Protocol of the Session on February 18, 2015

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)

Wissen Sie, wie viele Menschen mich darauf angesprochen haben? Mit solchen Aussagen richten Sie großen politischen Schaden an – Wahlkampf hin oder her. Auch ich weiß, dass wir uns im Wahlkampf befinden. In diesem geht es auch darum, den einen oder anderen Senator beziehungsweise die eine oder andere Senatorin in ein schlechtes Licht zu rücken. Aber Sie richten mit Ihren Aussagen großen politischen Schaden gegenüber der Politik insgesamt an. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden es ganz mies, in Haftung genommen zu werden für eine Sache, für die sie nichts können. Es sind Menschen, die Tag für Tag sehr ernsthaft versuchen, ihrer Arbeit nachzugehen. Die Bedingungen sind manchmal schwierig, aber die Leute machen das.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)

Jetzt will ich ein bisschen ruhiger werden.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Darüber kann man sich ruhig aufregen! Das ist in Ord- nung!)

Was ist passiert? Ein Mitarbeiter war in einer Situation, die er mit seinen Mitteln geklärt hat. Er suchte weiteren fachlichen Rat; ich finde das richtig. Ein Mitarbeiter des LKA hat von einer möglichen Straftat erfahren und den Ermittlungsapparat in Gang gesetzt; das ist seine Aufgabe. Die Staatsanwaltschaft hat weitere Informationen aus den Akten verlangt; das ist ihre Aufgabe. Das Jugendamt hat Sozialdaten ohne richterlichen Beschluss nicht herausgeben wollen. In

Paragraf 73 Absatz 3 SGB X heißt es, dass Sozialdaten ohne richterlichen Beschluss nicht herausgegeben werden dürfen. Daran haben sich unsere Mitarbeiter gehalten.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: An das Gesetz!)

Damit haben wir uns an das Gesetz gehalten.

Die Staatsanwaltschaft hat nicht den richterlichen Beschluss, aber einen Durchsuchungsbeschluss bekommen. Die Akte ist dann an die Staatsanwaltschaft gegangen. Das sind juristische Probleme, die in einem Rechtsstaat geklärt werden müssen. Das sehe ich so. Das ist aber nicht Ausdruck eines Versäumnisses von irgendeiner Stelle. Mir wurde glaubhaft versichert, dass die Leute entsprechend den von uns für die Bereiche Soziales, Justiz und Polizei aufgestellten Handlungsanweisungen ihre Arbeit gemacht haben. Es kommt in der Tat, wie es in der Debatte schon beschrieben wurde, zu Schnittstellenproblemen, die wir ausräumen müssen. Wir müssen klären, ob ein Fehler in der Zusammenarbeit zwischen zwei Menschen vorliegt. Wir werden uns diesen Fall anschauen und vergleichbare Fälle heranziehen, um herauszufinden, ob es sich um ein systemisches Problem handelt. Wenn ja, werden wir es gemeinsam klären.

Fazit: Drei Behörden gehen ihren Aufgaben nach, haben letztlich aber dasselbe Interesse, nämlich das Kind zu schützen und weitere Straftaten zu verhindern – so, wie wir uns bemühen, Frauen und andere Menschen vor Gewalt zu schützen. Auch das sind durchaus Probleme, die wir behandeln. Das ist das Interesse.

Aber es kommt zu unterschiedlichen Einschätzungen, und man streitet sich vor Gericht. Das kommt – ich sage es noch einmal sehr deutlich – auch bundesweit vor. Das ist auch in anderen Bundesländern Gegenstand vieler rechtlicher Auseinandersetzungen vor Gerichten. Es kommt immer wieder zu einem gewissen Kernproblem.

Ich würde sagen, das ist unnötig. Hier kann man die Verfahren so weit klären, dass beide Seiten möglichst weitgehende Handlungssicherheit haben, was notwendig ist.

Die Ressorts für Soziales, für Inneres und für Justiz haben sich in diesen Tagen zusammengesetzt, um solche Reibungsverluste zu vermeiden. Ich halte es für richtig, dass wir uns nicht über die Zeitung unterhalten, sondern uns an einen Tisch setzen, um Verfahrenssicherheit herzustellen. Dafür gibt es übrigens schon seit Jahren ressortübergreifende Gesprächsrunden, die in festen Abständen, das heißt regelmäßig, und routiniert stattfinden. Dieser Fall wäre dort ohnehin vorgetragen worden. Die Frage, wie er in die Zeitung gekommen ist, will ich in dieser Debatte nicht behandeln.

So stelle ich mir auch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Behörden vor: interne Probleme benennen und sich darum bemühen, die Abläufe zu verbessern. Dafür habe ich von meinen Kolleginnen und Kollegen im Senat viel Zustimmung vernommen. Das ist der Weg, auf den wir uns begeben.

