In den vergangenen Jahren wurde dazu ein Instrument, der sogenannte Passiv-Aktiv-Transfer entwickelt, und die Idee hinter diesem Instrument ist es, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Das bedeutet in der Sache, dass die passiven Leistungen, nämlich die Grundsicherung und die Kosten der Unterkunft, dabei zur Finanzierung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse verwendet werden, sodass dadurch eben Arbeitsverhältnisse zu tariflicher Entlohnung auf dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt entstehen können.
Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland diesen Passiv-Aktiv-Transfer in einem Modellversuch mit Landesmitteln durchgeführt und mittlerweile evaluiert. Die Ergebnisse sind positiv. Drei Viertel der so geförderten Menschen konnten im Anschluss eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nachweisen und erhalten heute keine Leistungen aus dem SGB II mehr. Das ist ein wunderbarer Erfolg für die Menschen, die nun endlich wieder dazugehören, ihre gesellschaftliche Teilhabe, ihre Lebenszufriedenheit sind dadurch gestiegen, aber es ist auch ein fiskalischer Erfolg, denn natürlich entsteht dadurch ein höherer Rückfluss an Steuern und Sozialabgaben.
Auch die Mehrheit der Betriebe würde erneut an einem solchen Programm teilnehmen und ist zufrieden mit der Leistung, der Zuverlässigkeit und auch der Entwicklungsperspektive der geförderten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, und diese wiederum fühlen sich den Herausforderungen für den ersten Arbeitsmarkt deutlich besser gewachsen.
Mittlerweile haben sich auch weitere Bundesländer, unter anderem Thüringen, auf einen entsprechenden Weg gemacht, und aus unserer Sicht wäre eine flächendeckende Einführung sinnvoll. Dafür bräuchte es allerdings eine Änderung im SGB II, die der Bund bisher nicht vorgenommen hat. Deshalb unser Antrag an den Senat, sich erneut für eine Bundesratsinitiative zur bundesweiten Einführung des Passiv-AktivTransfers einzusetzen, aber auch hier in Bremen die positiven Erfahrungen aus Baden-Württemberg zu analysieren und dann auf Bremen zu übertragen.
Meine Damen und Herren, wir haben einen Antrag der LINKEN, den wir für völlig richtig halten, dem wir zustimmen werden, der sich hierauf, finde ich, gut bezieht, und wir haben einen Antrag der CDU zu diesem Thema. Den Antrag der CDU werden wir ablehnen, nicht weil wir ihn inhaltlich jetzt völlig falsch finden, aber wenn Sie auf die Tagesordnung des Senats am Dienstag schauen,
dann werden Sie dort feststellen, dass es ein Landesprogramm zur öffentlich geförderten Beschäftigung von 500 Stellen für Langzeitarbeitslose gibt. Das heißt, dazu bedarf es dieses Antrags nicht mehr, das macht der Senat auch jetzt schon. In diesem Sinne bitten wir um Zustimmung! – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den gordischen Knoten der Arbeitslosigkeit werden wir nicht mit einem Hieb zerschlagen, aber viele kleine Schritte in eine Richtung können doch die Lage sukzessive verbessern.
40 000 Langzeitarbeitslose, eine Arbeitslosenquote von über 10 Prozent und davon 43 Prozent Langzeitarbeitslosenquote bedeuten, dass Bremen in die
sen Themen ein Schlusslicht bleibt, und leider hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt, seitdem Rot-Grün regiert, nicht verbessert, ganz im Gegensatz zur Entwicklung im Bund.
Viele soziale Probleme in Bremerhaven und in Bremen sind auch eine Folge dieser verfestigten Arbeitslosigkeit, dazu gehören Armut, Perspektivlosigkeit, Kriminalität und Drogensucht. Das verursacht erhebliches Leid und auch erhebliche Folgekosten. Wenn wir Schritte unternehmen, um dies zu ändern, dann muss menschlich und finanziell die Richtung stimmen.
