Protocol of the Session on August 24, 2016

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich ist alles gesagt. Aber auf Ihren Beitrag, Herr Ravens, muss ich noch einmal antworten.

Erstens. Umsatz und Verdienst sind zwei verschie dene Dinge.

(Beifall FDP, CDU)

Wenn Sie 17 500 Euro umsetzen, dann haben Sie vielleicht 500 Euro verdient, wenn Sie Glück haben, etwas mehr. Das sind also unterschiedliche Kategorien.

Wir haben nie gesagt, dass wir Steuerhinterziehung bei kleinen Unternehmen gutheißen. Im Gegenteil, es geht darum, jede Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Dies muss aber verhältnismäßig geschehen. Die An schaffung einer manipulationssicheren Registrierkasse allein wird Steuerhinterziehung eben nicht komplett ausschließen.

(Unruhe – Glocke)

Es gibt weitere Wege, um Steuern zu hinterziehen. – Vielen Dank, ich bin fertig!

(Beifall FDP)

Herr Kollege Dr. Hilz, ich wollte Sie noch fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gottschalk zulassen.

Ich bin eigentlich fertig, habe aber wohl noch Redezeit.

Ja!

Herr Gottschalk, schie ßen Sie los!

Herr Professor Dr. Hilz, Sie sind ja auch ein Mann der Zahlen. Wenn 17 500 Euro an Umsatz hinterzogen werden, wie viel Umsatzsteuer entgeht dann dem Fiskus?

Spontanes Kopfrech nen hier am Mikrofon? Ich glaube, das brauche ich nicht zu machen, Herr Gottschalk.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Es kommt auch auf den Umsatzsteuersatz an!)

Wenn der Steuersatz bei 7 Prozent liegt, dann sind wir bei gut 1 200 Euro. Das wollte ich Ihnen zumindest zur Kenntnis bringen.

(Beifall SPD)

Herr Gottschalk, es ist nett, dass Sie mir das vorgerechnet haben. – Vielen Dank!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Bürgermeisterin Frau Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich sehr über die Initiative aus der Bürgerschaft sehr gefreut. Damit wird mir der Rücken gestärkt, an dem INSIKA-Projekt auf Bundesebene weiterhin mitzuarbeiten. Die Vorredner haben schon gesagt, dass nur durch erheblichen Druck der Bundesländer auf die Bundesregierung Bewegung in die Sache gekommen ist. Da es noch Fragen und Bedenken gab, ist der Beginn der Verpflichtung zur Nutzung manipulationssicherer Software auf den 1. Januar 2020 verschoben worden. Nun ja, wenn es dann endlich passiert, dann ist es auch gut.

Herr Ravens, Sie haben uns mit Ihrer Darstellung erfreut. Alles, was Sie gesagt haben, stimmt. Es ist tatsächlich so, dass es sich nicht um Ausnahmen handelt, sondern die beschriebene Praxis endemisch ist. Wir sollten uns vor Augen halten, was das nicht nur für den Wirtschaftsstandort, sondern auch für den

Rechtsstaat bedeutet. Ich finde es katastrophal, dass wir ein solches Verhalten so lange akzeptiert haben. Es zerrüttet und erodiert das Verhältnis der ehrlichen Steuerzahler zum Staat. Auch in den Betrieben selbst bleibt es nicht folgenlos, wenn man so handelt.

Die meisten dieser Softwareprogramme sind besonders „fürsorglich“. Wenn man abends oder am nächsten Morgen 10 Prozent der Tagesumsätze abzieht, gibt es noch die fürsorgliche Ansage: „Passen Sie bitte Ihren Warenansatz an!“

(Heiterkeit SPD)

Ja, das ist so. Man muss nur aufpassen, dass man, wenn man zum Beispiel bei Aldi, Lidl oder einem anderen Discounter eingekauft hat, den Bon wegwirft, damit er nicht in der Buchführung landet. Sonst kann man dem Steuerprüfer nicht erklären, wieso bei einem hohen Wareneinsatz nur sehr geringe Einnahmen erzielt worden sind. Diese Art der Manipulation der Kassen gebiert aber nicht nur Steuerhinterziehung, sondern auch Schwarzarbeit. Von dem eingenomme nen Geld bezahlt werden Leute ohne Arbeitsvertrag, 400-Euro-Kräfte, Leute, die nebenbei Sozialleistungen beziehen, und so weiter. Es bleibt also nicht beim Umsatzsteuerbetrug. Damit gehen zum Teil auch Verstöße gegen die Lebensmittelsicherheit und den Arbeitsschutz einher. Das dürfen wir nicht mehr akzeptieren!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage noch einmal Danke für die Initiative. Auch wir strengen uns weiterhin an.

Geplant ist die technologieoffene Einführung eines Systems, das Schutz vor Manipulation bietet, indem Veränderungen an den Tageseinnahmen nicht mehr undokumentiert vorgenommen werden können. Das System bewirkt die Dokumentation solcher Eingriffe. Es kann durchaus sein, dass ein Eingriff begründet war, etwa wenn jemand sein Essen nicht bezahlt hat. In diesem Fall ist es korrekt, die Buchung aus dem Kassensystem herauszunehmen. Solche Eingriffe sind in Ordnung.

