Allerdings attestiert der Bericht auch, dass die Zahl im Bereich der dualen Berufsausbildung abnimmt, die Zahl der Jugendlichen, die im Übergangsbereich geparkt werden, auf einem viel zu hohen Niveau stagniert und im gesamten Bereich der schulischen Bildung gerade Migrantinnen und Migranten zu oft durch das System fallen. Angesichts der gesellschaftlichen Situation ist das eine Aufgabe, der man sich in den nächsten Jahren viel deutlicher und viel klarer zuwenden muss.
Es gäbe noch viel mehr zum Bereich Bildung zu sagen. Ich möchte aber auch noch einmal auf den Bereich Gesundheit eingehen, weil am Gesundheitsbereich klar wird, dass Armut nicht nur eine Frage von Einkommensarmut ist. Das ist in dem Bericht ganz gut dargestellt. Man entwickelt ein anderes Armutsverständnis. Es geht auch davon aus, dass Armut verhinderte gesellschaftliche Partizipation bedeutet und auch andere Risiken birgt, die mitzudenken sind. Das wird in zynischer Weise im Gesundheitsbereich am deutlichsten.
Diese Zahl ist eigentlich unglaublich: Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen einem Mann, der in Gröpelingen aufwächst, und einem Mann, der in Schwachhausen aufwächst, beträgt 8,2 Jahre. Das heißt sozusagen, die Geburt und das Leben in einem Stadtteil bedeuten einen statistischen Unterschied von nahezu einem Jahrzehnt in der Lebenserwartung. Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass wir in einer solchen Gesellschaft leben! Wir müssen entschlossen gegensteuern. Da stehen wir alle in der Verantwortung.
Der Bereich Gesundheit war im letzten Armutsausschuss als ein Bereich identifiziert, mit dem man sich eigentlich noch einmal verstärkt beschäftigen müsste. Deshalb finde ich auch den Hinweis der CDU richtig. Es wurde beantragt, diesen Ausschuss weiterzuführen. Wir haben als LINKE-Fraktion dazu gesagt, genau mit dem Bereich Gesundheit müsste man sich noch einmal stärker auseinandersetzen, Konzepte entwickeln und versuchen, zusammen mit anderen Akteuren Ideen zu entwickeln. Das hat der Senat, aber auch diese Bürgerschaft leider abgelehnt. Wir glauben, dass auch die Auseinandersetzung damit nötig wäre. Es müssen Konzepte her. Dieser Zustand ist überhaupt nicht hinzunehmen.
Wir sind der Meinung, dass es ganz gezielte Förderungen gerade für die benachteiligten Stadtteile geben muss. Das werden wir auch in den Anträgen zum Haushalt darlegen. Gerade dort, wo die Sozialindikatoren zugespitzt sind, benötigen wir mehr Investitionen in Bildung, mehr Möglichkeiten, die Gesundheitsvorsorge vor Ort auszubauen, mehr Programme, auch um Alleinerziehende zu unterstützen und mehr Programme für den Arbeitsmarkt. Wir werden das durch entsprechende Anträge unterfüttern.
Wir glauben aber auch, dass es Probleme im Bereich der Armutsbekämpfung gibt, die sozusagen nur durch eine Debatte über gesellschaftliche Umverteilung auf einer höheren Ebene gelöst werden müssen. Auch damit haben der Senat und wir als Bürgerschaft die Möglichkeiten, Initiativen anzustoßen, Diskussionen anzuregen und darüber nachzudenken, wie viel Un
gleichheit eine Gesellschaft eigentlich aushalten kann. Wir sind uns zumindest einig, dass diese Form von Ungleichheit eigentlich nicht mehr hinzunehmen ist. Es muss umgesteuert werden. Wir benötigen konkrete und lokale Maßnahmen. Wir brauchen sie auf staatlicher Ebene und auch darüber hinaus. Wir benötigen hier aber vor allen Dingen entschlossenes politisches Handeln. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf den letzten Redebeitrag hin habe ich zu meinen Kollegen auf der Senatsbank ironisch bemerkt, die Grünen waren bei der Bundestagswahl zu ehrlich. Wir haben ganz laut gesagt, es muss zur Umverteilung in Deutschland kommen, und starke Schultern können mehr leisten. Dafür haben wir die Quittung bekommen. Es bleibt aber wahr.
(Abg. Röwekamp [CDU]: Es gibt dafür unverändert keine Mehrheit! – Zuruf Frau Dr. Kappert-Gonther [Bündnis 90/Die Grünen])
Unverändert gibt es keine Mehrheit dafür! Die anderen sprechen es nicht aus, erhöhen aber trotzdem die Steuern, wenn sie an der Regierung sind, weil die Verteilung zwischen Arm und Reich in diesem Land nicht ohne Vermögensbesteuerung zu ändern sein wird.
