Protocol of the Session on April 17, 2013

(Zuruf der Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU])

Wir vergrößern den sozialen Abstand nicht, sondern er verkleinert sich. Das ist für die Betroffenen nicht schön, aber ich glaube, dass diese Nullrunde für diesen Personenkreis verkraftbar ist. Der Maßstab der amtsangemessenen Lebensführung ist mit Sicherheit dadurch nicht verletzt.

(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Wenn Sie so weitermachen, kommen wir dorthin!)

Dies gilt übrigens nach unserer Überzeugung auch für die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft, und deswegen haben wir Grüne vorgeschlagen, in diesen zwei Jahren ebenfalls auf Diätenerhöhungen zu verzichten. Auch hier geht es um das richtige Maß.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Tatsache, dass die Koalition auch in diesem äußerst engen Korsett weiterhin Schwerpunkte bei der frühkindlichen Erziehung, der Schule und der Hochschule setzt. Der Senat schlägt vor, die Haushaltsanschläge für die frühkindliche Erziehung noch einmal um drei beziehungsweise fünf Millionen Euro und den Bildungsetat jeweils um 7,5 Millionen Euro zu erhöhen. Das würde bedeuten, dass wir Jahr für Jahr 100 Kita-Plätze mehr schaffen können und zum Schuljahr 2014/2015 in Bremen und Bremerhaven mindestens so viele Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen vor den Klassen stehen und unterrichten werden wie im Jahr 2007.

Dies wird das Ergebnis dieser Vorschläge sein, und damit ist klar – und ich gebe gern zu, dass es manchmal in den etwas verwirrenden Rechenexempeln der letzten Monate untergegangen ist und verwirrend war –, es wird in dieser Legislaturperiode faktisch bei den Lehrern keine Personaleinsparquote geben, und das bei erheblich sinkenden Schülerzahlen! Das heißt, die Schüler-Lehrer-Relation hat sich bereits verbessert, und sie wird sich weiter verbessern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir tun dies, weil wir die Umsetzung der Schulreform, die ja in der Sache sehr gut läuft und bei der es sehr

wenige Differenzen gibt, bis zum Jahr 2016 auch in Ruhe abschließen können und wollen.

Ich will zu den Investitionen nur sagen, dass klar ist, je knapper die Mittel sind, desto länger wird in den Ressorts die Liste der Vorhaben, das ist einfach ein Grundgesetz der politischen Psychologie. Dies ist auch Teil des Problems, für das es nicht die eine Lösung gibt, sondern es gibt nur die Aufgabe, dafür Prioritäten festzulegen und in der Zeit die Abarbeitung zu organisieren.

Wir werden zentrale Dinge angehen, zum Beispiel den Offshore-Hafen in Bremerhaven, weil wir davon überzeugt sind, dass die Offshore-Windenergie auch die derzeitige unverantwortliche Politik der Bundesregierung überleben wird. Sie ist notwendig und auf Dauer lebensfähig, und deswegen tätigen wir diese auch für Bremerhaven lebensnotwendige Investition.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Gestatten Sie mir ein letztes Wort! Der Senat hat in seinem Beschluss über die Eckwerte festgehalten, dass es nach diesen Vorschlägen notwendig ist – ich darf zitieren –, „in gemeinsamer Verantwortung kurzfristig in strategische Planungen für weitere strukturelle Verbesserungen der bremischen Haushalte einzusteigen, mit deren Realisierung die erforderlichen weiteren Abbauschritte der Neuverschuldung erfolgreich einzuhalten sind“. Ich bin davon überzeugt, dass der Senat damit vollkommen recht hat, und ich sage Ihnen zu, dass unsere Fraktion sich an dieser öffentlichen Diskussion weiterhin beteiligen wird. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat hat sich am Dienstag der vergangenen Woche nach mehrfacher Vertagung und Fristverlängerung gegenüber seinem ursprünglichen Plan auf Eckwerte für unsere Haushaltsberatungen im Parlament verständigt. Nun könnte man sagen, die Zeit hat sich gelohnt, aber die Wahrheit ist: Auch nach der Spielverlängerung ist das, was der Senat dem Parlament für die Haushaltsberatungen als Auftakt anbietet, enttäuschend.

(Beifall bei der CDU)

Es ist natürlich enttäuschend für die Opposition, weil wir uns mit unseren politischen inhaltlichen Anliegen in den Beschlüssen des Senats über die Eckwerte nicht wiederfinden, aber das ist auch ganz normal, Herr Dr. Kuhn, richtig gefreut haben Sie sich als

Opposition über unsere damaligen Haushaltsvorlagen auch nicht. Die Frage ist aber, ob der Senat mit diesen Beschlüssen eigentlich seinen eigenen Ansprüchen genügt, und da muss ich sagen, auch den eigenen gesetzten Ansprüchen genügt der Senat mit dieser Vorlage nicht.

