Protocol of the Session on April 22, 2015

kommt teuer!“

Die Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete

Rupp.

Herr Präsident, meine

sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! EU-Mittel sind für Außenstehende oftmals ein Buch mit sieben Siegeln, das ist verständ lich. Die Einwerbung, Nutzung und Abrechnung von EU-Mitteln sind offensichtlich aber nicht nur für Außenstehende ein Buch mit sieben Siegeln, sondern stellen auch in Bremen die verantwortlichen Ressorts immer wieder vor Aufgaben, die schwer zu lösen sind.

Worüber reden wir? Wir reden über ungefähr 90

Millionen Euro, die von der europäischen Union in Tranchen von knapp 13 Millionen Euro pro Jahr aus

dem Europäischen Sozialfonds nach Bremen fließen oder fließen könnten, mit denen dann hier arbeits marktpolitische Maßnahmen, Bildungsmaßnahmen und Ähnliches finanziert werden. Das ist eigentlich eine gute Einrichtung und mehr als dringend nötig; denn wir wissen, dass es in Bremen mehr als genug Anlässe und Gelegenheiten gibt, Menschen, die Arbeit suchen, Menschen, die in schwierigen Ver hältnissen leben, zu helfen. Deswegen ist dieses Geld für Bremen immens wichtig, vor allen Dingen, weil dagegen relativ wenig bremisches Geld steht.

Der Landesrechnungshof hat sich angeschaut, was

in den letzten Jahren mit diesem Geld passiert ist, und er hat festgestellt, dass in den Jahren 1911 und 1912 sind gar keine Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds nach Bremen geflossen sind.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

2012 und 2013? 2011 und 2012, wenn ich mich richtig erinnere!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Nicht 1911!)

Nicht 1911 und 1912, ja! Für das Protokoll: Wir reden über die Jahre 2011 und 2012.

Insgesamt hat Bremen im Jahr 2011 ungefähr

10 Millionen Euro und im Jahr 2012 noch einmal 10 Millionen Euro, nicht vom Europäischen Sozial fonds bekommen. Man sollte denken, das sei kein Problem, dann bekomme man das Geld eben spä ter. Unglücklicherweise ist es aber so, dass Bremen zur Bezahlung der Projekte, die aus diesem Fonds finanziert werden, nicht warten kann, bis das Geld dann kommt, sondern es muss vorfinanziert werden. Daher muss man Kredite aufnehmen, und deshalb sind Zinszahlungen in einer sechsstelligen Größen ordnung fällig, sagt der Rechnungshof. 1,5 Prozent von 20 Millionen Euro sind ungefähr 450 000 Euro, die Bremen einfach so bezahlen musste, das ist Geld, das niemand in irgendeiner Weise wieder eintreiben kann.

450 000 Euro sind eine Menge Geld, wenn man

sieht, wie die Haushaltsberatungen abgelaufen sind.

Diese Weise, mit europäischem Geld umzugehen,

es also nicht rechtzeitig abzurechnen, Anträge nicht rechtzeitig einzureichen und Prüfungen nicht vernünf tig durchzuführen, führt zu einer Nichtauszahlung, zur Kreditaufnahme und zu Zinsen, die Bremen ei gentlich gar nicht bezahlen müsste. Dieser Schaden ist, wie ich finde, immens.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Frage ist interessant, wie das eigentlich kommt.

Hat die EU jetzt gesagt, dass die Bremer das Geld

nicht bekommen? Ganz so war es nicht! Die EU hat geprüft, wie Bremen mit dem EU-Geld umgeht, sie hat dabei nachgesehen, ob die hiesigen Prüfeinrich tungen in Ordnung sind, und dann gesagt, dass das besser sein könnte. Daraufhin hat Bremen von sich aus gesagt, nein, dann stellen wir keine Anträge auf Zahlung dieses Geldes und warten erst einmal zwei Jahre, bis wir hier alles in Ordnung gebracht haben, siehe Rechnungshofbericht.

Das ist ein Zustand, der im Wesentlichen dar

auf zurückzuführen ist, dass von Anfang an – also seit ich diesem Parlament angehöre und mich auch nur ansatzweise mit diesen Fragen beschäftige – in diesem Bereich akuter Personalmangel herrschte. Immer und zu jeder Zeit, in der ich mit dem Thema konfrontiert war, gab es eine Bugwelle von nicht bearbeiteten Anträgen, von nicht geprüften Anträgen und so weiter. Das hat nichts mit bösem Willen oder mit mangelnder Qualifikation der Beschäftigten zu tun, sondern das ist schlicht eine Frage von Köpfen. Wir haben es mit einer Situation zu tun, in der Per sonalabbau in diesem Bereich in Bremen schlicht Geld kostet. Zu diesem Schluss kommt im Übrigen auch der Rechnungshofsbericht.

