Protocol of the Session on August 28, 2013

Das ist kein Blödsinn! Zurzeit sind zwei Personen – –.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Die Stelle ist längst wieder besetzt! Dazu noch eine halbe!)

Trotzdem bleibt offen, wenn zwei Mitarbeiter das nicht geschafft haben und diese Fehler entstanden sind, wie man es dann mit zweieinhalb schaffen kann. Diese Synergieeffekte, die jetzt scheinbar notwendig sind, würde ich gern einmal in irgendeiner Weise physikalisch greifbar gemacht sehen, denn ich bezweifele sie, und ich befürchte, dass damit das Problem nicht gelöst ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN – Abg. R ö w e - k a m p [CDU]: Die Personalprobleme des Ressorts sind insgesamt nicht gelöst!)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Günthner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, man muss die Fakten auch ein bisschen im Spiel lassen. Sie haben gesagt, wenn man 15 Millionen Euro zwischenfinanziert, dann kostet das 25 000 Euro im Monat. Ich weiß nicht, mit welchen Zinssätzen – –.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Zwei Prozent!)

Ach so! Fragen Sie einmal im Haushalts- und Finanzausschuss, zu welchen Zinssätzen Bremen im Moment sein Geld aufnimmt!

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Zwei Prozent!)

Wir haben uns gemeinsam mit dem Finanzressort angesehen, zu welchem Zinssatz wir das finanzieren könnten, wenn wir es zwischenfinanzieren müssten. Die Aussage lautet, 0,1 Prozent bis 0,2 Prozent. Damit sind Sie bei völlig anderen Summen. Damit wären Sie, wenn Sie es für ein Jahr zwischenfinanzieren müssten – wovon wir nicht ausgehen –, bei 15 000 bis 30 000 Euro, die die Zwischenfinanzierung in einem Jahr kosten würde.

Insofern finde ich – der Hinweis ist ein paarmal gemacht worden in der Debatte –, weniger spekulieren, mehr auf die Fakten schauen und dann die Fakten

bewerten, und wenn die Fakten dann Anlass geben, mich anzugreifen, dann machen Sie das gern, aber spekulieren Sie nicht einfach so mit irgendwelchen Zahlen! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist das erste Thema der Aktuellen Stunde beendet.

Stellwerkprobleme bei der Deutschen Bahn – Gefahr auch für den Bremer Bahnknoten?

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Jägers.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde ist klar: Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist ein reibungsloser Personen- und Güterverkehr dringend notwendig. Das gilt selbstverständlich auch für das Bundesland Bremen, dafür kann man dieselbe Aussage machen. Wir haben das Thema in diese Aktuelle Stunde eingebracht, weil Mainz nicht nur überall sein kann, sondern wir glauben, dass Mainz schon überall ist. Wir glauben, dass es in sehr vielen Orten solche Zustände gibt wie es sie in Mainz gegeben hat, aber dass es nur nicht so offensichtlich geworden ist. Deshalb müssen wir reagieren und handeln, wir müssen auf die Bahnvorstände einwirken, dass sie anders vorgehen.

Das, was dort passiert, ist das Ergebnis einer vollkommen fehlgeleiteten Struktur- und Bahnpolitik der Bundesregierung. In Deutschland fehlen 1 000 Fahrdienstleister, das war abzusehen. Wer weiß, wie alt seine Mitarbeiter sind, der weiß auch, wann sie in Rente gehen und wann er neue einstellen muss, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Das hätte sie wissen müssen, davon gehen wir aus.

Die Beschäftigten – ich fahre viel mit der Bahn –, die bei jeder Störung Erklärungen abgeben müssen, tun mir oft leid. Das sind fast immer nette Leute, die wirklich ihr Bestes tun, sie sind nicht schuld an dem Desaster, das dort passiert. Vielen Dank noch einmal, dass sie dort so freundlich reagieren!

(Beifall bei der SPD)

Der große Plan war der Börsengang, koste es, was es wolle, und was es kostet, sehen wir gerade in Mainz und anderswo.

Die Deutsche Bahn hat ihre Nachhaltigkeitsstrategie DB 2020 aufgelegt. Darin wirbt sie unter anderem darum, dass sie den Nachwuchs, den sie drin––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gend braucht, an sich binden will. Lieber Bahnvorstand, wenn ihr so weitermacht, dann wird das nichts, dann kommt keiner zu euch, denn in einem Betrieb, der auf dem absteigenden Ast ist, will auch keiner arbeiten!