Jetzt zu einer politischen Bewertung! Die Fallmanagerinnen und Fallmanager in den Jugendämtern haben einen der schwierigsten und verantwortungsvollsten Jobs in dieser Stadt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Sie hät- ten sich sonst strafbar gemacht!)

Sie sollen zwischen böswilligen Diffamierungen und berechtigten Sorgen unterscheiden. Sie müssen familiäre Situationen schnell und sicher einschätzen. Sie müssen erkennen, wenn man ihnen etwas vormacht, dürfen sich nicht einwickeln lassen und dürfen dabei die Kooperationsbereitschaft der Familien nicht verspielen. Praktisch ist das manchmal die Quadratur des Kreises. Das ist eine Arbeit im Spannungsfeld zwischen Vertrauen, kritischem Hinterfragen und nach vorn gerichtetem Arbeiten zum Schutz des Kindes.

Ich finde es sehr bedenklich, wenn sich nun Abgeordnete der Bürgerschaft – damit meine ich nicht nur eine – in die Öffentlichkeit stellen und nicht nur das Jugendhilfesystem, sondern damit auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pauschal als verantwortungslos und unfähig abklassifizieren, und das, ohne in der Sache auch nur ein einziges Mal nachgefragt zu haben.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Frau A h r e n s [CDU])

Das trifft auf einige zu. Wir können das gern noch einmal unter vier Augen besprechen. Matthias Güldner hat zu Recht gesagt, die Frau Stahmann hätte auch schneller sein können bei ihrer Information. Nun kann aber jeder, der in der letzten Woche die Meldungen in der Zeitung verfolgt hat, sehen – ich sage das zu unserer Entlastung im Ressort –, dass wir mit vielen Themen gut auf Trab gehalten wurden. Die Themen haben wir uns nicht selbst aufgeladen. Wir haben ein umfangreiches Arbeitspensum, wurden aber auch auf Trab gehalten. So sage ich es einmal ganz diplomatisch.

Ich habe nicht geahnt, dass der Fall sich so hochgeigen würde. Man hat sich mit dem Vorwurf der Kindeswohlgefährdung intensiv auseinandergesetzt und alles Notwendige abgearbeitet. Ein Casemanager hat sich sofort nach der Meldung die Schweigepflichtsentbindung geholt. Der Kinderarzt wurde informiert, die Hebamme befragt. In der Kita und in der Schule wurde nachgefragt. Eine Fachkonferenz hat getagt. Die Gewaltschutzkonferenz wurde einberufen. Bei

uns war der Fall abgeklopft und abgearbeitet. Am Ende hat sich ein Mitarbeiter mit der Staatsanwaltschaft beraten wollen. Er hat dadurch, dass er den Fall dargestellt hat – Frau Vogt hat es ganz prima gesagt –, die Staatsanwaltschaft über den Fall informiert. Diese konnte gar nicht anders, als ihren Job zu machen.

Wir wollen in Bezug auf die Frage, wie man mit dem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, Kindesmissbrauch oder Kinderpornographie umgehen sollte, eng zusammenarbeiten, auch mit den Strafverfolgungsbehörden. Auch gegenwärtig melden Menschen bei uns beziehungsweise beim Jugendamt Kindeswohlgefährdungen. Es darf aber nicht die Angst entstehen, dass der Staatsanwalt vor der Tür steht, sobald man das Jugendamt betritt, zumal wir auch Hinweise aus den Familien selbst bekommen.

Jeder hier im Raum kann sich vorstellen, wie schwierig damit umzugehen ist, wenn man das, was ich eben vorgetragen habe, was ein Casemanager oder eine Casemanagerin eigentlich alles beachten muss, erfüllen soll.

Selbst wenn an einer Stelle Fehler unterlaufen, darf das kein Anlass sein, eine ganze Berufsgruppe pauschal zu verunglimpfen. Der Unfehlbarkeitsanspruch, der aus einigen Stellungnahmen spricht, ist weit überzogen. Es gibt keinen Lebensbereich, in dem Menschen fehlerlos arbeiten, und wo Fehler passieren, erwarte ich, dass man daraus lernt. Das ist auch die Kultur in meinem Haus, dass wir uns genau ansehen, was vorgefallen ist. So arbeiten wir eigentlich bei allen schwierigen Fällen, und in meiner Amtszeit sind solche Fälle auch schon aufgetreten. Wir haben sie uns dann vorstellen lassen und in der Rückschau dahingehend betrachtet, was wir aus diesen Fehlern lernen können. Es ist wichtig für ein Jugendamt, aus Fehlern zu lernen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es ist generell wichtig für Behördenhandeln zu prüfen, was man besser machen könnte. Das ist aus meiner Sicht ein professioneller Umgang, und das leben die Kolleginnen und Kollegen in den Jugendämtern.

