Eine der größten Herausforderungen ist, dass wir in dieser Gesellschaft mittlerweile viel zu viele Menschen haben, die über ein Einkommen von 20 000 bis 30 000 Euro verfügen, teilweise über weniger. Wir reden über Altersarmut. Wir reden über Kinderarmut in einer Größenordnung, die sich ein reiches Land – wie dieses – einfach nicht leisten kann. Es ist dann allererste Priorität, eine Steuerpolitik zu gestalten, die uns in die Lage versetzt, solchen Menschen zu helfen, Armut in diesem Land zu bekämpfen und nicht genau andersrum, nämlich denen noch etwas zu geben, die ohnehin genug haben.
Wenn wir darüber nachdenken wollen, wie wir am besten Kindern, die unter schwierigen Einkommensverhältnissen erwachsen werden müssen, helfen, dann müssen wir uns nicht mit der Verdoppelung des Kinderfreibetrages befassen. Wir können uns aber gern über eine Verdoppelung des Kindergeldes unterhalten. Die Erhöhung des Kindergeldes hilft allen, und zwar unabhängig vom Einkommen. Wir können uns gern auch darüber unterhalten, ob Kindergeld in dieser Höhe dann versteuert werden sollte oder nicht. Es gibt ganz verschiedene Modelle.
Der Grundansatz bei allen, die sich mit gesellschaftlichen Problemen in diesem Land beschäftigen – ausgenommen bei der FPD –, ist die Auffassung, dass die Kindergrundsicherung, eine Kindergelderhöhung oder Ähnliches eine der allerersten politischen Aufgaben ist und absolute Priorität in diesem Land genießen sollte, und das ist auch richtig so. Ich finde, wir müssen dringend ein Modell finden und gemeinsam umsetzen.
Noch einmal eines: Frau Steiner, Sie sagten, dass von einem Euro Einkommen 47 Cent übrig bleiben. Erstens, das ist von der Höhe der Steuerklasse abhängig. Zweitens, in den 53 Cent sind mit Sicherheit nicht nur Steuern enthalten, sondern auch andere Abgaben wie Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung.
Jetzt so zu tun, als ob solche Abgaben eine Form von Piratentum, Enteignung oder horrend hoch seien, untergräbt die Grundpfeiler einer sozialen Gesellschaft. Sie ist darauf angewiesen, dass eine Arbeitslosenversicherung, eine Krankenversicherung, und eine Rentenversicherung bestehen, denn alles andere führt in eine Welt, die auch Sie nicht haben wollen.
Ich komme gern noch einmal zurück und nehme in meinem zweiten Redebeitrag zur Grunderwerbsteuer und Ähnlichem Stellung. Ihre Einstellung zu Steuern, Frau Steiner, finde ich, nähert sich einer Form von Grundgesetzwidrigkeit. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gern an die Ausführungen anknüpfen, die der Kollege Rupp zum Schluss seines Redebeitrags gemacht hat, weil ich Ihre Wortwahl, liebe Kollegin Steiner, wenn es um Steuern geht und wenn es darum geht, wie wir mit Beschlüssen demokratischer Organe umgehen, problematisch finde.
Sie haben davon gesprochen, dass das Geld den Menschen aus der Tasche gezogen werde. Ich halte diese Formulierung auch in Anbetracht der derzeitigen politischen Lage für fatal und sehr gefährlich.
Wir haben es hier nicht mit modernem Raubrittertum zu tun, wie Sie es wahrscheinlich hinter vorgehaltener Hand formulieren, sondern tatsächlich mit der Ausführung von Gesetzen, die durch freie Parlamente beschlossen worden sind. Ich will zum Antrag der FDP nur kurz Stellung nehmen, weil ich glaube, dass die Kollegen Rupp und Gottschalk die wesentlichen Kritikpunkte bereits genannt haben.
Es stellt sich doch in der Tat die Frage, auf welche Weise wir die Situation der Kinder verbessern können. Welche Möglichkeiten gibt es? Dass Sie über einen Kinderfreibetrag nachdenken, aber eben nicht über eine Erhöhung des Kindergeldes, oder – wenn es nach uns GRÜNEN geht – gar über eine Kindergrundsicherung, ist aus meiner Sicht das falsche Zeichen, weil Sie natürlich am Ende des Tages mit dem Freibetrag gerade diejenigen bevorzugen, die bereits über ein hohes Einkommen verfügen. Das ist eine Politik, die wir nicht vertreten. Aus unserer Sicht gilt es in erster Linie erst einmal denjenigen zu helfen, die diese Hilfe benötigen, meine Damen und Herren.
