Protocol of the Session on September 24, 2014

Mitteilung des Senats vom 9. September 2014

(Drucksache 18/1538)

Wir verbinden hiermit:

Bericht der Freien Hansestadt Bremen zur Umsetzung

des Sanierungsprogramms 2012/2016

Mitteilung des Senats vom 9. September 2014

(Drucksache 18/1539)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Strehl.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete

Kau.

Herr Präsident, werte Kolleginnen

und Kollegen! Bevor ich zu den beiden Berichten komme, will ich Ihnen einfach noch einmal, weil ich verstehen könnte, wenn nicht jeder diese beiden Berichte gelesen hat, ein paar Zahlen des bremischen Haushalts und vor allem die Entwicklung vor Augen führen. Ich fange mit den Ausgaben an, und zwar mit den bereinigten Ausgaben. Sie sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, ich erwähne das, weil hier immer so getan wird, als würden wir uns kaputtsparen und als würden wir Sie mit Sparvor schlägen vor uns hertreiben.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das machen Sie wirklich nicht! – Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Wahrheit ist, die Ausgaben sind im Jahr 2012

um 3 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro gestiegen, im Jahr 2013 um 4Prozent, und im Anschlag 2014 ist es wieder ein Ausgabenwachstum um 4 Prozent. Das ist im Wesentlichen auf die Personalkosten zurück zuführen, das wissen Sie, und diese sind im Ist-Wert des Jahres 2013 mit einem Prozent veranschlagt. Das heißt, die zusätzlichen Ausgaben für die Erhöhung der Beamtenbesoldung für die Jahre 2013 und 2014 kommen erst noch in den Haushalt hinein, deswegen ist der Anschlag für das Jahr 2014 noch nicht einmal ausreichend. Die Zinsentwicklung ist glücklich ver laufen, darauf komme ich gleich noch einmal zurück, das ist aber nicht Ihr Verdienst.

Die Sozialleistungen sind in den letzten Jahren

regelmäßig gestiegen, im Jahr 2010 um 9 Prozent, in den Jahren 2011 und 2012 um 4 Prozent, im Jahr 2013 liegt der Ist-Wert bei 6 Prozent, und Sie stellen in den Haushalt ein Prozent ein, wohlwissend trotz der Absehbarkeit und auch Warnungen, dass die in keiner Weise genügen kann. Die konsumtiven Ausgaben sind um 4, um 3 und um ein Prozent gestiegen, ich könnte das so fortsetzen, und die Primärausgaben sind auch regelmäßig gestiegen. So zu tun, als würde man sich hier kaputtsparen, das wäre effektiv falsch.

Wenn Sie auf die Einnahmeseite schauen, dann

profitieren Sie von glücklichen Situationen, nämlich von sprudelnden Steuerquellen. Die steuerabhängi

gen Einnahmen sind regelmäßig gestiegen, im Jahr 2011 um 17 Prozent, im Jahr 2012 um 2 Prozent, im Jahr 2013 um 5 Prozent. Die neueste Steuerschätzung prophezeit Ihnen auch einen weiteren zusätzlichen Anstieg um 22 Millionen Euro. So gute Ausgangslagen auf der Einnahmeseite haben Sie für Sanierungsbe mühungen noch nie gehabt und nicht gekannt. Die bereinigten Einnahmen sind in der Summe im Jahr 2011 um 13 Prozent, im Jahr 2012 um 2 Prozent, im Jahr 2013 um 7 Prozent gestiegen, daher hat der Steuerzahler Ihnen die Voraussetzungen für eine Sanierung Ihres Haushalts geschaffen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü nen]: Alles easy! Alles kein Problem!)

Ich möchte als Letztes noch einmal einen Blick auf

die Neuverschuldung werfen, weil wir immer von der Nettokreditaufnahme reden, aber die Gesamt neuverschuldung nicht richtig im Blick haben. Die Neuverschuldung ist auch stetig gestiegen, und zwar auch in den letzten Jahren. Sie ist im Jahr 2010 um 9 Prozent, im Jahr 2011 um 4 Prozent, im Jahr 2012 um 3,8 Prozent und im Jahr 2013 um 3,6 Prozent gestiegen. Das heißt, Sie wissen selbst, der Schul denstand ist in den letzten Jahren von 16 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf inzwischen 20 Milliarden Euro gestiegen.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen, Daten und

Fakten, die ganz sachlich einfach nur zitiert sind, debattieren wir heute den Bericht zur Haushaltslage Bremens, den sogenannten Stabilitätsbericht und das Sanierungsprogramm. Das ist meines Erachtens die spannendste finanzpolitische Agenda, die man sich vorstellen kann. Aus den gemeinsamen Verab redungen im Berliner Koalitionsvertrag ergibt sich ein klarer Auftrag zu folgendem Themenkatalog: Haushaltskonsolidierung zwecks dauerhafter Einhal tung der Schuldenregelungen, neue Einnahmen- und Ausgabenverteilung mit größerer Eigenverantwor tung der föderalen Ebenen, Reform des Länderfi nanzausgleichs, Umgang mit den Altschulden und den Finanzierungsmodalitäten sowie Zinslast und die Zukunft des Solidaritätszuschlags.

