Das finde ich wirklich völlig indiskutabel. Es ist auch festgestellt worden, und ich muss ebenfalls sagen, die Antwort des Senats ist durchaus ausführlich und ehrlich gestaltet, und ich finde es gut, dass wir diese Antwort haben. Ich sehe diese Arbeit auch nicht als umsonst oder überflüssig an, aber es fällt zum Beispiel auf, dass Bremen einen unglaublich hohen Anteil von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat, die überhaupt nicht mehr unter die Tarifbindung fallen, und sie sind wirklich darauf angewiesen, dass wir auch einen ordentlichen Bundesmindestlohn bekommen werden. Machen wir uns doch nichts vor: Natürlich ist es nicht so, dass Bremen diese Entwicklung aufhalten und allein stemmen könnte, aber es ist schon ungünstig, wenn das andere Bundesland deutlich über dem liegt, was man in Berlin verhandelt. Das spielt ja eine Rolle. Etwas anderes kann mir kein Mensch erzählen.
Meine Damen und Herren, ehrlich, in Bremen sieht es nicht so toll aus, als dass man das in irgendeiner Weise so leichtfertig sagen könnte, und es ist so, dass die Vorlage besagt, der Mindestlohn wird eingefroren, wenn der Senat dem zustimmt. Da ist nichts mehr mit Bürgerschaft. Das war auch falsch, denn in der Vorlage wird lediglich auf den Senat verwiesen. Das kommt nicht mehr hinein. Dazu muss ich fragen, wie lange dauert dieses Einfrieren? Das heißt faktisch natürlich nicht, dass wir ihn abschaffen, aber es wird nicht über die 8,80 Euro hinausgehen. Dazu komme ich noch einmal mit unserer Armutsquote. Ich finde es völlig richtig, wenn Herr Kollege Schmidt darauf verweist, was wir an sozialer Integration leisten müssen. Ich finde es gerade auch aus frauenpolitischer Sicht nicht besonders toll, dass das nicht angehoben wird.
Wir haben die Alleinerziehenden, die zu mehr als 50 Prozent von Leistungen nach dem SGB II leben müssen. Ich finde es auch unverantwortlich, dass wir dieses Maß an Aufstockerinnen und Aufstockern haben, und es geht in keiner Weise darum, dem Staat noch mehr aufzubürden. Das finde ich indiskutabel. Das kann man nicht wollen. Wenn ich einen Job habe, muss ich von dem Einkommen leben können!
Allein, mit Kindern, in der Familie, in welcher Konstellation auch immer! 1 400 bis 1 600 Euro werden das nicht aufheben. Es gibt einen unglaublichen Zuwachs bei der Altersarmut, das wird auf uns zurollen. Gerade Bremen wird praktisch damit konfrontiert werden, darauf können Sie sich heute schon einrichten! Wir werden feststellen, dass wir das in der Zeit, in der wir heute zu bestimmen haben, mehr oder weniger auch zu verantworten und es uns eingebrockt haben, und dagegen wende ich mich, dass wir das in Bremen außer Acht lassen!
Es ist eine landespolitische Aufgabe, dem entgegenzusteuern, und es ist etwas, was ich letztlich erwarten kann, dass wir das auf landespolitischer Ebene mit reflektieren und nicht einfach sagen, na prima, wir haben 8,50 Euro, damit können jetzt irgendwie alle leben, es ist für uns hier vor Ort jetzt nicht so besonders gut und das Gelbe vom Ei,
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst muss man einmal feststellen, dass Bremen mit dem Landesmindestlohngesetz das erste Land gewesen ist und eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Diese Vorreiterrolle haben wir nicht eingenommen, weil wir gesagt haben, wir könnten für diesen eng umgrenzten Bereich – darauf will ich noch einmal hinweisen –, für den das Landesmindestlohngesetz in Bremen gilt, alle Probleme lösen, sondern wir haben gesagt, wir wollen damit auch ein politisches Signal setzen, damit es endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland gibt.
Dafür gab es ganz unterschiedliche Motive. Ich habe übrigens eben noch nicht verstanden, ob die FDP jetzt nur das Landesmindestlohngesetz in Bremen abschaffen will. Für einen bundesgesetzlichen Mindestlohn sind Sie inzwischen?
(Abg. Frau Steiner [FDP]: Ja, wir haben ja auch kein Problem mit der Höhe, wir haben ein Problem mit den Dokumentationspflichten, die daraus erwachsen!)
(Zuruf Abg. Frau Steiner [FDP] – Zurufe SPD, Bünd- nis 90/Die Grünen – Abg. Frau Steiner [FDP]: Dann haben Sie uns nicht zugehört!)