Heute diskutieren wir mehrere Anträge zum Thema sozialer Arbeitsmarkt. Für uns Christdemokraten ist klar, dass das nur ein Baustein unter vielen ist, die notwendig sind, um mehr Menschen in unserem Land in Arbeit zu bringen. Eine gute Wirtschafts- und Bildungspolitik sowie eine effiziente Arbeitsverwaltung sind es natürlich mindestens ebenso.
Wir wissen aber auch alle, dass es Menschen gibt, bei denen eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt auch auf längere Sicht nicht gelingen wird. Für diese Menschen braucht es eben das Angebot von geförderten Beschäftigungsverhältnissen. Die bisherigen Instrumente sind teilweise nicht sehr praktikabel und in der Regel zeitlich begrenzt. Das bedeutet für die Betroffenen, dass auf Beschäftigung immer wieder Zeiten von Arbeitslosigkeit folgen.
Es wurde mutig auf den nächsten Dienstag hingewiesen, aber vonseiten der Regierungsparteien gab es zum Thema sozialer Arbeitsmarkt de facto bisher nur Ankündigungen und Versprechungen.
Auch jetzt bin ich eben über den vorliegenden Antrag der Koalition doch ein wenig irritiert, denn angesichts der drückenden Probleme gibt es eben wieder nur einen Prüfauftrag, und längst wäre es doch möglich und auch die Aufgabe des Senats gewesen, einen sozialen Arbeitsmarkt zu etablieren, um gerade denjenigen Menschen etwas anzubieten, die den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt eben nicht schaffen, vielleicht auch trotz Bewerbungstrainings und Qualifizierungsmaßnahmen, um dadurch ein Stück soziale Teilhabe zu ermöglichen. Ehrlich gesagt, gerade aufgrund des Selbstverständnisses der Sozialdemokratischen Partei verstehe ich nicht, weshalb das nicht längst geschehen ist.
Ich meine das ernst, aber richten wir den Blick nach vorn! In den aktuellen Haushalt sind ja zwei Millionen Euro für das Jahr 2016 und fünf Millionen Euro für das Jahr 2017 eingestellt für ein Landesprogramm zur Förderung von 500 Langzeitarbeitslosen, das ist auch hervorragend, und ich habe auch gehört, dass ein Konzept im Entstehen ist. Dass dies jetzt schon
ganz konkret vorhanden ist, war mir noch nicht bekannt. Also, ein Prüfauftrag für ein Modellprojekt und eine Gesetzesänderung auf Bundesebene, wie im Antrag der Regierungsfraktionen dargestellt, sind uns deutlich zu vage. Wir wollen, dass jetzt etwas geschieht, und zwar in Bremen.
Deswegen legen wir heute mit unserem Antrag ein Konzept für ein Modellprojekt vor, das konkret und durchdacht ist und genauso kurzfristig umgesetzt werden kann. Wir bitten Sie um der Betroffenen willen, auch diesen sozialen Arbeitsmarkt nicht wieder auf die lange Bank zu schieben, sondern ihn eben zu nutzen und konkret umzusetzen.
Die wesentlichen Merkmale fasse ich noch einmal kurz zusammen: 500 langzeitarbeitslose Menschen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen sollen in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse, die im öffentlichen Interesse liegen, vermittelt werden. Wir wollen dafür das Instrument der freien Förderung im SGB II nutzen, weil hier einerseits die Gestaltungsmöglichkeiten für das Land am größten sind und andererseits Mittel aus dem Eingliederungsbudget der Arbeitsagentur genutzt werden können. Die geförderte Beschäftigung soll in Höhe des bremischen Landesmindestlohns vergütet werden. Die Tätigkeitsfelder werden dann mit den Wirtschaftsverbänden abgesprochen, um Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, und die teilnehmenden Institutionen werden von einer neutralen Stelle zertifiziert und nach zwei Jahren evaluiert und nachjustiert.
