Protocol of the Session on March 13, 2013

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete

Rupp.

Herr Präsident, meine

sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolle ginnen und Kollegen, am 26. Februar 2013 hat die Jacobs Universität den Jahresabschluss 2011 veröf fentlicht. Die Zahlen darin unterscheiden sich von der Struktur her nicht von denen der letzten vier Jahre. Erneut hat die Jacobs Universität als Ergeb nis der normalen Geschäftstätigkeit ein Minus von 23 Millionen Euro eingefahren. Für die, die sich mit diesen Zahlen noch nicht beschäftigt haben, noch einmal ein paar Eckpunkte!

Die Ausgaben betragen ungefähr 66 Millionen

Euro. Das, was die Jacobs Universität an Einnah men aus Gebühren und sonstigen Dingen von den

Studentinnen und Studenten erhält sind ungefähr 27 Millionen Euro, und die Personalkosten sind genau so hoch. Nach wie vor ist es also so, dass die Jacobs Universität zehn Euro ausgibt und sechs Euro einnimmt, und zwar auch im Jahr 2011. Die Ein lagen, die von der Jacobs-Foundation und von der Freien Hansestadt Bremen getätigt werden, werden im Wesentlichen dazu benutzt, dieses Defizit auszu gleichen. Das war eigentlich nicht der Plan.

Der Plan ist eigentlich, diese Einlagen dazu zu be

nutzen, den Kapitalstock zu erhöhen, um irgendwann in die Situation zu kommen, dass der Unterschied zwischen den Einnahmen aus normaler Geschäfts tätigkeit und den Ausgaben durch Zinsen gedeckt ist. Das Gegenteil ist der Fall. Das Eigenkapital hat sich um ungefähr vier Millionen Euro verringert. Das heißt, die Jacobs Universität läuft Gefahr, dass sie nicht nur nicht das Eigenkapital aufstockt, um dann von den Zinsen zu leben, sondern dass sie das Saatgetreide auch noch verfrühstückt.

Das allein wäre jetzt nicht unbedingt ein Grund,

eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Es gab dann aber ein Interview mit dem Professor Dr. Heinz-Otto Peitgen, dem Geschäftsführer der JUB in „buten un binnen“. Darin wurde gefragt: Macht Ihnen eigent lich diese Zahl von 320 Millionen Euro irgendwelche Sorgen? Er sagt: Überhaupt nicht, das liegt zwei Jah re zurück. Alles, was zurückliegt, ist wirtschaftlich irrelevant. In dem Moment habe ich den Mund ein mal aufgemacht und dann wieder zugemacht, weil mir spontan dazu nichts eingefallen ist.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber heute?)

Im Gegensatz zu anderen denke ich manchmal ein bisschen darüber nach, bevor ich etwas sage!

Ich habe mich gefragt: Ist es wirklich wirtschaftlich

irrelevant, ob der Kapitalstock aufgebaut worden ist oder nicht? Ist es wirklich irrelevant, ob jetzt eine Tendenz zu erkennen ist, dass sie mehr Studentin nen und Studenten bekommen, um ihre Einnahmen zu verbessern? Ist es wirtschaftlich irrelevant, ob in der Vergangenheit Geld verfrühstückt worden ist, das eigentlich für ganz andere Zwecke gedacht war? Gibt es eigentlich irgendeine Tendenz, dass das Ge schäftsmodell Jacobs Universität, so wie es einmal gedacht war, irgendwann aufgeht? Ich sage, nein! Wenn dann ein Geschäftsführer sagt, es liegt alles zwei Jahre zurück und ist wirtschaftlich irrelevant, dann bin ich der Meinung, er ist als Geschäftsführer einer solchen Einrichtung nicht geeignet.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann stelle ich mir die Frage, wenn wir tatsächlich

mit dem Gedanken spielen und sagen, wir unter stützen jetzt die Jacobs Universität mit öffentlichem Geld, nur einmal theoretisch – Sie alle wissen, dass ich das nicht will –, wie viel es in den nächsten Jah

) Vom Redner nicht überprüft.

ren werden muss, bevor sie in irgendeiner Weise auf einen grünen Zweig kommt. Laufen wir nicht Gefahr, gutes Geld schlechtem Geld hinterher zu werfen?

Wir müssen ernsthaft über zwei Dinge nachdenken:

Wenn wir tatsächlich noch einmal in die Situation kommen zu überlegen, ob wir die Jacobs Universität weiter fördern, ob wir weitere Einlagen tätigen, dann gibt es zumindest die Voraussetzung, dass sie ganz klar transparent machen, was in der Vergangenheit und auch im letzten Jahr war. Im Geschäftsbericht steht ja, dass sie jetzt so ein rollierendes Controlling haben. Sie müssten ohne Weiteres in der Lage sein, jetzt die Zahlen aus dem Jahr 2012 auch auf den Tisch zu legen, zumindest in der Größenordnung, noch nicht auf den Cent.

Sie müssen auch sagen können, worin der Unter

schied zu früher liegt, an welchen Stellschrauben sie drehen wollen, damit eine Investition in die Jacobs Universität vonseiten der Freien Hansestadt Bremen dieser Universität eine wirtschaftliche Perspektive gibt, die nicht darauf angewiesen ist, auf lange Zeit von Bremen öffentliche Unterstützung zu bekom men. Ich sage, ich sehe das nicht.

