Diese Debatte gab es schon vor langer Zeit. Herr Dr. Schulte-Sasse war damals noch Senator. Damals wurde debattiert: Wenn schon in einem Krankenhaus trotz einer entsprechenden Dokumentation nicht auffällt, dass zum Beispiel ein erhöhter Medikamen tenverbrauch stattfindet, dann muss man fragen, was im Krankenhaus falsch läuft. An der Stelle setzt die
Ob man die Hoffnung wecken soll, dass Fälle von nicht entdecktem Fremdverschulden durch die qualifizierte Leichenschau deutlich zurückgehen, weiß ich nicht. Gleichwohl ist das Thema natürlich wichtig. Anders, als Sie das gesagt haben, Herr Hinners, finde ich, es ist eine Lösung in Sicht. Unsere Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt wird gleich noch einmal etwas dazu sagen. Die Vorarbeiten für so etwas sind doch komplexer als gedacht, weil wir uns hier nicht nur zum Beispiel auf die kommunalen Kliniken konzent rieren, sondern alle Krankenhäuser im Land Bremen umfasst werden sollen. Das parlamentarische Ver fahren soll in Kürze eingeleitet werden. Das erwartet auch meine Fraktion. So können wir das auch der Antwort entnehmen.
Wichtig ist es für mich, noch einmal zu betonen, dass eine entsprechende Weiterbildung der Ärztinnen und Ärzte geregelt werden muss. Das setzt an dem Begriff Qualifizierung an. Dazu gibt es auch Gespräche des Ressorts mit der Landesärztekammer. Ich bin mir ganz sicher, dass wir einen guten Gesetzentwurf bekommen, in dem alle Sachen, die dieses Parlament zu dieser Frage aufgeführt hat, eingeschlossen wer den. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verbesserung der Leichenschau ist ein Thema, was uns in Bremen seit einiger Zeit politisch beschäftigt: in der Gesundheitsdeputation, in der Presse und auch hier im Parlament. Immer löst das Thema Emotionen aus. Das ist klar.
Wir haben eben schon über das Sterben gesprochen. Nun sprechen wir darüber, wer – wenn wir einmal gestorben sein werden – unseren Tod feststellen soll, wo das geschieht und wie das für unsere Angehöri gen ist. Es ist schwierig, sich damit zu konfrontieren.
In jedem Bundesland wird eigenständig geregelt, wie, wo und durch wen die Leichenschau durch geführt wird. Das wird in den Gesetzen über das Leichenwesen geregelt. Nun sind sich Expertinnen und Experten aus der Rechtsmedizin, der Krimina listik und den Justizministerien bundesweit einig, dass in keinem Bundesland die aktuell bestehenden gesetzlichen Regeln vollständig ausreichen. Warum ist das so? Warum gibt es diese Einigung darüber? Die Dunkelziffer nicht erkannter Tötungsdelikte und anderer nicht natürlicher Todesursachen ist bundes weit relativ hoch. Kollege Hinners hat schon darauf hingewiesen.
Laut einer Studie der Universität Münster werden jährlich bundesweit etwa 11 000 Todesfälle zu Un recht als natürlich beurteilt. Bei zehn Prozent, also in 1 100 Fällen über die ganze Bundesrepublik verteilt, handelt es sich um Tötungsdelikte.
Aktuell wird die äußere Leichenschau häufig durch den Hausarzt, den behandelnden Krankenhausarzt oder die behandelnde Krankenhausärztin durchge führt. Alle Ärztinnen und Ärzte haben die äußere Leichenschau im Studium gelernt, wie ich auch, und mussten dann – wie in meinem Fall ganz selten – den Tod feststellen. Wenn das nur selten geschieht, fehlt die praktische Übung. Im Alltag verhindert nicht nur die mangelnde Übung mancher Kolleginnen und Kol legen, sondern häufig auch das Setting die sorgfältige, eingehende und unabhängige Beurteilung. Darum sprechen sich viele Medizinerinnen und Mediziner für eine Reform der Leichenschau aus.