Herr Eckhoff, auch Sie konnten nicht erklären, war um die Anschaffung manipulationssicherer Software ein riesiges Problem sei. Sozusagen endemisch wird Software angeschafft, um die Kasseneinnahmen zu fälschen, und eine Software, die alles fälschungssicher macht, ist angeblich zu teuer und unzumutbar? Das können Sie mir nicht erzählen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn man massenweise die eine Software kaufen kann, kann man die andere auch kaufen. Daher ist es nicht richtig, wenn behauptet wird, die neue Pflicht

werde unzumutbare Kosten für den Einzelhandel nach sich ziehen.

Die Debatte kochte auch in der Finanzministerkonfe renz hoch. Wir bekamen einige Protestschreiben. Bei meinen Stadtteilbesuchen bin ich immer gezielt auf Einzelhändler zugegangen und habe sie gefragt. Die meisten wussten von der ganzen Sache gar nichts. Sie sagten stattdessen: Wieso? Wir nutzen eine fäl schungssichere Software, die wir schon in unserem eigenen Interesse der Steuerverwaltung gegenüber angeben. Keiner von denen hat vorgetragen, dass die Anschaffung ihn vor große finanzielle Probleme gestellt habe oder stellen würde. Das ist also meiner Meinung nach ein vorgeschobenes Argument.

Es reicht nicht aus, nur darüber zu reden. Wir müssen endlich handeln. Insofern nochmals vielen Dank für die Unterstützung!

Herr Ravens sprach die Übertragung manipulations sicherer Systeme auf den Taxibereich an. Das hat mit INSIKA nur am Rande etwas zu tun. Es geht um die Einführung des sogenannten Fiskaltaxameters. Die Einführung in Bremen ist zum 1. Januar 2017 geplant. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr und die Senatorin für Finanzen arbeiten gemeinsam daran, dass die Einführung reibungslos, bruchlos gelingt. Auch von dem Fiskaltaxameter verspreche ich mir einiges. Ich fahre häufig Taxi und rede mit den Fahrern. Was mir dabei über die Umgehung des Mindestlohns, über Schwarzarbeit und die Ver schleierung von Einnahmen berichtet wird, ist nicht von schlechten Eltern. Wir haben wirklich Interesse daran, dagegen vorzugehen. Wir dürfen uns das nicht mehr gefallen lassen, sondern müssen dafür sorgen, dass die Regeln im Großen wie im Kleinen – da gebe ich den Vorrednern ausdrücklich Recht – eingehalten werden. Es dürfen nur möglichst wenige Ausnahmen gemacht werden.

Letzter Satz! In dem Bürgerschaftsantrag wird vor geschlagen, eine Bagatellgrenze einzuführen. Diese bezieht sich – so habe ich jedenfalls den Antragstext verstanden – auf die Registrierkassenpflicht, nicht nur auf die Fälschungssicherheit der Software. In Österreich funktioniert es mit der Bagatellgrenze. Ob 17 500 Euro viel oder wenig sind, kommt darauf an. Einige Bereiche, vor allem die Gastronomie, sind für Manipulationen besonders anfällig. Überall dort, wo die Beschaffung dokumentiert wird, ist die Anfälligkeit nicht so hoch. Insofern kann man sich darüber vielleicht noch einmal genauer unterhalten. Ich bin insoweit jedenfalls nicht festgelegt. Es han delt sich auch nur um eine Anregung an den Senat, das zu machen. Ich werde mich darum bemühen, die fachlichen Meinungen weiterer Kollegen in der Finanzministerkonferenz einzuholen.

Aber eines sage ich auch: Für den Senat hat die Einführung der fälschungssicheren Software ab 2020 absolute Priorität. Wir werden nichts tun, was diesen Gesetzgebungsvorgang weiter befrachten könnte.

Die Debatte über die Bagatellgrenze bleibt uns si cherlich erhalten. Es wird sicherlich eine längere Verständigung erforderlich sein. Die Suche nach Mehrheiten in der Finanzministerkonferenz und im Bundesrat wird jedenfalls mühseliger sein als in der Frage der Einführung von INSIKA. Man muss jetzt schauen, dass man in der Frage der Bagatellgrenze Bündnispartner gewinnt. Die Anregung habe ich verstanden. Ich werde mich darum auch bemühen. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen lie gen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Zuerst lasse ich über die Ziffer 1 des Antrags abstim men. Wer der Ziffer 1 des Antrags der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksa chen-Nummer 19/682 – Neufassung der Drucksache 19/395 – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Ziffer 1 dieses Antrags zu.

(Einstimmig)

Nun lasse ich über die Ziffer 2 dieses Antrags abstim men. Wer der Ziffer 2 des Antrags der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksa chen-Nummer 19/682 – Neufassung der Drucksache 19/395 – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!