Den Kreis der Teilnahmeberechtigten wollen wir eng fassen, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden. Für dieses Modellprojekt bitte ich Sie heute im Namen der CDUFraktion um Zustimmung! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg möchte ich sagen, ich habe schon häufiger darauf hingewiesen, wir waren auch immer der Überzeugung, dass so etwas wie ein Passiv-Aktiv-Transfer dringend erforderlich ist. Das ist auch keine neue Forderung, ihn hat es insbesondere auch schon einmal im Osten massiv gegeben, aber leider ist das wieder aus dem Fokus gerückt, und insofern finde ich es richtig, den Passiv-Aktiv-Transfer wieder voll auf die Tagesordnung zu setzen.
Wenn wir uns die Situation anschauen, wir haben bei uns in Deutschland momentan gesamtfiskalische Kosten der Arbeitslosigkeit in Höhe von über 56 Milliarden Euro, eine exorbitant große Summe. Das heißt, pro Erwerbslosen sind das ungefähr 1 600 Euro, das ist deutlich mehr als jeder Erwerbslose faktisch tatsächlich über SGB II bekommt. Aus diesem Grund halte ich es vor dem Hintergrund, dass Arbeitslosigkeit wirklich auch eine menschliche Katastrophe ist, einmal abgesehen davon, dass es eine ökonomische ist, für sehr richtig, wenn man sich diese Zahlen vor Augen hält.
Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren war eigentlich einmal sehr viel mehr verbreitet als heute. Das ist nicht ganz so selbstverständlich, aber man muss auch darauf achten, dass hier kein Kombilohn entsteht, und das ist sozusagen die andere Seite der Medaille.
Es geht mir eigentlich im Wesentlichen um drei Kategorien von Menschen, und zwar; erstens, um Personen, die nicht mehr so einfach im ersten Arbeitsmarkt unterzubringen sind. Sie brauchen Betreuung, auch Beratung und letztendlich eine Unterstützung, während sie beschäftigt sind. Da bestehen gesundheitliche Probleme, psychische Probleme und so weiter. Das ist letztendlich auch eine Zielgruppe – so, wie ich es verstanden habe –, die im CDU-Antrag hauptsächlich gemeint ist. Ich finde es aber auch wichtig – das hat uns schon immer am Herzen gelegen, und die alten Arbeitsstrukturmaßnahmen zielten auch darauf ab –, dass Menschen in Arbeit gebracht werden, die über einen Pool von Qualifikationen verfügen und deren Qualifikation im Laufe der Zeit entwertet wird. Das ist eine ganz wichtige Zuspitzung, und die müssen wir auch in den Blick nehmen.
Drittens geht es darum, wieder den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Das ist eine Aufgabe, die so etwas auch erfüllen muss. Es ist inzwischen weitgehend anerkannt, dass Ein-Euro-Jobs dafür relativ untauglich sind. Geförderte Beschäftigung muss sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sein. In alten Zeiten hatten wir sogar mal eine Orientierung am BAT, wenn Sie sich noch an die Paragraf-19-Maßnahmen, die SAM-Maßnahmen erinnern. Ich bemühe hier stark die Neunzigerjahre, aber selbst in unserem Kreis sind, wenn wir ehrlich sind, sehr viele, die letztendlich über solche Maßnahmen einen Einstieg in das Berufsleben gefunden haben. Die Kulturszene in Bremen hat sich damit zum Teil sogar mitfinanziert. Das kann man gut oder richtig finden, aber wir brauchen auf jeden Fall wieder eine Maßnahme, die das in den Stadtteilen abfedert, damit es nicht nur Mindestlöhne, sondern tariflich abgesicherte Löhne gibt, wie das auch meine Kollegin Sybille Böschen vorhin gesagt hat.
Dafür ist das Instrument der freien Förderung ein gutes Instrument, denn da sind die Gelder nicht eins zu
eins der SGB-II-Zielgruppendefinition unterworfen. Wir haben im letzten November den Antrag „Beschäftigungspolitik umsteuern“ gestellt. Zum Teil kommt davon durchaus etwas in dem CDU-Antrag vor – beispielsweise die freie Förderung –, aber auch wir haben damals die 500 sozialversicherungspflichtigen Stellen gefordert.
