Protocol of the Session on November 13, 2013

Wenn wir also unterstellen und hier einhellig feststellen können, dass die Investitionen in Bildung und Wissenschaft per se gute Investitionen sind, im Gegensatz zu Investitionen in Waffensysteme – das sind ja auch Themen, die seitens der LINKEN immer wieder gestresst werden – oder im Gegensatz zu Investitionen in irgendwelche Baudenkmäler, die man so oder so bewerten kann, dann muss als Nächstes die Frage kommen: Sind das Investitionen, die in eine private oder in eine öffentliche Einrichtung fließen sollen? Diese Frage können wir hier gerne stellen, und ich glaube, die Frage müssen wir auch künftig stellen, wenn es darum geht, Zukunftskonzepte für den Standort in Bremen-Nord zu entwickeln.

Fakt ist allerdings, dass ein Gegeneinander-Ausspielen der staatlichen Universität und der Jacobs University, das hier auch gelegentlich erfolgt, dem Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Bremen keinesfalls hilft. Fakt ist auch – das möchte ich auch noch einmal betonen; das ist mir wichtig –, dass wir ohne die private Konstruktion der Jacobs University das Geld der Jacobs Foundation hier nicht hätten. Das ist einfach so. Herr Kollege Güldner hat darauf hingewiesen, dass die bisherigen öffentlichen Zuschüsse nicht aus dem Wissenschaftsetat gekommen sind. Wenn man das beides berücksichtigt, kann man, ohne groß Mut aufwenden zu müssen, behaupten, dass der Wissenschaftsbereich – wenn man jetzt öffentlich oder staatlich und privat zusammennimmt – momentan unterm Strich besser finanziert wird, als er ohne eine privat organisierte Jacobs University finanziert würde.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dennoch gilt – das habe ich eben bereits gesagt –: Privat ist privat. Das Konstrukt ist nun einmal als private Universität aufgebaut, und darum wollen wir es auch so und nicht anders. Da pflichten wir Ihnen bei. Es darf also nicht zu langfristigen Unterstützungen oder zu dauerhaften Unterstützungen aus dem öffentlichen Bereich kommen. Deshalb haben wir einen klaren Pfad aufgezeigt, mit dem die ambitionierten Ziele der Jacobs University in den nächsten Jahren zu erreichen sind. Das ist – Herr Rupp, Sie haben darauf hingewiesen – ein anstrengender Weg, der da beschritten werden muss, keine Frage. Der ist verbunden mit der Aussage einer letztmaligen Zahlung. Das ist übrigens nicht das letzte oder das zweite oder dritte Mal, dass wir es so klar konditionieren. Es ist das erste Mal, dass wir so deutlich sagen, dass es sich um eine letztmalige Zahlung an die Jacobs University für die nächsten fünf Jahre handelt. Diese möchte ich noch einmal erläutern: Sie erfolgt in einem Verhältnis von drei zu acht, also 3 Millionen Euro zahlen wir, zahlt Bremen, und 8 Millionen Euro zahlt die Jacobs Foundation.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: 17!)

Drei zu acht ist ein Verhältnis, das ich mir in vielen anderen Bereichen, die öffentlich gestützt werden, wünschen würde.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Kottisch, gestatten Sie eine Frage der Abgeordneten Frau Vogt?

Sie haben gerade gesagt, es sei niemals gesagt worden, dass es eine letztmalige Finanzierung durch das Land sei. Aber der Wissenschaftsplan des Senats für 2010 vom April 2003 besagt eindeutig, dass es sich um eine einmalige Anschubfinanzierung durch das Land handelt und weitere finanzielle Leistungen nicht vorgesehen sind. Von daher müssten Sie die Frage schon beantworten, wie oft eine letztmalige Anschubfinanzierung und eine letztmalige Unterstützung durch das Land Bremen hier noch verkündet werden soll!

Also, ich interpretiere das jetzt als einen Vertrag zwischen der Jacobs Foundation und dem Land Bremen. Sie können das sicherlich auch als Anschubfinanzierung definieren. Aus meiner Sicht ist die Anschubfinanzierung erfolgt.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Letzt- malig, ja!)

Wir haben uns jetzt, nachdem sich ja auch die weltwirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Verhältnisse seit damals verändert haben – auch hierauf muss man hinweisen –, darauf geeinigt, dass wir sagen: Wenn denn das Verhältnis so ist, dass privat mehr zahlt als öffentlich, dann schließen wir einen Vertrag und geben dort noch einmal öffentliches Geld hinein. Es geht hier nicht um einen Anschub; es geht im Prinzip darum, dass eine Sanierung stattfindet. Vor dem Hintergrund sind auch klare Kriterien für die Sanierung definiert. Diese einzuhalten, wird ein schwerer Weg.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: 2003 wa- ren keine weiteren finanziellen Leistungen vorgesehen!)

