Protocol of the Session on July 16, 2014

Soweit die Gemeinsamkeiten, der bremische Common Sense! Ich sehe hier eigentlich wenige Differenzen zwischen den Parteien.

Daneben gibt es auch Unterschiede, die offenbar

die anderen Fraktionen dazu gebracht haben, nicht mit uns darüber zu reden, wie man unseren Antrag zu einem gemeinsamen Antrag weiterentwickeln könnte – das wäre ja auch eine Möglichkeit gewe sen –, sondern sie haben eigene Anträge vorgelegt. Nicht wegen der Gemeinsamkeiten, sondern wegen der Unterschiede werden wir Ihre Anträge nachher ablehnen.

Die CDU fordert nun in ihrem Antrag den Senat

auf, konkret – und ich glaube, das Wort „konkret“ kommt gefühlte 13 Mal vor! – darzulegen, wie der Senat diese und jene Forderung durchsetzen will. Ich muss sagen: Lieber Herr Röwekamp, wenn das so einfach wäre, und wenn das dann so funktionieren würde oder täte, wie der Bremer sagt!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grü nen]: Wenn der Schwanz mit dem Hund bellt!)

Man entwickelt einen Gesamtplan, schreibt al

les ganz genau auf, übergibt dann das Papier den Anderen, und dann sieht man sich um und steht immer noch allein da! Was Sie hier fordern, verehrte Kollegen von der CDU, ist nicht nur weltfremd – das würde mir, ehrlich gesagt, ja auch aus ganz früher Zeit noch ein bisschen sympathisch sein! –, sondern es führt garantiert in die Erfolglosigkeit, weil es in die Isolation führt!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das dürfen wir auf gar keinen Fall!

Unsere Haltung ist, dass der Senat auf der Grundla

ge von klar formulierten Interessen – und das ist hier noch einmal und nicht zum ersten Mal wiederholt worden – und klarer Grundsätze in die Verhandlun gen geht, und das heißt dann eben vor allem auf die Suchen nach Bündnispartnern. Das ist aufgrund der komplizierten Gefechtslage außerordentlich schwie rig und das Hauptgeschäft, also Bündnispartner und am Ende dann Kompromisse. Dann nützt solch ein konkreter, strategischer und taktischer Marschbefehl, den wir dem Senat geben, überhaupt nichts. Das wäre nicht so schlimm, aber er würde schaden, wenn wir das machen, und wir wollen das nicht!

Meine Damen und Herren, es gibt ja nun keine

Föderalismuskommission III mit festen Strukturen, in denen auch die Länderparlamente ihren Platz haben könnten. Wir Grüne bedauern das sehr, weil wir glauben, dass das die Legitimität und Akzeptanz

der Ergebnisse erhöhen würde, aber dieser Zug ist nun abgefahren. Wir wollen aber in Bremen auf jeden Fall dafür sorgen, dass der Senat und die Bür gerschaft, und zwar alle Fraktionen, möglichst eng zusammenbleiben, sodass wir über Entscheidungs alternativen frühzeitig informiert werden und ihre Auswirkungen und Folgen beurteilen können. Ein gutes Beispiel dafür ist der vom Senat dem Haus halts- und Finanzausschuss vorgelegte Bericht über mögliche Modelle eines Altschuldentilgungsfonds. Der Bürgermeister hat dem Hause vorhin eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu diesen Fragen angeboten, wir unterstützen das sehr gern und nehmen das Angebot sehr gern an!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich

komme zu meinen abschließenden Schlussfolgerun gen! Die jetzt beginnenden Verhandlungen zu den föderalen Finanzbeziehungen sind in der Tat eine historische Chance für Bremen. Ob sie nun wirklich die letzte Chance ist – wir können ja, Gott sei Dank, nicht in die Zukunft schauen –, wissen wir nicht, aber es ist eine Situation von extrem hoher Bedeutung, das ist vollkommen klar. Diese Koalition ist gut darauf vorbereitet, aber wir setzen auf hohe Gemeinsamkeit aller Akteure im Land.