Wir haben gehört, dass die SPD-geführte Landesregierung erst einmal Druck auf den Zweckverband machen musste, damit zumindest die Schülerverkehre im Land und rund um Mainz organsiert werden können. Was machen die Bahn und der Vorstand? Der Vorstand entschuldigt sich möglichst wortreich und telefoniert mit den Mitarbeitern. Man muss sich das einmal vorstellen: Man ist ein Mitarbeiter in einem Stellwerk, hat gerade Urlaub, und dann bekommt man einen Anruf vom Chef, der Vorstand ist am Telefon. Da weiß man gar nicht, was man sagen soll. Dass er überhaupt weiß, dass es einen gibt, ist ja schon eine Sensation. Ich hoffe nur, wenn der Vorstand sich gemeldet hat, dass auch Kinder von Bahnmitarbeitern an das Telefon gegangen sind, die dann gesagt haben, lieber Vorstand, im Urlaub gehört Papa mir und nicht der Bahn!

(Beifall bei der SPD)

Was macht Bundesverkehrsminister Ramsauer? Nichts, außer dafür zu sorgen, dass im Süden ordentlich gebaut wird! Er sitzt ohnehin mit dem Rücken zum Norden. So richtig scheint er sich nicht für die Bahn zu interessieren, genauso wie die schwarz-gelbe Bundesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Geld, das verdient wird, muss investiert werden, dieser Auffassung sind wir. 500 Millionen Euro müssen nicht an den Bund abgeführt, sondern reinvestiert werden in den Erhalt der Schiene. Die Schiene wird auf Verschleiß gefahren, und deswegen muss das Geld zurück in das Netz. Wir haben mehrere Hundert Langsamfahrstrecken in Deutschland, der Lärmschutz muss dringend verbessert werden. Wir hören jeden Tag, was hier in Bremen vor sich geht. Die neuen Bremsen, die LL-Sohlen, sind endlich zugelassen, damit die Bremsen nicht mehr so stark quietschen, wenn die Güterwagen anhalten, diese müssen eingebaut werden, und wir brauchen eine Personalplanung nach Bedarf und nicht nach Budget.

(Beifall bei der SPD)

Eine Studie besagt, dass sich der Güterverkehr bis zum Jahr 2030 verdoppeln wird. Wir brauchen 60 Milliarden Euro für Investitionen, damit die Bahn weiterhin vernünftig funktioniert. Dafür muss es entsprechendes Geld geben. Ich würde übrigens Boni für Bahnvorstände davon abhängig machen, wie laut die Züge sind, wie viel Lärmschutz zu erreichen ist und

wie pünktlich die Bahn ist. Dafür soll es Boni geben, und nicht für die bloße Anwesenheit.

(Beifall bei der SPD)

Schauen wir nach Bremen, Mainz ist überall! Zu der Situation in anderen Städten habe ich schon etwas gesagt. Die Betriebszentrale Hannover hat gestern oder vorgestern einen Antrag an den Betriebsrat gestellt, noch einmal 4,5 Stellen abzubauen. Das kann man nicht glauben! Die Mitarbeiter im Stellwerk in Hannover stellen unsere Gleise in Bremen mit, weil wir mit ihnen zusammengeschaltet sind. Im Bremer Netz gibt es 115 000 Überstunden, der Urlaub kann im Jahr 2013 nicht vernünftig abgewickelt werden, die Leute können nicht in den Urlaub gehen.

Im DB Training, das ist die Ausbildungsstelle, in der Stellwerksmitarbeiter ausgebildet werden, werden jetzt zehn Leute trainiert, damit sie hier arbeiten und dafür sorgen können, dass die Stellwerke ordnungsgemäß besetzt werden. Der Bedarf liegt bei 30 Leuten. Das einzig Positive, das ich gehört habe, ist, dass es jetzt auch eine gemeinsame Personalpolitik mit dem Betriebsrat gibt, der eingeschaltet wird, um das Wissen der Leute einzubringen und den Vorständen zu sagen, was wirklich zu tun ist.

Wir brauchen eine neue Bahnpolitik, das steht außer Frage, wir brauchen eine europäisch integrierte Netzplanung, wir brauchen Investitionen in den Erhalt – da werde ich mich immer wieder wiederholen –, wir brauchen lärmabhängige Trassenpreise, wir brauchen Lärmsanierungsmittel, die sich zumindest verdoppeln müssen, und wir brauchen einen wettbewerbsfähigen Verkehrsträger Bahn. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Saxe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kann das Mainzer Bahnhofschaos auch in Bremen und Bremerhaven passieren?

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Aber auch in Köln! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber auch auf dem Mond kann das passieren!)

