Protocol of the Session on April 23, 2015

hoch. In kaum einer anderen Großstadt in Deutschland ist er höher. Das spricht für unsere gute städtische Infrastruktur, die auch von Alleinerziehenden als attraktiv empfunden wird. Wir haben ein gutes KitaNetz und halten viele Unterstützungsangebote vor, aber diese Gruppe weist das höchste Armutsrisiko auf; das erhöht die Armutsrisikoquote insgesamt.

Bremen steht wie andere Stadtstaaten vor dem

Problem, dass einkommensstärkere Gruppen in das Umland ziehen, während wegen der kurzen Wege und der sozialen Teilhabemöglichkeiten Personen mit geringeren Einkommen herziehen. Hier wurde gesagt, in Bremen und Bremerhaven sei die Armut

groß. Ja, Herr Dr. vom Bruch, aber schauen Sie sich doch einmal das Umland an! Löschen wir gedanklich die Grenze, wird deutlich, dass wir unter Einbezie hung der Umlandgemeinden in der fünftstärksten Wirtschaftsregion Europas leben. Wir verzeichnen 100 000 Einpendler, auch diesen wichtigen Aspekt der Debatte muss man berücksichtigen.

(Zurufe von der CDU)

Sie können sich ja noch einmal melden, es ist eine De batte mit einer Redezeit nach der Geschäftsordnung.

Man darf jedenfalls nicht Äpfel mit Birnen ver

gleichen, sondern muss den Blick für das Ganze behalten. Bremen ist ein Stadtstaat, das kommt in der Bundesrepublik nicht so oft vor. Wir haben wie gesagt damit zu kämpfen, dass viele einkommens stärke Familien in das Umland ziehen. Diese Um landgemeinden sind wirtschaftsstark, Armut ist dort nur relativ selten ein Thema.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grü nen]: Wirtschaftsstark nicht, nur finanzstark!)

Finanzstark und einkommensstark sind diese Ge meinden. Dieser Umstand muss in der Debatte be rücksichtigt werden.

Bremen hat verglichen mit Städten in den neuen

Bundesländern einen hohen Anteil an Menschen mit Migrationsgeschichte, die im Durchschnitt ein höheres Armutsrisiko aufweisen.

(Unruhe)

Ich darf noch um ein bisschen Konzentration vor dem Essen bitten!

Herr Dr. Güldner hat zu Recht darauf hingewiesen,

dass der Bremer Senat sich für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, eines in hohem Maße ausgrenzenden Gesetzes, einsetzt.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Du sitzt vorn, das ist das Schicksal von Fraktionsvor sitzenden. Herr Tschöpe passt jetzt auch wieder auf.

(Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Er ist unter zuckert! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Schon in der Schule habe ich immer die Schimpfe für die anderen ab bekommen!)

Ich wollte nicht schimpfen, sondern nur Aufmerk samkeit und ein bisschen Zuwendung vom Parlament erbitten. Ist das denn zu viel verlangt?

Das Asylbewerberleistungsgesetz muss weg. Dafür

bitte ich um Beifall!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Okay, wir haben uns verstanden.

Bremen hat einen hohen Anteil an Personen in

Minijobs, das heißt im Niedriglohnbereich, auch das ist ein Thema, das bearbeitet werden muss. Wir müssen weg von diesen vielen Minijobs. Auf diesen liegt kein Segen für die Menschen, weil die Einkünfte meist unter der Armutsrisikoschwelle bleiben. Das verursacht wie aufgezeigt viele weitere Probleme.

Herr Dr. vom Bruch hat gesagt, das Armutsrisiko

von älteren Menschen sei wenig betrachtet worden. Das Thema aber ist ein großes, auch für das Bun desland Bremen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben große Zuwachszahlen von Menschen, die die Grundsicherung erhalten.

Wir müssen uns einmal die älter werdende Gesell

schaft anschauen. Wer sich mit Hausärzten bei einem normalen Besuch unterhält - sie machen nicht nur medizinische Versorgung, sondern sie sind Seelsorger, aber auch Sozialarbeiter in einer Person –, hört in solchen Gespräche in den Stadtteilen von einsamem Menschen, die gar nicht mehr teilhaben können, weil sie nicht mehr mobil sind, weil sie Angst haben zu zeigen, dass sie unter der Armutsgrenze leben. Sie versuchen, mit richtig wenig Geld auszukommen, Sie lösen Ansprüche nicht ein. Ich als Sozialsenato rin möchte, dass die älteren Menschen, denen eine Grundsicherung zusteht, diese Ansprüche im Amt auch geltend machen. Das ist notwendig.

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau D r. S c h a e- f e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja!)

Wir werden auch verstärkt über Angebote an Mit

tagstischen über Teilhabe, Treffpunkte in den Stadt teilen von Bremen sprechen müssen, auch das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Angebot, das wird zu wenig gesehen. Die älteren Menschen verhalten sich unauffällig. Herr Dr. Kuhn kennt das vielleicht nicht.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ändert sich!)

Herr Dr. Kuhn kennt das doch! Das aber ist ein Thema, Herr Dr. vom Bruch – ich unterstreiche das dreimal –, das aufgegriffen werden muss. Wenn wir Armut bekämpfen wollen, wenn wir Teilhabe von Men schen verbessern wollen, müssen auch die älteren Menschen dabei betrachtet werden.

(Abg. Frau S c h m i d t k e [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Frau Senatorin, gestatten

Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schmidtke?

Aber gern, Frau Schmidtke!

Bitte schön, Frau Kollegin

Schmidtke!

Frau Senatorin, stim

men Sie mir zu, dass Altersarmut ganz häufig auch damit zu tun hat, dass sich bezugsberechtigte Seni orinnen und Senioren scheuen, ihre Rechte geltend zu machen, weil sie Angst haben, dass ihre Kinder zur Kasse gebeten werden?

Ja, das kann sein. Generell

aber scheuen viele ältere Menschen den Gang zum Amt. Sie versuchen einfach, selbstzurechtkommen. Diese Hemmschwellen versuchen wir abzubauen, indem wir die Menschen über ihre Rechte informieren. Es ist wichtig, dass diese wahrgenommen werden, aber klar: Die Sorge um die Kinder bleibt, egal wie alt die Kinder sind. Das würde ich aus persönlicher Lebenserfahrung hier sagen.

Liebes Parlament, vor der nächsten Bremischen

Bürgerschaft liegt viel Arbeit. Der Ausschuss hat gute Arbeit geleistet. Auch ich möchte mich bei Ihnen, Herrn Dr. vom Bruch, als dem Vorsitzenden bedanken, bei den Experten, die Sie gehört haben, die nicht nur aus den Elfenbeintürmen der Wissenschaft oder aus den oberen Behördenetagen kamen, sondern auch von den Praktikern aus den Stadtteilen. Es hat der Diskussion im Ausschuss meines Erachtens gut getan, vom Gesundheitstreffpunkt West, von Aykut Tasan als Quartiersmanager beispielsweise oder von Maresi Lassek als Schulleiterin in einem Stadtteil, der mit vielen Problemen zu kämpfen hat, zu hören, wie das Thema in der Öffentlichkeit ankommt, wie damit umgegangen wird und welche Maßnahmen der Politik aus der Praxis empfohlen werden. Es ist wichtig, dass wir uns Tag für Tag diesen Diskussionen stellen und diese Maßnahmen ermöglichen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und guten Appetit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren,