(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt kommt Schärfe in die Diskussion! – Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Das schaffen Sie nicht in dreimal fünf Minu- ten! – Abg. Röwekamp [CDU]: Das haben wir in ei- ner Person!)
Keine Schärfe in die Debatte! – Ein Punkt, der in der bisherigen Diskussion ganz deutlich geworden ist, ist: Es geht viel um Konsum. Schauen wir uns einmal um, wie es so ist. Überall dort, wo wir versuchen – ob das im Energiebereich oder wo auch immer ist –, beratend tätig zu werden, ist der Konsumbereich einer, den wir in staatlichen und in über staatlich organisierten Maßnahmen vergessen. Ich glaube, dass wir den Konsumbereich gerade im Bereich Ernährung besser in den Fokus nehmen müssen. Zu fragen ist, ob das die Schule machen kann. Das ist bei all den wichtigen Forderungen, die aus einzelnen Fachpolitiken kommen, so. Die gehen Richtung Schule, und Schule sagt am Ende: Wie sollen wir das alles bewerkstelligen?
Ich glaube, wir müssen uns für den Bereich Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft noch etwas überlegen, was darüber hinausgeht zu sagen: Das ist eine Aufgabe, die wir auch an Schule delegieren müssen.
(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Reden Sie jetzt eigent- lich für den Verbraucherschutz oder die Landwirt- schaft?)
Bundesweit gibt es eine Debatte, was das Labeling von tierischen Produkten angeht. Das hat damit zu tun, wie viel ein Konsument über ein Lebensmittel erfahren kann, wenn er vor dem Regal steht und sich entscheiden will, was er kauft und zu welchem Preis er kauft. In dem Zusammenhang muss man noch einmal genau schauen, wie gut die Label sind und wie die Label möglicherweise noch besser werden und noch mehr Informationen geben können. Unser Programm BioStadt – –.
Damit weniger verschwendet wird, aber auch, damit insgesamt die Kauf- und die Konsumentscheidungen bewusster werden! Ich glaube, dass man das als Gesamtprozess sehen muss. Das fängt bei der Kaufentscheidung an und geht bis zu der Frage: Wie verzehre ich das? Wie mache ich Lagerhaltung? Wann werfe ich Dinge weg? Ich glaube, das ist letztlich ein Gesamtprozess. Es ist an jeder der Stationen der gleiche Konsument, und es sind auch die gleichen Lebensmittel an jeder dieser Stationen. Wir haben im Prinzip eine Gesamtaufgabe vor uns.
Das Programm BioStadt, das bislang noch nicht so richtig stark mit Leben gefüllt ist, aber das uns wichtig ist, das wir noch stärker mit Leben füllen wollen, als uns das in der Vergangenheit schon gelungen ist, das etwas mit Regionalität, mit Saisonalität zu tun hat – Herr Imhoff, Sie lachen! –, ist möglicherweise ein Vehikel, das in dem Zusammenhang wichtig werden kann, nämlich gerade bei der Frage: Geben wir das dann an Schule, oder wo geben wir so eine Aufklärungsaufgabe hin? Wir haben auf der Tagesordnung der Bürgerschaft auch in Zukunft noch einige Debatten. Wir werden uns im Ausschuss mit dem Billigfleischantrag beschäftigen – das wurde schon angesprochen –, wir haben einen Antrag, der sich um das DGE-Label, das Label der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, und den Einkauf in unseren Mensen dreht. Das heißt, wir haben eine ganze Reihe von Debatten, die sich mit dem Gesamtzusammenhang Lebensmittel, Ernährung, Nahrung beschäftigen. Ich glaube, wir sollten das so weiterführen und schauen, wie wir das in Zukunft stärker fachpolitisch in den Ausschüssen – gar nicht einmal hier im Plenum, da interessiert es nicht jeden so ganz brenzlig – noch weiter erörtern und in Bremen zu guten Lösungen kommen können, die nicht immer viel kosten müssen, aber manchmal einfach mit ein bisschen kreativen Lösungen und Vernetzungen und damit zu tun haben, verschiedene Akteure an einen Tisch zu bekommen. Insofern wünsche ich mir, dass wir in den nächsten Monaten diesen Prozess, den wir jetzt aufgenommen haben, und eine Reihe von Initiativen, die wir am Laufen haben, weiterführen. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei einer so einvernehmlichen Debatte erlauben Sie mir, einfach nur zwei, drei Punkte für den Senat hinzuzufügen. Ich glaube, dass es wichtig war, eine solche Große Anfrage zu haben. Ich darf mich dafür ausdrücklich bedanken. Auch mit der Beantwortung und Erarbeitung dieses Textes und mit dieser Debatte kommt immer wieder ins Bewusstsein, dass wir – vor allen Dingen wir als Verbraucher – die Adressaten sind, die ihr Verhalten ändern müssen. Wir haben es gehört: Zwei Drittel aller Lebensmittel, die in die Mülltonne gehen, werden durch Verbraucher verursacht. Ich sage das aber auch vor dem Hintergrund, dass es in der Welt, vor allen Dingen aber auch in Deutschland immer mehr Menschen gibt, die sich nicht in der Lage sehen, sich angemessen ernähren zu können. Vor diesem Hintergrund – das sage ich ausdrücklich – müssen wir unser Verhalten ändern!
