Protocol of the Session on February 16, 2017

Ansonsten haben wir noch über andere Aspekte zu reden, es geht darum, dass wir auch noch andere Dinge tun müssen, wir müssen dafür sorgen, dass es ein modernes Einwanderungsrecht und eine gesteuerte Zuwanderung gibt. Zur Bekämpfung der Fluchtursachen habe ich etwas gesagt. Wir müssen auch aus der Abhängigkeit von der Türkei herauskommen, denn das ist ja auch noch ein Teil, der hier nicht ganz benannt worden ist, der aber gesehen werden muss. Wir müssen uns davon befreien, uns hier erpressbar zu machen, damit wir wirklich vernünftig damit umgehen können. Wir müssen des Weiteren Rückführungsabkommen haben mit den nordafrikanischen Staaten, damit auch diese Fragen der Flüchtlingssituation gelöst werden können. Wir müssen uns auch fragen, wie wir schnell und pragmatisch handeln, aber ein, ja, Festhalten von Menschen in solch einer Situation über Tage, Monate und Jahre ist nicht erträglich und gehört nicht auf den europäischen Kontinent und schon gar nicht in unser europäisches Wertesystem.

(Beifall FDP)

Wir unterstützen deswegen diesen Antrag. – Danke!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grönert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, es stimmt, für viele Flüchtlinge in Griechenland ist die Situation aufgrund der Kälte wirklich bedrohlich, und wer sich Beiträge darüber ansieht, der kann nicht anders, er muss erschrecken. Alleine kann Deutschland aber diesen Flüchtlingen nicht helfen.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis90/Die Grünen]: Es war ja von der EU die Rede!)

Jetzt hören Sie erst einmal weiter zu!

Die Verantwortung für die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen muss natürlich aufgeteilt werden. Da ist es richtig, dass Deutschland die andern 27 EUStaaten nicht aus der Verantwortung entlässt, aber trotzdem seine Verantwortung wahrnimmt.

(Beifall CDU)

Auch ich will keine definierte Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme, weil man Flüchtlinge mit nachweisbaren Asylgründen einfach nicht zurückschicken darf.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Nur muss es gerade auch deswegen klare Regeln und Gesetze für die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen in der EU und natürlich auch in Deutschland geben.

(Abg. Frau Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja! – Zurufe Bündnis 90/Die Grünen)

Regeln für die Asylverfahren, für die Aufenthaltsgenehmigungen und auch für die Aufenthaltsbeendigung und die anschließende Ausreise. Das entspricht auch der Erwartung der Bevölkerung. Die Menschen erwarten, dass auch die anderen EU-Länder ihre Hausaufgaben machen, das haben sie gesagt, das ist mir klar. Weil die Bundesregierung das auch weiß, hat sie dem EU-Plan zur Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen aus den Hauptaufnahmeländern Griechenland und Italien auf alle 28 EU-Länder zugestimmt.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Aber nicht umgesetzt bisher!)

Sie nun aufzufordern, sich weiter auf EU-Ebene für eine zügige Umverteilung dieser 160 000 Flüchtlinge einzusetzen, wollen wir gern unterstützen.

(Beifall CDU)

Dass diese Umverteilung nun aber bereits länger als gedacht dauert und sogar immer wieder ins Stocken gerät, sollte die Bremer Koalition, und da schaue ich eben besonders auch die Grünen an, nicht unserer Bundesregierung anlasten. Deutschland kommt und kam seiner humanitären Verantwortung bereits vor diesem EU-Beschluss nach.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stimmt ja nicht!)

Mit 447 000 Asylanträgen wurden im Jahr 2015 35 Prozent aller in Europa gestellten Asylanträge in Deutschland gestellt. 2016 waren es 658 000 Anträge, meine Damen und Herren, das entsprach fast 70 Prozent aller in Europa gestellten Asylanträge. Deutschland muss sich wahrlich nicht verstecken.