Sie wird auch nicht zu ändern sein, wenn man leistungsfähige Einkommensgruppen nicht stärker heranzieht.
In dieser Debatte ist einiges Wichtige angesprochen worden. Dieser umfassende Bericht zeigt noch einmal, dass es keine Patentlösung gibt, sondern dass wir lebenslagenorientiert schauen müssen, wie wir Menschen aus Armutslagen befreien können. Klar ist, der Weg aus der Armut führt natürlich über das wichtige Thema Arbeit sowie über die Beschaffung von Arbeitsplätzen, und dass hierzu in diesem Bundesland noch reichlich zu tun ist, muss keiner wegreden.
Heute geht die bedauerliche Nachricht durch die Medien, dass HACHEZ 89 Arbeitsplätze abbaut. Darüber kann sich kein Mensch freuen. Wir wollen, dass Unternehmen in Bremen sind und man sich auch zu dem Standort bekennt. Wenn aber gesagt wird, daran sei der Mindestlohn schuld, dann ist das falsch. Ich finde es richtig, dass wir als erstes Bundesland den Mindestlohn eingeführt haben.
Frau Grönert, Sie sagten, der Bremer Senat setzt auf viele kleine Einzelmaßnahmen. Darüber kann man sicherlich streiten, weil wir wirklich in einigen Stadtteilen kleinste Maßnahmen von 1 000 Euro oder 5 000 Euro finanzieren, um Menschen in Notlagen zu helfen. Man muss aber doch konstatieren, dass die Regierung in den letzten Jahren, seit sie sich in dieser Konstellation zusammengefunden hat, ganz entscheidende Weichenstellungen im Bereich der Kindertagesbetreuung und im Bereich der Bildung vorgenommen hat.
Wir haben Millionenbeträge für die Bereiche Kita und Bildung umgeschichtet. Wir haben in einem irren Wettlauf mit der Zeit den Rechtsanspruch bei der Betreuung für die unter Dreijährigen umgesetzt. Da waren wir nicht auf der Poleposition.
Zu nennen ist auch der Bereich der Ganztagschulen. Ich habe von hier vorn auch schon einmal über Willi Lemke geschimpft. Er hat damals gefordert: Schulen sanieren, in Bildung investieren, von den Skandinaviern lernen. Das haben wir hier im Schulterschluss mit der CDU-Fraktion in all den Jahren umgesetzt und auf gute Qualitätsstandards gesetzt.
Aus meiner Sicht ist es auch eine langfristige Investition, die sich an dieser Stelle auszahlen wird. Man darf jedoch nicht behaupten, wir hätten hier nur in ein Klein-Klein gearbeitet, das wäre falsch. Wir haben da etwas gut und auch richtig gemacht.
Ich halte es des Weiteren für richtig, dass das Beschäftigungspolitische Aktionsprogramm jetzt für die Laufzeit der Jahre von 2014 bis 2020 mit der Wirtschaftsförderung verknüpft wird,
denke aber auch, dass man dort noch einmal genau hinsehen muss. Es melden sich ja die Beschäftigungsträger zu Wort und sagen, es findet eine richtige Weichenstellung statt, auch durch die Maßnahmen, die die Europäische Union fördert im Bereich der Armutsbekämpfung, aber man muss doch noch einmal an den Lebenslagen orientiert hinschauen, ob man wirklich die Langzeitarbeitslosen, die Suchtkranken, die verschuldeten Menschen erreicht. In der Sozialdeputation und in der Arbeitsdeputation müssen wir diese Programme darüber hinaus weiter kritisch begleiten.
Wir haben viel gemacht, das Thema kostenlose Schuldnerberatung wurde angesprochen. Der Bund hat sich aus der präventiven Schuldenberatung verabschiedet, und wir haben als Haushaltsnotlageland gesagt, wir haben hier viele verschuldete Menschen sowie Menschen, die von Verschuldung bedroht sind, daher nehmen wir eigene Haushaltsmittel in die Hand, um die Menschen aufzufangen, damit sie nicht ar
Wir können einige Erfolge verbuchen bei dem Thema Verringerung der Quote der Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher, und ich bin stolz auf die Schulen im Bremer Westen, von denen ich weiß, sie vermelden seit Jahren, dass sie es schaffen, ganze Jahrgänge der zehnten Klasse auf die weiterführenden Schulen oder in die Ausbildung zu entlassen. Jeder Jugendliche hat einen qualifizierten Schulabschluss erreicht, sei es die Erweiterte Berufsbildungsreife oder der Mittlere Schulabschluss oder die Befähigung für die gymnasiale Oberstufe, und das ist ein riesiger Erfolg. Da waren die Bremer Schulen schon deutlich schlechter. Lehrer haben erkannt, dass es wichtig ist, dass die Jugendlichen einen Abschluss vorweisen, und das ist eine Veränderung zu vielen Vorjahren. Es ist gut, dass wir uns auf diesen Weg gemacht haben.