Bezogen auf Bremen – das haben wir in der Beantwortung auch dargestellt – haben wir, glaube ich, schon relativ gute Prozentsätze erreicht, vor allen Dingen auch, dass die Lebensmittelindustrie und die Lebensmittelverkaufsläden doch relativ viele ihrer Produkte, die nicht mehr verkaufbar sind, jedenfalls aus ihrer Sicht, an die Bremer Tafel, an die Nordbremer Lebenshilfe und die Suppenengel abgegeben werden. Dies ist, glaube ich, jetzt schon ein sehr gutes Ergebnis. Es hat oft mit Aufklärung und Diskussionen zu tun, dass das ins Bewusstsein gekommen ist. Ich glaube, das können wir noch steigern. Aber wir sind als Bremer schon auf einem sehr guten Weg.
Die Frage der Aufklärung ist heute diskutiert worden. Ich weiß, dass sie in Schulen betrieben wird. Aber es reicht nicht aus, das nur in Schulen zu machen, sondern wir müssen es auch in der Öffentlichkeit tun. Ich sage ausdrücklich: Die Volkshochschule, aber auch andere Organisationen, die in der Öffentlichkeit wirken, müssen immer wieder auf dieses Thema hinweisen und vernünftige Aufklärungsarbeit leisten.
Zur Aufklärungsarbeit mache ich zum Schluss noch ein bisschen Eigenwerbung. Wir haben auf der Internetseite unseres Ressorts inzwischen eine Rubrik Verbraucherschutz. Sie werden dort eine ganze Reihe von Hinweisen darauf finden, wie man Lebensmittelabfälle vermeidet, einen Verweis auf gute Internetseiten, wo man sich noch weiter informieren kann. Es sind die Organisationen angegeben, die insgesamt gern Spenden entgegennehmen.
Frau Dehne hat darauf hingewiesen: Es gibt bei der Bremer Tafel leider einen Rückgang an Spenden. Ich hoffe aber, dass auch mit dieser Debatte wieder ins Bewusstsein gerät, dass solche Spenden möglich und notwendig sind.
Herr Crueger hat angesprochen: Es wird weitere Debatten über die Lebensmittelnutzung geben. Wir freuen uns darauf. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 19/235, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Ausschöpfung der ESF- und EFRE-Mittel im Bundesland Bremen Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 1. Dezember 2015 (Drucksache 19/182)
Gemäß § 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 19/237, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Herr Staatsrat, ich gehe davon aus, dass darauf verzichten wollen, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt wird es doch kein Selbstgespräch, wie ich zunächst befürchtet habe. Es sind ja wieder genug Leute – auch von meiner eigenen Fraktion – im Raum. Das ist gut.
Ja, es ist fast wie in der Kirche! – Worüber wir reden, ist meines Erachtens allerdings überhaupt nicht spaßig oder lustig. Wir habe es hier mit einem ausgesprochen ernsten Problem zu tun. Bremen sollte in den Jahren bis 2015 in einem Siebenjahresabstand insgesamt ungefähr 230 Millionen Euro von der Europäischen Union bekommen, einerseits sogenannte ESFMittel, also Europäischer Sozialfonds, andererseits EFRE-Mittel, also ein Fonds zur Förderung von strukturschwachen Regionen. Das ist viel Geld, auch wenn es sich auf sieben Jahre verteilt.
Eigentlich zieht sich schon mehrere Jahre immer wieder die Frage durch die Debatten: Sind wir eigentlich in der Lage, dieses Geld fristgerecht zu beantragen, abzurechnen, abzurufen und die Projekte abzuschließen, damit man dieses Geld dann auch rechtssicher im Haushalt hat und die Projekte, die damit finanziert werden sollen, auch finanziert werden?
In den letzten Jahren haben sich die Zeichen verdichtet, dass das in Bremen nicht der Fall ist. Deswegen wollten wir mit dieser Anfrage – ganz grob – wissen: Wie viel Geld hätte Bremen haben können, wie viel Geld hat Bremen eigentlich bekommen, und, wenn Bremen nicht den vollen Betrag bekommen hat, warum ist das so? Die Antwort ist: Wir hätten 89 Millionen Euro ESF-Mittel bekommen können. Mit Stand Dezember 2015 waren es 65,5 Millionen Euro, die in Bremen eingegangen sind. EFRE-Mittel hätten wir
143 Millionen Euro bekommen können, davon haben wir knapp 110 Millionen Euro. Das ist ein Ausschöpfungsgrad, der zwischen 73 und 77 Prozent schwankt.