(Beifall bei der CDU)

Ich will dies an drei Beispielen deutlich machen. Erstens: Mit Beginn der rot-grünen Koalition und der Übernahme des Finanzressorts durch Frau Linnert sollte eine neue Transparenz in öffentlichen Haushalten gelten. Wie weit ist es bei den Beschlüssen des Senats über die Eckwerte eigentlich mit der Transparenz her? Sind eigentlich alle Risiken, die sich uns stellen, in den Beschlüssen über die Eckwerte abgebildet? Sie haben schon auf die sehr großen Risiken hingewiesen, die wir in unserem städtischen Klinikverbund vor uns herschieben und über den wir gestern miteinander gesprochen haben. Weder die Baukostenüberschreitung von bisher 35 Millionen Euro noch die Frage des laufenden Defizits der GeNo, noch die Frage des Zukunftsplans und der Investitionsplanung der städtischen Kliniken sind an irgendeiner Stelle in diesen Beschlüssen des Senats abgebildet. Meine Damen und Herren, Sie verschließen die Augen vor den enormen existenzbedrohenden Investitions- und Finanzierungsbedarfen der städtischen Kliniken! Das ist doch nicht transparent, das ist ein Taschenspielertrick, und deswegen sind dieser Haushalt und die Beschlüsse über die Eckwerte alles andere als transparent! (Beifall bei der CDU)

Im Übrigen kann man darüber streiten, ob es besonders transparent ist, dass sich die Senatorin für Finanzen jetzt Hamsterbäckchen zulegt. Haben Sie es eigentlich gelesen? Von den dringend benötigten Mehrzuweisungen des Bundes zu den Kosten der Grundsicherung von 45 Millionen Euro plus X legt sich die Finanzsenatorin einmal eben jedes Jahr 27 Millionen Euro für noch nicht feststehende Risiken zurück.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Auch wieder falsch, oder wie?)

Wie transparent ist das denn? Risiken, die es gibt, finden sich in den Beschlüssen über die Eckwerte nicht wieder, und für Risiken, die es gar nicht gibt, wird Vorsorge getroffen. Meine Damen und Herren, hier soll Geld vor den parlamentarischen Beratungen versteckt werden. Das ist nicht transparent, das ist Umgehung von Haushaltspolitik!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir haben noch gar keinen Haushalt! Wovon reden Sie eigentlich?)

Von den weiteren Reserven, die sich die Senatorin für Finanzen für ihre Klientelpolitik bei den Zinsaufwendungen anlegt, will ich gar nicht reden. Es ist ja schon bekannt, dass Sie aus dieser Risikovorsorge immer Ihre rot-grünen Klientelprojekte nachträglich finanzieren, aber man kann doch nicht den Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst sagen, dass für sie kein Geld vorhanden ist, und gleichzeitig zweistellige Millionenbeträge für ideologische Projekte zurücklegen! Das gehört sich eben einfach nicht in einer Gesellschaft wie der in Bremen und Bremerhaven!

(Beifall bei der CDU)

Ich will einen dritten Punkt nennen! Hat der Senat eigentlich aus dem, an dem er bisher gescheitert ist, gelernt? Wir erleben, dass der Senat sagt, wir haben nicht ausreichend Vorsorge getroffen für die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst, und deswegen müssen wir – worüber wir ja im Einzelnen sicherlich im nächsten Monat noch miteinander reden – eine nur gestaffelte oder begrenzte Übernahme des Tarifabschlusses für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vorschlagen und durchziehen.

Wäre es dann aber nicht logisch, wenn man weiß, dass man jetzt im vierten Jahr in Folge daran gescheitert ist und merkt, dass man die Steigerungsrate bei den Personalkosten zu niedrig veranschlagt hat, dass man sie dann über die Jahre wieder fortschreibt? Wie realistisch ist es eigentlich, bis zum Jahr 2017 nur ein Prozent Zuwachs an Gehaltssteigerungen anzunehmen, wenn man schon im vierten Jahr daran gescheitert ist, dieses eine Prozent auch zu erfüllen?

Der Abschluss liegt bei 5,5 Prozent für zwei Jahre! Der Eindruck, den Ihre Finanzsenatorin auf die Tarifvertragsparteien gemacht hat, meine Damen und Herren, war gleich null. Deswegen bin ich dafür, dass man die Mittel so veranschlagt, wie es realistisch ist, dass man sie nicht politisch veranschlagt, um am Ende immer zu sagen, wir haben kein Geld. Veranschlagen Sie die Personalkosten realistisch, das sind Sie auch den Beschäftigten im öffentlichen Dienst schuldig, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Also, ich würde einmal sagen, dass die Transparenz an den eigenen Maßstäben gescheitert ist.

