Protocol of the Session on September 26, 2013

Verbraucherschutz einmal freie Hand lässt, damit es sich dazu äußert, weil es bisher sehr verhalten war. Vielleicht lag es daran, dass es kurz vor der Wahl war, man wollte nicht an die Öffentlichkeit. Jetzt spielt man der Europäischen Kommission den Schwarzen Peter zu, weil sie entsprechend eine Verordnung erarbeitet. Ich finde, das ist alles viel zu kurz gedacht.

Wir wollen Netzneutralität, wir wollen, dass sie im Gesetz verankert ist. Die Menschen sehen das mittlerweile schon als Menschenrecht. Man kann nicht Menschenrechte nicht nur in der analogen Welt fordern, sondern sie müssen auch für die digitale Welt gelten, und zwar auch der freie Zugang zu allen Netzinhalten ohne Benachteiligung. Wie gesagt, wir sind gegen die Internetbremse. Ich bin sehr gespannt, wie die Bundesregierung hier handeln wird. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Häsler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der freie Zugang zum Internet wird im Zuge der rasanten technischen Entwicklung und Verbreitung von Smartphones, Tablet-PCs, Laptops et cetera zu einem immer wichtigeren politischen Ziel und Gut im Allgemeinen. Wer genießt es nicht, auf langen Bahnfahrten oder vor dem Zubettgehen, in seiner Freizeit, wann auch immer, unbegrenzt im Internet zu surfen, Videos und Filme anzusehen, die sozialen Medien zu nutzen oder sich auch einmal bei einem Onlinespiel die Zeit zu vertreiben?

Die Deutsche Telekom hat zum 2. Mai 2013 ihre Tarifstrukturen geändert, wir haben gerade schon gehört, wie das aussieht. Diese Maßnahmen schränken in gewisser Weise das freie, umfassende Surfen beziehungsweise die datenintensive Nutzung des Internets in einem gewissen Maße ein. Wenn man dies umgehen möchte, dann kann man das nur durch Mehrkosten, durch Zubuchung oder Flatrates umgehen. Ausnahmen sollen lediglich für konzerneigene oder finanzierte Inhalte ermöglicht werden.

Der Antrag, der uns heute vorliegt, beabsichtigt, diese Maßnahme bestmöglich rückgängig zu machen und eine bundesgesetzliche Regelung innerhalb des Telekommunikationsgesetzes zur diskriminierungsfreien und gleichberechtigten Durchleitung aller Inhalte voranzutreiben. Zu Recht wird von den Antragstellern darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen zumindest unter verbraucherschutzpolitischen Gesichtspunkten kritisiert werden kann, die Entscheidung über solche Maßnahmen aber allein bei dem Unternehmen selbst liegt. Diese Einschätzung des ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Sachverhalts teilen wir als CDU-Fraktion uneingeschränkt.

Natürlich muss von der Politik eine derartige Entwicklung auf dem Markt auch kritisch beobachtet und verfolgt werden, nicht umsonst hagelte es die bereits genannte Kritik im Frühjahr. Dennoch halten wir als CDU-Fraktion, für die die soziale Marktwirtschaft ein herausragend hohes Gut ist, nichts von voreiligen Schnellschüssen bezüglich staatlicher Markteingriffe, wie Sie diese mit Ihrem Antrag abfordern wollen.

(Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD)

Wir bewegen uns in dieser Thematik auf einem sensiblen, beinahe grundrechtsrelevanten Gebiet, das muss man sich diesbezüglich auch vor Augen führen. Sie unterstellen, dass die Netzneutralität nicht durch den Wettbewerb auf dem Markt zwischen verschiedenen Netzbetreibern gesichert werden könnte, da sich alle anderen Netzbetreiber der Deutschen Telekom anschließen würden. Es kann natürlich genauso gut sein, weil wir uns noch in einem sehr frühen Stadium – –.

(Abg. Frau A y t a s [SPD]: Sie tun es sogar!)

Nein, ich kenne nur ein Beispiel, bei dem seit Längerem auch eine Volumenbegrenzung vorgenommen wird!

Es kann genauso gut sein, dass dies den Wettbewerb fördert und einfach andere Anbieter mehr Zulauf erfahren. Das wissen Sie einfach noch nicht, weil es derzeit viel zu früh ist.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Mutti Merkel passt auf!)

Unser Problem ist derzeit, dass man einfach noch nicht abschätzen kann, wie sich die Lage auf dem Telekommunikationsmarkt entwickeln und wie sich die Deutsche Telekom auch selbst noch einmal in dieser Frage verhalten wird. Immerhin ist der Anbieter auch schon nach einer größeren öffentlichen Kritikwelle zurückgerudert und hat angekündigt, dass es im Jahr 2016 weiterhin Flatrates geben wird. Wie gesagt, ansonsten kann man es natürlich auch durch Zubuchung umgehen.

