Protocol of the Session on December 17, 2014

Sie schreiben in Ihrem Antrag, die Zahl der Patentanmeldungen in Bremen sei nach wie vor – ich sage das einmal freundlich – nicht so, wie Sie es sich wünschen. Ja, es gibt im Land Bremen nur 156 Patentanmeldungen. Leider ist es so, dass Patentanmeldungen dort erfolgen, wo die Firmensitze sind. Bezieht man das einmal auf die Firmensitze der Patentanmeldenden, dann haben wir in Bremen 301 Patentanmeldungen. Drehen wir es einmal um: Alles, was zum Beispiel in Bremerhaven, und das liegt mir natürlich näher, in der F+E-Meile geschaffen wird, also dem Windcluster, wird leider nicht im Land Bremen angemeldet, weil die Firmensitze leider – und dabei ist Bremen so schön! – nicht in Bremen liegen, und so könnte ich noch weitere Beispiele nennen. Vielleicht müssen wir doch noch eine zweite Runde machen. – Vielen Dank erst einmal!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verspreche, mich ziemlich kurz zu fassen! Ich bin ja sehr dafür, dass man Strategien hat, Innovationen vorantreibt und Technologietransfer fördert, ob wir unbedingt eine Hightech-Strategie brauchen, lasse ich dahingestellt. Es gibt gute Argumente, wenn man über Innovation und Zukunftsstrategien nachdenkt, sich nicht auf Hightech zu fokussieren, weil es eben eine alte Fokussierung ist, und der Kollege Willmann hat es schon gesagt, wir sind in einer Situation, in der wir auf ganz vielen Ebenen eine Zukunftsstrategie brauchen, zum Beispiel auch im sozialen Bereich. Das heißt, wir müssen in der Lage sein, ein bisschen weiter zu denken als nur in Richtung Hightech.

Ich habe gedacht, wenn ich den Antrag der CDU lese, lerne ich vielleicht noch ein bisschen mehr dazu, was eigentlich eine Hightech-Strategie ist, wie man Innovationen vorantreibt und Technologietransfer fördert. Ich bin enttäuscht, weil die Phrasendichte in diesem Antrag recht hoch ist,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

und ich kann damit über weite Strecken einfach deswegen nichts anfangen, weil ich das für eine Aneinanderreihung von Worthülsen halte, die letztlich keinen Inhalt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Das beweist sich auch ein bisschen, meine ich, in den konkreten Forderungen, also beispielsweise, dass drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung investiert werden sollen. Wenn die Firmen dazu übergehen, immer mehr Bereiche auszulagern, weil sie aus Kostengründen oder im Sinne einer vermeintlichen Wettbewerbsfähigkeit oder, platt gesagt, zur Erhöhung ihrer Gewinne Forschungsabteilungen eher verkleinern oder versuchen, das dann über die bremischen Hochschulen oder die Universität wieder hereinzuholen, muss man sich nicht wundern, dass wir nicht drei Prozent erreichen.

Wer ist denn der Adressat dieser Forderung? Sollen wir jetzt ein Gesetz erlassen, das den Firmen Forschung und Entwicklung im Umfang von drei Prozent ihres Umsatzes oder des Bruttoinlandsproduktes vorschreibt? Ich weiß nicht, wie dieses Ziel durch einen Plan oder durch irgendeinen Mechanismus erreicht werden soll, wenn nicht die Firmen selbst irgendwann erkennen, dass sie an ihrem eigenen Ast