(Beifall CDU)

Denn wir gehen schon lange mit gutem Beispiel voran. Ich möchte deshalb auch deutlich sagen, dass die Bremer CDU-Fraktion sich vehement gegen zwar nicht offensichtliche, aber doch versteckte Angriffe – hier in den Reden, in Beiträgen waren sie nicht

mehr ganz so versteckt – auf die Bundesregierung in diesem Antrag abgrenzt. Es gibt 28 EU-Staaten, also 27 andere Staaten, die wir absolut nicht aus der Verantwortung entlassen dürfen.

(Beifall CDU)

Nur durch eine Umverteilung über alle EU-Staaten können wir der Flüchtlingsfrage sinnvoll begegnen. Bis heute wurden von den 160 000 Flüchtlingen aber erst circa 12 000 umgesiedelt. Im August 2016 waren es sogar gerade einmal 4 000. Aber die deutschen Wirtschaftsnachrichten titelten trotzdem folgendermaßen: „Griechenland und Italien fordern von den EU-Staaten, die zugesagten Quoten von Flüchtlingen zu übernehmen, doch kein Land zeigt Ambitionen. Nur Deutschland hat sich bereit erklärt, einige Hundert Flüchtlinge aus Italien zu übernehmen.“

(Abg. Frau Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Wow, einige Hundert!)

Na ja, wenn die anderen erst einmal gar keine Flüchtlinge aufnehmen!

(Zurufe – Unruhe)

Später im Text heißt es: „Bundesinnenminister de Maizière, CDU, hofft, dass das ein gutes Beispiel sei, dem andere Länder folgen werden.“

(Beifall CDU – Zuruf Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen])

Deutschland ist selbst da vorangegangen, meine Damen und Herren. Dagegen sperrt sich bisher zum Beispiel Österreich, und das trotz eines sozialdemokratischen Kanzlers und einem grünen Bundespräsidenten.

(Beifall CDU – Abg. Röwekamp [CDU]: Ja! – Zurufe SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn unsere Bundesregierung nun Unterstützung aus Bremen erhält, nochmals zu verstärken, was ohnehin bereits getan wird, dann wird das sicher nicht schaden. Aber sie fordern noch mehr. Sie wollen ein vom Bund finanziertes Einsatzmandat für den deutschen Katastrophenschutz und für die Hilfsorganisationen für Griechenland. Aus Sicht der Bremer CDU-Fraktion ist diese Forderung aber nicht angebracht. Selbst der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, Christos Stylianides, erklärte noch Mitte Januar, dass Griechenland von der EU im Grunde ausreichende Summen zur Abwendung von problematischen Lagen während der Wintermonate erhalten hat. Wenn solch ein von Deutschland finanziertes Einsatzmandat tatsächlich ins Gespräch käme, dann sollte die Bundesregierung den richtigen Zeitpunkt dafür besser in Absprache mit

der EU festlegen und nicht nach einer Aufforderung aus Bremen.

(Beifall CDU)

Wir werden diesem Punkt Ihres Antrages nicht zustimmen und bitten daher um getrennte Abstimmung.

Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich froh und dankbar bin, dass die Bundesregierung Probleme umfassend in den Blick nimmt und sich für gute und sinnvolle Lösungen für die Flüchtlinge, aber auch für deren Herkunftsländer, für die EU und natürlich auch für Deutschland stark macht. – Danke!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Staatsrätin Hiller.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich mich für den Antrag und für die Debatte bedanken, weil sich wieder einmal zeigt, dass Bremen nicht nur innerhalb seiner Landesgrenzen schaut, sondern auch über seine Landesgrenze hinaus Verantwortung übernimmt.

Ich möchte für den Senat deutlich machen, dass wir insgesamt sagen, innerhalb Europas, eigentlich weltweit, muss für alle Menschen, auch für Geflüchtete, ein menschenwürdiges Leben möglich sein, dafür muss gesorgt werden. Obwohl wir draußen schon Frühlingstemperaturen spüren, ist es natürlich so, dass wir dort nicht wegschauen wollen, wenn es darum geht, Nothilfe oder Unterstützung für Geflüchtete in prekären Lebenssituationen zu leisten, die nicht nur in Griechenland vorzufinden sind, sondern gerade auch auf der sogenannten Balkanroute in Serbien, in Bulgarien und teilweise auch in Italien.

