Protocol of the Session on March 27, 2014

Vizepräsidentin Schön eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag) ist wieder öffnet.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, die miteinander verbundenen Tagesordnungspunkte 50 und 51, Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes, Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, und Bericht und Antrag der staatlichen Deputation für Bildung, für diese Sitzung auszusetzen.

Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Krankenhausversorgung in Bremen und Bremerhaven sicherstellen! Antrag der Fraktion der CDU vom 11. Februar 2014 (Drucksache 18/1253)

Wir verbinden hiermit:

Krankenhausversorgung im Land Bremen durch kommunale Beteiligung verbessern und sicherstellen! Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 24. März 2014 (Drucksache 18/1321)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Schulte-Sasse.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort Herr Kollege Bödeker, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Wir haben hier ein Thema, bei dem, glaube ich, noch nicht jedem bewusst ist, was auf uns in Bremerhaven, und damit auch auf das Land Bremen, zukommen kann.

Wir diskutieren seit Langem die Strukturreform der Kliniken in Bremerhaven, und zwar des städtisches Klinikums Bremerhaven, des Krankenhauses am Bürgerpark und des St. Joseph-Hospitals Bremerhaven, alle haben unterschiedliche Träger. Es hat sich ein runder Tisch entwickelt, an dem auch unser jetziger Gesundheitssenator und der Oberbürgermeister beteiligt gewesen sind. Man hat versucht – und das ist auch vernünftig –, für Bremerhaven eine Struktur mit dem Ziel einer vernünftigen Versorgung zu organisieren, aber nicht nur für Bremerhaven, sondern auch für die gesamte Region. Das war zunächst einmal eine vernünftige Entscheidung.

Ein Kollege von mir aus Bremerhaven hat Akteneinsicht in die Ergebnisse des runden Tisches genommen, und man muss wirklich sagen, leider Gottes war das nicht viel, und leider Gottes waren auch die Diskussionsgrundlagen, die man braucht, um eine Fusion oder eine anderen Zusammenarbeit zu organisieren, nicht so, dass man hätte etwas entscheiden können. Der runde Tisch ist eingestellt worden, und die Trägergemeinschaft des Krankenhauses am Bür

gerpark hat die Übernahme des St. Joseph-Hospitals beschlossen, sodass eigentlich eine gute Voraussetzung vorhanden war, mit zwei Krankenhausträgern im Endeffekt eine Gesundheitsversorgung in Bremerhaven zu organisieren.

Plötzlich, und da muss ich auch die Empörung des Oberbürgermeisters teilen, ist vom Landkreis, von der Stiftung der beiden Krankenhäuser, aus dem Stiftungsbereich heraus erklärt worden, nein, man würde jetzt in Verkaufsverhandlungen eintreten. Darüber ist vorher niemand informiert worden. Das ist, finde ich, schon ein wirklich unglaublicher Vorgang, der eigentlich so nicht hingenommen werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, während dieser Diskussion, von der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Krankenhäuser natürlich nicht begeistert sind und über die sie aus der Zeitung erfahren, kommt plötzlich noch zum Tragen, dass auch das Krankenhaus in Debstedt scheinbar in den Verkaufsbereich eingeführt wird. Das ist auch ein unbegreiflicher Vorgang. Wenn man dann noch einmal überlegt, meine Damen und Herren, dass das alles im ersten Schritt ohne die Beteiligung des Personals durchgeführt worden ist, ist das, finde ich, ein Vorgang, der nicht zu verantworten ist, und er gefährdet nicht nur die Krankenhauslandschaft in Bremerhaven, weil man natürlich nicht weiß, wie sich etwas entwickelt.

Was wäre jetzt zu tun, nachdem der runde Tisch keine Erfolge erzielt hat? Normalerweise würde man in dem Moment sofort Gespräche aufnahmen, denn es geht hier nicht um irgendwelche Empfindlichkeiten eines Oberbürgermeisters oder eines Gesundheitssenators, sondern hier geht es einfach um die Beantwortung der Frage, wie organisieren wir die Krankenhäuser in Bremerhaven. Als Christdemokrat sage ich Ihnen auch – und das habe ich auch in Bremerhaven schon gesagt –, ich kann mir schlecht vorstellen, einen privaten Bereich auf der einen Seite und einen städtischen auf der andern Seite zu haben, weil natürlich ein Privater auch an Profit denkt. Insofern ist mir Ihr Antrag in Teilen ganz sympathisch, aber ich komme gleich noch darauf zurück, warum wir ihn natürlich ablehnen werden.

Der Private wird natürlich die Bereiche versorgen, die für ihn auch lohnend sind, während eine Gesamtversorgung nicht nur für Bremerhaven, sondern auch für die Region notwendig ist. Meine Damen und Herren, wenn man eine Gesamtversorgung hat und wenn man sie vernünftig installieren will, dann muss man das auch vernünftig organisieren, und man kann nur etwas organisieren, wenn es auch Absprachen gibt.

Wir haben in Bremerhaven einen Antrag gestellt, in dem wir gefordert haben, dass der Oberbürgermeister jetzt sofort Gespräche mit den Trägern der beiden anderen Krankenhäuser aufnehmen soll. Scheinbar aus Empfindlichkeiten heraus hat der

Oberbürgermeister das abgelehnt, und damit auch die beiden Fraktionen, Sie, Frau Hoch, von den Grünen, und die SPD-Fraktion. Ich halte das für töricht, und ich halte es auch für gefährlich.

(Beifall bei der CDU)

Man muss, wenn es um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht, wenn es um die Versorgung der Bevölkerung geht, auch einmal über seinen Schatten springen, und man muss dann auch Gespräche führen, um zu retten, was zu retten ist.

(Abg. Frau H o c h [Bündnis90/Die Grü- nen]: Dazu sage ich gleich etwas!)

