Protocol of the Session on February 27, 2014

Dem Senat ist bewusst, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung Schlüssel für das erfolgreiche europapolitische Handeln Bremens sind und dass sie das auch zukünftig sein werden. Der Einfluss Europas ist in allen Bereichen der

Verwaltung angekommen und spürbar, wie gerade auch im Gesetzgebungsbereich immer mehr Europa in Bremen mitgedacht werden muss. Die Bedeutung der Europafähigkeit der Verwaltung wird vom Senat in der EU-Strategie von 2008 und 2012 ausdrücklich betont. Neben den konkreten Maßnahmen, die hier schon zum Teil erwähnt worden sind, zur Förderung der Europafähigkeit der Verwaltung ist es dem Senat ein wichtiges Anliegen, ein europafreundliches Klima zu schaffen.

Das Interesse und die Motivation bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind gewachsen. Gerade auch bei jungen Leuten ist häufig schon sehr zu erkennen, wie europapolitisch sie eingestellt sind, wie international sie teilweise in ihren Ausbildungen dargestellt worden sind. Es gibt immer wieder ein großes Interesse, Angebote, die wir unterbreiten, wahrzunehmen. Das in der letzten Legislaturperiode eingeführte Bremen-spezifische Europahospitationsprogramm in der Landesvertretung in Brüssel mit einer Dauer von zwei bis drei Wochen ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Das Interesse ist groß, und die Hospitantinnen und Hospitanten repräsentieren alle Senatsressorts. Die Kapazitäten unserer kleinen Landesvertretung sind sehr gut ausgeschöpft. Ich kann versichern, weil ich mit jedem Einzelnen ein Abschlussgespräch führe, dass es wirklich eine sehr gute Betreuung vor Ort gibt und dass sie sehr viele Erfahrungen mit nach Bremen zurücknehmen.

Aber über diese Angebote der klassischen Verwaltung hinaus gibt es natürlich auch noch viel, viel mehr. Hermann Kuhn hat es eben schon erwähnt. – Zu der Frage: Was gibt es eigentlich an Informationsmöglichkeiten? Zum Beispiel gibt es gerade auch für Lehrerinnen und Lehrer viele Möglichkeiten, sich zu informieren und zu qualifizieren. Ich will hier an dieser Stelle nur den Europakoffer erwähnen, den man im Internet auf der Homepage anklicken kann, wo man viele Informationen auch für den Unterricht bekommen kann.

Aber natürlich ist nicht alles perfekt, das wurde auch schon erwähnt. Die Antwort des Senats zeigt auch Potenziale für weitere Verbesserungen. Den Bereich der längerfristigen Auslandsaufenthalte und Abordnungen würden wir gerne intensivieren. Aus meiner Perspektive bieten gerade die längeren und damit intensiveren Programme eine große Chance für einen Gewinn an Know-how für Abläufe in den EU-Institutionen und das Zusammenspiel der Kräfte im MehrEbenen-System der EU. Dazu muss man ganz klar sagen: Es sind häufig sehr komplexe Themen. Wir haben sie im Bundesrat dann noch einmal, und es gibt immer eine gute Zusammenarbeit zwischen den Ressorts. Aber wenn man es vor Ort selbst einmal kennengelernt hat und dort die Gespräche und die Vernetzungen hergestellt hat, sind natürlich zukünftig die Arbeit und die Abläufe wesentlich einfacher. Zudem dienen diese längerfristigen Aufenthalte auch

dazu, Kompetenzaufbau und Vernetzung zu pflegen, und das kann nur in unserem Interesse sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Ziel ist es daher, EU-bezogene Kenntnisse zukünftig noch stärker in die Personalentwicklung einzubauen. Es muss gelten, die EU-Kenntnisse für das berufliche Fortkommen in der Verwaltung in Bremen noch weiter auszudehnen. Der Senat begreift die Europafähigkeit seiner Verwaltung als eine Anforderung, der sich alle Ressorts auf allen Ebenen weiterhin annehmen. Die Europafähigkeit der Verwaltung ist aus Sicht des Senats eine zentrale Säule für eine zukunftsfähige Entwicklung der Freien Hansestadt und birgt viele Potenziale für unser Land. Deshalb wir die Evaluierung der EU-Strategie Ende 2014 uns noch einmal Gelegenheit geben, das Thema in den Blick zu nehmen und natürlich auch weitergehende Anregungen mit aufzunehmen. Ich hoffe auf die Unterstützung des Parlaments bei dieser Entwicklung. Das habe ich heute aber auch so von allen Fraktionen gehört.