Zuletzt: Der öffentliche Tumult, der jetzt um diese eine Familie ausgebrochen ist, hinterlässt viele Scherben. Wenn jetzt nur ein einziger anonymer Hinweis ausbleibt, der einem Kind viel Leid ersparen könnte! Vertraulichkeit ist für die Arbeit der Jugendämter ein hohes Gut, und ich sage das hier in dieser Debatte auch zwei- oder dreimal. Wir wollen das nicht leichtfertig verspielen, wir brauchen den Informantenschutz, auch das möchte ich in dieser Debatte zu bedenken geben.

Wenn wir morgen in der Sondersitzung der Deputation im vertraulichen Teil sind und über Sozialdaten sprechen, können wir uns das noch einmal im De

tail anschauen und auch Fragen stellen, der Jugendamtsleiter wird auch dabei sein. Wir sind bereit, in den kritischen Diskurs zu gehen. Nach meinen Informationen ist es ein Fall, wie wir ihn oft erleben, der eigentlich Routine ist, er war bei uns im Haus abgeschlossen. Wir versuchen, unseren Job ernsthaft zu machen und Kinder zu schützen, aber wir werden nie eine hundertprozentige Gewissheit erreichen, selbst wenn wir Familien zu Hause mit Kameras überwachen würden, was niemand will. Das ist eben auch das Schwierige im Jugendamt, und das wissen auch alle, die hier im Hause sitzen und die Debatten der letzten Jahre verfolgt haben. Es ist eine Herausforderung im Spannungsfeld zwischen Vertrauen, Jugendamt und der Zusammenarbeit der Eltern, um das Kindeswohl zu sichern. Diese schwierige Aufgabe ruht auf meinen Schultern. Frau Ahrens, ich glaube, dass ich die Richtige in diesem Job bin. Ich glaube, ich habe in den letzten dreieinhalb, fast vier Jahren auch in schwierigen Debatten bewiesen, dass ich meiner Arbeit ernsthaft nachgehe. Ich möchte mir nicht die Lust an meiner Arbeit absprechen lassen, und wenn es schwierig wird, fühle ich mich meist noch besonders herausgefordert. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde ist geschlossen. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich Teilnehmerinnen des Frauenförderprojektes zur beruflichen Wiedereingliederung „Tessa“ und Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jugendförderprojektes „Hasa“. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Konsensliste

Mitteilung des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft vom 16. Februar 2015

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Konsensliste seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Konsensliste zu. (Einstimmig)

Senator Mäurer bei der Bewerbung Hamburgs für Olympia unterstützen

Antrag der Fraktion der CDU vom 17. Dezember 2014 (Drucksache 18/1691)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Ehmke.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Knäpper.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im letzten Jahr einen Antrag gestellt, dass wir Hamburg bei der Bewerbung für die Olympischen Spiele von Bremen aus gern unterstützen würden. Dieser Antrag ist leider abgelehnt worden. Aus diesem Grund haben wir jetzt noch einmal einen zweiten Antrag gestellt, weil sich eine andere Situation ergeben hat.

Olympische und Paralympische Spiele sind Ansporn und Inspiration. Die Mehrheit der Hamburger und viele Menschen nicht nur hier in Norddeutschland würden sich freuen, wenn es dem DOSB und Hamburg in einer gemeinsamen Anstrengung gelingen würde, die Olympiade im Jahr 2024 oder 2028 wieder nach Deutschland zu bringen.

Wir wollten mit unserem Antrag im letzten Jahr signalisieren, dass Bremen die Bewerbung unterstützt. Leider wurde unser Antrag mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt, es würden für Bremen unnötige Kosten entstehen, und vom Fraktionsvorsitzenden der SPD wurde sogar das Korruptionsregister ins Spiel gebracht.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Richtig!)

Das hat mich fast umgehauen! In unserem Antrag war in keiner Weise zu lesen, dass Bremen neue Sportstätten bauen müsse, wenn das Land die Bewerbung unterstützt. Wir wollten mit diesem Antrag ein Signal nach Hamburg senden, dass wir Bremer an seiner Seite stehen, weil es doch um Norddeutschland und die gesamte Region geht. Alle würden irgendwie davon profitieren.

(Beifall bei der CDU)

Frau Rosenkötter, Herr Mustafa Öztürk sowie Herr Senator Mäurer lehnen unseren Antrag angeblich aus Kostengründen ab. Tja! Mit Verwunderung konnten wir dann aber feststellen, dass Herr Innensenator Mäurer bei einer Innenministerkonferenz eine Bewerbung für Deutschland – also Hamburg oder Berlin – unterstützt. Woher kam dieser Sinneswandel? Sie haben eine deutliche Mehrheit hier im Parlament, meine Damen und Herren,

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Das stimmt!)

Sie haben hier im Hause sogar eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen. Aus diesem Grund haben Sie auch eine besondere Verantwortung, auch der Opposition gegenüber.