Eine realistische Aussicht auf eine erfolgreiche

Wahrung und die Durchsetzung bremischer Inter essen in diesen Verhandlungen haben wir aber nur, wenn wir gleichzeitig klar erkennbar und so erfolg reich wie bisher am vereinbarten Konsolidierungs weg festhalten. Diesen Konsolidierungsweg und die Schuldenbremse allgemein und grundsätzlich infrage zu stellen und abzulehnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, und gleichzeitig zu erwarten, dass uns die Anderen die Schulden und Zinsleistungen komplett abnehmen, ist doch offen sichtlich widersinnig und zum Scheitern verurteilt. Das werden wir mit Sicherheit nicht machen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Konsolidierungsweg wird zunehmend schwie

riger und härter. Wir werden dennoch bei unseren politischen Schwerpunkten für Bildung und Nachhal tigkeit bleiben, wir müssen aber auch immer dabei deutlich sagen, dass auch hier die Mittel begrenzt sind. Eine Kritik, dass wir, ich zitiere, dieses oder jenes nur tun, um zu sparen, das erschreckt mich, ehrlich gesagt, nicht mehr, ganz im Gegenteil! Dieser Vor wurf erschreckt mich schon gar nicht vonseiten einer CDU, die von Montag bis Freitag in jeder einzelnen Sache, die wir zu verhandeln haben, Mehrausgaben fordert und uns am Sonntag dann zum energischen Sparen auffordert! Das erschreckt nun schon lange nicht mehr, und ich finde das auch nicht – um es einmal vornehm zu sagen – so richtig konsistent in der politischen Aussage.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir glauben – was denn sonst auch? – an die Zu

kunft des Landes Bremen und seiner beiden Städte und an die Menschen, an die Weltoffenheit, die Arbeits- und Lebensfreude und die Fähigkeit zur Erneuerung. Finanzpolitisch haben wir aber eine Perspektive, wenn wir auch bei stärkerem Gegen wind – und dieser Gegenwind, der weht ja aus allen Richtungen gleichzeitig, das ist ein besonderer Wind – trotzdem am Konsolidierungskurs festhalten und gleichzeitig die Chance dieser Verhandlung klug und selbstbewusst als kleinstes Bundesland wahrnehmen.

Wir Grünen werden weiterhin zu beidem unseren

Beitrag leisten. Ich bedanke mich sehr und aus drücklich für Ihre außerordentliche Geduld heute Vormittag. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir

treten nun in die zweite Runde ein, es sind gemäß Geschäftsordnung fünf Minuten vorgesehen.

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeord

nete Rupp.

Herr Präsident, meine

sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz Stellung nehmen zu unseren Einschätzungen und Vorschlägen, zu der Frage, wie die Bund-Länder-Finanzen in Zukunft geregelt sein sollen, erlauben Sie mir eine persönliche Vorbemerkung! Wir haben heute ja gehört, dass wir mit einer Reihe von Mehrausgaben und Minderein nahmen zu kämpfen haben – wie immer man das einschätzt, wir haben dazu eine andere Meinung – nur ich verstehe überhaupt, dass man sagt, es gibt zwar Mehreinnahmen durch Steuermehreinnahmen und wahrscheinlich auch Minderausgaben durch geringere Zinsen, diese Mehreinnahmen und Min derausgaben werden nicht genutzt, um scheinbar oder tatsächlich Unvorhergesehenes auszugleichen. Ich finde, spätestens dann wird der Sanierungsan satz zur Kürzungsneurose, und ich habe dafür kein Verständnis.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir müssen uns darüber unterhalten, wie in Zu

kunft ein Länderfinanzausgleich aussehen soll. Ich sage auch einmal ganz deutlich, wenn jemand sagt, der jetzige Länderfinanzausgleich sei unsolidarisch, und er wolle dort wesentliche Änderungen, dann ist das in meinen Augen ein Weg zurück in die Klein staaterei, denn alle Bundesländer sind ein Stück weit aufeinander angewiesen, und wenn sich Deutschland und Europa nicht auf gleichem Niveau entwickeln – vielleicht mit ein wenig unterschiedlicher Geschwin digkeit – und dieser Gedanke mittlerweile nicht dazu geführt hat, solch eine Politik auch umzusetzen,

dann ist man, glaube ich, im vorletzten Jahrhundert hängen geblieben und will irgendwie Bayern zurück an die Bayern geben.