sägen, wenn sie Forschung und Entwicklung ausdünnen. Es gibt eine Reihe von weiteren Dingen, zum Beispiel fehlt es in Bremen an einer starken Gründerszene. Ich weiß aber, dass es eine ganze Reihe von Initiativen und auch Gründungszusammenhängen gibt, wir haben auch Zahlen in der Wirtschaftsdeputation. Dort ist mein Eindruck, dass es nicht daran liegt, dass es zu wenig staatliche Einrichtungen oder zu wenig Kapital gibt, dass die Menschen nicht gründen, sondern möglicherweise fehlt es an Ideen. Die Frage, wie man Ideen kreiert, beantworten Sie auch in Ihren Vorschlägen meines Erachtens nicht. Zur Bereitstellung von Wagniskapital: Soweit ich weiß, hat die Bremer Aufbau-Bank relativ viel Wagniskapital, und wenn ich richtig informiert bin, wird gar nicht alles abgerufen. Auf der Ebene der unmittelbaren Einflussnahme besteht also meines Erachtens kein Mangel, und wenn Sie eine Strategie entwickeln wollen und haben dann von Buchstabe a) bis Buchstabe k) lauter Kleinigkeiten aufgelistet, dann ist es das Gegenteil von einem Ansatz von Strategie, sondern dann nimmt man das Ergebnis von Strategie, Taktik und Maßnahmen vorweg. Ich glaube, so kann man an das Problem nicht herangehen. Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen. Ich bin fest davon überzeugt, dass man Innovation nicht planen und auch nicht produzieren kann. Das Einzige, was man machen kann, ist, Zufälle, Innovationen möglich zu machen. Man kann es nicht befehlen. Man kann einer Firma nicht sagen: Du, sei heute bitte einmal schön innovativ.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wird nicht funktionieren. Das hat man in Zusammenhängen versucht, die ich auch noch kenne, wenn auch nicht persönlich. Das geht nicht. Deshalb ist die Frage: Sind wir offen genug und haben wir alle Instrumente, um Innovation und Technologietransfer möglich zu machen? Auf diese Frage brauchen wir möglicherweise eine Antwort. Wenn Ihr Antrag nach dem ersten Absatz geendet hätte, in dem steht, die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, einmal zu schauen, wie es alles so ist, wie es sein, hätten wir diesem Antrag zugestimmt. Mit dem Rest entwertet sich dieser Antrag selbst. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kottisch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte es angekündigt. Es tut mir auch leid, so spät am Abend noch einmal nach vorne zu gehen.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: So viel Zeit muss sein!)

Ich hatte mich gemeldet, bevor Herr Rupp einige Aspekte genannt hat, die ich richtig gut fand. Das möchte ich betonen. Ich finde den Hinweis, Bremen fehle es an einer starken Gründerszene, schwierig. Den kann man freundlich auslegen. Da kann man sagen, Mensch, Herr Kastendiek, das ist vielleicht ein bisschen unspezifisch, das hätten Sie ein bisschen konkretisieren müssen. Da ist sicherlich etwas dran, wenn Sie von privaten Geldgebern – privaten Geldgebern! – sprechen. Das ist übrigens ein deutschlandweites Problem.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Auch im Vergleich zu öffentlichen Förderbanken schneidet Bremen prozentual am schlech- testen ab!)

Dazu komme ich gleich noch. – Ich könnte es auch unfreundlich auslegen und sagen: Tun Sie doch diesen Leuten, die so gute Arbeit machen, angefangen von belladonna bis hin zum RKW und den ganzen privaten Initiativen, nicht unrecht, indem Sie von einer schwachen Gründerszene sprechen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn Sie auf den Controllingbericht der WFB hinweisen und zwei Transferprojekte anmerken, muss man auch das konkretisieren. Hier geht es um zwei geförderte Transferprojekte. Darüber hinaus passiert doch viel mehr. Ich habe das Thema EcoMaT genannt. Was glauben Sie, was da an Transferprozessen und projekten stattfindet? Hier geht es um zwei geförderte Transferprojekte. Wir alle wissen, der Kapitalmarkt liegt am Boden. Der Herr Kollege Kau kann als Banker ein Lied davon singen. Es gibt im Moment kaum Zinsen für das Geld. Insofern ist die Folge, dass Unternehmen, wenn sie in Transferprojekte investieren wollen, am Kapitalmarkt ganz locker Geld bekommen. Das taucht in dieser Statistik eben nicht auf. Das kriegen wir nicht mit.

