Sollten das Wind-See-Gesetz und das EEG so verabschiedet werden wie gerade diskutiert, werden wir Phasen ohne konkrete Projekte haben. Das ist so, und das ist übrigens auch onshore so. Solche Phasen können nicht alle Anbieter überstehen: Investitionen werden eher zurückgehalten; eine Standardisierung und ausgelastete Produktion wird sich so auch nicht entwickeln! All das verhindert Wettbewerb und damit Kostensenkungen!
Nein, ich finde, das Thema ist, sich die Rahmenbedingungen für einen OTB anzugucken, und dazu gehört das EEG eben!
Jens Eckhoff hat in seinem Interview bereits eine Argumentationslinie aufgezeigt: Er rechnet aus, dass 75 Milliarden Euro in Offshore-Wind investiert werden und dass, wer am Kuchen teilhaben will, einen Hafen braucht. Das stimmt! Lassen wir die Zahlen aber einmal so stehen: Der Großteil geht an Hersteller von Turbinen, Stahl, Strukturen, Kabeln, Elektrotechnik und an Schlussbetreiber. Ein Hafen kann an dem ganzen Geschäft nur mit Liegegebühren und Flächenmiete verdienen. Die Zeit, bis sich die Investitionskosten von 180 Millionen Euro amortisiert haben, hängt also ganz klar von der Auslastung ab.
Letzte Woche hat das Verwaltungsgericht im Eilverfahren einen Baustopp verhängt – jetzt komme ich darauf zu sprechen, Herr Röwekamp –, nachdem der BUND geklagt hat.
Herr Kastendiek, ehrlich: Sie haben uns vorgeworfen, wir Grüne unternähmen alles, um den OTB zu verhindern. Das weise ich jetzt wirklich einmal mit aller Vehemenz zurück – das Gegenteil war all die Jahre der Fall!
Zu glauben, dass wir mit dem BUND unter einer Decke steckten, nachdem wir selber mit denen verhandelt haben, dass wir nur darauf gewartet haben, dass geklagt wird, uns das zu unterstellen, finde ich, ehrlich gesagt, nicht richtig!
Bremen will jetzt Rechtsmittel dagegen einlegen. Die Frage ist, wie viel Zeit bis zu einem endgültigen Urteil ins Land geht, wenn die Rechtsstreitigkeiten bis vor das Bundesverwaltungsgericht gehen sollten. Manche befürchten, dass das Monate bis Jahre dauern kann. Wir hoffen, dass es im Sinne des OTB schneller geht, meine Damen und Herren!
Das Gericht hat neben naturschutzrechtlichen Mängeln vor allen Dingen attestiert, Bremen hätte sich nicht selbst die Planfeststellung für den OTB erteilen dürfen; vielmehr wäre die Bundeswasserstraßenverwaltung nach Bundeswasserstraßengesetz zuständig gewesen. Herr Kastendiek und die CDU, die ja die Aktuelle Stunde eingereicht hat, werfen dem Senat jetzt Versagen und Fehler vor. Das kann man wirklich nicht so stehen lassen!
Ganz offensichtlich hat der Bund in Form des Bundeswasser- und Schifffahrtamts damals die Verantwortung für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens an das Land abgegeben und diese Woche auch noch einmal bestätigt. Was hätte Bremen denn dann machen sollen, als selber das Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wenn das Bundesamt der Meinung ist, Bremen sei dafür zuständig? Das Gericht ist anderer Meinung. In dieser Frage kann man dem Senat jetzt keinen Fehler oder ein Versagen vorwerfen.
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Röwekamp [CDU]: Die Zuständigkeit muss er schon selber prü- fen!)