Also wissen Sie noch nicht so richtig, ob sie eigentlich für einen bundesgesetzlichen Mindestlohn sind, das nehme ich ja zur Kenntnis, dass Sie damit offenbar auch ein Problem haben.
Es stellt sich schon, finde ich, die Grundsatzfrage, was für ein Bild man eigentlich von Menschen hat, die ar-beiten. Hat man das Bild von Menschen, die arbeiten, dass es irgendwie schon funktionieren wird, und wenn es dann nicht richtig funktioniert, dann stockt der Staat auf,
dann subventioniert der Staat den günstigen Haarschnitt, dann subventioniert der Staat das eine oder andere, oder hat man die Auffassung, dass jemand, der den ganzen Tag gearbeitet, auch von seinem Geld leben können muss? Letzteres ist meine Auffassung!
Das ist auch nach meiner festen Überzeugung die Auffassung der Mehrheit hier im Haus, und deswegen ist es richtig gewesen, dieses Signal zu setzen, es ist richtig gewesen, deutlich zu machen, dass von Bremen ein Signal ausgeht: Wir führen den Landesmindestlohn ein und erwarten, dass das auf Bundesebene auch passiert! Dann will ich noch auf einen weiteren Punkt hinweisen: Wenn Sie sagen, schafft das Landesmindestlohngesetz jetzt ab, dann bedeutet das, dass Menschen, die bisher auf Grundlage dieses Landesmindestlohngesetzes 8,80 Euro bekommen haben, zusätzlich weniger bekommen.
(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Wer sagt das denn? Das ist die Entscheidung der Unternehmen! – Zuru- fe SPD, Bündnis 90/Die Grünen)
Aha! Also, wir nehmen zur Kenntnis, dass jemand, der bisher 8,80 Euro durch das Bremische Landesmindestlohngesetz bekommen hat, zukünftig dann auf der Grundlage des bundesgesetzlich geregelten Mindestlohns nur 8,50 Euro bekommt.
Natürlich ist es so! Das ist nach Ihrer Auffassung offenbar kein relevanter Unterschied. Für die Betroffenen ist das durchaus ein relevanter Unterschied, meine Damen und Herren von der FDP!
Wir haben immer gesagt, wir wollen bis zu dem Zeitpunkt, an dem auf Bundesebene die Höhe des bremischen Landesmindestlohns erreicht wird, bei 8,80 Euro bleiben. Wir wollen uns übrigens – und deswegen schaffen wir das Instrument auch nicht ab – offenhalten, wenn es auf Bundesebene eine andere politische Richtung, eine andere politische Bewegung gibt, dann notfalls auch weiter mit einer eigenen bremischen Regelung aktiv sein zu können. Das Ziel ist doch nicht gewesen, einen Niedriglohnbereich zu organisieren und staatlich mit 8,50 Euro oder 8,80 Euro abzusichern, sondern – darauf hat Herr Kollege Schmidt eben hingewiesen, darauf haben auch andere Rednerinnen und Redner hingewiesen – wir brauchen ordentliche Tarifverträge, die absichern, dass Menschen von ihrer Hände Arbeit, von ihrem Geld leben können.
(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Profes- sor Dr. Hilz [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfra- ge. – Glocke)
Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu! Er kann sich gleich gern noch einmal melden, der Herr Professor Hilz!
Herr Senator, er hat sich ordentlich an das Mikrofon gestellt! Sie können sagen, nein, ich gestatte keine Frage, dann ist das in Ordnung!
Man kann sich doch nicht hier hinstellen und so tun, als hätten Tarifverträge, gerade Tarifverträge in dem Bereich, den wir politisch mit dem Landesmindestlohn, mit dem Mindestlohngesetz abzusichern versucht haben, bisher nach unten eine Grenze eingezogen. In vielen Bereichen, die Sie ja zum Teil auch politisch mitzuverantworten haben,
ist es eben genau so gewesen dass es einen Mindestlohn gebraucht hat, um eine Grenze nach unten zu setzen!
Das Denken, der Markt regele das am Ende schon, ist doch genau nicht aufgegangen, und deswegen ist dieser Schritt richtig gewesen. Deswegen ist dieser Weg auch weiterhin richtig, und deswegen, finde ich, sollte man auch nicht in dieser Weise, wie das hier teilweise versucht worden ist, über den Mindestlohn und auch über die Regelung reden, die wir in Bremen eingeführt haben. – Insofern danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und wenn Herr Kollege Professor Dr. Hilz jetzt noch eine Frage stellen würde, würde ich ihm das auch – –.
Herr Senator, ich weiß, dass Sie ein sehr höflicher Mensch sind, aber das Bedürfnis scheint er nicht zu haben.
Ich wollte ihn jetzt höflich, nachdem ich eben nicht ganz so höflich war, einladen, diese Frage doch noch zu stellen! – Herzlichen Dank!