Der zweite Punkt: die finanziellen Auswirkungen! Zur Ehrlichkeit gehört doch auch immer dazu, die entstehenden Kosten zu ermitteln und darüber nachzudenken, welche Probleme entstehen könnten. Ein Ergebnis ist die Feststellung – der Kollege Gottschalk hat bereits darauf hingewiesen –, dass es sich um eine Steuer handelt, die in erster Linie den Ländern und Kommunen zugutekommt.
Man kann doch dann nicht allen Ernstes sagen, wir machen das jetzt, ohne wenigstens einmal in seinem Redebeitrag darauf eingegangen zu sein, auf welche Weise eine Kompensierung der Mittel erfolgen soll, die in Bremen am Ende des Tages fehlen werden. Das hat aus unserer Sicht nichts mit verlässlicher Finanzpolitik zu tun, meine Damen und Herren von der FDP.
Zur Grunderwerbsteuer! Ich finde es legitim, dass die Länder darüber nachdenken, bei der Grunderwerbsteuer aktiv zu werden. Es ist immer eine Abwägung, gerade für uns als Stadtstaat in der Konkurrenzsituation zu Niedersachsen, und es ist eine der wenigen Einnahmequellen, über die wir selbstbestimmt verfügen dürfen. Deswegen darf es an dieser Stelle aus unserer Sicht keine Denkverbote geben, aber, ich sage es auch noch einmal, wir müssen eine maßvolle Diskussion führen, weil wir uns in einer Konkurrenzsituation zu Niedersachsen befinden.
Zum Schluss: der Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer! Man kann es ja ein bisschen salopp formulieren, der Hauskauf zulasten der bremischen Haushalte! Ist eigentlich die Grunderwerbssteuer das Problem, oder ist es der hohe Grundstückspreis? Wen erreichen wir
eigentlich am Ende des Tages mit Ihrer Forderung? Meine Damen und Herren von der FDP, schaffen wir es mit Ihrem Vorschlag, der breiten Masse der Bevölkerung zu ermöglichen, Eigentum zu erwerben,
oder helfen wir nicht vielmehr denjenigen, die bereits über ein hohes Einkommen verfügen, und denen es möglich ist, die eben von Herrn Gottschalk ausgerechneten Summen bezahlen zu können?
Aus unserer Sicht macht der vom Senat eingeschlagene Weg, sich nämlich für günstigen und besser bezahlbaren Wohnraum einzusetzen, Sinn. Aus unserer Sicht macht der Weg den SPD und GRÜNE gemeinsam gehen, nämlich Kinder und Familien dadurch zu stärken, dass die Rahmenbedingungen in unserem Zwei-Städte-Staat verlässlich im Bereich der Ganztagsschulen ausgebaut werden, wesentlich mehr Sinn, als ein Steuersparmodell für reiche Familien. Wir werden deswegen Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ein paar Anmerkungen zur Debatte machen! Ich fange einmal mit dem letzten Punkt an, Herr Fecker, weil er vielleicht noch jedem frisch in Erinnerung ist! Ich glaube, dass wir tatsächlich auf all den Ebenen das machen müssen, was wir machen können. In Bremen und Bremerhaven gehören zwei Sachen, glaube ich, ganz wesentlich dazu: Das eine ist, auch genügend Flächen auszuweisen, um zum Beispiel entsprechenden Wohnungsbau zu ermöglichen, weil die größten Preissteigerungen in den letzten Jahren auch dadurch entstanden sind – neben den gestiegenen Baukosten –, dass Grundstücke, auf denen sich gerade auch Familien Eigentum leisten können, immer knapper werden und wir damit in den letzten drei Jahren zu erheblichen Preissteigerungen gekommen sind. Deshalb finde ich, bevor man andere Ebenen anklagt, sollte man erst einmal im eigenen Land die Hausaufgaben machen.
(Beifall CDU, FDP, LKR – Abg. Fecker [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das war jetzt aber kein Angriff gegen uns! – Zuruf Abg. Röwekamp [CDU])
Zweite Bemerkung: Häufig, gerade in mittleren Einkommensbereichen, glaube ich, müssen wir es tatsächlich auch ermöglichen, dass auch beide Partner arbeiten können. Dazu gehört natürlich eine entsprechende Kita-Versorgung in den Städten. Wenn ich mir das Ergebnis der letzten Monate anschaue,
meine Damen und Herren von der Koalition, ermutigt das zumindest nicht die Eltern, das sowieso teurere Grundstück in Bremen oder Bremerhaven zu kaufen, sondern dann in das Umland zu ziehen, weil sie dort wenigstens ein verlässlicheres Angebot im Kita-Bereich haben.