Es ist schön, dass der Senat sich endlich durchringt, ein Programm auf den Weg zu bringen. Das begrüße ich. Allerdings, wenn Sie das herunterrechnen, ist das mit zwei Millionen Euro in diesem Jahr und fünf Millionen Euro im nächsten Jahr nicht eine Größenordnung, die diese sozialversicherungspflichtigen Stellen allein bewältigt. Selbst wenn wir den Mindestlohn annehmen, brauchen wir für 500 Stellen circa zehn bis elf Millionen Euro. Das heißt also, wir müssten uns mit dem Jobcenter über die Kofinanzierung auseinandersetzen. Damit geht das Unheil los, sage ich einmal, weil wir natürlich all diese Vorschriften zu Zielgruppen und Vermittlungshemmnissen und letztlich all diese Mühlen des Gesetzes wieder im Blick behalten müssen.
Deshalb – und jetzt komme ich noch mal auf den PAT zurück – ist es so wichtig, dass wir dieses Instrument auch auf Bundesebene wieder herrichten und durchsetzen, denn das Jobcenter soll ja die Mittel, die der Bund spart, wenn ein Erwerbsloser in Arbeit kommt, zusätzlich vom EGT aus einsetzen, sodass es also sozusagen zusätzlich in dieses Budget mit hineinfließt. Das unterstützen ja auch die Diakonie und der Paritätische. In dem Zusammenhang wären wir natürlich gut beraten, hier Entwicklungsschritte zu initiieren, damit diese massenhafte – jetzt sage ich einmal – Geldverschwendung bezüglich der Langzeitarbeitslosigkeit umgeleitet wird, abgesehen davon, dass wir hier in Bremen mit dem Schlusslicht überfällig sind, um dieses Problem ein Stück weit in den Griff zu bekommen und das abzubauen. Ich finde, das lastet zu sehr auf dem Haushalt – das ist die eine Sache –, aber auch auf den gesellschaftlichen Zusammenhängen. Das können wir uns im Zuge der Armutsentwicklung überhaupt nicht leisten.
Was die Kommunen betrifft, so haben sie das Problem, dass bei den Aufstockern das Einkommen immer zuerst vom Regelsatz und nicht von den KdU abgezogen wird. Das heißt, die Kommune hat überhaupt kein Interesse daran, tatsächlich diesen Passiv-Aktiv-Transfer zunächst als Modellprojekt umzusetzen. Ich finde es gut, dass Rot-Grün an der Stelle unseren Änderungsantrag unterstützt, denn im Moment ist es so, dass dann die Kommune immer auf dem Anteil ihrer KdU sitzenbleibt. Wenn eine Alleinerziehende beispielsweise 1 200 Euro verdient, wird das angerechnet, sie muss aber trotzdem mit Kind aufstocken, und das heißt letztendlich, dass die Kommune den allergrößten Teil des Betrags der Aufstockung zu tragen hat.
Das würde aber dann umgedreht. Insofern ist es richtig, dass wir diese Anstrengung unternehmen. Es wäre schön, das Senatsprogramm würde weiter entwickelt werden, als er es gern hätte, aber grundsätzlich ist das zumindest der richtige Schritt. Ich bin gespannt, was am nächsten Dienstag auf dem Tisch liegt. – Vielen Dank!
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich Teilnehmer des Kurses „Wir sprechen Deutsch zusammen“ der Volkshochschule Süd Bremen. Seien Sie herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist genau unser Anliegen, nämlich Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Sie stoßen mit diesem Antrag bei uns in der FDP auf offene Ohren. Wir werden diesem Antrag der Koalition auch zustimmen, denn es wichtig, dass wir Geld dort einsetzen, wo Menschen in Arbeit kommen. Den Weg, über ein Modellprojekt zu erreichen, dass Langzeitarbeitslose nachhaltig in Arbeit kommen, tragen wir auf jeden Fall mit. Die Erfahrungen aus Baden-Württemberg haben gezeigt, dass in etwa 50 Prozent der Fälle dieser in den Unternehmen geförderten Arbeitsplätze die Langzeitarbeitslosen dann auch übernommen werden. Das ist ein großer Erfolg, den wir in Bremen und Bremerhaven bitter gebrauchen können.