Ich will jetzt noch kurz einmal auf die öffentlichen Konsultationen eingehen, weil sie ja angesprochen worden sind. Auch das Instrument der Konsultationen, das von der EU-Kommission immer häufiger eingesetzt wird, ermöglicht es Mitgliedsstaaten, Bundesländern und Verbänden schon vor der Verabschiedung von Initiativen durch die Kommission, Positionen und Ansichten einzubringen. Ich begrüße es sehr, diesen offenen Ansatz der Kommission auch hier in Bremen stärker zu fördern. Durch diese Konsultationen bezieht die Kommission ganz bewusst das vorhandene Fachwissen von Expertinnen und Experten ein. Dies widerlegt auch ganz deutlich den Vorwurf gegenüber der Kommission, entscheiden, abgehoben und ohne jeglichen Praxisbezug ihre Initiativen zu entwickeln. Wenn vitale bremische Interessen berührt sind, sollten wir daher dieses Instrument verstärkt nutzen, um schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt Einfluss nehmen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin natürlich – Herr Dr. Kuhn hat das eben schon alles berichtet – überrascht gewesen über Herrn Tuncel, weil ich ihn in unserem Ausschuss eigentlich als sehr engagiert erlebe und ich davon ausgehe, dass wir eigentlich sehr viele Information geben, dass wir immer wieder auch deutlich machen, wo es weitere Quellen gibt. Es ist häufig sehr komplex, und es ist sehr vielschichtig, weil wir in einem Querschnitt arbeiten.

Noch einmal auch für alle anderen: Wir haben einen Europa-Newsletter, den man auf unserer Seite anklicken kann. Dann bekommt jeder monatlich eine Information aus allen Politikfeldern mit Quellen, sich weiter zu informieren. Wir haben eine sehr gute Homepage – andere Ressorts führen auch sehr gute Homepages –, wo man sich informieren kann. Wir haben den EuropaPunkt, wo man hingehen kann, wo zurzeit gerade für die Europawoche Anfang Mai die Programme zusammengestellt werden, wo man Informationen erhalten kann und diskutieren kann. Ich

weiß, dass das AFZ, also unser Fortbildungszentrum, sehr interessiert ist, Fortbildungen anzubieten, damit wir insgesamt in Bremen und auch in Bremerhaven die Europafähigkeit weiter ausbauen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/1189, auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.

Straftaten für Kinderpornografie verschärfen – Strafbarkeitslücken unverzüglich schließen!

Antrag der Fraktion der CDU vom 24. Februar 2014 (Drucksache 18/1275)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Professor Stauch.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erste hat das Wort Frau Kollegin Piontkowski, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Schon die Hellfeldzahlen sind erschreckend. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik für den Bund gab es im Jahre 2012 3 229 Fälle des Besitzes und der Verschaffung von Kinderpornografie. Es kommt hinzu die Verbreitung von Kinderpornografie, weitere 2 465 Fällen. Die Aufklärungsquote ist in diesem Bereich um fast 68 Prozent gesunken, niedriger als im Vorjahr also. Jeder Fall, meine Damen und Herren, ist ein Fall zu viel.