Der Senat hat ein Wohnraumförderungsprogramm aufgelegt für die Jahre 2012 und 2013 – das ist die Zeit, aus der die Zahlen stammen –, wir reden hier jetzt also über drei Jahre alte Zahlen, und wir sind jetzt schon auf dem Weg zu einem neuen Bericht über die Lebenslagen, der dann der dritte sein wird. Wir haben auch ein neues Wohnraumförderungsprogramm aufgelegt und sind jetzt in der Umsetzung, auch das halte ich für richtig, dass wir mehr Wohnraum schaffen für Menschen mit wenig Geld, und dass wir ebenfalls die Mietpreisbremse eingeführt haben. Das ist ebenfalls ein Erfolg und dient auch der Förderung von Familien, die nicht über so viel Geld verfügen.
Wir werden morgen über die Integration reden. Ich will nur ansprechen, dass wir bei der gesundheitlichen Versorgung von Zuwanderinnen und Zuwanderern ohne Aufenthaltsstatus die Humanitäre Sprechstunde eingeführt haben. Auch das gibt es nicht in vielen Städten. Wir sind immer noch diejenigen, die in den anderen Bundesländern als die Vorreiter im Bereich der Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge gelten. Wir haben mit dem Bremer Modell da bundesweit eine sehr wegweisende Rolle eingenommen, auch darauf sind wir stolz, und das halte ich auch für kein kleines Modell.
In der Bremischen Bürgerschaft haben wir auch über die zahlreichen Maßnahmen aus meinem Hause, Beteiligung am Bundesprogramm Frühe Hilfen, das Projekt „TIPPTAPP – Gesund ins Leben“, das Programm mit den Familienhebammen diskutiert. Wir haben hier oft darüber gesprochen, auch Frau Ahrens hat gesagt, da müsse noch mehr passieren, das sehe ich auch so. Wir haben erörtert, dass es dort noch mehr Personalbedarfe gibt. Das sind wichtige Sachen, um
Familien, Alleinerziehende mit Säuglingen zu unterstützen und auch im Bereich der Jugendhilfe einen wichtigen Schwerpunkt zu legen.
Als Sozialsenatorin kann man nicht zufrieden sein mit solch einer großen sozialen Spaltung, das wäre ja total verrückt. Es ist auch nicht schmeichelhaft für einen Bremer Senat, sich selbst einen derartigen Bericht aufzuschreiben, aber es ist meines Erachtens sehr wichtig, dass ein Senat sich traut, den Finger in die Wunden zu legen und zu sagen, wo die Probleme sind.
Darüber hinaus sich nicht nur auf die gemeinsame Diskussion einzulassen, sondern auf den gemeinsamen Weg zu machen mit dem Parlament, mit dem Haushaltsgesetzgeber über die richtigen Maßnahmen – ich habe hier darüber einiges an Vorschlägen gehört –, es wurden ja verschiedene Dinge genannt, die wir weiter aufgreifen werden und auch weiter aufgreifen müssen.
Eine abschließende Bemerkung! Ich glaube, dass unsere Erfolgsgeschichten – und es sind jetzt auch kleine Sachen dabei, das WiN ist ein relativ kleines Programm –, gerade diese Dinge und Programme, Integration im Quartier, unheimlich wichtig sind und bei den Menschen auch ankommen. Integration ist ein großes Wort, das werde ich morgen auch noch einmal sagen, aber die Integration, das Ankommen und auch die Stabilisierung der Lebenslagen passieren eben in den Stadtteilen wie beispielsweise in Huchting, Gröpelingen, in Bremen-Nord, Lesum, Blumenthal über diese Förderprogramme, die wirklich die Lebenslagen genau der Familien erreichen. Deswegen bin ich auch der Überzeugung, dass wir bei diesen Programmen eher mehr brauchen, dort noch einmal die Anstrengungen verstärken müssen, und dass wir da nicht nachlassen dürfen, weil wir damit wirklich auch die Menschen erreichen. Wir brauchen keine Hochglanzbroschüren, sondern wir müssen uns immer trauen hinzuschauen, wie die Menschen leben und welche Programme sie brauchen.
Wir sind die Hochburg der Alleinerziehenden, und daher ist es auch wichtig, dass wir dieses Feld gemeinsam noch einmal als Parlament bearbeiten, und zwar mit allen Facetten. Wir haben es eben gehört, die Ausbildung in Teilzeit ist ein sehr wichtiges Thema, aber auch die Themen Wohnen, Kinderbetreuung, was sind die Angebote, die diese Frauen wirklich brauchen, das gehört auf die politische Agenda.
Energiebericht für die öffentlichen Gebäude der Stadtgemeinde Bremen und der Landesgebäude der Freien Hansestadt Bremen – Bericht für das Jahr 2014 – Mitteilung des Senats vom 10. November 2015 (Drucksache 19/136)