Jetzt könnte man sagen, okay, das war vor drei,

vier Jahren, mittlerweile sind sie wahrscheinlich auf einem guten Weg und haben ihre Fehler einge sehen, denn in diesem Parlament sind mindestens zwei Fraktionen auf einem guten Weg. Ich wünschte mir, dass sie tatsächlich ankommen und das Problem auch lösen würden. Im Moment gibt es darauf aber überhaupt keinen Hinweis.

Der Rechnungshofsbericht endet mit dem Hinweis

darauf, dass das Ressort sagt, die aufgabenkriti sche Beurteilung der Lage wird erst im Jahr 2016 abgeschlossen sein, also im nächsten Jahr. Ich bin gespannt, denn inzwischen läuft schon die neue Förderperiode, während die alte Förderperiode noch nicht abgerechnet ist. Es steht also zu befürchten, dass aufgrund der Personalenge die jetzt vorliegen den Anträge nicht vernünftig abgerechnet werden können.

Wir sind jetzt in die zweite Förderperiode zu spät

gestartet. Die Projekte, die wir bei der Europäischen Union anmelden müssen, sind in einem Zustand, der eher mangelhaft ist.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü nen]: Woher weiß er denn das alles? Das ist unglaublich!)

Es gibt Informationen, die man schon lesen und

wahrnehmen muss! Man löst das Problem nicht dadurch, dass man die Augen davor verschließt! In der neuen Förderperiode befindet man sich also noch nicht auf einem guten Weg, um einmal diesen Begriff zu gebrauchen. Wir laufen somit Gefahr, auch dabei hinterherzuhinken.

Wir befinden uns in einer Situation, in der Per

sonalabbau Geld kostet. Ich finde, das muss man

ändern, wir thematisieren es jetzt. Nach der Wahl wird es Koalitionsverhandlungen geben. Ich fordere Sie auf, endlich sicherzustellen, dass die Abarbeitung von ESF-Mitteln, also von europäischen Mitteln, die hier für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen genutzt werden, vernünftig vonstattengeht, dass das Personal ausreicht und dass es vor allen Dingen dort ankommt, wo es den Leuten nützt.

Es deutet sich doch schon jetzt an – das besagt

auch der Rechnungshofsbericht –, dass sich in Zu kunft möglicherweise nicht die Frage stellen wird, was in Bremen benötigt wird, sondern es wird sich die Frage stellen, welche Projekte am einfachsten abgerechnet werden können, und diese werden dann gefördert. Dies aber wäre eine Umkehrung des Sinns der Mittel, und das darf auf keinen Fall passieren. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Es freut mich natürlich sehr, dass die Arbeit des Rechnungshofs noch einmal Thema in diesem Hause geworden ist. Wir haben im Rechnungsprü fungsausschuss in den vergangenen vier Jahren sehr gut zusammengearbeitet. Vor diesem Hintergrund will ich aber umso nachdrücklicher der Absicht der LINKEN widersprechen, aus der Arbeit des Rechnungshofs irgendeine Skandalgeschichte zu machen. Stattdessen sollten die Ergebnisse sachlich, so wie wir es machen sollen und auch getan haben, im Rechnungsprüfungsausschuss erörtert werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich jedenfalls will diese sachliche Erörterung hier versuchen.

Es geht um die Verwendung, Prüfung und Abrech

nung der Mittel, die Bremen aus dem Europäischen Sozialfonds, ESF, erhält, durch das Arbeitsressort. Diese Arbeit hat der Rechnungshof vom Jahr 2011 bis zum Jahr 2014 geprüft. Auf die Beanstandungen und Vorschläge gehe ich nachher ein. Vorweg möchte ich drei allgemeine Bemerkungen machen, um das Thema einzuordnen.

Erstens: Die Mittel sind wirklich erheblich, nämlich

89 Millionen Euro für die letzte Förderperiode – es geht immer um sieben Jahre – von 2007 bis 2013 und jetzt immer noch 76 Millionen Euro, die üb rigens ein Riesenerfolg waren, mit dem man nicht rechnen konnte. Deshalb ein großes Lob für die neue Förderperiode 2014 bis 2020! Das ist natürlich der tragende Pfeiler unserer Beschäftigungspolitik, deswegen sind genehmigungsfähige Programme so wichtig. Der Senat hat sie in den letzten Jahrzehnten