In Bremen haben wir uns in der Gesundheitsdepu tation und auch schon hier im Parlament darauf ver ständigt, eine Gesetzesnovelle in Angriff zu nehmen. Diese Novelle muss nun sehr viel leisten. Im Grunde genommen ist es die Quadratur des Kreises. Darum scheuen sich bisher viele Bundesländer davor, eine Novelle durchzuführen. Wir scheuen uns nicht. Wir haben uns gemeinsam dazu verpflichtet. Nun wird es auch vorangehen.
Dass das kompliziert ist, ist aber nun einmal so, Herr Hinners. Das wissen Sie auch. Die qualifizierte Lei chenschau soll weitgehend Sicherheit bieten, dass keine unnatürlichen Todesfälle übersehen werden. Das ist logisch. Keiner von uns möchte, dass ein Mörder frei herumläuft, weil man nicht gemerkt hat, dass ein Mord geschehen ist.
Dann gibt es aber noch einen ganz wichtigen Punkt, der für die Lebenden eine Rolle spielt. Anhand der Leichenschau wird nämlich auch eine Todesursachen statistik erstellt. Wir finden damit also heraus, woran gestorben wird. Das ist für die Weiterentwicklung der Medizin wichtig. So können neue Behandlungsmetho den gefunden werden. Es muss sichergestellt werden, dass die berechtigten Bedürfnisse der Angehörigen und der Verstorbenen auf Pietät, Würde und Raum für Trauer berücksichtigt werden. Das ist entschei dend und wird manchmal in der Debatte vergessen. Darauf weist die Seniorenvertretung, wie ich finde, zu Recht, immer wieder hin.
All diese Anforderungen unter einen Hut zu bekom men, ist eben schwierig. Aussitzen, weil es kompliziert ist, halten wir aber alle nicht für richtig. Wir Grüne zumindest setzen uns für eine Gesetzesänderung ein.
Was ist nun also notwendig? Aus unserer Sicht ist es notwendig, die Feststellung des Todes von der Bestimmung der Todesursache zu entkoppeln. Das heißt, nachdem der Tod durch einen Arzt oder eine Ärztin festgestellt wurde, ermittelt ein weiterer, extra dafür geschulter und unabhängiger Arzt die Todes ursache vor Ort, dort, wo die Leiche gefunden wird.
In der Vergangenheit gab es eine Reihe von Konflik ten rund um die Frage, welches rechtsmedizinische Institut die Aufgabe der qualifizierten Leichenschau übertragen bekommen soll. Das poppte jetzt auch noch einmal auf. Wir sollten hier zweischrittig vorgehen, wie es jetzt auch geplant ist. Als Bremer Bürgerschaft, als Gesetzgeber sollten wir sagen: „Wir stellen uns dieses neue Gesetz so und so vor“, und dann wird geschaut, welches Institut die entsprechenden An forderungen erfüllen kann. Dass die hoheitlichen Aufgaben, also die Bestattung der sogenannten Sozialleichen, im April dem Institut für Rechtsmedizin im Klinikum Bremen-Mitte über tragen wurden, halte ich für einen richtigen Schritt. Dann muss man schauen, ob man diese Aufgabe mit der Beauftragung der Leichenschau verkoppelt und ob es Sinn macht, auch diese Aufgabe in Bremen zu belassen, wenn wir die Kriterien für das entsprechende Gesetz entwickelt haben. Wir von der Koalition halten es für sinnvoll, dass sich die Gesundheitsdeputation wie beschlossen im Herbst weiter mit dieser Frage befasst. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Probleme müssen gelöst müssen. Es müssen Lösungswege beschritten werden. Dieses Problem kann man nicht auf einmal lösen. Ein Sprichwort sagt: Den Elefanten isst man scheibchenweise. Hier bedarf es mehrere „Scheiben“, die „gegessen“ werden müssen.
Es war wichtig, dass die Fragen im Zusammenhang mit den Sozialleichen schnell und zügig gelöst wur den. Das ist im Frühjahr geschehen. Das war richtig und notwendig.