Herr Rupp hat auch darauf hingewiesen – das zeigt auch die Innovationsforschung –, dass Innovationen tatsächlich häufig das Ergebnis von Zufällen sind. Da müssen sich einfach Menschen kennenlernen, Menschen aus dem Bereich Wissenschaft und Menschen aus dem Bereich Wirtschaft. Wenn die sich kennenlernen, können sie gemeinsam Projekte machen, gemeinsam etwas Innovatives besprechen und Transfer organisieren. Das machen wir – darauf habe ich bereits hingewiesen – mit der Vorlage, die wir in der Deputation beschlossen haben. Wir optimieren das Veranstaltungswesen. Wir erhöhen das Potenzial, um möglichst viele Zufälle zu schaffen. Das ist ganz wichtig.

Auf Folgendes muss man noch einmal hinweisen: Es wird auch ausgeführt, dass wir die Netzwerke ausbauen, modifizieren, konkretisieren. Herr Kastendiek,

Sie fordern das auch – das ist korrekt –, aber das brauchen Sie nicht zu fordern, denn wir machen das massiv.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir unterstellen in der Tat einen ganzheitlichen Innovationsbegriff. In Ihrem Antrag wird überhaupt nicht von Prozessinnovation gesprochen. Es gibt nur irgendwelche Technik und Hightech. Im richtigen Leben sieht es so aus, dass Innovation in aller Regel über Prozessinnovation stattfindet. Ja, das Produkt, das irgendwann am Ende steht, die Technik, spielt auch eine Rolle. Sie muss erstens erfunden werden und zweitens in den Markt gebracht werden. Aber der Großteil der Innovationen, den wir in der Realität beobachten, sind Prozessinnovationen. Sie beschränken sich einfach zu sehr auf den Bereich der Technik. Das reicht uns nicht. Wir sind hier sehr viel weiter. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. Das hatte ich, glaube ich, vergessen, in meinem ersten Beitrag zu erwähnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Innovationspolitik, Herr Kastendiek, ist ein Feld, in dem wir sowohl in der Wissenschaftspolitik als auch in der Wirtschaftspolitik, aber insbesondere auch in der Wirtschaft selbst zu den erfolgreichsten Regionen gehören. Wir haben eine Erfolgsbilanz vorzulegen.

Sie zitieren einleitend wie zum Schluss den Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, Herrn Bullinger. Das finde ich sehr interessant. Vorsprung durch Innovation – so sind Sie gestartet. Genau das ist unsere Strategie. Wir befinden uns in einem ganz harten Standortwettbewerb mit anderen Regionen in Deutschland und in Europa, die nicht schlecht sind, die genauso aktiv arbeiten wie wir, die manchmal viel mehr Geld haben. Da müssen wir uns behaupten. Wir behaupten uns da sehr gut – nicht nur, weil wir inzwischen der fünftgrößte Industriestandort sind, sondern weil wir mit Exzellenzuniversität, mit innovativen Wirtschaftszweigen wirklich einen enormen Strukturwandel erzielt haben.

Deswegen ist es ein Zerrbild von der wirklichen Situation, das Sie dann noch mit Zitaten aus unserer eigenen Vorlage zeichnen. Gerade das Thema Fraunhofer-Institute ist eines der großen Erfolgsbereiche der Bremischen Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik. Wir haben in Bremen drei Fraunhofer-Institute.

Wenn man den Standort darstellt, kann man ihn vergleichen. Ich tue das jedenfalls ganz gern und frage: Was meinen Sie, viel viele Fraunhofer-Institute