Der bekannte Zeitrahmen ist eng gesteckt, denn

nach all den Jahren diverser Befassungen der Ver fassungsgerichte auf Bundes- und Landesebene geht es eben darum, die notwendigen fiskalischen Handlungsspielräume wiederzugewinnen. Die BundLänder-Arbeitsgruppe ist ja bekanntlich am Werk. Uns wurde am Freitag im Haushalts- und Finanz ausschuss dazu noch einmal aktuell berichtet. Das heißt, wenn es nach dem Zeitplan geht, werden dem Regierungschef, Herrn Böhrnsen, Mitte Oktober in Potsdam die Ergebnisse des vertikalen und dann im Dezember die des horizontalen Finanzausgleichs berichtet werden. Wenn die Themen abgearbeitet sind, ist es eventuell schon möglich, zum neuen Jahr die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern neu zu konstituieren, und das wäre nach Ansicht meiner Fraktion ein echter Meilenstein.

(Beifall bei der CDU)

Hier wird es natürlich wieder ganz schwierig wer

den, das Wünschenswerte mit dem Machbaren zu kombinieren.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sagen Sie eigentlich auch noch einmal etwas zum Thema?)

Die Zahlen haben auf der einen Seite schon einmal

ganz deutlich für sich gesprochen!

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Hälfte der Zahlen war falsch!)

Davon war keine Zahl falsch, das waren Original

zahlen aus den uns bekannten Haushalten.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie haben gesagt, die Neuverschul dung ist jedes Jahr gestiegen! Das ist ja alles Blödsinn!)

Es besteht zwischen allen Einigkeit, auch bei

unterschiedlichen Sichtweisen, dass wir die Gleich wertigkeit der Lebensverhältnisse in den Ländern wiederherstellen müssen. Ob sich dabei aber ein grundlegender Systemwechsel im Länderfinanzaus gleich durchsetzt, das ist offen. Ich halte es eher für zweifelhaft, denn es handelt sich um eine durchaus komplexe Reform- und Verteilungsmaterie bei einem ganz deutlichen Zwang zur Kompromissbereitschaft und dann auch zur Lösungsorientierung.

Wenn wir noch einmal, Herr Dr. Güldner, wie Sie

gern möchten, auf die bremische Ausgangslage eingehen, dann stellen wir fest, es ist seit Langem eine extreme Haushaltsnotlage vorhanden. Sie ist im Bericht noch einmal für die Jahre 2013/2014 ganz deutlich dargestellt, wir übertreffen sämtliche Kennzahlen deutlich, und zwar nicht nur die Län derdurchschnitte, sondern auch die Stellenwerte.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü nen]: Ist das jetzt ein Skandal?)

Das gilt für den strukturellen Finanzierungssaldo,

das gilt für die Kreditfinanzierungsquote, das gilt für die Zins-Steuer-Quote und auch für den Schul denstand. Wenn man dann die Fortschreibung der Finanzierung in der Tabelle auf Seite 80 anschaut, dann stellt man für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018 fest, die Haushaltsnotlage bestehen bleibt und dass wir alle Kennzahlen bedauerlicherweise nicht einhalten beziehungsweise übertreffen werden.

(Abg. W e r n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und jetzt? Jetzt kommt es? – Abg. S a x e [Bündnis 90/Die Grünen]: Kommt da noch eine Schlussfolgerung?)

Dabei sind die Haushaltsrisiken noch gar nicht

berücksichtigt, das heißt, wir wissen heute schon, dass durch die Beamtenbesoldung enorme weitere Ausgaben auf uns zukommen, schätzungsweise 75 bis 80 Millionen Euro. Sie wissen auch, dass im März schon wieder Neuverhandlungen anstehen. Sie wissen, dass die Sozialausgaben steigen werden, pro Jahr in den letzten Jahren durchschnittlich um 3,7 Prozent, Sie haben aber nur ein Prozent eingestellt. Es bestehen Risiken wegen der Kliniken und des Teileersatzneubaus, die noch nicht absehbar sind. Es stehen enorme Anschaffungen bei der BSAG an.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss. Sie wollen auch noch

durch die Rekommunalisierung der Müllentsorgung weitere Kosten produzieren. Daher ist der Haushalt mit den Risiken, die ich gerade nur angerissen habe, heute schon Makulatur, und Sie haben ihn nicht mehr im Griff. – Danke!