(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wir haben ja die Zahlen der Lehrer konstant gehalten!)
Jetzt geht es aber wieder einmal ins Detail! Da war die Geschichtsschreibung auf dieser Seite ein bisschen merkwürdig. Es ging um die demografische Rendite. Sie haben eine Schulreform beschlossen und gesagt, sie finanziere sich aus der demografischen Rendite, aus dem Rückgang der Schülerzahlen, das haben wir nun oft genug diskutiert. Herr Dr. vom Bruch behauptet jetzt hier: Wir haben immer schon gesagt, dass das nicht stimmt. Das ist nicht wahr, Herr Dr. vom Bruch, das waren wir! Dies war einer der beiden Gründe, weshalb wir diese Schulreform nicht mitgemacht haben. Wir haben gesagt, sie ist teuer, sie kostet Geld und zusätzliches Personal, und sie ist nicht aus sich selbst heraus zu erwirtschaften. Das merken wir auch seit vier Jahren immer wieder.
Ich finde es aber gut, Herr Dr. vom Bruch, dass Sie sich diese Erkenntnis seit zwei Jahren zu eigen machen. Auch die ehemalige, zurückgetretene Senatorin hat im Sommer des Jahres 2011 schon in der ersten Sitzung der Bildungsdeputation in den Ferien gesagt, dass sich diese demografische Rendite nicht so stark auswirke. Frau Dogan und Herr Dr. Kuhn, ja, wir haben auch steigende Schülerzahlen, seit dem Jahr 2010 steigen die Schülerzahlen in den Grundschulen wieder an!
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Schauen Sie doch einmal in die Sta- tistik, das ist einfach nicht richtig!)
Schauen Sie sich an, welche Klassenverbände eingerichtet werden in den Primarstufen, weil wir steigende Schülerzahlen in den Grundschulen haben! Das können Sie immer hin- und herreden. Jedenfalls ist es so – das haben wir hier auch schon zehnmal berechnet –, dass Sie von einer demografischen Rendite ausgegangen sind, die viel zu hoch war und die es nicht gibt. Sie haben die Klassenfrequenzen verringert, und das war richtig und nötig, aber es heißt auch, dass man mehr Lehrer braucht.
Wir haben diese Diskussion ja nicht umsonst ständig in diesem Hause gehabt, und wir haben nicht ohne Grund jedes Jahr im Sommer die Situation erlebt, dass die Bildungssenatorin nicht wusste, aus welchem Budget sie diese Lehrerstellen besetzen sollte, weil das Geld im Personalhaushalt des Bildungsressorts einfach nicht vorhanden war.
Jetzt haben wir eine neue Bildungssenatorin, die uns mehr Transparenz verspricht, und der Bürgermeister hat uns eine „Schippe drauf“ versprochen, die ich übrigens eher als einen Eislöffel betrachte, oder wie ich auch gern sage, wie einen Eierlöffel, weil Sie nämlich wirklich ziemlich herumeiern.
Wenn man sich einmal anschaut, was Sie beschlossen haben, dann ist es ganz interessant. Hier hieß es vorhin, Sie hätten den Bildungsetat erhöht. Das stimmt nicht, faktisch sinkt er im Vergleich zu dem vorherigen. Sie kürzen ihn nur weniger, wie Sie damals dem Stabilitätsrat gemeldet haben, ihn kürzen zu wollen, und Sie gleichen faktisch die PEP-Quote aus. Das finde ich lobenswert, aber das ist noch nicht die „Schippe drauf“, das ist nur ein gestopftes Loch, mehr nicht.
Ich finde Ihre Einsicht löblich, dass es die Personalkürzungsquote, also praktisch die demografische Rendite, gar nicht gibt und Sie sie ausgleichen müssen, aber es ist ein ungedeckter Scheck, mit dem Sie es finanzieren wollen. Sie geben gar nicht sehr viel mehr Geld ins Bildungsressort, sondern Sie wollen dies durch eigene Maßnahmen machen.
43 Stellen wollen Sie erwirtschaften – das hat Herr Dr. vom Bruch schon gesagt, und darüber haben wir am letzten Donnerstag in der Sitzung der Bildungsdeputation schon lange diskutiert –, das ist eine aus der Luft gegriffene, willkürliche Zahl von 90 langzeiterkrankten Lehrern, die das Bildungsressort im Haushalt noch belasten. Gut, dann müssen die langzeiterkrankten Lehrer auch zustimmen, dass sie in die Frühpensionierung gehen! Das ist ein ungedeckter Scheck, den können Sie doch nicht als 43 neue Stellen verkaufen!