unsere etwas größere Nachbarstadt Hamburg hat? – Es sind null! Sie versuchen seit Jahren, ein Fraunhofer-Institut zu bekommen, und haben große Schwierigkeiten. Diese Fraunhofer-Institute machen angewandte Wissenschaft, die in die Wirtschaft zurückfließt. Das ist Materialforschung mit 600, 700 Forschern, die wir hier am Standort haben. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir so erfolgreich in der Luftfahrt und in der Raumfahrt sind. Morgen – Herr Kottisch hat das gesagt – werden wir den Startschuss für EcoMaT geben. Das ist ein richtiges Erfolgsprojekt, ein sehr schwieriges Projekt. Herr Kastendiek, Sie wissen das, weil wir das mit Ihnen persönlich sehr genau durchgegangen sind. Da sind natürlich Risiken dabei. Aber wir werden morgen gemeinsam mit dem Vorstand von Airbus hier in Bremen den Startschuss geben. In der Raumfahrt sind wir inzwischen größer als München, der größte deutsche Standort – weil hier in Bremen so viele Innovationen sind, weil wir die Forschungsinstitute hier haben. Wir haben das DLRInstitut hier in Bremen. Wir haben das DFKI-Institut, das europaweit in der Entwicklung von Robotertechnologien und Unterwassertechnologien eine führende Rolle spielt. Wir haben das Institut für Umweltökonomie. All dies sind wirtschaftsnahe Institute. Sie sagen, uns fehle es an Zielen. Unsere Ziele sind relativ klar und einfach: Wir wollen als Erfolgsfaktor Wirtschaft und Wissenschaft eng miteinander verbinden. Wir wollen den Transfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft befördern. Das könnten Sie eigentlich auch positiv darstellen. Ich konzediere immer, dass das nicht eine Erfindung von Rot-Grün ist, sondern dass wir das seit 10, 15 Jahren betreiben. Wir haben es aber unter Rot-Grün nicht nur weitergeführt, sondern auch effizienter ausgestattet und weitere Erfolge erzielt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bremen hat diese Strategie seit 10 bis 20 Jahren. Deswegen sind wir eine erfolgreiche Wirtschaftsregion. Wir machen eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Das kommt nach und nach auch in Deutschland so an. Das bezieht sich auf die Luft- und Raumfahrt. Es bezieht sich auf die Automobilindustrie. Sie wissen – auch darauf hat der Abgeordnete Kottisch hingewiesen –: Wir sind inzwischen ein Automobilcluster, das auch bundesweit vorbildlich ist. Wir liegen nicht hinter Sindelfingen oder anderen Standorten. Wir haben viele Zulieferer in die Stadt bekommen, weil die Rahmenbedingungen hier stimmen. Das heißt Innovation. Deshalb machen wir alles das, was Sie eigentlich sehr abstrakt beschreiben, in der Praxis schon. Ich werde die von Ihnen genannten Zahlen überprüfen. Sie sagen, sie forderten 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das sind die Zahlen des Statistischen Landesamts!)

Die 3 Prozent kommen nicht vom Statistischen Landesamt; das ist Lissabon-Strategie.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Ja, klar!)

Sie haben hier gesagt, Bremen habe erst 2,7 Prozent. Wenn das stimmt, Herr Kastendiek,

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Dann ist noch Luft nach oben!)

dann ist noch Luft nach oben!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: 2,79, genau, das war 2009!)

Wir sind aufgerundet also schon fast bei 2,8 Prozent!

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Setzen Sie sich das als Ziel!)

Herr Kastendiek, ich wollte etwas anderes sagen. Wenn diese Zahlen stimmen, liegen wir weit über dem Bundesdurchschnitt und weit über dem Durchschnitt anderer Großstädte.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich habe leider ein kleines Problem, das ich auch gern dem Parlament hier mitteilen würde: Wir schaffen es gerade einmal so, 5 oder 10 Millionen Euro für wichtige Projekte zu. Wenn wir nach München kommen – und das machen wir in letzter Zeit deswegen, weil wir da viele Konkurrenzen und viele Kooperationen haben, unter anderem, und das würde ich hier gern auch einmal darstellen, hat unser Bremer Vorzeigeunternehmen OHB zwar sein Headquarter und viele Beschäftigte hier, aber zunehmend auch mehr Beschäftigte in Bayern –, und dann mit dem Kollegen in Bayern sprechen, wo wir von 5 oder 10 Milli

onen Euro reden, dann redet man dort von 50 oder 100 Millionen Euro, und damit können wir nicht mithalten.

Wir müssen die besseren Ideen haben, wir müssen die engere Vernetzung haben, wir müssen ganz eng mit den Unternehmen zusammenarbeiten. Das machen wir in Bremen, deswegen ist für uns die Innovationspolitik eine Selbstverständlichkeit, und wir sind da sehr erfolgreich. Deswegen werden wir sie fortsetzen, und ich finde da leider in Ihrem Antrag relativ wenig Innovatives und Neues, was wir nicht schon lange machen. Ich glaube, wir haben da gute Erfolge erzielt und werden auch weiter erfolgreich sein. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.