(Beifall bei der CDU)

Die Kinder leiden häufig auch noch, wenn sie ins Erwachsenenalter gekommen sind, erheblich unter dem, was ihnen widerfahren ist. Viele kriegen ihr Leben nie in den Griff, sie fügen sich selbst Verletzungen zu, haben psychische Probleme. Das sind die Folgen, und das müssen wir verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Aber die genannten Fälle sind nur ein Teil der Problematik. Sie bilden nur das Hellfeld ab. Auch das Dunkelfeld ist sehr groß. Hinzu kommt, es gibt eine Menge rechtlicher Grauzonen, wo sich die Frage stellt: Ist das Verhalten strafbar oder nicht? Wir haben das aktuell in der Presse verfolgen können. Verbreitung,

Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornografischer Schriften sind nämlich nur dann strafbar, wenn es sich um posende Haltungen handelt, also wenn es um ein aktives Darstellen, aktiv sexualisiertes Darstellen von Körperhaltungen und Ähnlichem geht. Bloße Nahaufnahmen von einzelnen Körperteilen von Kindern sind nicht strafbar, ebenso wenig die Aufnahme eines unbekleideten schlafenden Kindes. Auch nicht strafbar! Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig und spielt gerade solchen Pädophilen in die Hände, die sich eben dieses Material gezielt besorgen. Aber ich frage mich: Gibt es überhaupt einen einzigen Grund, warum man solches Material im Internet käuflich beziehen sollte? Ich kann mir das absolut nicht vorstellen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Außerdem ist dann noch der Weg zum Bezug von weitaus widerlicheren Bildern mit stark sexualisierten Handlungen von Kindern nicht weit. Also sollten wir dieses Verhalten eindeutig unter Strafe stellen.

Noch eine Grauzone, wenn wir schon dabei sind! Nehmen wir zum Beispiel die Regelung zum Besitz von Kinderpornografie: Warum ist nur der Besitz von Kinderpornografie mit wirklichkeitsnahen Darstellungen strafbar? Dabei würden herausfallen rein fiktive Darstellungen, die auch als fiktiv erkennbar sind wie zum Beispiel Comics. Wenn es allerdings um die Verbreitung und Vorführung von solchem Material geht, ist alles strafbar. Das ist in gewisser Weise ein Wertungswiderspruch. Noch eine Kuriosität unseres Rechts: Warum bleibt zum Beispiel der Besitz erpressungsgeeigneter pornografischer Darstellungen verflossener Jugendfreundinnen lebenslang straflos? Wenn ein Siebzehnjähriger von seiner Freundin damals im Einverständnis eine pornografische Aufnahme angefertigt, kann er sie lebenslang weiter besitzen. Das kann es eigentlich auch nicht sein.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es um den Schutz von Kindern geht, darf es keine Grauzonen geben. Es kann einzelne Ausnahmen geben, wenn es um den engen familiären Bereich geht. Ich denke, da besteht Einigkeit. Wenn die Eltern am Strand ein Foto von ihren Kindern machen, wenn sie nackt baden, kann das natürlich nicht strafbar sein, ebenso Aufnahmen zu wissenschaftlichen oder medizinischen Zwecken. Das ist, denke ich, selbstverständlich. Allerdings sind wir schon der Meinung, dass wir jetzt, auch wenn die bundesweite Diskussion schon vorangeschritten ist und auf Bundesebene einiges in Gang geschoben werden soll, als Bremer hier Farbe bekennen und klar sagen sollten: Wir werden mit der ganzen Härte des Rechtes Kinderpornografie bekämpfen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ja, und jetzt muss ich noch einen kleinen Wermutstropfen streuen. Ich habe nämlich eine Mitteilung des Senates vom 15. Oktober 2013 gefunden. Das ist ja noch nicht lange her. Die CDU hatte nämlich eine Große Anfrage gestellt zum sexuellen Kindesmissbrauch, und da hieß es, ich zitiere: „Berichte der Strafverfolgungsorgane über etwa bestehende Strafbarkeitslücken, Mängel in der Rechtsfolgensystematik oder unzulängliche Verjährungsvorschriften liegen nicht vor.“ Angesichts der aktuellen Entwicklung muss man das ein bisschen wie Hohn empfinden.

(Beifall bei der CDU)

Die Europäische Union hat es uns vorgemacht, sie hat nämlich eine Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Kinderpornografie erlassen und klare Vorgaben gemacht. Da heißt es nämlich: Der bewusste Zugriff auf Kinderpornografie mittels Informations- oder Kommunikationstechnologie soll unter Strafe gestellt werden. Es wird auch definiert, was unter Kinderpornografie zu verstehen ist, nämlich: jegliches Material mit Darstellungen eines Kindes, das an realen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist,

(Glocke)

außerdem die Darstellung der Geschlechtsorgane eines Kindes primär für sexuelle Zwecke. Diese Richtlinie sollte eigentlich bis Ende letzten Jahres umgesetzt sein. Das ist bislang nicht erfolgt. Insofern denke ich, dass dringender Handlungsbedarf da ist.