Die Ausgangsbedingungen für eine Neuordnung

der Länderfinanzen sind vergleichsweise kompliziert. Nicht nur Bremen, sondern ich glaube, auch viele Kommunen und Länder haben ähnliche Probleme. Vielleicht sind sie ein wenig anders gelagert, aber viele kämpfen mit einer schwierigen und engen Personalsituation, viele haben eine Schieflage in der Altersstruktur und viele leiden unter einer kalten Kür zung, und die Infrastruktur in vielen Bundesländern und auch in vielen Kommunen befindet sich in einem Zustand, in dem das Wort Investitionsstau wirklich kein Fremdwort mehr ist. Wir haben also eine Situ ation, in der wir uns einerseits darüber unterhalten müssen, wie wir vorhandene Steuereinnahmen, wo immer sie herkommen, möglicherweise neu aufteilen, aber wir müssen uns auch darüber unterhalten, ob das eigentlich ausreicht, denn wenn man die ohne hin zu geringen Mittel anders teilt, bleibt es immer noch zu wenig. Deswegen diskutieren wir nicht nur über eine andere Verteilung, sondern auch über eine andere Einnahmesituation.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir diskutieren natürlich über eine auskömmliche

Finanzierung von öffentlicher Daseinsvorsorge. Wir diskutieren insbesondere nicht nur über eine BundLänder-Finanzierung, sondern ich glaube, wenn man gerecht diskutieren will, dann muss man insbesondere bei den Flächenstaaten die Kommunen, die Länder und den Bund gemeinsam betrachten, denn dann kommt man nämlich zu ganz anderen Schlüssen und ganz anderen Haushaltslagen. Die Kommunen müssen also in die Betrachtung einbezogen werden.

Ich finde auch, wenn wir darüber reden, was aus

kömmlich ist, dann heißt das nicht, auskömmlich auf einem möglichst niedrigen Niveau. Wir können uns natürlich als einen Nachtwächterstaat organisieren, in dem wir nur noch für Polizei und Justiz zuständig sind, aber wenn man ein solidarisches Gemeinwesen haben möchte mit soliden Rahmenbedingungen für das Leben und Arbeiten, dann muss man ein bestimm tes Niveau halten, und ich befürchte ja, in manchen Bereichen haben wir dieses schon unterschritten.

(Beifall bei der LINKEN)

Der erste Grundgedanke, den wir eingebracht

haben, ist es, nicht nur die Einwohner zu zählen, selbst wenn es bei der Verteilung des Länderfinanz ausgleichs Einwohnerwertungen gibt, sondern zu schauen, welche Länder, welche Städte und welche Kommunen eigentlich welche Aufgaben haben. Da finde ich es sehr wichtig, schon einmal darü ber nachzudenken, wer eigentlich wie viel für die Hochschulbildung ausgibt und wer eigentlich für

andere Bundesländer Hochschulabsolventen aus bildet. Ich finde, es ist aber auch zulässig, darüber nachzudenken, welches Land oder welche Kommune eigentlich höhere Lasten durch Menschen hat, die in eine sozialökonomische Schieflage, also Armut, geraten sind, wer also Armut bekämpfen muss, und wer die meisten Armutslasten zu tragen hat. Das ist eine wichtige Aufgabe, und das ist auch eine Frage von Solidarität.

Eine Frage ist auch, wer wie viele Infrastrukturein

richtungen vorhält. Es wurde gesagt, wir bekämen 10 Millionen Euro vom Bund für die Häfen. Insgesamt geben wir aber, glaube ich, 110 oder 120 Millionen Euro aus. Das ist ein Unterschied von 100 Millionen Euro, und darüber muss in den Gesprächen zum Länderfinanzausgleich geredet werden, das finde ich gerecht.