Es ist wichtig, dass kein Gewaltverbrechen überse hen wird. Dafür ist es notwendig, dass qualifizierte Menschen die Leichenschau übernehmen. Die Kol legin Dr. Kappert-Gonther hat das ausgeführt. Es ist notwendig, dass das qualifizierte Menschen machen und dass alle, die an einem solchen Auffindeort sind, pietätvoll damit umgehen. Ich war als Fahrer eines Rettungswagens leider des Öfteren dort. Wer dort ist, muss mit Angehörigen umgehen, die entweder noch Abschied nehmen wollen oder die Situation nicht ertragen können. Je nachdem muss man darauf eingehen können und trotzdem die Notwendigkeiten, die an solch einem Ort immer noch gegeben sind, im Kopf haben, sodass alle Interessen gewahrt werden können, und das möglichst würdevoll für den Ver storbenen und für die Angehörigen.
Das ist keine einfache Situation. Auch in diese Rich tung muss qualifiziertes Personal seitens der Ärzte und von allen, die damit zu tun haben, vor Ort sein. Das ist auf keinen Fall Routine, auch wenn es natürlich
gut ist, in diesen Dingen geübt zu sein, damit man weiß, wie man das Ganze machen muss und wie man damit umgehen muss. Es ist richtig, hier das Vier-Augen-Prinzip einzuführen, damit Sicherheit besteht. Insofern kann ich auch die CDU in gewissem Rahmen verstehen, wenn sie sagt, sie möchte das bald gelöst haben. Ich würde gern wissen, wann wir das im Herbst vorgelegt bekommen. Ich würde mich freuen, wenn das im Frühherbst und nicht erst im Spätherbst der Fall wäre. Das werden wir sehen. Ich hoffe, dass wir bald zu einer Lösung kommen und dabei die Qualität der ganzen Arbeit im Vordergrund steht. Das sollte uns hier leiten. – Herzlichen Dank!
Sehr geehr te Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir jetzt diese mehrjährige Diskussion über die Rechtsmedizin im Land Bremen und die Zukunft für das Institut für Rechtsmedizin zu einem Abschluss bringen und für einen Bereich schon gebracht haben. Ich bin wirklich davon überzeugt und finde ich es richtig gut, dass wir sagen können, Ja, wir werden künftig die qualifizierte Leichenschau im Land Bre men verbindlich einführen.
Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, das Institut für Rechtsmedizin des Klinikums BremenMitte der GesundheitNord bleibt erhalten. Auch das ist eine gute und richtige Entscheidung.
Wie Sie wissen, hat sich das Land Bremen auf Bun desebene immer für die Weiterentwicklung der Rechtsmedizin eingesetzt und auch dafür gewirkt, dass es zu neuen gesetzlichen Regelungen kommen kann. Diese Impulse, die Bremen gesetzt hat, haben bewirkt, dass die Gesundheitsministerkonferenz und die Justizministerkonferenz bereits in 2009 beschlos sen haben, dass es eine qualifizierte Leichenschau geben soll. Man sieht, es dauert alles lange. Bremen hat sehr daran mitgewirkt, dass es zu einer solchen Beschlussfassung gekommen ist.
Wir beschließen das nicht nur, sondern wir sind das erste Bundesland, das genau einen solchen Gesetz entwurf vorlegt. Man kann sagen, das dauert zu lange. So what? Daran ist immer etwas. Wir tun es
aber. Das finde ich richtig gut. Wir haben auch eine gemeinsame Position dazu, dass wir jetzt das voran bringen und schnell finalisieren, was wir begonnen haben. Darin liegt unser Interesse.
Der erste Entwurf des novellierten bremischen Lei chengesetzes befindet sich in der Abstimmung. Wir haben einen Entwurf fertiggestellt. Dieser wird jetzt mit den beteiligten Ressorts abgestimmt. Wenn wir diesen Abstimmungsprozess abgeschlossen haben, wird dieser Entwurf in der Deputation beraten und geht seinen ganz regulären Gang.
Die Frage, ob das Frühherbst oder Spätherbst wird, kann ich jetzt noch nicht beantworten. Unser Interesse ist aber, das so zügig wie möglich zu schaffen. Auch wir möchten das gesamte Beteiligungsverfahren so abschließen, damit wir Anfang des nächsten Jahres starten können. Ob es der 1. Januar oder der 1. April wird, Herr Hinners, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Die Zielperspektive ist aber, Anfang 2017 damit starten zu können. Das ist unser Ziel.