Wir brauchen uns nicht darüber zu streiten, dass das Verhalten des Landrates falsch war.

Wenn man sich dann die Strukturen ansieht, wie die Krankenhäuser im Landkreis aufgestellt sind, dann ist es eine Stiftung, mit der der Landkreis an sich gar nichts zu tun hat, das ist das große Problem. Ich habe mich nämlich gefragt, warum die Kolleginnen und Kollegen im Landkreis keine Anträge stellen, nicht in den Kreistag gehen und Forderungen stellen, aber es ist eine Stiftung. In der Stiftung sind folgende Personen vertreten: Landrat Bielefeld – aber nicht als Landrat –, Herr Stegen, bekannt im Landkreis, und selbst unser ehemaliger Stadtrat Herr Holm, der aber nicht von uns dort hineingewählt worden ist, wir hatten darauf gar keinen Einfluss, sondern seine Mitgliedschaft geht auf seine Zeit in Cuxhaven zurück. Natürlich ist das ein Konstrukt, das ausgesprochen schwierig ist, und das ist ein Konstrukt, das ausgesprochen frei handeln kann, das ist richtig.

Trotzdem kann ich doch die Krankenhauslandschaft nicht aufgeben, um abzuwarten, wie und wann verkauft wird oder ob nicht verkauft wird, sondern wir müssen unsere Forderungen stellen. Wir müssen doch sehen, dass wir als Politiker eine Verantwortung haben. Wir müssen die Krankenhauslandschaft in Bremerhaven so aufstellen, dass sie für die Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung da ist, und dementsprechend besteht dringendster Handlungsbedarf.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen bitten wir jetzt hier darum, dass Gespräche geführt werden, weil es in Bremerhaven keine Einsicht gibt.

(Glocke)

Die Redezeit ist abgelaufen!

Ich komme zum Schluss! Lassen Sie mich eben noch zwei Sätze sagen, weil sie ausgesprochen wichtig sind! Wir bitten wirklich da

rum, weil es für die Krankenhausversorgung in Bremerhaven ausgesprochen schwierig wird, wenn eine andere Entscheidung im Landkreis getroffen wird, dass vonseiten des Senats noch einmal versucht wird, in ein kleines Zeitfenster einzusteigen, um weitere Gespräche zu führen, um zu einem adäquaten Ergebnis zu kommen.

Herr Senator Günthner, Sie können mit dem Kopf schütteln – das machen Sie ja des Öfteren –, aber die Wahrheit ist natürlich, Sie haben auf Ihrem Parteitag Nebelkerzen geworfen nach dem Motto, es ist ganz böse von Cuxhaven, wir haben nichts damit zu tun. Wir haben lange einen runden Tisch gehabt, der runde Tisch ist zu keinem Ergebnis gekommen, und das ist der Fehler am Gesamtsystem, und das müssen wir verändern. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Kollegin Böschen, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bödeker, ich finde, in Ihrer Rede ist aber ganz vieles ganz heftig durcheinandergeraten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es geht hier überhaupt nicht um die Empfindlichkeiten eines Oberbürgermeisters in Bremerhaven, und es geht auch nicht darum, dass irgendjemand über seinen Schatten springt, und ganz bestimmt geht es nicht darum, dass irgendjemand daran denkt, die Krankenhausstruktur in Bremerhaven aufzugeben. Was ist das für ein Wahnsinn?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mit der Überschrift Ihres Antrags erzeugen Sie aus meiner Sicht Ängste in der Bevölkerung, die völlig an den Haaren herbeigezogen sind. Selbstverständlich ist die medizinische Versorgung in Bremerhaven sichergestellt. Wir haben eine Landeskrankenhausplanung, und dass diese beiden Kliniken jetzt zum Verkauf angeboten werden, bedeutet doch in der Praxis, dass sie mit ihren Versorgungsaufträgen zum Verkauf angeboten werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wer jetzt als Bieter oder Interessent, als Käufer gegebenenfalls auftritt, wird diese Krankenhäuser gemeinsam mit den damit verbundenen Versorgungsaufträgen übernehmen. Ich finde allerdings wirklich interessant, bemerkenswert, was dann passiert, dass näm

lich von der CDU jetzt hier auch in Anlehnung an den Antrag der LINKEN auf einmal so gegen Privatisierung geredet wird. Ich bin davon auch keine Freundin, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, da müssen Sie mich nicht überzeugen, aber wer hat denn der Privatisierung gerade auch im Gesundheitsbereich das Wort geredet?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Büchse der Pandora ist doch geöffnet! Die Privaten sind am Markt, und die bekommen wir nicht mehr weg, und das, was dadurch verursacht worden ist, müssen wir doch zur Kenntnis nehmen: Kommunale Kliniken in Deutschland sind so gut wie nicht mehr in der Lage, schwarze Zahlen zu erwirtschaften.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das ist betriebswirtschaftlicher Quatsch, was Sie da gerade erzählen!)

Das können wir an anderer Stelle alles gern auch noch in Ruhe debattieren, Herr Kastendiek, ich habe nur fünf Minuten Redezeit!

Nun aber zur Verantwortlichkeit in diesem Bereich, und da müssen wir auch einmal Tacheles reden!

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Reden Sie doch einmal Tacheles! Sie reden wie die Blinde von der Farbe!)

Die Krankenkassen reden seit 30 Jahren davon, dass das Klinikum St. Joseph-Hospital eigentlich überfällig ist, dass es überzählig ist, und seit diesem Zeitpunkt wird versucht, in Bremerhaven eine Krankenhausstrukturreform unter Beteiligung aller drei Häuser, der Krankenkassen, aber auch der Politik durchzuführen. Das ist bis heute nicht gelungen.