Ihren pauschalen Unterstellungen, die Sie hier für die weitere Marktentwicklung machen, können wir uns als CDU-Fraktion so erst einmal nicht anschließen. Zum einen plädieren wir dafür, die Entwicklung auf dem Markt abzuwarten und zunächst zu beobachten, wie sich die Regelungen der Deutschen Telekom, wie auch immer sie dann ab dem Jahr 2016 auch aussehen werden, das wissen wir jetzt auch noch nicht genau, sowohl auf die Netzneutralität als auch auf die anderen Anbieter auswirken. Zum anderen ist die Bundesnetzagentur schon tätig geworden, und

zwar bereits im Frühjahr schon lange vor Ihnen, und sie hat einen ersten Bericht vorgelegt.

Sie tun in Ihrem Antrag und auch in der Debatte so, als ob morgen kein Verbraucher mehr unbegrenzt im Internet surfen könnte, weil sich kein Mensch um diese Aktivitäten der Telekom kümmern würde, falls der Bremer Senat sich nicht umgehend auf Bundesebene für eine gesetzliche Regelung zur Netzneutralität und für die Rücknahme der Volumenbegrenzung einsetzen würde. Das ist nicht so, die Bundesnetzagentur ist aktiv!

(Beifall bei der CDU)

Sie beobachtet diese Entwicklung kritisch und ist noch zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen.

Deswegen halten wir verpflichtende gesetzliche Maßnahmen und Vorgaben aktuell für völlig überzogen, nicht zielführend und auch kontraproduktiv.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben zunächst Vertrauen in den Wettbewerb und wollen anderen Netzbetreibern keine pauschalen Unterstellungen machen, wie Sie das tun, um damit vorschnelle staatliche Eingriffe zu legitimieren. Nicht umsonst kritisiert selbst der Präsident der Bundesnetzagentur die Transparenz der Pläne der Deutschen Telekom, er verweist jedoch zugleich selbst auf die Freiheit und Souveränität des Unternehmens, und das muss man auch erst einmal akzeptieren.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss!

Wir lehnen Ihren Antrag ab, das wird Sie jetzt nicht überraschen, da wir ihn für einen verfrühten Schnellschuss halten. Wir wollen dem Wettbewerb die Chance geben, dieses Problem gegebenenfalls mit Unterstützung der Bundesnetzagentur – sie ist ja da – allein zu bewältigen. Erst wenn dies nicht gelingen sollte, sollte man sich über staatliche Eingriffe unterhalten, aber vorher nicht!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nach dem letzten Beitrag darüber sinniert, was genau eigentlich ein vor––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

eiliger Schnellschuss ist, entweder ist es ein Schnellschuss, oder es ist voreilig, beides ist eines zuviel! Voreilige Schnellschüsse sind sicherlich völliger Unsinn, und man sollte sie nicht machen. Man sollte, wenn man schießt, gezielt schießen und auch treffen.

Es ist mir noch etwas anderes aufgefallen, was ich an der Argumentation der CDU-Fraktion nicht verstehe: Wenn man ein Ziel hat, das man erreichen will, findet, dass man Freiheit im Netz und einen diskriminierungsfreien Zugang zu und Transport von Daten braucht, und sieht, dass es nicht so ist und voraussichtlich auch schwierig zu erreichen sein wird – wir hatten eine Form von Netzneutralität, und Monopolunternehmen entwickeln es genau in die andere Richtung –, warum will man dann abwarten, bis irgendein Markt es möglicherweise regelt, anstatt es in irgendeiner Weise gesetzlich festzuschreiben? Das ist mir nicht klar geworden.

(Beifall bei der SPD)

Netzneutralität ist ein Ziel, das meines Erachtens durchaus durch gesetzliche Regelungen festgelegt werden kann, und in diesem Rahmen dürfen dann Firmen, wie groß sie auch immer sind, ihren Wettbewerb durchführen. Ich finde, sie dürfen ihren Wettbewerb eben nicht so weit ausdehnen, dass diese sogenannte Netzneutralität gefährdet ist. Der einzige Grund, warum ich mir vorstellen kann, dass die CDU das zulässt, ist, weil sie ganz genau weiß, dass durch diese Drosselung, durch diese Bremse im Internet zwei Dinge passieren: Erstens bedarf es keiner unmittelbaren Investition in weitere Breitbandverbindungen, und zweitens macht die Deutsche Telekom damit mehr Gewinn. Das heißt also, weniger zu investieren und mehr zu profitieren! Das ist die eigentliche Ursache dieser Drosselung, und wenn Sie sie unterstützen, unterstützen Sie genau dies. Sie wollen im Kern gar keine Netzneutralität, weil Sie eben die Ge-winne der Deutschen Telekom sichern wollen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Wir wollen, dass Daten unabhängig vom Empfänger und vom Adressaten durch das Netz transportiert werden. Wir wollen, dass die Daten unabhängig vom Inhalt durch das Netz transportiert werden, und wir wollen, dass alle Daten gleich schnell durch das Netz transportiert werden. Klar ist, dass das im Moment an Grenzen stößt. Warum stößt es an Grenzen? Weil Deutschland im Vergleich zu den Ländern, die ebenfalls das Fiberglasnetz ausbauen, mit einem verschwindend geringen Prozentsatz ungefähr auf Platz 28 der Weltrangliste liegt, weit hinter Estland, Tschechien, Norwegen, Irland zurück, alle sind weit vor uns! Wir müssen endlich in diesen Netzausbau investieren, dann sind wir auch in der Lage, diese Netzneutralität technisch sicherzustellen, und dann sind wir auch in der Lage, wieder auf diesem Gebiet mit