Herr Kollege, fahren Sie fort!

Lassen Sie mich dennoch den Aspekt in den Mittelpunkt rücken, dass die eben von mir skizzierten Effekte aus dem Länderfinanzausgleich deutlich höher sind als die Gelder, die wir dort investieren. Das muss man auch einmal sehen. Es ergibt ja keinen Sinn, ein Geschäft zu machen, das uns

zum Nachteil gereicht. Was an dem Standort passieren würde, wenn wir diese Universität von heute auf morgen schlössen, ist Ihnen doch sicherlich auch klar, Frau Vogt! Also ist es doch sinnvoll, sich über ein Fortführungskonzept Gedanken zu machen und mit allen Beteiligten einen Vertrag einzugehen, der zum Wohle des Standortes ist. Anders kann doch Politik gar nicht handeln!

Wichtig ist mir aber auch, dass sich die Jacobs Foundation zusätzlich verpflichtet hat – bitte sehen Sie das auch einmal! –, über das Jahr 2018 hinaus unbefristet und weiterhin mit den 8 Millionen per anno zur Verfügung zu stehen, wenn die definierten Ziele so erreicht werden, während wir uns befristet auf 5 Jahre verpflichtet haben.

Herr Rupp, Sie haben völlig recht: Das Erreichen der Ziele ist sicherlich kein Kinderspiel, und es bedarf großer Sanierungsanstrengungen. Ich kann mir vorstellen, dass die These von Herrn Dr. Güldner stimmt, dass das auch ein Grund dafür ist, dass ein Wechsel an der Spitze der Universitätsleitung vollzogen wurde. Ich will nicht spekulieren; man muss aber auch derartige Interpretationen in Betracht ziehen.

Es gibt also harte Kriterien, es gibt halbjährliche Testate von Wirtschaftsprüfern, die diese Kriterien überprüfen, und – auch darauf hat Herr Dr. Güldner hingewiesen – es gibt die Möglichkeit der halbjährlichen Kündigung des Vertrags, wenn die Kriterien nicht eingehalten werden. Ich finde, das ist ein sicherer Vertrag, der hier geschlossen wurde. Der Weg ist hart. Die Jacobs University muss ihr strukturelles jährliches Defizit von heute 20 Millionen auf 8 Millionen im Jahr 2018 reduzieren. Diese 8 Millionen würden dann regelmäßig und unbefristet seitens der Foundation fortfinanziert.

(Glocke)

Das ist das Ziel, das erreicht werden muss, und das ist auch die Vereinbarung, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Rupp, die zwischen den Beteiligten – der Foundation, der Universität und dem Land Bremen – geschlossen wurde. In Bremen hält man sich an Verträge und Vereinbarungen. „Pacta sunt servanda“ – das gilt auch, wenn es einen Austausch an der Spitze des Managements der Jacobs University gibt.

(Glocke)

Ich höre das Klingeln im Rücken. Von daher bitte ich Sie noch einmal, das Thema positiv zu begleiten und die Chancen für Bremen zu sehen, die meines Erachtens überwiegen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Grobien, Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Aktuelle Stunde hat DIE LINKE kein Thema, sondern eigentlich gleich ein ganzes Essay eingereicht. Der Titel ist so lang, dass ich auf die Wiederholung verzichten möchte. Ich habe auch selten etwas so Populistisches gelesen. Solche öffentlichen Debatten, die dem Standort Bremen insgesamt Schaden zufügen, sind schon ärgerlich! interjection: (Beifall bei der CDU)

Allein schon die Tatsache, das Parlament mit dem Rücktritt eines Präsidenten einer privaten Universität zu befassen, finde ich recht bemerkenswert. Aber wenigstens ist das Ganze einmal aktuell, was man von früheren Aktuellen Stunden der LINKEN nicht immer behaupten kann.

Aber was ist passiert? Am Donnerstag vergangener Woche

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Mittwoch!)

erklärte die Jacobs University Bremen, dass Präsident Heinz-Otto Peitgen zum Jahresende 2013 zurücktritt. Die Nachricht hat auch uns von der CDU-Fraktion überrascht,

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Mich nicht!)

und wir bedauern den Rücktritt.

Erst im August dieses Jahres haben wir an dieser Stelle über „Nachhaltige Weiterentwicklung der Jacobs University Bremen“, so der Titel der Senatsvorlage, debattiert. Bestandteil dieser Vorlage – die Vorredner haben es schon erwähnt – ist ein trilateraler Vertrag zwischen der Jacobs University, der Jacobs Foundation und dem Land Bremen, in dem die weitere Zusammenarbeit und Fortentwicklung der Kooperation zwischen den Vertragspartnern konkretisiert werden. Wie in jedem Vertrag stehen darin vor allen Dingen auch Verpflichtungen der einzelnen Partner. Bestandteil – auch das war hier eben schon Thema – ist ein Zeit- und Maßnahmenplan zur Schließung der strukturellen Finanzierungslücke – so heißt es – im Budget der Jacobs University. An dem Zustandekommen dieser Vereinbarung hatte Professor Peitgen erheblichen Anteil, und der Aufsichtsrat würdigt mit großem Dank die Verdienste von Professor Peitgen für die Einleitung der neuen Arbeits- und Entwicklungsphase der JUB.