Die nächste unwahre Behauptung darin: Sie wollen zehn Stellen erwirtschaften, indem Sie mit Niedersachsen höhere Gastschulbeiträge vereinbaren. Die Verhandlungen beginnen im Herbst, sie sind noch nicht abgeschlossen, das ist der nächste ungedeckte Scheck. Sie wollen 29 Stellen aus Klassenverbandsteuerungen erwirtschaften, wie gesagt, Sie haben im letzten Jahr im Koalitionsausschuss beschlossen, die Mindestklassengrößen auch zu besetzen. Wir wissen alle, dass das an den Grundschulen nicht funktioniert, weil Sie ein Kind aus Seehausen nicht nach Tenever schicken können, nur weil dort eine Klassengröße nicht erreicht wird, und das ist der nächste ungedeckte Scheck. Das kann man machen, wenn die Kinder zehn Jahre alt sind, Herr Dr. Kuhn, aber nicht, wenn sie sechs Jahre alt sind. Wenn Sie das wirklich vorhaben, finde ich das fahrlässig. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ich glaube, alle meine Vorredner und mich eint, dass wir alles daransetzen wollen, dass jedes Kind unabhängig von seiner Herkunft einen guten Schulabschluss erreicht. Wir haben hier gestern ausführlich über Werkschulen debattiert und gesehen, dass es gelingen kann und dass wir als Koalition es auch erreicht haben, die Anzahl der Schulabbrecher deutlich zu reduzieren. Das ist ein sehr großer Erfolg.
Wenn man sich manchmal die Debatten hier oder in den Deputationssitzungen anhört, dann hat man, wie ich finde, das Gefühl, es funktioniert nicht. Wenn man aber vor Ort ist, sieht man tatsächlich, welch gute Schulen wir haben und welch ausgezeichnete Arbeit sie leisten. Das haben wir hier gestern auch noch einmal sehr ausführlich debattiert.
Nicht bestritten werden kann, dass diese neue Schulreform die Lehrenden an den Schulen tatsächlich vor besondere Herausforderungen gestellt hat.
Das kann man nicht bestreiten, und das muss man auch zur Kenntnis nehmen, finde ich. Wir haben es auch zur Kenntnis genommen, wir haben viel zugehört und viel gelernt als Koalition. Deshalb – darauf sind Sie auch vorhin eingegangen, Frau Vogt – haben wir gesagt, dass wir die PEP-Quote nicht umsetzen werden. Ich glaube, das ist ein sehr großer Erfolg, wenn man sich anschaut, in welcher Haushaltslage wir uns befinden.
Als Fachpolitiker wünscht man sich noch mehr. Ich als Fachpolitikerin würde mir auch noch mehr wünschen, aber wir haben das Geld nicht. Wir haben die Schuldenbremse in unserer Verfassung, und wir müssen schauen, dass es uns mit der Prioritätensetzung für den Bildungsbereich gelingt, dass wirklich viele Kinder im Land Bremen gute Schulabschlüsse schaffen.
Sie haben das Gastschulgeld in Niedersachsen kritisiert, Frau Vogt. Ich finde, man muss auch noch ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
einmal deutlich sagen, als Haushaltsnotlageland haben wir auch die Aufgabe zu schauen, wo es uns gelingen kann, noch mehr Mittel zu generieren, um noch bessere Bildung für das Land Bremen zu ermöglichen. Dies als Kritik anzubringen, ist, finde ich, ein bisschen problematisch.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Aber Sie haben das Geld noch nicht, das ist das Problem!)
Natürlich finde ich es sehr gut, dass sehr viele Menschen in den letzten zwei Jahren sowohl uns als auch unseren Koalitionspartner angesprochen und uns auf bestimmte Problemlagen in dem Prozess hingewiesen haben. Mir gefällt auch, dass uns sehr viele Schülerinnen und Schüler – gestern konnten wir leider nicht hinaus, weil wir so lange debattiert haben – auf diese Probleme hinweisen. Natürlich ist es nicht schön, wenn Unterricht an den Schulen ausfällt. Deswegen haben wir dies zur Kenntnis genommen und gesagt – das hat Frau Schmidtke soeben auch so schön ausgeführt –, dass dort zu den zusätzlichen Lehrerstellen auch noch einmal eine Million Euro in die Hand genommen wird, um den Unterrichtsausfall zu reduzieren. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)
Ich finde, dies alles ist in einem Haushaltsnotlageland nicht selbstverständlich. Sie sehen ja, dass sich die Koalition bemüht, gerade für den Bereich sehr viele Mittel in die Hand zu nehmen, damit dies bei den Kindern auch ankommt.
Sozialpädagogen wurden auch angesprochen, damit versuchen wir auch, an einer Lösung zu arbeiten. Ich denke aber, man muss auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir hier im Land Bremen Unterstützungssysteme installiert haben, die es früher nicht gegeben hat, wie zum Beispiel die ZuP, die Zentren für unterstützende Pädagogik, oder die ReBUZ, die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren, die die Schulen bei den Herausforderungen dieser Schulreform unterstützen sollen.