Aber ich glaube – das möchte ich jetzt für uns Grüne ganz deutlich sagen –, man ist gut beraten, in einem Haushaltnotlageland bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 180 Millionen Euro für den OTB die Rahmenbedingungen ganz genau zu analysieren, wie das EEG am Ende verabschiedet wird, welche Konsequenzen dies für den Windstandort und die ansässigen Firmen in Bremerhaven hat, die entsprechenden Bedarfe für den OTB auszuloten und zu fragen, welche Konsequenzen zeitliche Verzögerungen durch einen Gerichtsprozess haben. Für mich gehört zu einer verantwortungsvollen Politik, meine Damen und Herren, dass man Veränderungen nicht ausblendet, sondern evaluiert, auswertet und immer wieder hinterfragt. Es ist das Geld der Steuerzahler, und ich finde, es gehört sich, damit sorgfältig umzugehen. Jeder seriöse Kaufmann, der eine große Investition tätigen will, beobachtet ganz genau den Markt, und wenn sich Rahmenbedingungen ändern, dann analysiert und bewertet er dies hinsichtlich seiner Investition. Von der Politik erwarte ich ganz genau das Gleiche, gerade hier in Bremen! Ich sehe in Vegesack, wenn ich 300 Meter Richtung Norden auf den Sedanplatz gehe, eine Investitionsruine in Form einer Markthalle, die die CDU und der damalige Wirtschaftssenator, der ja auch hier sitzt, zu verantworten haben. Wenn ich meine Straße 300 Meter weiter hinuntergehe, komme ich auf ein Haven Höövt, das leer steht, das irgendeiner Firma in Panama gehört. Man weiß gar nicht, mit wem man verhandeln soll. Solche Investitionsruinen kann man sich nicht leisten! Das sind die Fehler aus der Vergangenheit!
Es ist richtig, sich Rahmenbedingungen immer wieder anzugucken, damit man solche Fehler eben nicht mehr macht. Für uns Grüne ist ganz entscheidend: Dieser OTB wird als ein Offshore-Terminal planfestgestellt und nicht als ein Schwerlasthafen, Herr Kastendiek!
Es ist nicht akzeptabel, dass die CDU, wie jüngst Herr Kastendiek, erklärt, dass der OTB, wenn es mit Offshore nicht klappt, mal eben als beliebiger Schwerlasthafen genutzt werden kann.
Offenbar haben sich einige in der CDU, im Gegensatz zu Herrn Eckhoff, schon längst von Offshore verabschiedet. Das ist fatal für die Energiewende, und das ist fatal für Bremerhaven, meine Damen und Herren! Sie sollten sich für bessere Offshore-Bedingungen in Berlin stark machen, Herr Kastendiek! Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt die Aufgabe im Sinne unseres Bundeslandes. Ob die Gerichte eine Umwandlung des OTB in einen x-beliebigen Schwerlasthafen in einem Naturschutzgebiet mitmachen würden, ist äußerst fraglich. Wir Grüne – das sage ich ganz klar – machen das auf keinen Fall mit!
Herr Eckhoff schlägt am Ende – so habe ich das zumindest interpretiert – des Interviews eine Wette auf die Zukunft vor. Aber Spielgeld hat Bremen leider nicht. Wenn wir den OTB weiterhin realisieren wollen, dann müssen wir sicher sein, dass er auch unter sich verändernden Rahmenbedingungen als OffshoreHafen betrieben werden kann. Daher müssen wir diese Rahmenbedingungen weiter genau analysieren. Das ist nicht nur unsere Erwartung, sondern vor allen Dingen die Erwartung der Bürgerinnen und Bürger und der Steuerzahler in diesem Land. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einigen Tagen hat uns die Meldung erreicht – das kam nicht für alle überraschend, aber vielleicht kam die Schwerpunktsetzung des Gerichtsurteils überraschend –, dass für das Offshore-Terminal in Bremerhaven ein Baustopp verhängt werde. Die Begründung des Gerichts liegt zunächst auf einer formalen Ebene, nämlich bei der planungsrechtlichen Zuständigkeit, bei der nicht der Senator für Umwelt in Bremen die zuständige Planungsbehörde ist, sondern das Bun
Allerdings sind in dieser Urteilsverkündung bereits mehrere inhaltliche Punkte angeschnitten worden, die europarechtliche Fragestellungen aufwerfen, nämlich was die Wasserrahmenrichtlinie angeht, als auch Umweltfragen. In der Hauptverhandlung könnte es also durchaus zu weiteren Fragen kommen. So oder so, fest steht: Der Bau des OTB wird sich verschieben – wie lange, ist derzeit unklar, wenn er denn überhaupt noch kommt. Es gibt Projekte, bei denen es sehr ärgerlich ist, wenn sie später kommen, und es gibt Projekte, bei denen der Zug, wenn sie später kommen, abgefahren ist.