andern Ländern in Konkurrenz zu treten, sonst werden wir abgehängt.

Es ist ja nicht nur so, dass diese Netzverbindungen für Spiel und Spaß zuständig sind. Große Unternehmen sind darauf angewiesen, dass auch große Datenmengen zügig und ohne Diskriminierung durch das Netz gehen und sie nicht extra noch mehr bezahlen müssen, damit das passiert. Es sind ja nicht nur Privatpersonen, die davon profitieren, sondern es ist auch die normale Geschäftswelt, die sich jetzt so weit entwickelt hat, dass sie ohne sichere, ohne diskriminierungsfreie Datenverbindung auch nicht zurechtkommt. Möglicherweise kann sie sich das eher leisten als ein Privatmann. Trotzdem, finde ich, ist es eine Diskriminierung und auch eine Wettbewerbsverzerrung, die meines Erachtens so nicht sein müsste.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Wir finden es völlig in Ordnung, das Telekommunikationsgesetz auf Bundesebene entsprechend zu ergänzen. Im Übrigen hat Herr Dr. Rösler das vor der Wahl schon versprochen. Es ist ein bisschen schade, dass er abgewählt worden ist, sonst hätte er das jetzt nachholen können. Vielleicht ist es aber auch der einzige Grund, weshalb es schade ist.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und das aus Ihrem Mund, Herr Kollege! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Vielleicht hat ja das eine etwas mit dem an- deren zu tun!)

Vielleicht hat das eine mit dem anderen zu tun! Vielleicht ist er abgewählt worden, weil er für Netzneutralität steht oder gesagt hat, dass er es macht, und niemand hat ihm geglaubt.

Wir brauchen es aber nicht nur auf Bundesebene, es ist schon gesagt worden, wir müssen auch hinschauen, was in Europa geschieht. Da gibt es auch Vorschriften und Verordnungen, die im Raum schweben und unter Umständen eine Netzneutralität gefährden. Ich finde, wir müssen auch dringend auf Bundesebene Initiative ergreifen, wie wir es schaffen, den Ausbau der Fiberglasnetze voranzutreiben, sonst werden wir abgehängt.

Es wäre ganz schön, wenn wir dann bei der Bundesregierung vorstellig werden, wenn der Senat diese beiden Punkte mit auf die Agenda nimmt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Professor Stauch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Internet hat eine enorme Bedeutung für die Wirtschaft und für die Gesellschaft. Unter Marktbedingungen hat es für die Märkte Transparenz und freien Zugang geschaffen, hinsichtlich der Information hat es Möglichkeiten geschaffen, die vorher nie bestanden haben. Hier geht es letztendlich um gleiche Marktvoraussetzungen, das ist der entscheidende Punkt. Deshalb ist es auch unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten wichtig, dass wir die Netzneutralität haben und erhalten. Unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten ist sie ein ganz zentraler Punkt, der gesichert werden muss.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte sagen, von einem Schnellschuss kann überhaupt keine Rede sein. Wir haben den Paragrafen 41 a des Telekommunikationsgesetzes, und er lautet: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, in einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates gegenüber Unternehmen, die Telekommunikationsnetzte betreiben, die grundsätzlichen Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Datenübermittlung und den diskriminierungsfreien Zugang zu Inhalten und Anwendungen festzulegen, um eine willkürliche Verschlechterung von Diensten und eine ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs in den Netzen zu verhindern.“ Das muss umgesetzt werden.

Das Problem ist, dass das Gesetz die Netzneutralität nicht hinreichend genau beschrieben hat. Wir brauchen die Verordnung. Sie liegt bereits in einem Entwurf vor. Der Entwurf ist in der Diskussion, das muss umgesetzt werden. Der Senat steht auch dafür, dass die Netzneutralität verankert wird. Es gilt, dass gleiche Zugangsvoraussetzungen zum Internet geschaffen werden wie in anderen Bereichen auch. Gleiche Marktvoraussetzungen, gleiche Bedingungen brauchen wir auch für das Internet, daher ist Netzneutralität ein zentraler Punkt. Die Verordnung muss umgesetzt werden durch die Bunderegierung, und diesen Antrag werden wir auch so im Bund vertreten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)