Wir haben nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern wir hören weiterhin zu, führen weiterhin Gespräche und werden uns auf jeden Fall weiterhin für den Bereich Bildung einsetzen. Das ist für uns der wichtigste Bereich, weil wir wollen, dass jedes Kind einen guten Schulabschluss hat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass wir eine ganze Menge getan haben, im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir darüber gesprochen. Wir haben in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass hier Geld in das System hineingegeben werden muss, aber wir kommen nicht daran vorbei, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich Eltern, Jugendliche und Kinder zu Recht über den Unterrichtsausfall beschweren. Das darf nicht sein, dort stehen wir in der politischen Verantwortung.
Die Debatte heute befasst sich damit, Ursachen herauszufiltern, aber dann auch Konsequenzen aufzuzeigen. Ich würde sehr gern noch einmal auf die Ursachen schauen. Wenn wir uns die Zahlen zum Unterrichtsausfall anschauen, dann – das ist hier schon gesagt worden – ist es sehr seltsam, dass die gelieferten Zahlen eigentlich gar nicht mit der Wahrnehmung der Eltern und Jugendlichen übereinstimmen. Woran liegt das? Wieso werden, frage ich einmal, die tatsächlichen Ausfälle nicht so durch diese Statistik abgebildet, wie sie eigentlich stattfinden?
Mein Eindruck ist, dass Schulen auch Angst davor haben, in den Ruch zu kommen, bei ihnen fiele überdurchschnittlich viel Unterricht aus, obwohl dies natürlich durch diese Statistik auch nicht aufgehoben wird. Selbstverständlich identifizieren wir Schulen mit besonderen Problemen. Die Schulen haben aber heute unter dem Druck der eigenen Profilbildung ein großes Interesse daran, als eine Schule wahrgenommen zu werden, an der alles gut und richtig ist. Man sollte doch einmal hinschauen, ob dies eigentlich das geeignete Instrument ist.
Trotzdem muss man diese Zahlen natürlich haben. Wir sehen anhand der Zahlen, dass in den Grundschulen und interessanterweise auch in den Berufsschulen deutlich weniger Unterricht ausfällt als in der Mittelstufe. Der Unterrichtsausfall in der Mittelstufe ist exorbitant hoch, finde ich, und so nicht zu akzeptieren. Woran liegt das? In der Grundschule wird von den Lehrkräften durchaus vertreten, dort springt man ein und übernimmt den Unterricht der Kollegen. In der Berufsschule gibt es zentrale Prüfungen, das heißt, der Unterricht ist zum Teil sehr viel stärker strukturiert. Ein wunderbares Beispiel, wie Unterrichtsvertretung stattfindet, bietet das Schulzentrum Walle. Hier hat über eine intensive Fortbildung des Kollegiums ein System gegriffen, das dafür sorgt, dass jede einzelne Unterrichtsstunde von jedem Kollegen zu jeder Zeit erteilt werden kann. Das ist großartig! Dort gibt es kein Problem mit Unterrichtsausfall.
In der Regel haben wir es aber mit Fachkolleginnen und Fachkollegen zu tun, die sich gar nicht in ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
der Lage sehen, ein Unterrichtsfach angemessen zu vertreten. Aus der Oberschule kenne ich aus meinen Zeiten sowieso die Ansage, Unterricht wird nicht vertreten, denn das geht gar nicht angemessen. Ob dies wirklich so ist, müsste man vielleicht einmal näher untersuchen.
Warum das, was für Berufsschulen möglich ist, in der gymnasialen Oberstufe überhaupt nicht greifen kann, erschließt sich mir zumindest auf den ersten Blick noch nicht so richtig. Ich glaube, dort gäbe es durchaus Möglichkeiten, etwas zu entwickeln.
Dann haben wir in der Grundschule, in der Primarstufe, das ist hier schon ausgeführt worden, einen gewissen Vertretungspool. Den haben wir in dieser Form in der Sekundarstufe I nicht. Ich finde, dass man hinschauen muss, inwieweit es nicht auch möglich ist, hier Vertretungsreserven so zu organisieren, dass tatsächlich der Unterrichtsausfall deutlich niedriger angesetzt wird.
Frau Schmidtke ist auf das Anrechnen von Langzeiterkrankten eingegangen. Wenn sie gar nicht als Fehlkräfte, sage ich einmal, entsprechend kompensiert werden können, dann ist es für die einzelne Schule schwierig. Aus meiner Sicht gibt es eine ganze Menge Möglichkeiten, wie man diesem Unterrichtsausfall begegnen kann. Eine ist sicherlich eine auskömmliche Ausstattung mit Ressourcen, das ist überhaupt keine Frage, aber darüber hinaus gibt es auch andere Möglichkeiten, die wir offensiv angehen sollten. – Danke!