Beim OTB scheint es derzeit so, dass die veränderten Rahmenbedingungen die Planungen, die seit einigen Jahren laufen, mittlerweile überholt haben. Sie haben dadurch, dass Sie so lange nach privaten Investoren gesucht haben, Zeit vergeudet, Zeit vertrödelt. Hätte man damals unmittelbar mit dem Bau begonnen, hätte man damals auch die Zustimmung der LINKEN gehabt. Damals hatte man auch die Zustimmung des BUND. Damals wäre das Projekt richtig gewesen.
An dieser Stelle noch ein Satz zu der Frage, was in dem Planfeststellungsverfahren steht: Damals war die Begründung für den OTB an genau diesem Standort mit einem überwiegend öffentlichen Interesse begründet, und dieses überwiegende öffentliche Interesse ist begründet durch die Bedeutung eines Offshore-Terminals für die Energiewende. Genau diese Begründung lässt sich nicht auf einen x-beliebigen Schwerlastterminal übertragen. Deshalb können wir davon ausgehen, können wir eigentlich sicher sein, dass eine andere Funktion als die für die Energiewende an diesem Standort überhaupt kein Planungsrecht besitzt.
Wir haben als Fraktion schon Ende letzten Jahres mit einer Großen Anfrage versucht, die Diskussion noch einmal auf das Tableau zu bringen. Wir haben mit dieser Anfrage verschiedene Fragen abgedeckt, und einige dieser Fragen kommen jetzt wieder auf, da durch die Verzögerung Zeit gewonnen wird, diese Fragen neu zu diskutieren.
Die gutachterlichen Annahmen, die eine Potenzialanalyse vorgenommen haben, sind mittlerweile überholt. Die gutachterlichen Annahmen gehen davon aus, dass es in unmittelbarer Nähe keine Konkurrenzhäfen gibt. Wenn Cuxhaven keine unmittelbare Nähe ist, dann weiß ich auch nicht weiter. Die Annahmen der Auslastung, die nötig wäre, beziehen sich darauf, dass jährlich 160 vormontierte Anlagen verschifft und 300 weitere Gondeln exportiert werden. Die Marktanteile
der Bremerhavener Unternehmen müssten danach – das ist Aussage des Gutachtens – von derzeit 30 Prozent auf 50 Prozent gesteigert werden, während der Weltmarktführer Siemens derzeit 70 Prozent Marktanteile hat. Gehen Sie denn wirklich davon aus, dass in unmittelbarer Zukunft dieser Weltmarktführer entsprechend viele Marktanteile verliert, dass das Potenzial überhaupt vorhanden ist, dass in Bremerhaven eine entsprechende Auslastung zustande kommt? Wie stellen Sie sich das denn vor? Das ist vollständig unrealistisch!
Um noch einmal einen Teil der Debatte aufzugreifen: Allein in den letzten drei Wochen hat Siemens Aufträge für 240 Offshore-Windenergieanlagen generieren können. Es ist also nicht so, dass Siemens irgendwie gerade überlegt, da in der Zukunft irgendwann eine Turbinenproduktion aufzubauen. Nein, Siemens ist extrem stark am europäischen Markt und wird diese Position absehbar auch nicht aufgeben. Dann stellt sich natürlich die Frage: Woher sollen die neuen Marktpotenziale für Bremerhaven kommen?