Kommen wir zum zweiten Punkt! Sie sind als Koalition der sozialen Gerechtigkeit angetreten. Ist das eigentlich gerecht, was Sie machen? Ist es eigentlich gerecht, dass ein Oberarzt in einem städtischen Klinikum in diesem Jahr in zwei Schritten 2,8 Prozent mehr Gehalt bekommt und ein Staatsanwalt nicht,

obwohl er weniger Geld verdient als der Oberarzt? Ist es eigentlich gerecht, dass eine persönliche Referentin oder eine Pressesprecherin eines Senators oder einer Senatorin im Angestelltenverhältnis in diesen beiden Jahren 5,5 Prozent mehr Gehalt bekommt, der Sachgebietsleiter bei der Polizei aber nicht? Ist das das, Herr Dr. Kuhn, was Sie unter Gerechtigkeit und Verantwortung gegenüber den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes verstehen?

Ich sage für die CDU-Fraktion ganz klar: Das ist nicht das, was wir uns unter verantwortlicher Personalpolitik als öffentlicher Dienstherr vorstellen. Es ist nicht gerecht, je nach Beschäftigungsgruppe den einen etwas zu geben und es den anderen mit der Begründung, dass die einen viel bekommen, zu verweigern.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Dies spaltet die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Sie haben genauso eine Verantwortung gegenüber dem Staatsanwalt wie gegenüber der persönlichen Referentin, Sie haben eine Verantwortung gegenüber dem Sachgebietsleiter bei der Polizei, genauso wie Sie auch eine Verantwortung gegenüber dem Feuerwehrbeamten haben. Spielen Sie diese Beschäftigungsgruppen des öffentlichen Dienstes nicht auf Dauer gegeneinander aus, meine Damen und Herren! Das ist nicht sozial gerecht!

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Dann will ich das, was Sie gesagt haben, Herr Dr. Kuhn, auch noch einmal aufgreifen! Sie begründen den Umstand, dass Sie den Tarifabschluss jetzt nicht auf alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes übertragen, mit der derzeitigen Haushaltsnotlage des Landes und kündigen hier gleichzeitig an: Das machen wir aber nur einmal! Herr Dr. Kuhn, haben Sie nur die Zahlen von 2014 und 2015 gelesen?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: So machen wir das nur einmal!)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Glauben Sie im Ernst daran, dass sich auf unserem Sanierungspfad bis zum Jahr 2019 die Spielräume in unseren öffentlichen Haushalten vergrößern werden? Wenn Sie jetzt schon bei diesen Haushaltsberatungen aussteigen, meine Damen und Herren, wie wollen Sie dann eigentlich in Zukunft begründen, dass Sie künftig Tarifsteigerungen übernehmen?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Gar nicht gesagt!)

Wer jetzt mit der Begründung aussteigt, wir haben kein Geld, der steigt bis zum Jahr 2019 aus und nicht nur für zwei Haushaltsjahre! Das ist die Wahrheit Ihrer

begrenzten Übernahme des Tarifabschlusses! Wer jetzt mit der Begründung aussteigt, wir haben kein Geld, der darf bis zum Jahr 2019 eigentlich überhaupt keine Besoldungsanpassungen mehr im öffentlichen Dienst vornehmen, denn Sie werden ja nicht mehr Geld zur Verfügung haben, sondern Sie werden in den nächsten Jahren weniger Geld zur Verfügung haben. Deswegen finde ich dieses Argument scheinheilig, Herr Dr. Kuhn!

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich kurz einen letzten Punkt ansprechen, das ist die Frage der Investitionskosten! Ich weiß, dass es Ihnen gelungen ist, die Politik der Sanierung der Großen Koalition mit einer Diskreditierung des Begriffs der Investition und des Investitionsbedarfs und der Investitionstätigkeit der Großen Koalition öffentlich zu belegen. Ich will nur sagen, Sie planen in Ihren Haushalten auf der Basis der vorliegenden Steuerschätzungen mit erheblich gesteigerten Einnahmen in den nächsten Jahren. Das ist auch gut so, es hat sich ja auch gezeigt, dass wir diese finanziellen Spielräume in den letzten Jahren hatten.

Machen Sie sich aber nicht vor, dass diese Spielräume durch bremische Politik geschaffen worden sind! Wer sich die Zahlen etwas genauer ansieht, der stellt fest, dass wir im Wesentlichen davon profitieren, dass im Bund und in anderen Ländern durch wirtschaftliche Prosperität auch eigene Steuereinnahmen gestiegen sind, und nicht zuletzt deswegen bekommen wir auch mehr Bundesergänzungszuweisungen und Länderfinanzausgleich als in den letzten Jahren. Das heißt, die Dynamik in den Einnahmen liegt außerhalb Bremens.

Deswegen sage ich, wer auf Dauer die finanzielle Basis für unser Bundesland retten will, der muss auch die Bereitschaft haben, nicht nur abzuschöpfen, sondern auch in die wirtschaftspolitische Leistungsfähigkeit unseres Bundeslandes zu investieren.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das machen wir doch!)

Das macht man nicht, indem man Investitionsquoten weiter senkt, sondern indem man auch wirtschaftspolitische Anstrengungen unternimmt, nicht nur in Bremerhaven, sondern auch in der Stadtgemeinde Bremen, um steuerliches Wachstum und steuerliche Einnahmen zu generieren, anstatt Investoren zu verschrecken. (Beifall bei der CDU)