Wir haben uns einmal die Mühe gemacht, zu versuchen, herauszubekommen, wie denn eigentlich der Bundesschnitt zu diesem Zeitpunkt ist. Der Bundesschnitt zu diesem Zeitpunkt sind nicht 73 oder 77 Prozent, sondern bei ESF-Mitteln sind es 84 Prozent und bei EFRE-Mitteln 90 Prozent. Das ist ein ganz wichtiges Indiz, dass Bremen in dieser Frage nicht gut aufgestellt ist, wenn es darum geht, diese Gelder abzurufen, abzurechnen und rechtssicher zu bekommen.
Wir haben im Haushalts- und Finanzausschuss und in der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen gelernt, dass 2014 und 2015 aufgrund von Problemen bei der Prüfung der Anträge, bei der Abrechnung und so weiter keine EFRE-Mittel und 2015 keine ESFMittel an Bremen geflossen sind. Das heißt, wir schieben gerade einen sogenannten Verlustvortrag von insgesamt 42 Millionen Euro vor uns her, Gelder, die wir eigentlich schon hätten haben müssen.
Der Abstand zwischen dem, was wir eigentlich hätten erhalten können, und dem, was wir bisher bekommen haben, beträgt allerdings nicht 24 Millionen Euro, sondern 56 Millionen Euro. Es stehen also noch 56 Millionen Euro im Raum, von denen bis heute nicht klar ist, ob dieser Betrag oder welcher Teilbetrag davon jemals in Bremen ankommt. Diese Frage ist bis heute nicht geklärt. Wir hören zwar immer – dies höre ich, seitdem ich mich mit dem Thema befasse; ich gebe zu, dass es eine Materie ist, die sich einem nicht leicht erschließt –: Es ist alles kein Problem, wir haben das alles voll im Griff, die Kohle kommt auf jeden Fall!
Ich melde Zweifel an, vor allen Dingen, wenn ich mir anschaue, welcher Kunstgriff – so sage ich einmal vorsichtig – angewandt werden soll, um den gesamten Betrag aus dem ESF zu bekommen. Man hat jetzt offensichtlich festgestellt, dass es zu mühsam ist, alle einzelnen Projekte aufzuarbeiten, zu prüfen, einzureichen und so weiter. Nach meinem Verständnis hat man sich jetzt mit der Europäischen Kommission so weit geeinigt, dass man gesagt hat: Wisst ihr was, ihr gebt uns einfach 75 Prozent des Geldes, das wir hätten haben können. Der Rest ist sozusagen Schwund. Dann brauchen wir nicht so viel zu prüfen und erhalten das Geld schnell. Damit wir aber dann nicht weniger Geld erhalten, als wir zunächst beantragt haben, erhöhen wir den Geldbetrag, den wir bei der Europäischen
Kommission beantragt haben, von 190 Millionen Euro auf 240 Millionen Euro. Dann hätten wir einen Anspruch auf ungefähr die Hälfte. Nimmt man davon 25 Prozent weg, erhalten wir genauso viel, wie wir erhalten hätten, wenn wir ordentlich abgerechnet hätten. – Hat das jetzt jeder verstanden?
Ich habe eine Excel-Tabelle ausgefüllt und festgestellt: Selbst wenn man das so macht wie beschrieben, kommen nach meiner Rechnung drei Millionen Euro weniger heraus, als wir sonst bekommen hätten. Drei Millionen Euro sind schon eine ganze Menge!
Ich habe gestaunt, dass solche unbürokratischen Lösungen in dem bürokratischen Monstrum EU möglich sind. Ehrlich gesagt, ist das ist eine Form von Kunstgriff, von dem ich vermute, dass er so einfach nicht zu realisieren ist. Ich vermute, dass wir Gefahr laufen, auf Geld in Größenordnungen verzichten zu müssen. Das wird in der letzten Vorlage auch gar nicht in Abrede gestellt. Es wird gesagt: Wenn das nicht klappt, müssen eben die Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger „bluten“, dann holen wir es uns von ihnen oder sie erhalten das Geld nicht.
Welche Folgen das auch schon bei diesen drei Millionen Euro hat, hätte ich gern gewusst. Ich möchte wissen, was es denn genau bedeutet, wenn die Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger, die von diesen Projekten profitieren, herangezogen werden, die Verluste auszugleichen. Die Frage ist auch, ob das rechtlich möglich ist.
Bei den EFRE-Mitteln gibt es offensichtlich keinen Kunstgriff. Da hat man wohl festgestellt: Ein paar Projekte kann man nicht so gut abrechnen, deswegen melden wir jetzt andere an. Auch hinter der Frage, welche Erfolgschancen es in diesem Prozess gibt, steht sozusagen noch ein Fragezeichen. Wie gesagt, ich bleibe skeptisch.