Es gibt überhaupt kein Indiz dafür, dass sie ir

gendwann einmal in die Nähe von schwarzen Zah len kommen. Ich befürchte, es wird ein Fass ohne Boden. Deswegen ist es an der Zeit, darüber nach zudenken, die Jacobs Universität entweder abzu wickeln oder zu verkleinern. Beide Szenarien sind realistisch, vor allen Dingen auch in Verantwortung für die Studentinnen und Studenten, die jetzt und im nächsten Jahr in der Hoffnung anfangen, dass es eine Perspektive für sie ist. Wenn ein Punkt kommt, an dem diese Universität aus finanziellen Gründen nicht mehr existieren kann, dann hat man möglicher weise die Perspektive von jungen Leuten zerstört, und dies will ich auch nicht. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Kottisch.

Herr Präsident, meine sehr

geehrten Damen und Herren! Herr Rupp, Ihr Thema für die Aktuelle Stunde lautet: „23 Millionen Euro Defizit, keine Aussicht auf Verbesserung: Jacobs University vor dem Aus?“ Ich würde gern einmal wissen, woher Sie dies zum heutigen Zeitpunkt ei gentlich schon wissen. Ich wäre an Ihrer Stelle nicht so forsch und würde es nicht in der Form behaupten.

Es waren die Fraktion der SPD und die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen, die Herrn Bürgermeister Böhrnsen und Frau Bürgermeisterin Linnert gebeten haben, Gesprächsangebote der Jacobs University

und der Foundation aufzugreifen und mit der Uni versität und der Foundation über die Fortführung der Jacobs University zu sprechen.

Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Rupp, wissen wir

heute noch nicht, welche Ergebnisse diese Gesprä che haben werden. Wir wissen nur, dass wir mit der Jacobs University eine Einrichtung in Bremen ha ben, die sich auch als Teil des Erfolgs der Exzellenz initiative – das mag Sie gegebenenfalls auch stören – über eine hohe wissenschaftliche Reputation in der deutschen Wissenschaftslandschaft erfreuen kann. Wir wollen das nicht so leichtfertig aufs Spiel setzen, Herr Rupp!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Selbst wenn das bisherige Finanzierungskonzept

der Jacobs University gescheitert ist, so heißt es für uns noch lange nicht, dass die Universität als solche gescheitert ist. Wir setzen große Hoffnung in die neue Universitätsleitung, bestehend aus Herrn Professor Dr. Heinz-Otto Peitgen und Frau Professor Dr. Katja Windt. Aus unserer Sicht stehen beide im Übrigen als Ehemalige der Universität Bremen auch für eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Universitäten hier in Bremen und für eine stärkere Öffnung der Jacobs University insgesamt.

Herr Rupp, die von Ihnen zum Anlass der heuti

gen Debatte – der erneuten Debatte, denn ich habe das Gefühl, wir führen hier in jeder zweiten Bürger schaftssitzung diese Debatte – genommenen Zahlen aus dem Jahresabschluss 2011 der Jacobs University betreffen weder die neue Universitätsleitung noch die zukünftige Ausrichtung der Jacobs University. Auf dieser Basis eine Abwicklung der Jacobs University zu verlangen, so wie Sie es in Ihrer Pressemitteilung getan haben, halte ich nicht für verantwortungsvoll. Ich muss ganz ehrlich sagen, dies macht mich auch ein bisschen ärgerlich, weil Sie uns in Ihrer Presse mitteilung ein verantwortungsloses Vorgehen mit Steuergeldern vorhalten. Ich behaupte, dass das, was Sie tun, verantwortungslos ist und dass Sie Steuer gelder aufs Spiel setzen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Zudem wissen Sie ganz genau, dass die Gespräche

zwischen Senat, Jacobs University und Foundation noch laufen. Diese Gespräche werden wir jetzt erst einmal abwarten. Dabei sollte unseres Erachtens nicht ein Jahresabschluss aus dem Jahre 2011 die Grundlage sein, sondern die Neuausrichtung der Jacobs University. Im Übrigen liegen mittlerweile wahrscheinlich auch schon die Zahlen aus dem Jahr 2012 vor. Ich bitte Sie, wenn diese hier so kurzfris tig veröffentlicht werden sollten, machen Sie nicht wieder eine neue Debatte auf!

) Vom Redner nicht überprüft.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Das wird erst in einem Jahr sein! Dann werden wir es sehen!)

Es wird erst in einem Jahr sein, die könnten auch schon jetzt veröffentlicht werden.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Das würde ich mir ja von der Jacobs University wünschen!)

Ja, es gibt auch Unternehmen, die jetzt schon ihre Bilanzen aus dem Jahr 2012 veröffentlichen. Sie brauchen mich nicht zu belehren! Man kann sich aber in der Tat Zeit bis September dieses Jahres lassen und auch in begründeter Form das Ganze in das nächste Jahr einbringen.

Noch einmal: Wir möchten die Gespräche abwar

ten, und wir möchten der neuen Leitung auch die Chance geben, ihre Vorstellungen darzulegen. Die neue Leitung der Jacobs University hat erkannt, dass es Veränderungen geben muss. Die neue Lei tung hat bereits gute Ansätze entwickelt, auf denen aufgebaut werden kann.