In der Richtlinie wird auch deutlich, dass die Digitalisierung der Welt, die ja über das Internet erfolgt – Kinderpornografie wird in vielen Teilen über das Internet immer und immer mehr verbreitet –, in unser Strafgesetzbuch noch keinen Einzug gehalten hat. Nehmen wir zum Beispiel den veralteten Schriftenbegriff, auf den auch die Kinderpornografieparagrafen verweisen. Darin steht etwas von Schriften und dass Ton- und Bildträger und Ähnliches dem gleichgestellt werden. Das ist ja alles schön und gut, aber es gibt viele andere Handlungen wie zum Beispiel das Cyber-Grooming oder das Streaming, die nicht per se unter den Schriftenbegriff fallen. Wenn man sich nur irgendwelche pornografische Filmchen ankuckt, kommt es darauf an, inwieweit diese heruntergeladen werden, inwieweit das Datenmaterial auf einem Datenträger verfestigt wird. Bei diesen Dingen streiten sich die Geister oder – besser gesagt – die Rechtsgelehrten: Ist das noch strafbar, oder ist das nicht strafbar? Das ist auch in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene hineingeschrieben worden.

(Glocke)

Aber ich finde, wir sollten da auch deutlich Druck machen.

Ja, jetzt ist leider meine Zeit vorbei. Ich möchte aber noch eine Sache sagen, und das ist mir wichtig. Das steht auch in der EU-Richtlinie: Wenn man von der Bekämpfung der Kinderpornografie redet, dann brauchen wir auch wirksame Ermittlungsinstrumente dagegen. Da – das sage ich auch ganz deutlich – brauchen wir auch solche Instrumente wie die Vorratsdatenspeicherung, denn auf eine andere Weise können wir vielfach den Tätern nicht beikommen. Polizei und Justiz brauchen das notwendige Handwerkszeug, um diese Taten zu bekämpfen. Ich möchte Sie sehr darum bitten, unserem Antrag so zuzustimmen. Wir würden auch die Überweisung in den Rechtsausschuss mitmachen, damit wir dann weiter dort diskutieren können. Ich denke, das ist sehr wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Grotheer, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kinderpornografie ist schrecklich, Kinderpornografie ist furchtbar! Niemand von uns mag sich vorstellen, was in den Kindern vorgeht, die Opfer dieser Straftaten werden, die hinterher auch noch aushalten müssen, von diesen Bildern über Jahrzehnte über das Internet verfolgt zu werden.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

In den letzten Wochen und Monaten sind Lücken aufgetaucht in der Strafverfolgungsmöglichkeit im Bereich Kinderpornografie. Wir können diese Lücken nicht an Einzelfällen festmachen. Andersherum: Diese Einzelfälle zeigen, wo die Lücken liegen. Es ist richtig, dass wir uns gemeinsam mit der Frage beschäftigen müssen, wie man diese Lücken so ausfüllt, dass der Besitz, die Verbreitung, die Erstellung von Kinderpornografie in jedem Fall unter Strafe gestellt werden.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Der Grat ist schmal – Frau Piontkowski hat es angesprochen –: Jeder von uns, der Kinder hat, hat, nehme ich an, jedenfalls mal seine Kinder im Planschbecken fotografiert, hat sich daran gefreut, hat diese Fotos auch Oma und Opa gezeigt, die sich auch gefreut haben. Aber das genau ist der Unterschied. Das ist die private Freude an den eigenen Kindern und nicht die Zurschaustellung dieser Kinder als Sexualobjekte.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Wenn wir also heute über die Frage reden, wie wir die Strafen für Kinderpornografie verschärfen kön

nen und wie wir Strafbarkeitslücken schließen, dann geht dieser Antrag in die richtige Richtung.