Ich bin, ehrlich gesagt, absolut guter Dinge, dass wir dieses Ziel erreichen werden, weil ich im Moment nicht erkenne, dass ein Gesetzentwurf entwickelt worden ist, der auf ganz viele Widerstände stoßen wird.
Ich möchte noch auf zwei Punkte hinweisen, die auch ein wichtiges Anliegen meines Hauses sind. Der erste Punt ist, dass es bei der qualifizierten Leichenschau natürlich darum geht, dass man über medizinische Daten zu einer besseren Aufklärung von Todesursa chen kommt. Das ist ein wichtiger Punkt, um zu einer optimierten Gesundheitsberichterstattung zu kommen.
Das heißt, am Ende werden die Patientinnen und Patienten, also die Lebenden davon profitieren, dass wir genau zu einer solchen Form der qualifizierten Leichenschau kommen. Es gibt dann auch andere Möglichkeiten für Hinweise zu Behandlungsverläufen und so weiter und so fort. Dieser medizinische Ansatz ist ein ganz wichtiger Punkt. Er ist natürlich für mein Haus zielführend.
Der zweite Punkt ist ein genauso wichtiger und be deutsamer Ansatz im Zusammenhang mit der qualifi zierten Leichenschau. Das ist eine bessere Erkenntnis über die Todesart. Der zweite Punkt ist sozusagen die Frage, wie wir es besser hinbekommen, dass die hohe Anzahl von bislang ungeahndet bleibenden Tötungsdelikte geahndet wird.
Das sind zwei wichtige Anliegen, die wir hiermit erfüllen möchten. Wenn wir diese qualifizierte Lei chenschau umsetzen, bedarf es natürlich auch eines gewissen Fingerspitzengefühls. Gerade der zweite Punkt, den ich gerade ausgeführt habe, darf nicht dazu führen, dass ein Generalverdacht entsteht. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der sensibel umgesetzt werden muss. Wenn ein Mensch zu Hause gepflegt wurde und dort verstirbt, darf die Familie nicht unter
Generalverdacht geraten. Das müssen wir sauber und ganz vernünftig machen. Das muss man ganz sensibel machen. Dafür muss man praktikable Lö sungen finden und praktikable Entscheidungswege erzeugen, damit genau das nicht passiert.
Ich bin mit dem Bearbeitungsstand, in dem wir uns befinden, sehr zufrieden. Ich bin guter Dinge, dass auch das Institut für Rechtsmedizin der GeNo das vernünftig umsetzen werden wird.
Herr Hinners, in Ihrer Einleitung haben Sie geschrie ben, es die eine Stelle werde nur zur anderen verscho ben und das habe nichts mit einem rechtsmedizini schen Institut zu tun. Dazu kann ich sagen, da irren Sie Gott sei Dank. Es wäre schade, wenn Sie Recht hätten. Wahrscheinlich sind Sie an dieser Stelle auch an meiner Seite und finden es gut, dass die Position der Senatorin eine andere ist. Ich kann Ihnen sagen, das Institut wird sich neu konstituieren. Es arbeitet wirtschaftlich. Wir haben eine neu besetzte Insti tutsleitung. Die GeNo sucht ärztlichen Nachwuchs. Das gestaltet sich in dem Bereich ausgesprochen erfreulich. Darüber sind wir sehr froh.
Es ist für mein Haus sehr gut, dass die fortgesetzte Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben auch in Bre men stattfindet und wir sie nicht an andere Städte übergeben müssen. Insofern bin ich mit der Entschei dung, dass wir die Rechtsmedizin aufrechterhalten, sehr zufrieden.
Es gibt schon umfangreiche Dialoge zwischen Bremen und Bremerhaven dazu, wie wir das in Bremerhaven und in Bremen umsetzen. Auch hierzu kann ich Ih nen sagen, die geleisteten Vorarbeiten werden dazu beitragen, dass wir ein gelungenes und abgerundetes Konzept haben, wenn wir starten. Ich freue mich auf die neuen Erkenntnisse mit dem neuen Gesetz. – Herzlichen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 19/435, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.