Offensichtlich ist es nun zu Unstimmigkeiten zwischen dem Aufsichtsgremium der Universität und dem Präsidenten gekommen. Ich zitiere aus der Pressemitteilung: „Der Rücktritt erfolgt aufgrund unterschiedlicher Auffassungen zur Führung und zur künftigen Gestaltung der Universität.“

Nun, seien wir ehrlich: Ein positives Signal ist der Rücktritt mit Sicherheit nicht. Der Konsolidierungsweg fordert schwere Schritte von der Jacobs University, und offenkundig gab es über das Wie unter den Beteiligten große Unstimmigkeiten. Aber ist das so überraschend? Mehrere Millionen einzusparen, dabei aber das, wie ich betonen möchte, sehr gute wissenschaftliche Profil und die hohe Internationalität der Studentenschaft zu erhalten, und das alles binnen weniger Jahre, ist keine einfache Aufgabe.

Aber ist es überhaupt so außergewöhnlich, dass man sich aufgrund unterschiedlicher Auffassungen trennt? Ich glaube nicht! Es handelt sich hier um einen internen Vorgang an der Jacobs University, die deshalb weder führungslos noch – wie Sie es in Ihrem Titel nennen – perspektivlos ist. Muss man so etwas öffentlich debattieren?

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Wenn öf- fentliche Gelder fließen, ja!)

DIE LINKE verbindet mit dem Rücktritt von Professor Peitgen die Forderung nach einer vorzeitigen Vertragskündigung. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 5 Jahren – auch das haben wir schon gehört – und sieht bei Nichteinhaltung der Bedingungen ein außerordentliches Kündigungsrecht von 12 Monaten vor. – Nichteinhaltung der Bedingungen. Ich frage Sie von der LINKEN: Welche Bedingungen wurden denn bisher nicht eingehalten? Inwiefern hat sich denn die Situation für Bremen verändert?

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Zum Bei- spiel wurde kein Wirtschaftsplan vorgestellt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hängt der Fortbestand der Jacobs University bei einer Gesamtzahl von 400 Lehrenden und Forschenden von einzelnen Personen ab? Das kann es ja wohl nicht sein! Der Weggang von Herrn Peitgen geht ja nicht mit der Einstellung von Lehre und Forschung an der Universität einher.

Wir wissen alle, dass die JUB in einer schwierigen Situation ist. Wir haben uns nun vertraglich auf einen Konsolidierungskurs verständigt und dieser – das sage ich ausdrücklich – muss eingehalten werden. Ob das operative Geschäft von Herrn Peitgen oder sonst wem geführt wird, muss uns dabei doch eigentlich ziemlich egal sein. Der Wissenschaftsrat, der erst Ende Oktober seine Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Hochschulsystems im Land Bremen veröffentlicht hat, lobt die bestehenden Kooperationen zwischen der Universität Bremen und der Jacobs University ausdrücklich und empfiehlt deren Ausbau.

Allerdings darf eine weitere öffentliche Mitfinanzierung nicht zulasten der staatlichen Hochschulen gehen. Auch dies ist nichts Neues, und das haben wir hier mehrfach debattiert.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch kurz auf die in diesem Zusammenhang angesprochene schlechte Situation an den öffentlichen Hochschulen eingehen, die immer und immer wieder von den LINKEN suggeriert wird. Das verärgert schon ein bisschen. Keiner bestreitet, dass die Lage an den Hochschulen äußerst schwierig ist, und da sehen wir auch Handlungsbedarf, sowohl in Bremen als auch beim Bund. Aber daraus zu konstruieren, es gehe den Hochschulen finanziell so schlecht, weil wir uns eine Jacobs University leisten, ist billiger Populismus!

(Beifall bei der CDU)

In der Öffentlichkeit kann man damit leicht schlechte Stimmung machen, aber bei näherer Betrachtung fällt das Kartenhaus doch zusammen.

(Zwischenrufe)

Wie wollen Sie von den LINKEN denn mit 3 Millionen im Jahr die Uni, die Hochschule, die Hochschule Bremerhaven und die Hochschule für Künste retten? Das würde mich interessieren.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Das ist kein Populismus! Es geht um 30 Millionen Euro!)

Ein Ende der Unterfinanzierung und der Grundausstattung wäre damit noch lange nicht erreicht.

(Zurufe der Abg. Frau V o g t [DIE LINKE] – Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Frau Vogt, sparen Sie sich Ihre Energie für Ihre eige- ne Rede! – Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Warum?)