Gleichzeitig führen wir eine Diskussion um das EEG. Ich stimme vielen Aussagen der Grünen zu, die eben schon gemacht wurden. Beim EEG geht es darum, dass ein Deckel auf den Ausbau in der OffshoreEnergie gelegt wird. Da geht es darum, dass die Beschränkung auf 700 Megawatt jährlich im Ausbau festgelegt und nicht wie früher mit einem Abschlag in der Förderung bezahlt wird. Es geht darum, dass im Endeffekt nur noch 100 bis 120 Anlagen jährlich installiert werden können, ungefähr zwei Windparks. Diese Absenkung plus die verringerte Einspeisevergütung wird die Branche treffen, wird sie verunsichern! Sie können nicht davon ausgehen, dass die Branche wie vor der sogenannten Altmaier-Delle boomt, sondern wir müssen davon ausgehen, dass diese unverantwortlichen und schweren politischen Fehler in der Energiepolitik Folgen haben werden, auch für die Möglichkeiten der Auslastung eines Offshore-Terminals in Bremerhaven.
Die SPD hat sich nun aber einmal entschieden, dieses Projekt umzusetzen. Es ist egal, was sich da tut! Das ist ein Beschluss, und dieser Beschluss wird jetzt umgesetzt! Herr Tschöpe hat am Montag auf der Pressekonferenz noch einmal Wilhelm Kaisen bemüht: Erst der Hafen, dann die Stadt! „Augen zu und durch!“ scheint das Motto der Stunde zu sein. Veränderte Marktlage, veränderte energiepolitische Rahmenbedingungen, veränderte europäische Rechtsprechung, anhängige Gerichtsverfahren – das Projekt muss aus Sicht der SPD kommen.
Die CDU stellt sich natürlich auch hin und sagt: Es ist das Versagen dieses Senats, dass das Projekt nicht kommt! Da frage ich mich doch, was bei der CDU anders gelaufen wäre; das sehe ich jetzt nicht. Auch die CDU hat – auch wenn Herr Eckhoff mittlerweile mög
licherweise eine andere Position vertritt – einen privaten Investor gesucht, genauso viel Zeit verloren. Auch die CDU hätte sich an der Stelle an die Anweisung des Bundes gehalten und selber planfestgestellt. Ich finde die Diskussion der CDU nicht ganz ehrlich. Aber es bleibt an der Stelle dabei: Der Plan, der gefasst wurde, soll durchgedrückt werden, ohne dass man weiter überlegt.
Was Ihnen aber wirklich fehlt, ist ein Konzept für Bremerhaven. Deshalb ist das der Anker, an dem festgehalten wird. Ihnen fehlt die Bereitschaft, eine Hafenkooperation der Häfen im Nordwesten zu erarbeiten. Es fehlt eine deutschlandweite Hafenstrategie. Man könnte ja diskutieren und sagen, es sei ja gut, dass wir einen Anbieter wie Siemens in den Nordwesten bekommen haben. Das müsste doch eigentlich zur Freude dienen; da könnte man doch überlegen, wie man die Aufgaben verteilt. Aber nein, es geht um Standortkonkurrenz! Diese Form von Wirtschaftspolitik sollte eigentlich längst überholt sein, nicht nur im Sinne der Städte, sondern auch im Sinne der Energiewende!
Es geht derzeit um das Festhalten an bereits getroffenen Beschlüssen. Deshalb freut es mich, dass die Grünen signalisieren, diese Zeit nutzen zu wollen, um darüber zu diskutieren und zu überlegen, wie hier angepasst werden kann. Wir haben schon in unserem Wahlprogramm stehen, dass wir fordern, dass auf die veränderten Rahmenbedingungen mit neuen Gutachten reagiert werden muss: Welches sind die heutigen Grundlagen? Man kann sich nicht auf Gutachten stützen, die auf veralteten Grundlagen basieren.