Ja, theoretisch schon, würde ich sagen! Der Bremer Hauptbahnhof ist als wichtige Nord-Süd- und WestOst-Verbindung, als neuralgischer Knotenpunkt für Güterverkehre und mit rund 120 000 Reisenden pro Tag der zwölftgrößte Bahnhof in Deutschland, der, das sei hier stolz vermerkt, im August 2012 von der Allianz pro Schiene zum Großstadtbahnhof des Jahres gekürt wurde. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich will zunächst die besorgten Gemüter ein bisschen beruhigen, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft konnte einen Erfolg vermelden: Nach Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG wird die Personalplanung an dem tatsächlichen Bedarf ausgerichtet. „Wir haben die Reset-Taste gedrückt“, heißt es in einem Kommentar freudig. Überstunden sollen möglichst vollständig abgebaut werden.

Stichwort demografischer Wandel! Auch die DB hat inzwischen begriffen, dass gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geworben werden müssen, und verspricht, den vor drei Jahren eingeschlagenen Kurs der Personalgewinnung und -qualifizierung mit Hochdruck fortzusetzen. Ganz so konsequent war das aber anscheinend nicht, der Personalabbau ging offenbar schneller voran als der Ersatz von älteren Stellwerken. Gewinnmaximierung kann eine schädliche Motivation sein, zumal bei einem Staatsunternehmen, bei dem es um die Mobilität seiner Kunden geht, die auch Bürger dieses Staates sind.

Ich war aber noch bei dem Kapitel „Gemüter beruhigen“. In Mainz haben wir immer noch ein veraltetes und betagtes Stellwerk. Der Hauptbahnhof und seine Umgebung werden längst modern gesteuert. In Stubben bei Beverstedt soll ein altes Stellwerk bis Anfang des nächsten Jahres ersetzt werden, das frei werdende Personal könnte dann mit den Neueinstellungen auch den sehr großen Überstundenberg der rund 25 Fahrdienstleiter in den Stellwerken für Bremen abbauen. Auch in Bremerhaven gibt es, bedingt durch einen hohen Krankenstand wie in Mainz, einen Engpass, den man so verbreitern will. Das war auch in Bremen eng bemessen, die Mitarbeiter im Stellwerk mussten an oder über ihre Grenzen der Belastbarkeit gehen. Durch solche Bedingungen erzeugt man fast zwingend solche hohen Krankenstände. Gutes Arbeiten kann das unter solchen Umständen nicht sein.

All das nährt aber trotzdem die Hoffnung, dass es in Bremen und Bremerhaven nicht so weit kommen wird wie in Mainz. In Mainz spricht man jetzt davon, dass das Fieber leicht gesenkt und der Patient noch längst nicht gesund ist. Wenn man über die weiteren Konsequenzen nachdenkt, wird das Bild deutlich düsterer. Eine halbe Milliarde Euro – das ist schon vom Kollegen Jägers erwähnt worden – landet als Zwangsdividende bei Herrn Finanzminister Schäuble. Das Schienennetz ist die Gelddruckmaschine der Deutschen Bahn, dadurch verdient sie im Jahr 2013 laut einer Vorlage für den Aufsichtsrat 1,209 Milliarden Euro. Das Geld geht dann wesentlich in die Finanzierung anderer Aufgaben, eine weltweite Expansion und die Dividende. Der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Herr Ramsauer, sagt nun, dass er einen größeren Teil der Dividende wieder in das Netz zurückfließen lassen will, ein überaus schlaues Statement nach diesbezüglich vier verlorenen Jahren!

Schuld sei im Übrigen das bisher dunkelste Kapitel in der SPD-Bahnpolitik, die Aushungerung der Deutschen Bahn im Zuge des geplanten Börsengangs der Bahn. Das ist ungerecht gegenüber der SPD. Wer hatte damals die Richtlinienkompetenz in der Bundesregierung? Das Privatisierungsgesetz trug auch die Unterschrift des damaligen CSU-Landesgruppenchefs Ramsauer. Das Schienennetz muss aus der renditeorientierten Gesellschaft herausgelöst werden, das Schienennetz gehört in das unmittelbare Vermögen des Bundes. Die Gewinne aus dem Netz müssen im Netz verbleiben, damit es nicht im wahrsten Sinne des Wortes kaputtgespart wird.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und die Ge- winne aus der GEWOBA müssen in der GEWOBA bleiben! Und die Gewinne aus der BLG sollen in der BLG verbleiben!)

Das war grüne Programmatik lange vor dem Drama von Mainz.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und Gewin- ne aus der Landesbank sollen in der Lan- desbank verbleiben!)

Das könnte dann auch eine Chance gegen den Bahnlärm sein, das finde ich sehr wichtig. Wenn der Bund wieder direkten Zugriff auf die Schienen – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das finde ich gut, dass Sie sich selbst so verhalten, wie Sie es von der Bundesregierung fordern! Was machen Sie denn mit den Dividendenerträ- gen Ihrer Beteiligungen hier in Bremen? Damit stopfen Sie Haushaltslöcher! Mit wel- chem Anspruch stellen Sie sich dort vorn hin?)