Deswegen bedanke ich mich bei Ihnen allen, dass Sie die Situation deutlich beschrieben und zum Ausdruck gebracht haben, dass man hinschauen muss – und wir bekommen natürlich auch durch die Bilder in den Medien einen Einblick – und dass festgehalten werden muss, dass die Situation nicht in Ordnung ist. Sie haben alle zurecht auch dargestellt, wie unerträglich zäh die Verhandlungen seit dem Ratsbeschluss aus dem Jahr 2015 verlaufen. Es handelt sich um eine rechtsverbindliche Vereinbarung, nach der 160 000 nach Griechenland und Italien Geflüchtete zügig umverteilt werden sollten. Es ist unbefriedigend, dass bis zum 7. Februar 2017 lediglich 7,5 Prozent – Sie haben die Zahl gehört –, das entspricht 12 000 Geflüchteten, umverteilt worden sind.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass unter anderem natürlich immer wieder gesagt wird, eine Ursache, ich will das jetzt nicht alles wiederholen, die langen Sicherheitsprüfungen in Griechenland sind, bevor es zu einer Umverteilung kommt. Ich glaube

allerdings, dass man am Ende den Willen haben muss, die Situation wirklich verändern zu wollen. Es ist häufig ein Problem der Nationalregierungen in den europäischen Mitgliedsstaaten, wirklich zu sagen, wir sind solidarisch, wir übernehmen Geflüchtete, wir geben ihnen eine Perspektive.

Aus diesem Gesichtspunkt heraus kann man immer mehr, auch auf der europäischen Ebene, vorhin wurde schon über den Ausschuss der Regionen gesprochen, erkennen, dass gerade die regionalen und die kommunalen Parlamente zunehmend sich viel mehr in der Verantwortung fühlen, etwas zu tun. Es wird häufig gesagt, zum Beispiel auch in Tschechien, wir würden gern etwas unternehmen, aber die Nationalregierungen, die wegen ihrer teilweise sehr konservativen und sehr nationalistischen Einstellung gewählt worden sind, unterstützen uns nicht. Deswegen ist es an der Stelle auch sehr schwierig, eine Umverteilung umzusetzen.

Als Konsequenz aus dieser schleppenden Umsetzung der Umverteilung, die vom Europäischen Rat beschlossen worden ist, wurde jetzt von der Europäischen Kommission angekündigt, die umgehende Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren zu prüfen, wenn im März keine signifikanten Fortschritte in einzelnen Mitgliedsstaaten zu erkennen sind. Also die Situation ist bekannt.

Trotzdem danke ich Ihnen allen für diesen Antrag, und kündige an – das kann ich für Bremen zusagen –, dass wir uns weiterhin auf der europäischen Ebene und auch auf der Bundesebene für eine zügige Umsetzung der Vereinbarung einsetzen werden.

Darüber hinaus möchte ich noch einmal deutlich machen, dass gerade unser Land, die Freie Hansestadt Bremen, in Bremen und Bremerhaven immer schon ein hohes Engagement bei solchen Fragen gezeigt hat. Das konnte man jetzt hier auch wahrnehmen. Alle Fraktionen, die sich geäußert haben, zeichnet eine hohe Gemeinsamkeit aus.

Der Landtag unseres Bundeslandes hat sich bereits 2011 als erster Landtag entschlossen, sich im Rahmen des Resettlement-Progamms zu beteiligen, sodass schutzbedürftigen Menschen eine Zukunftsperspektive eröffnet werden kann. Wenn das wirklich konsequenter umgesetzt werden würde, dann könnte manch tragischer Vorfall im Mittelmeer vermieden werden.

Ich möchte noch einmal auf den Verein SOS Mediterranee hinweisen, den Bremen sehr stark unterstützt. Vor Kurzem hat in der oberen Rathaushalle ein Essen stattgefunden, und es wurde Geld für den Verein SOS Mediterranee gesammelt, der mit seinem Schiff nonstop auf dem Mittelmeer kreuzt, um Flüchtlinge vor dem Tod zu retten.